Stop & Go der Zentralbanken

Zentralbank
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Die Zentralbanken sind Gefangene ihrer extrem expansiven Geldpolitik der letzten achtzehn Monate geworden. Diese hat zu einem unangenehmen Nebeneffekt geführt: Inflation in der Realwirtschaft.

Drohender Kontrollverlust?

Mit den seit der Finanzkrise vorherrschenden inflationären Tendenzen bei Asset-Klassen, wie beispielsweise Aktien, Immobilien und Rentenpapieren, gaben die Zentralbank-Verantwortlichen grünes Licht für eine Fortsetzung der unendlich erscheinenden Asset-Käufe. Zudem herrscht seit März dieses Jahres das Narrativ vor, dass die Inflation vorrübergehend sei. Allerdings blinkt hier ein rotes Licht auf. Die Kapitalmärkte kalkulieren seit Wochen eine Fortsetzung der inflationären Tendenzen ein, und mittlerweile steigen auch die kurzfristigen Renditen. Zinserhöhungen sind ebenfalls eingepreist. Der Markt läuft den Zentralbanken davon. Denn bis hierhin waren die Renditen für kurzlaufende Anleihen nahezu festzementiert.

Zentralbanken in Bedrängnis

Die Zentralbanken können diese Situation nicht einfach ignorieren. Die Inflationserwartungen sind ein Resultat von steigender Nachfrage und knapper Rohstoffe. Darüber hinaus steigen die Lohnforderungen. Auf der anderen Seite scheint die Weltwirtschaft im letzten Quartal ihren Wachstumshöhepunkt erreicht zu haben. Das würde bedeuten, die Zentralbanken müssten in einer Phase auf die Bremse treten, in der die Wachstumserwartungen sinken. Ein zu starkes Einschreiten durch die Zentralbanken würde die Finanzmarktstabilität gefährden und eine ähnliche Reaktion wie im Jahr 2018 hervorrufen, in dem die Kapitalmärkte im vierten Quartal stark korrigierten.

Möglicher Geldregen in China durch gezielte Intervention Wir gehen davon aus, dass die Zentralbanken an ihrer Strategie festhalten und noch länger zuschauen werden, in der Hoffnung, dass sich die Engpässe in Luft auflösen und die Inflationsrate wieder auf ein annehmbares Niveau fällt. Es ist sehr gut vorstellbar, dass die EZB nach dem Rückzug Jens Weidmanns grünes Licht für eine Fortsetzung ihres Pandemie-Kaufprogramms unter einer neuen Überschrift geben und dadurch das Volumen ihres Kaufprogramms nicht sinken wird. Die Fed wird Anfang November mit der Reduktion der Anleihekäufe, wie bereits vorab durch Jerome Powell kommuniziert, beginnen und die steigenden Zinserhöhungs-Erwartungen des Marktes abmildern. Ähnliches gilt für die Bank of England. Ein wichtiger Faktor ist die Public Bank of China. Die chinesische Zentralbank hat sich mit starken Interventionen zurückgehalten. Bei einer Abschwächung der Konjunktur wird Chinas Zentralbank unserer Ansicht nach intervenieren und die Geldschleusen öffnen.

Fokus Europa: Wenig Tech, viel Real-Assets Das Kapitalmarktumfeld ist derzeit nicht eindeutig. Als Belastungsfaktoren sind die Veränderung der Zentralbankpolitik, die steigende Inflation und die konjunkturellen Sorgen um China auszumachen, die die Stimmung an den Börsen immer wieder belasten. Hinzu kommt, dass die Anlageklasse Aktien unter Berücksichtigung von historischen Bewertungsmaßstäben nicht günstig ist. Das gilt besonders für den Technologiesektor und die US-amerikanischen Indizes. Aus diesem Grund gewichten wir Europa über und halten bei Technologie-Aktien an unserem Untergewicht fest. Real-Assets erachten wir dauerhaft für unverzichtbar, insbesondere in dem derzeitigen inflationären Umfeld, welches wir als langfristig ansehen. Aus diesem Grund halten wir auch an unserer Positionierung bei Gold fest. Wir gehen von neuen Allzeit-Höchstständen in den nächsten zwölf Monaten aus. Die Renditen für Staatsanleihen können unserer Ansicht nach weiter steigen. Wir sind der Auffassung, dass deutsche Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren in Richtung 0 % steigen und US-amerikanische Staatsanleihen den Wert von 2 % erreichen können. Diese Entwicklung wird allerdings nicht linear erfolgen. Wir nutzen die Schwankungen an den Rentenmärkten durch unsere aktive Durationssteuerung. Aus diesem Grund haben wir erste Positionen im langen und ultralangen Laufzeitensegment aufgebaut. Wir rechnen mit einem Rücksetzer bei den Renditen für langfristige Rentenpapiere, da die Zinserhöhungserwartungen mittlerweile ambitioniert sind. Das Währungspaar EUR / USD wird unserer Ansicht nach in den Bereich 1,13 bis 1,15 fallen. Auf diesem Niveau werden wir unser offenes USD-Exposure sukzessive reduzieren.

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