Trump 2.0 greift durch: Dann halte ihm auch die rechte Backe hin

Donald Trump verschickt werbewirksam Briefe, in denen er unbotmäßigen Ländern Zölle für Lieferungen von Waren in die USA ankündigt und gleichzeitig erklärt, je nach Verhalten könnten diese angehoben oder gesenkt werden. Der ‚strenge Papa‘ begründet selbstverständlich, warum er es tut: Wer nicht zusammenarbeite, sprich, die ‚Strafe‘ akzeptiere, und nach Gegenmaßnahmen sinne, müsse mit Folgen rechnen. Ganz nach der Bergpredigt: ‚Wenn Dich einer auf die linke Backe schlägt, dann halte ihm auch die rechte Backe hin.‘

Allem Anschein nach wird die Europäische Union Ende dieses Monats ein ähnliches Schicksal ereilen, wenn sie sich nicht auf einen Deal einlässt, der Trump und den seinen als vorteilhaft gilt. Anstatt in Brüssel aber überlegt wird, ob es nicht sinnvoll ist, gemeinsam mit starken Partnern Widerstand zu üben, schlägt die Europäische Kommission einen anderen Weg ein. Kurz vor dem anstehenden Gipfeltreffen zum 50jährigen Bestehen diplomatischer Beziehungen wird der Ton gegenüber Peking verschärft, ganz offensichtlich auch im Glauben, auf diese Weise Donald Trump milder stimmen, ihn an der Seite Europas halten zu können. In gewisser Weise scheint Europa bereit zu sein, den Empfehlungen der Bergpredigt zu folgen, und gleichzeitig gegen einen Dritten auszuteilen.

Der Zollstreit von Trump erfordert Weichenstellungen
Weichen werden derzeit gestellt

An den Seltenen Erden entzündet sich der europäische Unmut. 70% dieser für die Zukunftsindustrien unerlässlichen Rohstoffe werden heute in China produziert. Das Land verfügt über mehr als 85% der weltweiten Verarbeitungskapazitäten bei Seltenen Erden. Keine saubere Industrie, weshalb es lange Zeit willkommen war, dass China den Abbau und die Verarbeitung dieser Rohstoffe für die Welt übernommen hat. Für China zweifelsohne ein lohnendes Geschäft. Alle haben von der Arbeitsteilung profitiert. China, die USA, Europa.

So lange, bis die ‚Harmonie‘ (和), ein wichtiges Prinzip der konfuzianischen Philosophie, durch ‚Schläge auf die linke Backe‘ gestört wurde. Schon in Trumps erster Amtszeit war Chinas technologische Aufholjagd dem amerikanischen Präsidenten ein Dorn im Auge, was ihn veranlasste, alles daranzusetzen, das Land Schritt für Schritt von Chip-Lieferungen und Know-how für deren Produktion abzuschneiden. Gelungen ist es ihm nicht, wie wir wissen, ganz zu seinem Ärger. Also hat Trump die Zoll-Keule gegenüber China besonders kräftig geschwungen, nicht damit rechnend, dass Peking nicht wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen werde. Im Gegenteil. Beide Länder haben begonnen, sich gegenseitig mit Zöllen zu belegen, keine Seite hat nachgegeben. Dann kamen die Seltenen Erden zum Einsatz, für die China Exportkontrollen eingeführt hat.

Deutschland China CAIEin ‚Gegenschlag‘ mit Wirkung. Allerdings auch für Europa. Das sollte nun ‚Ursache‘ und ‚Folge‘ nicht ganz durcheinanderbringen, und China genauso zugestehen, sich wirksam zu wehren, wenn einseitig Hürden aufgetürmt werden. Exportkontrolle heißt nicht Lieferstopp. Neben ‚Harmonie‘ ist auch ‚Shu‘ (恕) eine Säule des Konfuzianismus, die Gegenseitigkeit. Für Europa und China lohnt es sich, Gemeinsamkeiten wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken, um Differenzen auszuräumen.

Gemeinsam anstatt gegeneinander handeln, um Disruptionen von der anderen Seite des Atlantiks beziehungsweise des Pazifiks zu begegnen. Das lohnt sich. Mehr, als auch noch die rechte Backe hinzuhalten. Und es sichert Lieferketten. Denn bei allem Willen, Alternativen zu den chinesischen Seltenen Erden zu erschließen, dürfte jedem klar sein, das ist keine Frage von heute oder morgen, sondern wohl eher erst von Übermorgen.

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Peter Tichauer

Peter Tichauer  ist ein ausgewiesener China-Experte. Nachdem er mehr als 20 Jahre das Wirtschaftsmagazin ChinaContact aufgebaut und als Chefredakteur geleitet hat, lebt und arbeitet er seit 2018 in der ostchinesischen Küstenmetropole Qingdao.