Die Zeichen stehen zurück auf Wachstum

Von Tilmann Galler, J.P. Morgan Asset Management

CFOs planen mit Wachstum in Asien
Quelle: Adobe Stock; © NicoElNino

Asiatische Aktien bieten eine gute Diversifikation gegen die Rezessionsrisiken in den USA und Europa – in China stehen die Zeichen wieder auf Wachstum. Von Tilmann Galler*

Der Einbruch der chinesischen Wirtschaft im Zuge der anhaltenden Lockdowns bis in den Spätherbst, gefolgt vom massiven Infektionsanstieg im Dezember, ließ die ohnehin gebeutelten Aktienkurse in Fernost weiter leiden. Pünktlich zum kürzlich begonnenen ‚Jahr des Hasen‘, das für Ruhe, Besinnlichkeit und Langlebigkeit stehen soll, stehen die Zeichen in China nun wieder auf Wachstum.

Wir erwarten für 2023 eine konjunkturelle Erholung in China. Vor allem der Dienstleistungs- und Tourismussektor dürfte davon in den nächsten Monaten profitieren. Das Wirtschaftswachstum und damit die Gewinnaussichten der Unternehmen der Region haben das Potenzial, die Erwartungen an den Märkten zu übertreffen. Dies dürfte Aktien der gesamten Asien-Pazifik-Region beflügeln und damit einen Abschwung in den USA oder in Europa kompensieren.

Wirtschaft erholt sich nach überstandener erster Infektionswelle

Wie stark sich Lockdowns und Masseninfektionen auf die Wirtschaft Chinas ausgewirkt haben, zeigt der Blick auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP): 2022 fiel das BIP gegenüber dem Vorjahr um 2,9%. Chinas Schwäche belastete die Exportdynamik der ganzen Region: Ab Mitte 2022 waren die Exporte der asiatischen Handelspartner nach China im Jahresvergleich rückläufig.

Inzwischen deutet aber Vieles darauf hin, dass die meisten Provinzen und Städte die Post-Öffnungs-Infektionswelle überstanden haben und sich die Wirtschaftstätigkeit zu erholen beginnt. So haben sich bis Mitte Januar die Passagierströme in den U-Bahnen in Peking und Shanghai auf 60 bis 70% gegenüber dem Niveau vor COVID erholt. In Shenzhen wurde sogar das Niveau vor der Pandemie überschritten.

Für die anziehende chinesische Konjunktur sehen wir vor allem eine Ursache: Vergleichbar mit den USA und Europa vor 18 Monaten besteht heute in China ein erheblicher Nachholbedarf in der Konsumnachfrage. Einschränkungen und Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Aussichten führten zu einem Anstieg der Sparquote in China, die zwischen 2020 und 2022 durchschnittlich 33% betrug, mehr als 4 Prozentpunkte höher als der Durchschnitt zwischen 2015 und 2019. Diese Mittel stünden nun für Ausgaben zur Verfügung.

Nach Corona stehen die Zeichen auf Wachstum in China, aber auch Asien insgesamt

Dienstleistungen und Tourismus dürften am stärksten profitieren

Der Aufholeffekt dürfte vor allem Dienstleistungen zugutekommen: Insbesondere der Tourismus sollte zu den großen Nutznießern der Öffnung gehören. Bereits vor der Pandemie im Jahr 2019 reisten mehr als 150 Mio. Chinesen ins Ausland und gaben insgesamt 255 Mrd. USD aus. Dies machte insgesamt rund 17% des weltweiten Marktes für Auslandsreisen aus.

Wenn nun die chinesischen Touristen zurückkehren, wird dies zunächst vor allem in Asien sein. Hongkong und Thailand könnten davon am stärksten profitieren – die chinesischen Touristenausgaben entsprachen im Jahr 2019 bereits 5,6 beziehungsweise 3,2% ihrer jeweiligen Wirtschaftsleistung. Seit Ende November ist die Zahl der internationalen Flüge aus China bereits wieder um mehr als 20% angestiegen.

Die Verkäufe von Konsumgütern könnten aufgrund des zunehmenden Verbrauchervertrauens ebenfalls anziehen. Daten der nationalen Steuerbehörde zeigten, dass die Chinesen im Januar die neue Freiheit für ausgiebiges Shopping genutzt haben. Der Wachstumsimpuls durch die aufgestaute Nachfrage dürfte deshalb nicht nur die chinesische Wirtschaft, sondern die asiatischen Volkswirtschaften insgesamt beleben und damit die negativen Effekte einer abschwächenden europäischen und US-Wirtschaft mindestens zum Teil kompensieren können.

Quelle: CEIC, FactSet, Development of Tourism Thailand, General Statistics Office Vietnam, Tourism Malaysia, Korea Tourism Organization, Tourism Research Australia, Hong Kong Tourism Board, Singapore Tourism Board, Japan National Tourist Organization. Daten per 27. Januar 2023.

Asiatische Aktien bieten eine gute Diversifikation für das Portfolio

Der wirtschaftliche Aufwärtstrend dürfte sich nach dem chinesischen Neujahrsfest fortsetzen, wenn auch mit einer möglichen Sektorrotation. Sobald die Erwartungen auf eine Erholung des Konsums eingepreist sind, könnten Investorinnen und Investoren zurück in langfristige Themen wie die Green Economy und das Wachstum von fortschrittlicheren herstellenden Gewerbezweigen rotieren. Diese strategischen Sektoren werden bei der langfristigen Restrukturierung der chinesischen Wirtschaft eine wichtige Rolle spielen und von einer zunehmend entgegenkommenden politischen Umgebung profitieren.

In Europa und den USA hingegen erscheint aus seiner Sicht ein erwartetes Gewinnwachstum von 2% für das Kalenderjahr 2023 vor dem Hintergrund einer drohenden Rezession dagegen immer noch zu hoch. In Asien sind die Erwartungen bereits kräftig gefallen. Wir stehen da eher vor der Situation, dass die Erwartungen eventuell zu niedrig sind und sich das schnelle Ende von Zero-COVID noch nicht in verbesserten Gewinnerwartungen niedergeschlagen hat. Asiatische Aktien bieten somit eine gute Diversifikation gegen die Rezessionsrisiken in den USA und Europa.

Tilmann Galler

*) Tilmann Galler, Executive Director, CEFA/CFA, arbeitet als globaler Kapitalmarktstratege für die deutschsprachigen Länder bei J.P. Morgan Asset Management in Frankfurt. www.jpmorganassetmanagement.de/deu/marketinsights

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Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams sowie verantwortlich für das Anleiheportal BondGuide (www.bondguide.de)