Getrübte Stimmung weicht vorsichtigem Optimismus

Investment Insights: die Rödl & Partner Kolumne

Foto: © Pixels Hunter – stock.adobe.com

Die aktuell getrübte Stimmung deutscher Unternehmen in China wandelt sich durch den Wegfall der drastischen COVID-Restriktionen in vorsichtigen Optimismus. Von Sebastian Wiendieck*

Dazu trägt auch die Aussicht auf ein deutlich höheres Wirtschaftswachstum 2023 bei. Was ist nun aus unternehmerischer und regulatorischer Sicht in China im Jahr 2023 noch zu erwarten?

Wegen der abrupten Lockerung der strengen COVID-Maßnahmen und des Abflachens der derzeitigen COVID-Welle hat sich die Erwartung aufgebaut, dass sich die Wirtschaftslage verbessern sowie Nachfrage und Konsum nach Dienstleistungen anziehen werden. Durch die fortschreitende Automatisierung und staatliche Infrastrukturinvestitionen bestehen bei IT und Maschinenbau Wachstumspotentiale, bei erneuerbaren Energien bestehen sie im Zuge der Reduzierung des CO2-Ausstoßes.

Bessere Stimmung ante portas?

Auch wenn die Aussichten mit Ablauf des Jahres 2022 getrübt waren, stellt China einen wichtigen Investitionsstandort für deutsche Unternehmen dar. Nach wie vor. Chinesische Kunden und Unternehmen erwarten mehr und mehr, dass ihre Geschäftspartner vor Ort produzieren oder Dienstleistungen anbieten. In vielen Bereichen bedingt auch die Nachfrage nach ‚Made in China‘, dass viele deutsche Unternehmen sich in China ansiedeln oder ihre Produktion und Dienstleistungen lokalisieren werden.

Aus regulatorischer Sicht dürfte das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, das mit dem 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, wesentliche Auswirkungen auf das China-Geschäft deutscher Unternehmen haben: Unternehmen mit Sitz in Deutschland müssen ab einer bestimmten Größe Sorge dafür tragen, dass in ihren Lieferketten die Menschenrechte eingehalten werden, wie etwa durch das Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit. Nicht unter das Gesetz fallende Unternehmen können Teil einer betroffenen Lieferkette sein und so indirekt durch ihre Kunden verpflichtet werden, die Anforderungen des Gesetzes gegenüber ihren Lieferanten umzusetzen. Das Lieferkettengesetz stellt klare Anforderungen an Sorgfaltspflichten, die u.a. Risikoanalysen/-management, die entsprechenden Präventions- und Abhilfemaßnahmen oder die Einrichtung eines Beschwerdemechanismus, usw. umfassen.

Besondere Herausforderungen ergeben sich auch durch die weiter zunehmende Dichte und Durchsetzung von Gesetzen und Regelungen im Bereich des Datenschutzes und der Cybersicherheit. Zwingende Anforderungen zur Einrichtung, Überwachung und Verbesserung der unternehmensinternen IT-Infrastruktur verunsichern viele Unternehmen, ebenso wie die Frage, ob und wie in China generierte Daten rechtlich ‚sauber‘ ins Ausland übertragen werden dürfen. Zu Ersterem ist seit geraumer Zeit ein deutlicher Anstieg von Überprüfungen durch die staatlichen Sicherheitsbehörden zu verzeichnen.

Neue Auflagen können die Stimmung durchaus auch eintrüben

In deren Rahmen müssen Unternehmen ihre Konformität mit dem sogenannten Multi-Level Protection Scheme unter Beweis stellen. Zu Letzterem ergingen im Jahr 2022 etliche Vorschriften, deren praktischer Nutzen jedoch erst nach einer gewissen Erprobungszeit verlässlich bewertet werden kann. Mit einiger Sicherheit kann man sagen, dass die eingeschlagene Rückbesinnung auf die Stärkung der heimischen Wirtschaft nicht auf Kosten nationaler Sicherheitsinteressen gehen wird, zu denen vor allem die Daten- und Cybersicherheit in den Augen der Kommunistischen Partei zählt.

Aus steuerlicher Sicht wird das Jahr 2023 weitere Steuererleichterungen bringen. Dazu zählen u.a. Mehrwertsteuerbefreiungen, Körperschaftsteuersenkungen für Kleinunternehmen, die Stärkung des Superabzugs für Forschungs- und Entwicklungskosten sowie Vergünstigungen bei der persönlichen Einkommensteuer von Expatriates. Zudem wird China mit der ‚Goldenen Steuerphase IV‘ in die Ära der Big-Data-Steuererhebung und -verwaltung eintreten. Sie stellt hohe Anforderungen an Unternehmen, was die Einhaltung von Finanz- und Steuervorschriften anbelangt. Insofern kommen auf Unternehmen im Jahr 2023 einige Herausforderungen zu.

Sebastian Wiendieck

*) Sebastian Wiendieck ist Head of Legal Practice China bei Rödl & Partner in Shanghai.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch