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Nachbericht Investment Dialog: Der chinesische Gesundheitsmarkt und seine Investitionsbedingungen

Axel Lohse, Deputy Director Exportinitiative Gesundheitswirtschaft bei der GTAI, startete den 5. deutsch chinesischen Investment Dialog mit einer Präsentation zum Thema: „Chinas Gesundheitswirtschaft: Chancen entdecken. Risiken kennen.“ Gleich zu Beginn führte er wichtige Zahlen zu Chinas Gesundheitsmarkt an. Etwa dass in China ca. 11 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre oder älter sind, genau gesagt gibt es etwa 156 Mio. ältere Menschen. Eine chronische Erkrankung wurde bei noch viel mehr Menschen diagnostiziert, nämlich bei insgesamt mehr als 300 Mio. Menschen. Nicht übertragbare Krankheiten (Noncommunicable Diseases – NCD) werden bei etwa 20 % der Bevölkerung registriert, wobei die Zahl jährlich um 20 Mio. Erkrankungsfälle zunimmt. Häufigste Todesursache ist Krebs – noch vor Herz- und Gefäßkrankheiten. Entsprechend hoch waren denn auch die Gesamtausgaben für die Gesundheitsversorgung in China im Jahr 2021: Pro Kopf gerechnet ergeben sich 746 EUR, was Gesamtausgaben von 1,080 Billionen EUR bedeutet. Fast alle Chinesen besitzen dabei einen Versicherungsschutz.  Krankenversichert durch die verschiedenen Angebote sind 95 Prozent der Bevölkerung. VON GEORG VON STEIN

Die komplette Veranstaltung mit Podiumsdiskussion als Video

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Wie sehr die Nationale Gesundheitspolitik für die Regierung prioritär im Vordergrund steht, zeigt sich auch im bereits 2016 vom Staatsrat veröffentlichten Strategieplan „Healthy China 2030“. Wichtiges dort aufgeführtes Ziel ist das verbesserte Management öffentlicher Krankenhäuser. Die Regierung fördert sie auf verschiedenen Ebenen: Mit einem Programm zur Verbesserung der Verwaltung öffentlicher Krankenhäuser genauso wie auch mit einem groß angelegten Bauprogramm, um mehr Krankenhäuser auf Kreis- und Gemeindeebene zu in Betrieb zu haben.

>> Zur aktuellen Studie der Exportinitiative Gesundheitswirtschaft

Für die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens, so Axel Lohse, findet man aber auch im 14. Fünfjahresplan viele relevante Zielvorgaben. Dazu zählen:

  • mehr Innovation und eine höhere Zahl von „first-in-class“ Medikamenten und Medizinprodukten
  • mehr Biosimilars und Generika zu günstigeren Preisen
  • technologische Durchbrüche bei therapeutischen Antikörpern und zellbasierten Therapien
  • mehr und bessere Rehabilitationsmittel
  • mehr Impfstoffe gegen schwere Infektionskrankheiten
  • bessere und spezifische Arzneimittel zur Behandlung von bösartigen Tumoren sowie von Herz-Kreislauf- und zerebrovaskulären Erkrankungen
  • biobasierte und biomedizinische Materialien sollen bevorzugt zum Einsatz gebracht werden.

Als Forschungsschwerpunkte stehen im Vordergrund:

  • Hirnforschung und neurologische Forschung
  • Genetik und Biotechnologie
  • Klinische Medizin
  • Forschung zur biologischen Sicherheit

Zur Realisierung all dieser Ziele für das Gesundheitssystem plane Chinas Regierung F&E-Anreize durch Steuervergünstigungen zu schaffen. Zusätzlich will man die internationale Zusammenarbeit stärken, Demonstrationsanlagen und öffentliche Datenbanken unterstützen und finanzieren, aber auch die Bildung biopharmazeutischer Lieferketten sowie Verfahren zur hochwertigen, intelligenten und umweltfreundlichen Pharmaproduktion fördern.

Gerade im Pharmasektor hat sich in China seit 2015 viel verändert. So hat man die pharmazeutischen Vorschriften überarbeitet und mehr mit internationalen Standards harmonisiert (vgl. ICH-Beitritt 2017). Gleichzeitig hat man die Prüfung neuer Arzneimittel beschleunigt, indem man 2016 Prioritätsprüfungen initiiert hat (deren Anteil ist mittlerweile auf über 77% gestiegen). Seit 2019 sind auch bedingte Zulassungen möglich, entsprechend sind mittlerweile bereits über 30 bedingte Zulassungen erfolgt. 2020 schließlich wurde ein Kanal für bahnbrechende Therapien eingerichtet (bis Ende 2021 sind hier bereits über 70 Verfahren in Gang gesetzt)

Abb 1: Die zentralen Akteure des chinesischen Gesundheitssystems
Abb. 2: Zulassungsverfahren für Arzneimittel

Verbesserter Zugang zu Kapital

23 chinesische Biotech-Börsengänge entfielen in 2020 auf folgende Börsen: Zwei auf die Nasdaq, 12 auf Hongkonger HKEX und neun auf die Shanghaier STAR. Dabei haben sich, so Axel Lohse, die HKEX und das technologieorientierte STAR-Board in Shanghai in den letzten Jahren zu einem dynamischen Finanzierungskanal für Chinas Biotechs entwickelt. Andererseits tätigen chinesische Unternehmen und Investoren ausländische Direktinvestitionen (FDI) und Outbound M&A oft mit dem Ziel, innovative Produkte, Dienstleistungen und Fachwissen in den heimischen Markt zu bringen. Dabei gewinne Venture-IP-Contracting an Bedeutung, so Lohse.

Abb. 3: Chinas Hotspots für Innovationen

Von der nicht chinesischen Seite schenken multinationale Pharmaunternehmen chinesischen Biotech- Unternehmen insbesondere dann Aufmerksamkeit, wenn es darum geht, lokale F&E-Zentren anzuzapfen und Medikamente auszulizenzieren. Diese Tendenz habe zugenommen, folgerte Axel Lohse.

Abb. 4 Investitionsaktivitäten chinesischer Gesundheitsunternehmen

FAZIT

Zum Schluss zog Axel Lohse sein Resümee. Insgesamt sieht er die Entwicklung des chinesischen Gesundheitswesens für Investoren positiv. Der massive Ausbau des Gesundheitswesens in China biete viele Chancen. Die von der Regierung vorgenommenen Reformen ermöglichten den Akteuren bessere Startbedingungen. Strategisches Handeln werde unabdingbar nötig sein, denn Komplexität und Kosten werden steigen. Andererseits führe Chinas Streben nach Autonomie und Anteilen am Weltmarkt aber auch zu massivem Druck und einem Verdrängungswettbewerb. Auf dem Plan haben sollten Investoren deshalb Chinas Schutzmaßnahmen für die Schlüsselindustrie Gesundheitswirtschaft. Besondere Chancen dürften darin liegen, dass chinesisches Kapital die interessanten Innovationen des Auslands finden möchte, getreu der Devise „Kapital sucht Zukunft“.

China reformiert Gesellschaftsgesetz und regelt Unternehmensführung neu

Judge's gavel. Symbol for jurisdiction. Law concept a wooden judges gavel on table in a courtroom or law enforcement office on blue background. China flag background

Das Gesellschaftsgesetz der Volkrepublik China (VR China) wurde in den letzten Jahren mehrmals geändert. Nun ist es einer umfassenden Reform unterzogen worden: Am 24. Dezember 2021 wurde der Entwurf zur Änderung des Gesellschaftsgesetzes der VR China (der „Änderungsentwurf“) zur öffentlichen Konsultation freigegeben. Der Entwurf enthält etwa 70 Änderungen und besteht aus 15 Kapiteln und 260 Artikeln. Die anstehenden Änderungen des chinesischen Gesellschaftsrechts bergen für Unternehmen und Investoren bedeutende Konsequenzen, die sie kennen sollten. VON DR. SHEN YUAN und DR. MADELEINE MARTINEK

Erleichterungen bei Gründung aber auch bei Liquidation

Der Änderungsentwurf verfolgt mit einem ganzen Kapitel über die „Unternehmensregistrierung“ das Ziel, den Registrierungsprozess zu optimieren. Festgelegt sind hier die Verfahren für die Registrierung der Unternehmensgründung aber auch von Änderungen und Löschungen. Auch den Entwicklungen und Herausforderungen der Digitalisierung wird Rechnung getragen. So werden elektronische Geschäftslizenzen eingeführt und man kann nun Bekanntmachungen über das einheitliche System zur Publizität von Unternehmensinformationen und der Stimmrechtsausübung über elektronische Kommunikationswege veröffentlichen.

Neben der Gründung einer Ein-Personen-GmbH sieht der Änderungsentwurf nun auch die Möglichkeit der Gründung einer Ein-Personen-AG vor. Damit wird auch sog. kleinen AGs die Option bereitet, später einmal an die Börse zu gehen. Die AG kann dabei sowohl von einer natürlichen als auch von einer juristischen Person gegründet werden. Zum Vergleich: In Deutschland sind bei AGs Einpersonen-Gründungen bereits seit der 1994 in Kraft getretenen Aktiengesetznovelle zulässig.

Auch das Thema Sacheinlage wurde verbessert. Einlagefähig sind nun – wie im deutschen GmbH-Recht – Anteilsrechte, aber auch Forderungen gegenüber Dritten und gegenüber der Gesellschaft selbst. Um als taugliche Sacheinlage zu gelten, muss der eingebrachte Vermögenswert bewertbar sein. Wie Anteils- und Gläubigerrechte bewertet werden, insbesondere die Frage, ob Geldforderungen zu bewerten sind (z.B. durch einen Werthaltigkeitsbericht), wird allerdings noch durch konkretisierende Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geklärt werden müssen.

Größere Flexibilität in der Unternehmensorganisation

Der Änderungsentwurf gibt den Unternehmen mehr Freiheiten bei der Festlegung ihrer Organisationsstruktur, hebt die Stellung des Board of Directors (Board oder Vorstand) in der Unternehmensführung hervor und stellt klar, dass das Board das Exekutivorgan des Unternehmens ist. Nach dem geltenden Gesellschaftsrecht besteht die Hauptorganstruktur eines Unternehmens aus der Gesellschafterversammlung, dem Board of Directors bzw. Executive Directors und dem Aufsichtsrat (Supervisory Board) bzw. Aufsichtspersonen (Supervisors). Die Unternehmensführung ist im Sinne eines dualistischen Systems auf die zwei selbständigen Organe Vorstand und Aufsichtsrat aufgeteilt. Nach dem Änderungsentwurf können sich sowohl GmbHs als auch AGs nun für ein einstufiges Governance-Modell entscheiden, das nur aus dem Organ des Board besteht und kein Supervisory Board bzw. keinen Supervisor benötigt. Im Fall einer solchen monistischen Struktur muss die Gesellschaft im Board allerdings einen Prüfungsausschuss einrichten, der für die Überwachung des Finanz- und Rechnungswesens der Gesellschaft zuständig ist: Die Satzung kann dem Prüfungsausschuss zudem weitere Befugnisse und Aufgaben einräumen. Der Prüfungsausschuss einer AG muss sich dabei aus mehr als der Hälfte der nicht geschäftsführenden Vorstandsmitglieder zusammensetzen. Klärungsbedürftig bleibt, ob der Prüfungsausschuss als Sonderausschuss unter dem Board wirklich in der Lage ist, alle Aufgaben und Pflichten des Aufsichtsrates oder Supervisor zu übernehmen und seine Unabhängigkeit bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu gewährleisten.

Nach dem geltenden Gesellschaftsgesetz ist der Aufsichtsrat kein obligatorisches Organ einer GmbH, ein oder zwei Supervisors genügen. Der Änderungsentwurf erweitert diese Erleichterung auch auf kleine AGs. Unklar bleibt aber, ob kleinere Gesellschaften (ohne Board), die nur einen Director oder General Manager beschäftigen, ein einstufiges Governance-Modell ohne Aufsichtsrat oder Supervisor wählen können. Die Forderung nach einem Prüfungsausschuss im Board als alternatives Aufsichtsorgan im Änderungsentwurf legt nahe, dass dies nicht möglich sein sollte. Was den unbestimmten Begriff „kleine Gesellschaft“ betrifft, ist zu erwarten, dass er von der Registrierungsbehörde konkretisiert wird. Zu berücksichtigen werden dabei die wirtschaftliche Lage des Ortes der Gründung und die Merkmale der Gesellschaft selbst sein sowie die Pläne der Gesellschafter für die künftige Geschäftsentwicklung der Gesellschaft.

Bei der Organstruktur erzielt der Änderungsentwurf nun eine klare Straffung, indem sowohl GmbHs mit geringer Anzahl von Gesellschaftern (sog. kleine GmbHs) als auch AGs auf die Einrichtung eines Board verzichten können und nur einen einzelnen Executive Director bestellen können. Bei einer kleinen GmbH kann sogar statt eines Executive Director nur ein General Manager berufen werden, da in der Praxis in vielen kleineren GmbHs ein und dieselbe Person als Executive Director und als General Manager fungiert.

Änderungen nimmt der Entwurf auch beim Thema Arbeitnehmermitbestimmung vor: Nicht nur Staatsunternehmen, sondern auch Unternehmen mit mehr als 300 Beschäftigten müssen nun mindestens einen Arbeitnehmervertreter im Board haben. Dadurch wird die unmittelbare Beteiligung der Arbeitnehmer an der Unternehmensführung gewährleistet. Genauere Regelungen zur Arbeitnehmermitbestimmung enthält der Entwurf aber nicht.

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Quelle: Luther – Eigene Darstellung
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Quelle: Luther – Eigene Darstellung

Stärkere Verantwortung der Gesellschafter bei Kapitaleinlagen

Nach geltendem Gesellschaftsrecht sind Investoren in der Höhe und Laufzeit der Leistung ihrer Kapitaleinlagen flexibel. Die Einzahlungsfrist kann jahrzehntelang dauern. Gesellschafter haben außerdem Anspruch auf Unternehmensanteile, selbst wenn sie ihre Einlage nicht geleistet haben. Dies führt häufig zu einem Missbrauch in der Praxis, der der Gesellschaft, den anderen Gesellschaftern und Gläubigern zum Nachteil gereicht. Zwar machen sich Gesellschafter mit nicht geleisteten Einlagen nach der geltenden Rechtslage schadensersatzpflichtig, es ist aber nicht geregelt, ob sie weiterhin ihre Gesellschaftereigenschaft beibehalten.

Der Änderungsentwurf schafft hier Klarheit: Die Gesellschaft und die Gläubiger haben das Recht, von den Gesellschaftern, die ihre Einlagen gezeichnet, aber nicht fristgemäß geleistet haben, eine Vorauszahlung zu verlangen, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, ihre Schulden bei Fälligkeit zu begleichen. Der säumige Gesellschafter, der seiner Einlageverpflichtung nicht fristgerecht nachkommt, verliert auch die entsprechende Beteiligung in Bezug auf den nicht eingezahlten Teil der Kapitaleinlage.

Vereinfachte Kapitalherabsetzung

Zur Beseitigung eines Verlusts einer Kapitalgesellschaft sieht der Änderungsentwurf eine vereinfachte Kapitalherabsetzung vor, ohne dass Auszahlungen an die Gesellschafter erfolgen müssen. Diese vereinfachte Kapitalherabsetzung ist nur zulässig, nachdem Rücklagen vorweg aufgelöst worden sind. Das Unternehmen muss hierbei nicht das übliche Kapitalherabsetzungsverfahren einhalten: Es ist somit nicht erforderlich, die Gläubiger innerhalb von zehn Tagen nach dem Gesellschafterbeschluss über die Kapitalherabsetzung zu informieren, ihnen auf Anforderung Sicherheiten zu leisten oder Schulden im Voraus zu begleichen. Erfolgen muss aber eine Ankündigung in einer einschlägigen Zeitung oder in dem offiziellen Unternehmensinformationssystem (National Enterprise Credit Information Publicity System). Das vereinfachte Kapitalherabsetzungsverfahren des Änderungsentwurfs ist an die vereinfachte Kapitalherabsetzung im deutschen GmbH-Gesetz angelehnt.

Anteilsübertragung an einen Nicht-Gesellschafter

Das geltende chinesische Gesellschaftsgesetz ist bisher bei der Übertragung von Geschäftsanteilen an einen Nicht-Gesellschafter insofern schwerfällig, als man dafür die Zustimmung von mehr als der Hälfte der anderen Gesellschafter benötigt. Zudem haben die anderen Gesellschafter auch nach Erteilung der Zustimmung ein Vorkaufsrecht. Der Änderungsentwurf streicht diese Voraussetzung der Einholung der Zustimmung vor der Anteilsübertragung, behält aber das Vorkaufsrecht der anderen Gesellschafter bei. Dadurch wird auch das Verfahren zur Ausübung des Vorkaufsrechts vereinfacht, was übrigens auch mit der derzeitigen Praxis bei Transaktionen im Einklang ist.

Sorgfalts- und Treuepflichten von Management und Mehrheitsgesellschaftern

Der Änderungsentwurf definiert erstmals die Treue- und Sorgfaltspflicht von Directors, Supervisors und leitenden Managern (Management). Das Management darf seine Befugnisse nicht zur Erlangung unzulässiger Vorteile ausnutzen, sondern hat seine Pflichten mit der vom Management zu erwartenden Sorgfalt zum Wohle des Unternehmens zu erfüllen. Das bedeutet im Einzelnen:

  • Directors, Supervisors und leitende Manager machen sich schadensersatzpflichtig, wenn sie wissen oder wissen müssten, dass ein Gesellschafter mit der Einzahlung der Kapitaleinlage in Verzug ist oder dem Unternehmen Kapital entzogen hat, und sie nicht die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, sodass der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht;
  • Directors, Supervisors und leitende Manager haften auf Schadensersatz, wenn die Gesellschaft unter Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen Gewinne an die Gesellschafter ausschüttet oder rechtswidrige Kapitalherabsetzungen vornimmt und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entsteht;
  • Leisten Directors, Supervisors oder leitende Manager finanzielle Unterstützung beim Erwerb von Geschäftsanteilen durch Dritte unter Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen, so haften sie für den der Gesellschaft entstandenen Schaden.

Der Änderungsentwurf ergänzt außerdem eine Auffangklausel, wonach Directors und leitende Manager gesamtschuldnerisch mit der Gesellschaft haften, wenn sie in Ausübung ihrer Pflichten anderen vorsätzlich oder grob fahrlässig Schaden zufügen.

Adressiert ist im Änderungsentwurf auch das in der Praxis bekannte Problem, dass Mehrheitsgesellschafter und solche, die eine De-facto-Machtposition innehaben, ihren Einfluss missbrauchen, indem sie z.B. Directors und leitende Manager zur Vornahme schädigender Handlungen verleiten und dadurch die Rechte und Interessen der Gesellschaft und der Minderheitsgesellschafter verletzen. Festgelegt ist nun eine gesamtschuldnerische Haftung der Mehrheitsgesellschafter, der „De-facto-Kontrolleure“ sowie der Directors und leitenden Managern.

Fazit

Der Änderungsentwurf resultiert aus den Erfordernissen der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas. Er entspricht dem internationalen Standard und erleichtert ausländischen Unternehmen den Eintritt in den chinesischen Markt hinsichtlich Unternehmensgründung und bietet mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Organisationsstruktur. Natürlich wird der Änderungsentwurf, der insbesondere die Verantwortung der Mehrheitsgesellschafter und des Managements stärkt, auch neue Herausforderungen bei der Unternehmensführung, der Risikokontrolle und der Compliance mit sich bringen. Man darf also gespannt sein, wie der Änderungsentwurf, der sich noch in der Konsultationsphase befindet, umgesetzt wird.

Der falsche Impfstoff?

Deutschland China CAI

Anja Kohl, die Börsenexpertin der ARD, scheint über eine Glaskugel zu verfügen. Immer wenn sie in jüngster Zeit Prognosen zur künftigen weltwirtschaftlichen Entwicklung verkündet, endet sie, einem Mantra gleich, mit der Feststellung, die große Unbekannte sei derzeit Chinas wirtschaftliche Performance. „Weil sie den falschen Impfstoff haben“, begründet die Expertin, ihre Worte fast schon wie ein Stakkato dahinhämmernd. Wie die absolute Wahrheit soll es klingen.

Klar ist, dass sie dabei Bezug zu den, zugegeben, sehr harschen Maßnahmen genommen hat, die China jüngst angesichts der Omikron-Welle (einem Wellchen sollte man sagen) ergriffen hat, die das wirtschaftliche Leben in Shanghai, Peking und anderen Millionen-Metropolen nicht nur Tage, sondern Wochen nahezu zum Erliegen gebracht haben. Was aber heißt „der falsche Impfstoff“? Der Logik folgend, müssten dann auch ganz Lateinamerika und die Arabische Halbinsel als nicht berechenbare Risiken für die globale Konjunktur betrachtet werden. Die Bevölkerung in diesen Regionen ist fast flächendeckend mit diesem „falschen Impfstoff“ der Marken Sinopharm und Sinovac immunisiert worden. Und: Werden nicht gerade Länder, die auf den „richtigen Impfstoff“ gesetzt haben, immer wieder von Infektionswellen überrollt? Erst gestern hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die deutsche Öffentlichkeit vor einer „Sommerwelle“ gewarnt, weil die Omikron-Inzidenzen mit zunehmender Geschwindigkeit steigen.

Impfquote ist das Problem

Chinas Problem ist nicht, ob der Impfstoff „falsch“ oder „richtig“ ist. Die Impfquote ist es. Besonders unter der älteren Bevölkerung, die allgemein als besonders vulnerabel betrachtet wird. Hinzu kommt, dass China bei den Impfkampagnen einer anderen, nicht von der Hand zu weisenden Logik gefolgt ist und zunächst die Menschen in den Mittelpunkt des Schutzes gerückt hat, die potenziell der Gefahr ausgesetzt waren, sich mit dem Corona-Virus anzustecken: Grenz- und Zollbeamte, medizinisches Personal, in Logistik und Handel beschäftigte. Menschen über 60, Rentner, die nach allgemeinem Verständnis kaum das Haus verlassen, wurden erst einmal hintangestellt, wenn auch nicht ausgeschlossen. In Shanghai hat sich das jetzt beispielsweise gerächt. Hinzu kommt ein Sicherheitsgefühl, denn Dank strikter Maßnahmen hat China insgesamt äußerst geringe Infektionszahlen. Während andere Länder mit zweiten, dritten und vierten Wellen zu kämpfen hatten, genossen die Chinesen schon ab April, spätestens Mai 2020 ein relativ unbelastetes Leben. Das hat die Impfskepsis noch verstärkt, mit zum Teil haarsträubenden Begründungen, warum eine Impfung nicht angesagt sei.

Doktrin der Null-Covid-Politik

Das nächste Problem ist die fast schon zu einer Doktrin erhobene Null-Covid-Politik, die inzwischen „Dynamische Null-Covid-Politik“ genannt wird. Das heißt, auf Ausbrüche wird nicht nach dem „Null-Acht-Fuffzig“-Prinzip reagiert, sondern mit angepassten und zielgerichteten Maßnahmen. Und Infektionsfälle werden unterschiedlich kategorisiert. Am Ende bleibt es dabei: Null ist Null. Hobby-Virologen in Deutschland und anderswo sind seit dem Shanghai-Lockdown schnell dabei, diese Strategie Chinas zu verdammen und als gescheitert zu erklären. Dabei berücksichtigen sie nicht, dass die „Null“ auch etwas mit den Grenzen des Gesundheitssystems zu tun hat. Was dies bedeutet, haben wir in vielen europäischen Ländern zu sehen bekommen. Die Rechnung ist ganz einfach: Erkrankt nur ein Prozent der chinesischen Bevölkerung so schwer, dass eine Krankenhauseinweisung notwendig wird, müssen immerhin 14 Millionen Intensivbetten verfügbar sein. 14 Millionen. Stirbt davon ein Großteil, möchte man sich die Schlagzeigen in den westlichen Blättern nicht vorstellen.

Die Wirtschaft des Landes nicht opfern

So muss China einen Spagat bewältigen. Denn ohne Zweifel bedeutet ein Zusammenbruch des Warenverkehrs, wie wir ihn zuletzt durch den zweimonatigen Lockdown in Shanghai erlebt haben, für ein Land, das in den globalen Lieferketten eine wichtige Rolle einnimmt, einen immensen wirtschaftlichen Schaden. Hinzu kam, dass auch die innerchinesische provinzübergreifende Logistik in weiten Teilen zum Erliegen kam. Unternehmen, mittlere und kleine im Besonderen, müssen ums Überleben kämpfen. Allein Rettungspakete und Stützungsmaßnahmen werden auf lange Sicht nicht ausreichen. Der Ruf des Ministerpräsidenten, die Wirtschaft des Landes nicht zu opfern, wird nicht ungehört bleiben. Das Dogma muss mit Pragmatismus ergänzt werden. Wer kann dies besser als China. Ganz offensichtlich ist: Ein Tor muss gefunden werden, durch das das Land gehen kann, ein Weg, dem die eigene Bevölkerung bereit ist, zu folgen. Denn noch scheint eine Mehrheit die Corona-Maßnahmen mitzutragen, als notwendig zu akzeptieren. In Shanghai möglicherweise weniger als in Shandong.

Die gute Nachricht steckt in den Wirtschaftszahlen, die vor wenigen Tagen veröffentlich wurden. So hat der Außenhandel im Jahresvergleich ein deutlich robustes Wachstum vorzuweisen. Um 9,6 Prozent legte er zu, nachdem im April nur ein marginales 0,1-Prozent-Plus verzeichnet wurde. Für die ersten fünf Monate des Jahres wurde ein Handelsplus von 8,3 Prozent gegenüber 2021 bilanziert. Trotz „falschem Impfstoff“. An der Tatsache, dass eher früher als später eine modifizierte Corona-Politik notwendig ist, ändert dies allerdings nichts.

China stärkt Export durch neue Richtlinie

IfW Kiel erwartet Exportrückgang für China
Bild: Adobe Stock; © EvrenKalinbacak

Die jüngsten Daten aus China zeigten bei Exporten ein schwaches Aprilwachstum von nur 0,1 Prozent. Um deshalb den Außenhandel zu stärken, hat die chinesische Regierung nun eine Richtlinie mit 13 gezielten Maßnahmen veröffentlicht. Sie zielen auf verbesserte Dienstleistungen für wichtige Exportunternehmen und eine möglichst ungehinderte Frachtlogistik. Neben der steuerlichen und finanziellen Unterstützung für Exportunternehmen will China auch den grenzüberschreitenden E-Commerce stärken.

Das Maßnahmenpaket legt einen besonderen Wert auf stabile Produktionen und Warenkreisläufe im Bereich Außenhandel. Der Transport von Schlüsselkomponenten und -equipment und Waren für den Export soll möglichst reibungslos ablaufen. „Verglichen mit früheren Schritten hat China diesmal mehr Wert auf das kurzfristige Stabilisieren von Industrie- und Lieferketten gelegt“, sagt Zhao Ping, Researcher beim Academy of China Council for the Promotion of International Trade, gegenüber der China International Fair for Investment & Trade. „Verstopfungen in der Logistik aufzulösen ist derzeit von aller größter Bedeutung für den Export“. Dafür hat auch der Zoll landesweit regionsspezifische Maßnahmen ergriffen, um Abläufe zu rationalisieren und Frachtabfertigungen zu beschleunigen.

Source: https://news.cgtn.com/news/2022-06-09/China-s-foreign-trade-rises-8-3-in-first-5-months-of-2022-1aICSAA5z1u/index.html

Aufhebung von Beschränkungen

So will man beispielsweise in Huangpu im südchinesischen Guangdong einen grünen Zollkanal schaffen, in dem landwirtschaftliche Produkte und frische Lebensmittel schneller zugänglich gemacht und kontrolliert werden. Dafür hat man mehrere administrative Beschränkungen aufgeboben. In der Konsequenz dauere es laut einem Zollbeamten aus Huangpu nun nur noch 16 Stunden, bis ein Paket mit frischem Gemüse von Farmen aus Guangdong auf einem Lebensmittelmarkt in Hongkong ankommt. Ein anderes Beispiel kommt aus dem ostchinesischen Huzhou. Dort hat man für Seefrachten ein Vorankunftsdeklarationsmodell eingeführt. So können Importeure Zollerklärungen, Lizenzüberprüfungen und Zollzahlungen bereits abschließen, bevor ihre Fracht in die Häfen einläuft. Die Verbleibedauer einer Ladung in einem Hafen soll sich damit auf weniger als 20 Minuten verkürzen.

Neue Geschäftsmodelle

Die neuen Richtlinien zielen auch auf die Förderung neuer Wachstumstreiber für den Außenhandel. Deshalb soll eine Lizenzierung qualifizierter Unternehmen im grenzüberschreitenden E-Commerce als „High-Tech- oder New-Tech-Unternehmen“ gefördert werden. Dafür werden auch neue Geschäftsmodelle in Chinas Zollgebieten unterstützt. Zollmann Zhao nennt in dem Zusammenhang die Wartung von Zollwaren als Beispiel: Dabei reparieren Techniker fehlerhafte ausländische Waren oder rüsten sie auf und senden sie dann an die Hersteller. Dass sei, so Zhao, eine direkte Integration in den Waren- und Dienstleistungshandel.

Darüber hinaus will man Export-orientierte Unternehmen auch mehr vor Risiken schützen. Deshalb werden Finanzinstitute aufgefordert, die Deckungsmöglichkeiten bei Exportkreditversicherungen für kleine und kleinste Exporteure zu erweitern. Finanzinstitute verbessern dabei auch den Zugang exportorientierter Unternehmen zu Kapital, um Marktvertrauen zu stärken. So hat denn auch die Export-Import Bank of China kürzlich Anleihen von drei Mrd. Yuan (445 Mio. USD) und einer Laufzeit von einem Jahr ausgegeben, um chinesischen Exportunternehmen mehr Mittel zur Verfügung zu stellen und den Export weiter anzukurbeln.

Lockerung in Sicht

Container ship leaving the port,aerial view.

Der strikte Lockdown in Shanghai soll weiter zurückgefahren werden. Damit soll die chinesische Wirtschaft wieder positive Impulse bekommen. Für Investoren könnte das eine gute Nachricht sein.

In Shanghai aber auch in anderen chinesischen Städten waren die Umsätze in Industrie und Einzelhandel nach den jüngsten Lockdowns eingebrochen. Auch die Arbeitslosenquote in China rangiert mittlerweile auf dem höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren. Diesen Entwicklungen will man nun mit Lockerungen entgegenwirken und so die Wirtschaft bei der Erholung unterstützen. Diese Maßnahmen können auch der der deutschen Konjunktur zu Gute kommen, hat auch sie unter den Folgen der chinesische Null-Covid-Strategie und dem daraus resultierenden Schiffstransportstau zu leiden. Bei der Londoner Schifffahrtsberatung Drewry schätzt man, dass in Shanghai, immerhin dem größten Hafen der Welt, allein im April 260.000 für den Export bestimmte Container nicht verladen wurden. Und auch China selbst spürt die Auswirkungen zu, so z.B. bei den Produktionszahlen wichtiger Petrochemikalien. Im Vergleich zum Vormonat waren im April die Produktionen in China von Ethylen um 7,9 %, von Basiskunststoffen um 9,2 % und von Chemiefasern um 15,1 % gefallen.

Quelle: https://www.ikb-blog.de/zero-covid-in-china-auswirkungen-auf-die-chemische-industrie/

Belebung der Wirtschaft

Entsprechend hatte der chinesische Premierminister Li Keqiang nun eine Krisen-Videokonferenz gestartet mit dem Ziel, die Wirtschaftsaktivitäten der Städte und Provinzen zu beleben. Mit seiner Initiative geht er dabei einen etwas anderen Weg als Staats- und Parteichef Xi Jinping, der weiter auf eine strikte Null-Covid-Strategie setzt und mit Lockdowns, Massentests und Reisebeschränkungen die Fallzahlen wieder auf Null bringen möchte. Gemäß offiziellen Angaben sind die Zahlen denn auch vom Höchststand von fast 30.000 Neuinfektionen pro Tag Mitte April auf zuletzt auf etwas mehr als 100 Fälle gefallen. In der Folge wurden in Peking Corona-Maßnahmen wieder zurückgenommen. Theater, Museen, Bibliotheken aber auch Fitnessstudios sind zum Teil mit begrenzter Personenzahl wieder für BesucherInnen geöffnet. Auch durfte zum ersten Mal ein großes Einkaufszentrum, das nicht nur Dinge des täglichen Bedarfs, sondern z.B. auch Luxusmarken verkauft, wieder aufmachen. In Shanghai öffnen Banken und Kinder sollen zumindest teilweise wieder in die Schule gehen dürfen.

Auswirkungen abwarten

Dennoch dürften die Auswirkungen der vergangenen Lockdown-Politik für deutsche Unternehmen und Investoren auch in der nächsten Zeit spürbar bleiben. So importieren deutsche Unternehmen viele Industriekomponenten aus China, z.B. elektronische Bauteile und Computer aller Art. Für Deutschland bestehe dabei das Risiko starker Abhängigkeit von China als Exporteur und Verarbeiter von Schlüsselrohstoffen, vor allem in der Automobilindustrie, wie Merics-Analyst Jacob Gunter in einem Interview mit der dpa ausführt. Zu solchen Schlüsselrohstoffen gehörten beispielsweise Kobalt und Lithium für die Herstellung von Elektroauto-Batterien. Wie stark die Auswirkungen in den einzelnen Branchen sein werden, werden die nächsten Monate zeigen. Sie werden auch stark davon abhängen, ob China vom Lockdown nun dauerhaft zu Lockerungen übergeht oder ob man in der nächsten Zeit doch wieder an einer strikten Zero Covid Politik festhalten wird.

Ein Markt für Wachstum – warum deutsche Startups und Mittelständler China anvisieren sollten

China Flag Against City Blurred Background At Sunrise Backlight
China Flag Against City Blurred Background At Sunrise Backlight

Allein diese Zahlen beeindrucken und versprechen gigantisches Wachstum: 1,4 Milliarden Menschen und potenzielle Konsumenten. Rund 500 Millionen davon sind gut und meist auch international ausgebildet. 900 Millionen Menschen nutzen aktiv das Internet und stehen neuen Informationstechnologien offen gegenüber. Nichts wie hin nach China? „Die meisten Unternehmen haben in China wirklich gute Chancen“, macht Clare Wimmer, selbst Chinesin, China Ecosystem Lead bei German Entrepreneurship, Mut. „Sie sollten aber bewusst entscheiden, ob und wie sie nach China expandieren.“

Die Chancen sind groß, Vorurteile und Risiken ebenso: Die einen sehen die Perspektiven des größten Marktes der Welt und der zweitgrößten Volkswirtschaft, die für ein Bruttoinlandsprodukt von rund 15 Billionen US-Dollar steht und die bis 2028 die USA vom Spitzenplatz verdrängen soll. Für andere wiederum ist China ein undemokratisches System, in dem der Markenschutz nicht ernst genug verfolgt wird.

Wissen zu China sammeln und die passenden Partnerschaften

Euphorie ist jedoch ebenso wenig angebracht wie pure Skepsis. Informationen und eine gründliche Vorbereitung erleichtern die Überlegung: „An China führt kein Weg vorbei“, ist sich Wimmer sicher. „Jedes Unternehmen wird irgendwann nach China gehen, die Frage ist aber, ob sie den Markt und die Kultur dort verstehen.“ Innerhalb des vom Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz finanzierten Förder- Programms German Accelerator versorgt German Entrepreneurship Unternehmen und Gründer mit Wissen rund um China und seine Besonderheiten: Beginnend mit dem Workshop „China Essentials“, der Ende Juni wieder beginnt und mit einem Market Discovery Programm vertieft werden kann, werden Startups und kleineren Unternehmen neben Marktdaten auch tiefe Einsichten in die Kultur vermittelt sowie Kontakte zu potenziellen Partnern und Unternehmen hergestellt, die bereits erfolgreich in China wirtschaften. Auch die Auslandshandelskammern (AHK) unterstützen Unternehmen und Startups bei ihrem Markteintritt in China und bieten ihnen unter anderem erste Büroräume in China für den Start.

Regeln und Auflagen für Angebote in China verstehen

„China ist kein freier Markt, Politik und Regierung geben immer einen Rahmen vor“, stellt Wimmer klar. „Ein Ausbrechen ist unmöglich, Unternehmen können diesen Rahmen aber für sich nutzen und ausfüllen.“ China gilt als äußerst bürokratisch, Unternehmen beklagen die Intransparenz der Entscheidungen, in einigen Sektoren ist ein Engagement von Ausländern nicht erwünscht. Außerdem können sich Marktbedingungen und Gesetze sehr schnell ändern. Wer sich aber die Mühe macht, Regeln und Auflagen für Angebote in China zu verstehen, kann leichter eigene Strategien für Vertrieb und Werbung entwickeln und diese an Veränderungen anpassen. Das funktioniert am besten mit muttersprachlichen Partnern und Mitarbeitenden, auch Kontakte zu Unternehmen, die bereits Services und Produkte vor Ort vertreiben, helfen dabei, die wirtschaftlich-politische Lage und die eigenen Chancen besser zu durchschauen.

Eigene Stärken innerhalb politisch vorgegebener Grenzen

China ist sicher kein homogener Markt, kann es auch gar nicht sein: Die Fläche des Landes ist im Vergleich 27 mal so groß wie Deutschland. Die Konsumvorlieben unterscheiden sich zwischen den gigantischen Millionenstädten und eher ländlichen Regionen, außerdem zwischen dem Norden, Osten und Süd-Südwesten Chinas mit den jeweiligen klimatischen und kulturellen Eigenheiten. Offenheit für das Fremde, Andere, vor allem aber Anpassung bringen in China deutlich schneller weiter als das bei uns gepflegte Konkurrenzdenken oder Lautstärke. Erfolgreich sind jene Anbieter auf dem hochkompetitiven Markt China, die eigene Stärken unterstreichen und sich innerhalb der politisch vorgegebenen Grenzen eindeutig positionieren. Und die sich außerdem umfassend über ihre chinesischen Verhandlungs- und Geschäftspartner informieren – diese tun das umgekehrt nämlich sehr gründlich und erwarten ein ähnlich hohes Interesse.

Besserer Schutz für Marken und Patente

Dabei können gerade deutsche Unternehmen auf Vorschusslorbeeren aufbauen: „Made in Germany“ hat für Chinesen einen attraktiven Klang, gilt als vertrauenswürdig, zuverlässig und von guter Qualität. Das zeigen Verkaufserfolge von Automarken wie BMW, Volkswagen und Mercedes, aber auch von Windeln.de, dm und anderen Drogerieketten, die ihre Waren seit den Skandalen um verunreinigte Babynahrung 2008 gerade auch in China sehr gut absetzen können. „China wirbt um Unternehmen aus dem Ausland und tut Vieles, um Korruption oder Bestechung zu unterbinden“, beobachtet China Ecosystem Lead Wimmer außerdem. Handelsmarken werden zwischenzeitlich ebenfalls besser geschützt und deren Patente respektiert. Die Verletzung geistigen Eigentums wurde in den vergangenen Jahren für Produktpiraten und Kopieren immer teurer, auch weil inzwischen chinesische Firmen davon profitieren.

Alibaba und Tencent

China ist digital, die Verbraucher legen ihr Smartphone gar nicht mehr aus der Hand. Finanzen, Einkauf, Unterhaltung, Kommunikation oder Mobilität – nichts geht mehr ohne Internet. Und doch gibt es einen großen Unterschied zum Westen: Chinas abgegrenztes Netz und die rund 900 Millionen Nutzer, die sich hier tummeln, teilen sich vor allem zwei Konzerne untereinander auf: Alibaba und Tencent. Beide Giganten bieten vielfältige Dienste für Freizeit und Alltag. WeChat, ein Dienst von Tencent, ist die größte Plattform für Unterhaltung und Kommunikation. Wer sich hier nicht präsentiert, findet keine Käufer. Alibaba wiederum bietet ein größeres Ecommerce-Angebot mit Marktplatz und praktische Bezahlmöglichkeiten. Die eigene Website hat indes keine Relevanz: „In China hat man keine eigene App, man ist Teil eines großen Ganzen, von Tencent oder Alibaba oder gleich von beiden“, sagt Wimmer. „Wie können Sie auf deren Dienste zugreifen – das ist die große Frage.“ Mitmachen, schauen, ausprobieren ist daher eine erste Maßnahme für die Ansprache neuer Kunden in China, aus der eine clevere Online-Strategie für diese Kanäle wachsen muss.

Chinesen leben, arbeiten und studieren heute überall

Etwa ein Drittel der Chinesen sind gut ausgebildet, haben meist sogar ein paar Semester in Europa oder USA studiert oder verbringen längere Zeit im Ausland. Das ist ein Ausgangspunkt für eine steile Karriere in China. Für Clare Wimmer stellen diese Kosmopoliten eine hoch interessante Zielgruppe oder einen nicht zu unterschätzenden Testmarkt, außerdem ein beachtliches Reservoir an potenziellen Partnern oder gar Mitarbeitenden dar: „Bieten Sie Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung einfach nur auf Chinesisch an, um zunächst die Chinesen im Ausland zu erreichen“, empfiehlt die Beraterin. „Danach können sie die Erfahrungen mit diesen Kunden nutzen und den nächsten Schritt auf lokalen Märkten gehen.“ Für die Testverkäufe lassen sich überall in Europa und den USA Mitarbeitende finden, für die Chinesisch Muttersprache ist und die sich mit den Eigenarten ihrer Landleute auskennen. Die erste Ansprache würde sogar auf uns gewohnten Kanälen funktionieren, noch besser aber auf WeChat oder Alibaba, die von Chinesen auf Reisen weiterhin genutzt werden.

Mit zunehmender Bildung wächst Chinas Mittelklasse schnell weiter. Diese Menschen kaufen gerne ein und bezahlen für unterschiedlichste Services. Dabei genießen Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland ein besonderes Ansehen. Unternehmen, Startups und Marken aus Deutschland können darauf bauen. „Freiheit bedeutet in China und im Westen nicht dasselbe“, gibt Clare Wimmer zu bedenken, und: „Bleiben Sie offen für den Unterschied.“

China tritt Haager Abkommen bei – Besserer Schutz geistigen Eigentums

Judge's gavel. Symbol for jurisdiction. Law concept a wooden judges gavel on table in a courtroom or law enforcement office on blue background. China flag background

Mit Chinas Beitritt zum Haager Abkommen sind zum 5. Mai 2022 internationale Designanmeldungen in China und von China aus schneller und einfacher möglich, so das offizielle Statement der World Intellectual Property Organization (WIPO). Die Volksrepublik China (,,China‘‘) war dem Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle (,,Haager Abkommen‘‘) bereits am 5. Februar 2022 beigetreten.

Um die Anforderungen des Beitritts zum Haager Abkommen zu erfüllen, musste das bestehende chinesische Patentrecht angepasst werden. Das neue Patentrecht, das bereits zum ersten 1. Juni 2021 in Kraft getreten war, wurde dafür zum vierten Mal überarbeitet und hat klare Erleichterungen und wesentliche Änderungen gebracht. Die wichtigsten finden Sie im Folgenden zusammengefasst.

Teilmusterschutz

Nach dem bis zum 1. Juni 2021 geltenden alten Patentrecht war nur die Anmeldung von Gesamtmustern möglich. Hier hat der chinesische Gesetzgeber angesetzt und nun auch die Anmeldung der Teilmuster von Erzeugnissen zugelassen. Dadurch kann auch der Schutz für wichtige Musterelemente gewährt werden. Das wiederum hat für den Wettbewerbsschutz zur Folge, dass man nun gegen Konkurrenten vorgehen kann, die nur wichtige Elemente eines Musters nachahmen und damit bisher den Designschutz umgehen konnten.

Treu und Glauben

In Art. 20 legt das überarbeitete Patentrecht nun fest, dass ein Patent (inkl. Erfindungen, Gebrauchs- und Geschmacksmustern) nach dem Grundsatz von Treu und Glauben angemeldet, erteilt und umgesetzt werden soll. Mit der Einführung dieses Prinzips sollen missbräuchliche Anmeldungen, etwa durch Fälschung von Versuchsdaten, verhindert werden.

 Neuheitsschonfrist bei Notstand

Auch den besonderen Anforderungen in Krisensituationen, wie sie bspw. durch die Coronapandemie sichtbar wurden, trägt der chinesische Gesetzgeber Rechnung. Gemäß der neuen Ausnahmeregelung in Art. 24 erfüllt ein Patent auch dann die Neuheitsanforderung, wenn es während eines nationalen Notstands oder einer außergewöhnlichen Situation innerhalb von sechs Monaten vor dem Anmeldetag im öffentlichen Interesse offenbart wurde. Antragsteller, bei denen die oben genannten Umstände vorliegen, müssen einschlägige Nachweise vorlegen, um zu vermeiden, dass die Neuheit eines neuen Patents aufgrund der vorherigen Offenbarung (z.B. Offenbarung eines neuen Medikaments) verloren geht.

Längerer Schutz bei Geschmacksmustern

Auch an der Schutzdauer von Geschmacksmustern wurde gearbeitet. Um den im Haager Abkommen vorgesehen Anforderungen auf die Mindestschutzdauer nachzukommen, wurde die Schutzdauer von Geschmacksmustern von 10 auf 15 Jahre verlängert (vgl. Art. 42).

Inlandspriorität auch bei Geschmacksmustern

Auch in Bezug auf die Inlandspriorität gibt es Änderungen: Gemäß Art. 29 kann eine Geschmacksmusteranmeldung nun innerhalb von sechs Monaten nach dem Anmeldetag eine inländische Priorität beanspruchen, was bisher nur für Erfindungs- und Gebrauchsmusteranmeldungen galt. Wenn etwa Fehler bei der Zurückweisung oder vermeintlicher Zurücknahme der ersten Geschmacksmusteranmeldung entstehen, können Anmelder diese Fehler beheben, indem sie eine neue Geschmacksmusteranmeldung unter Inanspruchnahme der Inlandspriorität einreichen.

Zudem wurden die Fristen des Art. 30 für die Einreichung eines Prioritätsbelegs geändert. Für Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldungen betragen sie nun 16 Monate und für Geschmacksmusteranmeldungen drei Monate. Macht ein Antragsteller die Priorität eines Gebrauchsmusters geltend, so hat er bei der Anmeldung eine schriftliche Erklärung abzugeben und innerhalb von drei Monaten nach dem ersten Anmeldetag eine Kopie der zuerst eingereichten Patentanmeldung vorzulegen.

Verbesserte Möglichkeiten der Mediation

Schließlich wurde auch die außergerichtliche Streitbeilegung überarbeitet. So sieht Art. 52 nunmehr die Möglichkeit einer Mediation bei der zuständigen chinesischen Patentbehörde vor. Gleichzeitig wurden auch die Prüfpflichten und Sanktionen bei Patentrechtsverletzungen verschärft. Zudem wird mit der Änderung des Patentgesetzes ein neues System für die Bestimmung des Schadensersatzes eingeführt. So wurde die Höhe des Schadensersatzes für die Fälle erhöht, in denen der Verlust des Rechtsinhabers, der vom Verletzer erzielte Gewinn oder die Höhe der Patentlizenzgebühr selbst schwer zu beziffern sind. Die Untergrenze des Schadensersatzes liegt nun bei CNY 30,000.- und die Obergrenze bei CNY 5 Millionen.

Die neuen Regelungen des Patentrechts stärken die Schutzrechte an geistigem Eigentum. Sie spiegeln die Bemühungen des chinesischen Gesetzgebers wider, das chinesische Patentsystem weiter auszubauen und international anschlussfähig zu gestalten.

Für europäische Unternehmen bedeutet der Beitritt Chinas zum Haager Abkommen, dass sie auch für die erstmalige Anmeldung eines Designs oder Geschmacksmusters in beliebig vielen Vertragsstaaten des Haager Abkommens Schutz beanspruchen können. Im Gegensatz zu anderen Systemen (wie bspw. dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken) verlangt das Haager Abkommen keine Basisanmeldung des Geschmacksmusters in einem Vertragsstaat als Voraussetzung für eine internationale Anmeldung. Wird ein Design, Muster oder ein Modell über das Haager Abkommen bei der WIPO (World Intellectual Property Organization) angemeldet, teilt sie die Designanmeldung dem betroffenen Vertragsstaat „automatisch“ mit. Die Designanmeldung unterliegt dann der formellen Prüfung durch das chinesische Patentamt gemäß chinesischem Recht und kann bestätigt oder zurückgewiesen werden.

Obwohl das Haager System allgemeine Bestimmungen für alle Vertragsparteien enthält, erlaubt es den einzelnen Ländern bestimmte Abweichungen nach nationalem Recht zu beschließen. Für eine erfolgreiche Anmeldung des Geschmackmusters in China ist deshalb die Konsultation mit einem auf den Schutz geistigen Eigentums spezialisierten Anwalt vor Ort unabdingbar.

 

Schlagzeilen über strikte Lockdown-Maßnahmen in China könnten über die wahre Schwäche der chinesischen Wirtschaft hinwegtäuschen

container ship at sea carrying containers with the flag of China
container ship at sea carrying containers with the flag of China

Die Wachstumsaussichten Chinas sind besorgniserregend, da im April ein starker Rückgang der Industrieproduktion, der Anlageinvestitionen, der Einzelhandelsumsätze und der Immobilienaktivitäten gemeldet wurde. Während die Industrieproduktion immer noch überdurchschnittlich wächst, sind die Einzelhandelsumsätze deutlich auf ein Niveau eingebrochen, das zuletzt vor fünf Jahren zu beobachten war, was die Bemühungen der chinesischen Regierung um eine Neuausrichtung der Wirtschaft weg von ressourcenintensiven Industrien hin zum Binnenkonsum zunichtemacht. Ein Kommentar von GERWIN BELL.

Noch beunruhigender für die chinesische Regierung und ihre Aussichten auf politische Stabilität ist der drastische Anstieg der Arbeitslosenquote auf über 6 %, den höchsten Stand seit mindestens einem Jahrzehnt. In der Tat haben hochrangige politische Entscheidungsträger darauf gedrängt, proaktive Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft zu ergreifen, da es bisher an spezifischen Maßnahmen mangelt. Letztendlich ist es möglich, dass die Schlagzeilen über die Zero-Covid-Strategie ein Ablenkungsmanöver sind, um die tatsächliche Schwäche der chinesischen Wirtschaft zu verbergen, da der Immobiliensektor nach einer Reihe von Zahlungsausfällen bereits stark eingebrochen war. Frühere Bemühungen, die Verschuldung einzudämmen, könnte die Blase in einem Sektor, der für 25 % des chinesischen BIP verantwortlich ist, bereits zum Platzen gebracht haben.

Chinas wirtschaftliche Probleme könnten tiefer liegen

Die Kurse von Schwellenländeranleihen stehen weiterhin unter Druck, da die Zentralbanken der Schwellenländer die Zinsen weiter anheben, um die Inflation zu kontrollieren, und sich das Wachstum in China weiter verlangsamt. Wenn sich herausstellt, dass die Verlangsamung in China das Ergebnis der Zero-Covid-Politik der Regierung ist, dann sollte eine Lockerung dieser Politik ein einfacher Ansatz für eine wirtschaftliche Erholung sein. Doch wie bereits erwähnt, könnten die wirtschaftlichen Probleme Chinas tiefer liegen: Die Immobilienblase könnte sich auflösen und den Konsum mit sich ziehen. Die Geldpolitik scheint wenig oder gar keine Wirkung zu zeigen – Chinas Interbankensatz ist in den letzten zwei Monaten um 0,50 % gesunken – und die Finanzpolitik war nicht ehrgeizig genug. Die Aussicht auf strukturelle oder politische Reformen scheint gering – wie die Maßnahmen nach der asiatischen Währungskrise, als China seine Staatsunternehmen umstrukturierte und der WTO beitrat .“

Wohin treiben wir?

Deutschland China CAI

Das sind Schlagzeilen. MaschinenMarkt Online meldet am 19. Mai, „Kuka wird komplett vom Chinesen Midea geschluckt“. Der deutsche Vorzeige-Roboterspezialist erlebe ein „jähes Ende“. Empörung pur.

Passend dazu eine gestern bekannt gewordene fraktionsübergreifende Initiative im Deutschen Bundestag, die im Zusammenhang mit der bevorstehenden Tagung der Weltgesundheitsorganisation den Bundeskanzler auffordert, seine „Zeitenwende“ nun auch auf die Politik gegenüber China zu übertragen. Der Grüne Jürgen Trittin mahnt ein Überdenken der deutsch-chinesischen Forschungskooperation an, da sie von China für militärisch-strategische Ziele ausgenutzt werde. Und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schmiedet als „Frontfrau“ europäisch-amerikanisch-asiatische Allianzen, um Abhängigkeiten abzubauen … und selbstverständlich einen Wettbewerber in die Schranken zu weisen, der immer weniger als Partner, sondern als systemischer Rivale betrachtet wird. – Wohin treiben wir?

Europäer wollen Welt nach eigenen Vorstellungen gestalten

Im 50. Jahr der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und China das Gleis Richtung Konfrontation zu wechseln, anstatt Gemeinsamkeiten zu suchen und im gegenseitigen Interesse zu nutzen, scheint jedenfalls in eine Sackgasse zu führen. Argumente wie „Wandel durch Handel haben nicht funktioniert“ hinken, machen sie doch nur eins deutlich: Uns Europäern geht es darum, die Welt nach unseren eigenen Vorstellungen zu gestalten. „Wertebasiert“, wie es im Grün geführten Auswärtigen Amt neuerdings heißt. Dass anderswo auf der Welt andere als unsere europäischen Werte Bedeutung haben, wird nicht akzeptiert. Egal, ob sie eine einmalige Aufholjagd ermöglicht haben wie der chinesische wirtschaftliche Aufstieg in den vergangenen mehr als vier Jahrzehnten, der es nicht nur ermöglicht hat, Hunger zu beseitigen, sondern Millionen Menschen aus der Armut zu befreien und einen „bescheidenen“ Wohlstand zu ermöglichen.

Chinas wirtschaftlicher Aufstieg und Deutschlands Wohlstand

Mehr noch: Chinas wirtschaftlicher Aufstieg hat nicht unwesentlich zum deutschen Wohlstand beigetragen. Weil Geschäfte mit China in Deutschland Beschäftigung gesichert und deutsche Unternehmen seit mehr als 40 Jahren in dem Land reichlich Gewinne eingefahren haben. Jeder weiß, deutsche Autobauer realisieren seit Jahren einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes in China. Für andere Branchen trifft es ebenso zu. Die Bilanz des Hamburger Hafens für das erste Quartal 2022, ebenfalls in diesen Tagen veröffentlicht, zeigt erneut die chinesische Bedeutung für den norddeutschen Handelsplatz: Knapp ein Drittel des Containerumschlags wurde mit China abgewickelt, wobei das Volumen im Jahresvergleich um 6,2 Prozent gestiegen ist. Gewinne können die Unternehmen auch künftig in China machen, ungeachtet der Tatsache, dass die Geschäftsbedingungen andere sind als vor vier Jahrzehnten. Die „billige Werkbank“ ist passé, Umweltschutzforderungen sind strenger, Gehälter deutlich höher. Lokaler Wettbewerb zwingt, neue Strategien zu entwickeln. Hightech ist mehr gefragt als Lowtech. Die Bedürfnisse des chinesischen Marktes rücken stärker in den Blick als der Reexport in die Mutterländer der ausländischen Unternehmen.

Kooperation statt Konfrontation

Ja, ohne Zweifel ist es strategisch klug, nicht alle Eier in einen Korb zu legen, wie es so schön heißt. Gerade der April und der Mai haben gezeigt, was es für globale und lokale Lieferketten bedeuten kann, wenn Häfen wie der Shanghaier in den De-facto-Lockdown versetzt werden, einer Null-Covid-Strategie zu Willen, wie auch immer diese zu bewerten ist. Diversifizieren, andere Standorte in der asiatischen Region und weltweit stärker beachten – verkehrt ist das nicht. Das bringt zusätzliches Geschäft, das Potenzial des chinesischen Marktes ersetzen, kann es jedoch nicht.

Die „Abhängigkeit“ von China ist eine andere als die von russischen Energieträgern. Zu einem Problem wird sie für Deutschland, für Europa erst dann, wenn auf Konfrontation statt Kooperation gesetzt wird, um einen scheinbar systemischen Gegner in die Schranken zu weisen. Wenn im Zusammenhang mit dem russischen Ukraine-Krieg immer wieder davon die Rede ist, eine Welt der Blöcke und Einflusssphären, eine Welt des Ausspielens von Macht gehöre der Vergangenheit an, dann lasst unser Handeln in Asien und im Verhältnis zu China von ebendiesen Prinzipien leiten. Es gibt genug gemeinsame Interessen, genug gemeinsame Herausforderungen, genug gemeinsame Aufgaben. Daran lohnt es sich zu orientieren, anstatt jeden Tag einen neuen Ochsen durchs Dorf zu jagen und der Mähr von der „gelben Gefahr“ weitere Kapitel hinzuzufügen.

Chinesischer Investor darf deutschen Beatmungsgerätehersteller nicht übernehmen

Symbol für deutsche Rechtsprechung
Schon 2020 hat die chinesische Aenomed-Gruppe den deutschen Beatmungsgerätehersteller Heyer Medical übernommen. Nun hat das Bundeswirtschaftsministerium den Deal rückwirkend untersagt.

Laut Berichten des Spiegels und der Frankfurter Allgemeine Zeitung, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Übernahme des deutschen Beatmungsgeräteherstellers Heyer Medical durch das chinesisches Unternehmen Aeonmed gestoppt. Das gehe aus einer Vorlage für eine Kabinettssitzung hervor. Der Schritt sei erfolgt, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Bundesrepublik zu wahren – auch im Hinblick auf die Corona-Pandemie.

„Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren die Grundlage dafür geschaffen, immer mehr Vorhaben auf Sicherheitsrisiken überprüfen zu können“, so Dr. Markus J. Friedl, Experte für grenzüberschreitenden M&A-Transaktionen bei Pinsent Masons. „In der Praxis zeigt sich deutlich, dass die Anzahl der geprüften M&A-Deals durch das BMWK seit 2017 um ein Vielfaches gestiegen ist. Die Investitionskontrolle sollte nicht zum Stolperstein für eine Transaktion werden, daher empfiehlt es sich, diese Aspekte frühzeitig in die Transaktionsplanung einzubeziehen.“

Änderung des Außenwirtschaftsrechts

Die Heyer Medical AG stellt Medizinprodukten mit Fokus auf Anästhesie- und Beatmungsgeräte her. Im Jahr 2018 hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet, Aenomed hatte es nach Abschluss der Restrukturierung im Jahr 2020 erworben.

Seit einer Änderung des Außenwirtschaftsrechts aufgrund der Coronapandemie im Juni 2020 gelten auch Impfstoff- und Antibiotikahersteller, Hersteller von medizinischer Schutzausrüstung und Hersteller von Medizingütern zur Behandlung hochansteckender Krankheiten als besonders sicherheitsrelevante Unternehmen. Seither kann die Bundesregierung den Erwerb eines deutschen Unternehmens aus diesen Bereichen untersagen, wenn der Investoren aus einem Staat außerhalb der EU und der Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) kommt und die Übernahme die Öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik oder eines anderen EU-Mitgliedstaates gefährdet.

Meldung beim BMWK bei mehr als zehn oder zwanzig Prozent

Erwirbt ein Käufer außerhalb der EU und der EFTA mehr als zehn oder zwanzig Prozent der Anteile eines besonders sicherheitsrelevanten Unternehmens – der genaue Prozentsatz hängt von der Branche ab –, muss dies dem BMWK gemeldet werden. Ohne Meldung kann das BMWK solche Transaktion noch bis zu fünf Jahren nach Vertragsabschluss prüfen und rückwirkend untersagen. Wird der Erwerber beispielsweise von einer Regierung, staatlichen Stelle oder Streitkräften kontrolliert, kann das Ministerium eine Gefährdung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines anderen Mitgliedstaates der EU annehmen und die Transaktion stoppen.

Laut Spiegel geht aus der Kabinetts-Vorlage hervor, dass Aeonmed von „Unterstützungsmaßnahmen durch den chinesischen Staat“ profitiert.

„Auch bei Transaktionen, die keiner Anmeldepflicht beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unterliegen, müssen sich Investoren in bestimmten Konstellationen mit der Frage beschäftigen, ob eine Unbedenklichkeitsbescheinigung beim Ministerium eingeholt werden sollte, um gerade ein solches Szenario wie im vorliegenden Fall zu verhindern“, so Arkadius Strohoff, Experte für Kartellrecht bei Pinsent Masons. Eine solche Bescheinigung könne Transaktionssicherheit schaffen.

Chinesischer Konzern MIDEA übernimmt KUKA zu 100%

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Auf der Hauptversammlung von KUKA am 17.05. wurde mit 99,9 Prozent der Stimmen der Beschluss für ein Squeeze-out gefasst. Damit soll der chinesische Konzern Midea, dem bereits mehr als 95 Prozent an der Kuka AG gehören, diese nun komplett übernehmen. Die Übertragung der Aktien soll demnächst erfolgen.

Bereits im November letzten Jahres hatte das Unternehmen aus Guangdong sein Vorhaben mittgeteilt. In dem Übertragungsverlangen vom 23.11.2021 wurde eine Barabfindung für den beabsichtigten Squeeze-out der Minderheitsaktionäre von KUKA auf EUR 80,77 je nennwertloser auf den Inhaber lautender Stückaktie festgelegt. Diese Höhe der Barabfindung hatte MIDEA auf der Grundlage einer Unternehmensbewertung festgelegt. Die Angemessenheit der Barabfindung wird derzeit noch durch den gerichtlich bestellten, sachverständigen Prüfer Baker Tilly geprüft. Gegen die Höhe der Abfindung könnten Kleinaktionäre in sogenannten Spruchstellenverfahren juristisch vorgehen. Falls es zu Streitigkeiten kommen sollte, müssten diese noch geklärt werden, damit Kuka voll in chinesische Hand übergehen kann.

Augsburg bleibt Hauptsitz und führender Entwicklungsstandort

Rechtlich basiert das dem Vorstand der KUKA Aktiengesellschaft am 23. November 2021 übermittelte Übernahme-Verlangen der Hauptaktionärin Midea auf § 327a Abs. 1 AktG. Bisher hält die Guangdong Midea Electric Co., Ltd., eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Midea Group Co., Ltd., über ihre beiden hundertprozentigen Tochtergesellschaften Midea Electric Netherlands (I) B.V. und Midea Electric Netherlands (II) B.V. über 95% der Aktien der KUKA Aktiengesellschaft. Die Guangdong Midea Electric Co., Ltd. ist von daher Hauptaktionärin im Sinne des § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG.

Für die rund 3500 Mitarbeitenden am Hauptsitz soll der Squeeze-out keine Auswirkungen haben, kommentierte Michael Leppek von der IG Metall Augsburg. Dem Konzernbevollmächtigten, der auch im Aufsichtsrat von Kuka sitzt, zufolge sehe eine Vereinbarung vor, dass bis 2025 keine Jobs wegfallen. Augsburg werde auch der Hauptsitz und der führende Entwicklungsstandort bleiben.

Neben der Regelung der Aktienübernahme treibt man bei KUKA auch das Geschäft voran. Auf der im Juni anstehenden Fachmesse „Automatica“ in München will Kuka Lösungen für Großindustrie und Mittelstand präsentieren, darunter auch ein eigenes Betriebssystem für Roboter. Das Messe-Motto von Kuka lautet dabei „Automation für alle“.

Teil 2: Chancenreiches Investitionsfeld: Erneuerbare Energien

Den vorangegangenen Artikel zum 4. Investment Dialog finden Sie unter dem Titel „Teil 1: Chancenreiches Investitionsfeld: Erneuerbare Energien„.

Von kartellrechtlichen Fragen ging es dann im dritten Vortrag zu einem der wichtigsten Sektoren der erneuerbaren Energie, der Windenergie. Leif Rehfeldt, Managing Director bei der Deutschen WindGuard GmbH konzentrierte sich dabei auf Entscheidungshilfen für chinesische und deutsche Investoren. Seine These dabei: Im Vergleich zu vielen anderen Bereichen begibt man sich bei Investitionen in Windenergie eher auf eine Schnellstraße als auf einen langwierigen Pfad. Besonders große Chancen bietet die erhöhte Ertüchtigung von alten bestehenden Windkraftanlagen, das sog. Repowering, dessen Entwicklung in den letzten Jahren in den folgenden Grafiken dargestellt ist.

Grafik-3-Repowering-und-Stilllegung-DWG-Statistik-2021
Database: DWG Statistik2021 (Stand 31.12.2021)
Grafik-4-Kummulierte-Leistung-DWG-Statistik-2021
Database: DWG Statistik2021 (Stand 31.12.2021)

Allerdings sollten Investoren und Betreiber beim Investieren in Windanlagen und Repowering einige wichtig Parameter berücksichtigen. Dazu zählen:

  • Für Höhenbegrenzungen gibt es keine einheitlichen nationalen Regelungen, man muss sich in die standortspezifischen Entscheidungen einarbeiten.
  • Auch für den Abstand zur Wohnbebauung gibt es keine einheitlichen nationalen Regelungen, auch hier muss man sich auf Ebene der Raumplanung und Einzelfallentscheidungen vorbereiten
  • Bezüglich Schallemissionen hingegen liefert das Bundesimmissionsschutzgesetz(BImSchG) eine Basis
  • Bei der Netzanbindung gilt, dass Erneuerbare Energie-Anlagen prioritär angebunden werden müssen
  • Für die Standortbewertung (Windgeschwindigkeit, Turbulenz) ist die Energieertragsprognose ist ein entscheidendes Bewertungskriterien

Und natürlich müssten sich Investoren immer die vertragliche Situation (z.B. Dauer der Pachtverträge, Verlängerungsmöglichkeiten, etc.) genau anschauen. Das Osterpaket des Bundeswirtschaftsministeriums würde aber hier auch Erleichterungen im Genehmigungsverfahren vorsehen, insbesondere wenn es um das Repowering von Windenergieanlagen geht. Aber auch sei die Technical Due Dilligence für Investoren essentiell. Mögliche technische Risiken zu identifizieren sei umso wichtiger, als es sich bei Windkraftprojekten meist um zwei bis dreistellige Millionenbeträge gehe. Insbesondere große Portfolien stünden aktuell vermehrt zum Verkauf. Um sie gebe es einen starken Wettbewerb auch aus dem angelsächsischen und chinesischen Bereich und gleichzeitig auch neue Akteure im Feld. So würden auch die Öl- und Chemieindustrie großes Interesse an Windenergieanlagen zeigen und energieintensive Unternehmen vermehrt über Investitionen zur Eigenversorgung von Strom nachdenken.

Grafik-5-Bisheriger-und-erforderlicher-Zubau-gemaess-EEG
Eigene Darstellung: Deutsche Windguard

Zum Ende seines Vortrags betonte auch Dr.Rehfeldt die positive Wirkung des des EEG 2023, das gemäß Oster- und Sommerpaket zum 1.1.2023 inkrafttreten soll. Ihm zufolge sind 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs bis 2030 durch erneuerbare Energien zu leisten, eine Verdopplung zum Status Quo. Erneuerbare Energien dienten eben im überragenden Maße der öffentlichen Sicherheit und öffentlichem Interesse. Insbesondere würde auch Repowering auf vielfältige Weise gefördert werden, so z.B. mit der neuen Verordnung für Förderung von Anlagenkombinationen aus erneuerbaren Energien mit lokaler wasserstoffbasierter Stromspeicherung –von 400 MW in 2023 bis hin zu 1.000 MW in 2028. Besonders wichtig sei dabei die Erhöhung der Prognose für den Strombedarf im Bereich der Sektorkopplung (750 Terrawattstunden in 2030).

Für Investoren sei interessant, wann bisherige Projekte aus der 20 jährigen Förderung herauslaufen (siehe Grafik), denn dann würden sie für Repowering besonders ins Gewicht fallen. Viele dieser Projekte seien in Niedersachen, Nordrheinwestfalen, Brandenburg und Schleswig Holstein zu finden.

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Eigene Darstellung: Deutsche Windguard

Zum Schluss widmete sich Andrej Jautze, General Manager, Viessmann Heating Technology Peking dem Thema: „Zukunftssichere Heiz- und Energielösungen in China: Ein Feld für langfristiges Wachstum und renditeträchtige Investitionen“. Dabei kann er auf die Erfahrungen von der seit 1997 im chinesischen Markt aktiven Viessmann zurückgreifen. Andrej Jautze verwies in seinem Vortrag auf das erklärte Ziel der chinesischen Regierung, das “Peak Carbon” nicht länger als bis 2030 zu erreichen. Nach diesem Peak sollen die CO2 Emissionen stetig rückläufig werden, bis 2060 dann eine Netto-Neutralität erreicht sein soll.

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Eigene Darstellung: Viessmann

Dabei sei aber zu bedenken, dass der Energiebedarf Chinas in der gleichen Zeit allerdings weiter stetig ansteigen werde. Zwischen 2020 und 2030 wird ein Mehrbedarf an Primärenergie von ca. 3.100 TWh erwartet. Dabei will man ca. 1300 TWh des Bedarfs durch fossile Energieträger decken (Kohle und Gas). Der Rest soll durch Erneuerbare Energieträger und Nuklearstrom abgedeckt werden. Dass hierbei ein Vielfaches des deutschen Jahresenergiebedarfes befriedigt werden muss, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass der chinesische Energiebedarf 2030 mit etwa 11.000 TWh mehr als 15 mal soviel beträgt wie der deutsche mit ca. 700 TWh.

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Eigene Darstellung: Viessmann

Im Ergebnis könne man den Energiemix in China auf Sicht noch nicht als stark “erneuerbar” bezeichnen. Deshalb sei es in China umso wichtiger, schonend und effizient mit der Energie umzugehen. Eine wesentliche Rolle spiele hierfür der Bereich Heizen, Kühlen und Warmwasserbereitung, so Jautze. Denn Schätzungen zu Folge seien Gebäude in China für ca. 40% der CO2 Emissionen verantwortlich. Dabei haben Heizen, Kühlen und Warmwasserbereitung oft einen Anteil von mehr als 80%.

Der Heizmarkt, in dem Viessmann in China stark vertreten ist, scheint im Vergleich zum Klimaanlagen-Markt zwar nur ein Nischenmarkt zu sein, aber mengenmäßig ist er dennoch viel größer als die meisten vergleichbaren europäischen Märkte. Insofern könnten Firmen mit effizienter Technologie für den chinesischen Heizmarkt einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der CO2 Bilanz eines jeden Nutzers in China beitragen und ggf. auch von einer vermehrten Nachfrage profitieren.

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Eigene Darstellung: Viessmann