Vor allem eine Bemerkung bleibt hängen: China verteile eine Kaufprämie für den Erwerb von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Von Peter Tichauer
Dieser Tage strahlte die Tagesschau einen Beitrag zum Absatz von Elektroautos in China aus. Die Schlussbemerkung bleibt vor allem im Gedächtnis hängen: China verteile eine Kaufprämie für den Erwerb von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Ausländische Hersteller hätten da keine Chance. Eine Halbwahrheit.
Richtig ist: Auch zwei Jahre nach dem Ende der Corona-Pandemie stottert Chinas Konsum noch immer. Seiner gewünschten Rolle als Triebkraft für das Wachstum wird er nicht gerecht. Die Konsumenten halten sich angesichts eines merklich schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfeldes zurück. Dem will die Regierung begegnen. Mit Kaufprämien.
Alt gegen Neu wird monetär belohnt. Nicht nur bei Autos, egal ob mit Elektroantrieb oder Verbrennungsmotor, sondern auch bei Konsumgütern, Haushaltselektronik in erster Linie. Falsch ist aber, dass suggeriert wird, nur einheimische Hersteller profitierten davon. Ob das neue Auto ein Geely ist oder ein Volkswagen, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, einen alten Wagen gegen einen neuen zu tauschen. Mehr nicht. Gerade uns Deutschen sollte dies nicht unbekannt sein, wurden doch die Autobauer in Zeiten der globalen Finanzkrise vom Staat kräftig unterstützt. Abwrackprämie hieß das 2008, als Beitrag für den Umweltschutz deklariert.
Fahrzeuge mit alternativen Antrieben werden in China in der Tat immer populärer. Wer sich heutzutage – aus den unterschiedlichsten Gründen – für einen Verbrenner entscheidet, muss sich unter Freunden und Bekannten zuweilen harten Fragen stellen. Ich spreche aus Erfahrung. Laut Chinesischer Vereinigung der Autohersteller CAAM wurden in den ersten sieben Monaten 5,226 Mio. Elektroautos verkauft. Das sind knapp 40% aller verkauften Pkw. Im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres lag das Plus bei 34%.
Ein entscheidender Grund für diese Entwicklung dürfte sein, dass es in immer mehr Megametropolen schwieriger wird, Fahrzeuge mit traditionellem Motor zuzulassen – im Interesse der Umwelt. Gleichzeitig wird die Ladeinfrastruktur flächendeckend ausgebaut, wozu unter anderem auch Entwicklungen gehören, die es erlauben, Batterien an bestimmten Punkten auszutauschen, anstatt auf das Laden zu warten. Dem Argument zu geringer Reichweite wird damit die Luft aus den Segeln genommen.
In dem Tagesschau-Beitrag wurde dies ebenso erwähnt wie die technischen Raffinessen, mit denen chinesische Hersteller dem ‚Spieltrieb‘ der Autofahrer im Lande entgegenkommen. Ganz nebenbei ist vieles weniger Spielerei, denn Tool für mehr Sicherheit beim Fahren, wenn etwa bestimmte Befehle per Voice-Kommunikation erteilt werden, anstatt durch Kurbeln oder Drücken den Fahrer abzulenken. Diese Eigenschaften sind längst nicht nur den Elektrofahrzeugen made in China vorbehalten.
Am Ende ist letzteres der springende Punkt, der Chinas Autobauern derzeit einen Vorteil bietet. Patriotismus hin oder her, wer immer hört, ich stamme aus Deutschland, lobt deutsche Technologie, schwärmt von deutschen Autos. Hätten Volkswagen & Co. die Entwicklung nicht verschlafen und eher den Trend erkannt, der chinesische Verbraucher mehr anspricht als deutsche, sie könnten in Chinas Konzert der E-Mobilität vielleicht nicht die erste Geige, aber doch eine wichtige Partitur spielen. Der Zug ist längst noch nicht abgefahren. Aufzuspringen ist immer noch möglich. Am besten in Kooperation mit chinesischen Partnern.
Fotos: @PT
Peter Tichauer
Peter Tichauerist ein ausgewiesener China-Experte. Nachdem er mehr als 20 Jahre das Wirtschaftsmagazin ChinaContact aufgebaut und als Chefredakteur geleitet hat, ist er seit 2018 im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao (www.sgep-qd.de) für die Kommunikation mit Deutschland verantwortlich.