Die gereichte Hand nicht ausschlagen

Blick aus Qingdao - von Peter Tichauer

Mit ausgestreckter Hand ist der chinesische Chefdiplomat Wang Yi am Wochenende zur Münchner Sicherheitskonferenz gekommen. Und jetzt?

Sowohl gegenüber Bundeskanzler Olaf Scholz als auch im Gespräch mit Außenministerin Annalena Baerbock erklärte er den Willen Chinas, den Beziehungen mit Deutschland neuen Schwung zu verleihen. Nach der Corona-Pandemie erhole sich die Wirtschaft des Landes merklich. Profitieren davon könnten auch deutsche Unternehmen.

Ganz andere Töne sind dagegen in den vergangenen Wochen aus Deutschland zu hören. Die Signale scheinen eher auf ein Gegen-, denn auf ein Miteinander zu stehen. So hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir Anfang Januar auf der Grünen Woche in Berlin klar gemacht, die westliche Welt müsse ihre Bemühungen bei der Versorgung Afrikas mit Lebensmitteln verstärken.

Mehr als eine Hand : Zusammenarbeit

Mit klarer Stoßrichtung: Den Einfluss Chinas auf dem schwarzen Kontinent eindämmen. Wenige Tage später war Bundeskanzler Olaf Scholz in Chile, um eine grüne Rohstoffpartnerschaft mit dem Andenland zu besiegeln. Anstatt China solle Chile der Wunschpartner der Zukunft sein. Auch hier das Signal: Chinas Einfluss im südlichen Amerika sollen Grenzen gesetzt werden.

Denselben Ansatz verfolgte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Anfang Februar bei seinem Besuch in Kambodscha. Die Zusammenarbeit mit dem südostasiatischen Land solle intensiviert werden, um China in der Region das Feld nicht ganz und gar zu überlassen. Gleichzeitig arbeitet die Bundesregierung an einer Wirtschaftsstrategie, die sich ausschließlich China widmet und darauf zielt, weniger vom chinesischen Markt abhängig zu sein.

Um es klar zu sagen: Es ist absolut nichts dagegen zu sagen und absolut zu begrüßen, dass Deutschland Zukunftsstrategien entwickelt und strategische Partnerschaften schließt, um die eigene Wirtschaft zu stärken und im globalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden. Das macht China auch. Es gibt allerdings einen Unterschied: Chinas Strategien formulieren nicht den Willen, andere Länder ‚auszuschalten‘, sondern zielen darauf, die eigenen Stärken zu stärken. Definiert werden strategische Bereiche, in denen das Land im globalen Wettbewerb führend werden möchte. Sich ehrgeizige Ziele zu setzen, was ist verkehrt daran?

Die Hand ist da: Die Frage ist, wie man sie jetzt behandelt

Anstatt die chinesischen Entwicklungspläne mit Misstrauen zu beäugen, ist es klüger, sich dem Wettbewerb zu stellen. Sich gegenseitig antreiben und gemeinsam von Spitzenleistungen profitieren, die im Ringen um beste Lösungen entwickelt werden, muss das Ziel sein. Dass dabei von jeder Seite eigene Akzente gesetzt werden, ist selbstverständlich, ja es spornt sogar an.

Wer ausgrenzt, grenzt sich auf lange Sicht selbst aus. Wang Yis Offerte auszuschlagen, klug wäre dies nicht. Schlauer ist es, wenn Deutschland seinerseits eigene Vorschläge auf den Tisch legt, um dann Gemeinsamkeiten auszutarieren und in den deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen wieder durchzustarten. Zum beiderseitigen Vorteil.

Porträt Peter Tichauer
Peter Tichauer

Peter Tichauer ist ein ausgewiesener China-Experte. Nachdem er mehr als 20 Jahre das Wirtschaftsmagazin ChinaContact aufgebaut und als Chefredakteur geleitet hat, ist er seit 2018 im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao (www.sgep-qd.de) für die Kommunikation mit Deutschland verantwortlich.

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams sowie verantwortlich für das Anleiheportal BondGuide (www.bondguide.de)