Na bitte, es geht doch noch

Wer hätte das gedacht. Seit Donald Trump das Zepter der US-amerikanischen Politik übernommen hatte, ging es mit den chinesischen-amerikanischen Beziehungen nur noch Richtung Null. Und wer die (wenig realistische) Hoffnung hegte, mit Joe Bidens Amtsantritt könnte sich zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt wieder mehr bewegen, wurde schon bald enttäuscht. Der „alte Mann“ im Weißen Haus hat einen neuen Feind ausgemacht, wirtschaftlich, politisch, militärisch, und keinen Zweifel daran aufkommen lassen, diesen „Feind“ bändigen zu wollen, wie auch immer. Das China, sich seiner Stärke bewusst, dem Druck nicht nachgeben wird, lag auf der Hand. Zu spüren bekam dies Bidens Klima-Unterhändler John Kerry Anfang September bei seinen Gesprächen in Tianjin. Salopp könnte das Treffen mit den Worten zusammengefasst werden: China hat ihn abblitzen lassen. Für die Zukunft des globalen Klimaschutz war ein Tiefpunkt, denn sowohl in Peking als auch in Washington zweifelt inzwischen keiner mehr an der Verantwortung die China und die USA haben, wenn es darum geht, die Zukunft der Welt „grüner“ zu machen.

Nicht jeder für sich. Sondern gemeinsam.

So gleicht es schon einer Sensation, dass sich die beiden Kontrahenten auf der COP26 in Glasgow auf eine gemeinsame Deklaration geeinigt haben, in der sich sowohl China als auch die USA verpflichten, in diesem Jahrzehnt Schritte zu unternehmen, das Pariser Klimaabkommen konsequenter umzusetzen und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Nicht jeder für sich. Sondern gemeinsam. Wer hätte gedacht, dass dies noch möglich ist, zumal die Deklaration nicht erklärt jedes Land werde für sich allein handeln, sondern klar erklärt, beide Seiten werden gemeinsam klar definierte und ambitionierte Ziele ausarbeiten und umsetzen. Mit ihrer Deklaration haben China und die USA der Klimakonferenz einen „Kick“ verliehen. Und sie haben der Welt gezeigt, wenn es notwendig ist, in der Lage zu sein eine gemeinsame Sprache zu finden. Das lässt für die Zukunft (und andere Bereiche in den bilateralen Beziehungen) hoffen.

Selbstverständlich könnten Kritiker jetzt einwenden, China sei Indien zur Seite gesprungen, um die Formulierung eines konkreten Ziels für den globalen Kohleausstieg im COP26-Abschlussdokument zu verhindern. Angesichts der zuletzt nicht gerade freundlichen Beziehungen zwischen den Nachbarn China und Indien dürfte auch dies ein zuvor kaum zu erwartendes Bündnis sein, das immerhin die Verabschiedung des Abschlussdokuments gerettet hat, wohl wissend, dass viele kleinere Länder, Inselstaaten zumal, mit den Riesen unzufrieden, dem Deal letzten Endes auch zugestimmt haben, um den Deal zu haben.

China: Keine Kohlekraftwerke mehr im Ausland

Dessen ungeachtet haben sowohl China als auch Indien Zusagen gemacht, bis wann sie auf das „schwarze Gold“ bei der Erzeugung von Energie verzichten werden. China ist sogar noch einen Schritt weiter gegangen und hatte bereits vor der Glasgower Konferenz angekündigt, im Ausland keine Kohlekraftwerke mehr bauen zu wollen. In den vergangenen Jahren war das im Rahmen der Seidenstraßeninitiative ein durchaus lukratives Geschäft. Dass die chinesischen Ziele weit langfristiger gesetzt sind, als die europäischen kann man gut oder schlecht finden. Eine Volkswirtschaft, die derzeit noch zu fast 60 Prozent ihrer Energie aus Kohlekraftwerken bezieht, kann nicht auf Knopfdruck die Energieerzeugung umstellen. Das sollte den Deutschen sehrt bewusst sein, die seit wenigstens einem Jahrzehnt über den Kohleausstieg diskutieren. Ob er zum politisch gesetzten Ziel wirklich kommt, ist noch nicht ausgemacht. Denn wer Kohlekraftwerke dicht macht, braucht Alternativen. In China, das bis 2030 den Höhepunkt des CO2-Ausstoßes erreicht haben und in den darauffolgenden Jahren karbonneutral werden will, ist das nicht anders. Allein zwischen 2005 und 2020 hat das Land den Anteil der Kohle an der Stromproduktion um 15,6 Prozentpunkte reduziert. Im selben Zeitraum stieg der Anteil nicht-fossiler Energieträger um 8,5 Punkte auf 15,9 Prozent. Nicht zu sprechen davon, dass China bei Elektromobilität inzwischen Trendsetter ist und das Land dank gezielter Aufforstungskampagnen grüner geworden ist.

Am Ende werden alle Länder dieser Welt nicht an ihren Worten, sondern ihren Taten gemessen. Da gibt es keine Ausnahmen. Wenn Glasgow dafür gesorgt hat, das hier und das etwas eingerostete Getriebe im bi- und multilateralen Dialog in Gang zu bringen, so war auch das ein Erfolg.

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