Gut ist das nicht

Deutschland China CAI

Fast scheint es, Deutschland hat eine staatlich gelenkte Wirtschaft. Und die Bundesregierung kann entscheiden, welche Strategien die Unternehmen verfolgen. Jedenfalls drängt sich der Eindruck beim Lesen der Eckpunkte der Strategie auf, die Robert Habeck, dem grünen Bundeswirtschaftsminister, vorschweben, wenn es um die künftige Gestaltung der deutschen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit China geht. Wie weiland Peter Altmeier, der eine Wirtschaftsstrategie vorlegte, die einer Kopie von „Made in China 2025“ glich und eine eindeutige Stoßrichtung hatte, will jetzt auch Habeck „einen schärferen Kurs gegen China“ einschlagen, wie er im Interview mit Reuters diese Woche sagte. Setzt er sich durch, ist nichts Gutes zu erwarten. Dafür aber ein neues „Schlachtfeld“ der Konfrontation. Ob Deutschland dabei gestärkt herauskommt, ist anzuzweifeln. Das Desaster der vergangenen Monate, in denen die Bundesrepublik in eine der schwersten Wirtschaftskrisen manövriert wurde, sollte zumindest Warnung sein.

„Abhängigkeiten“ – das scheint das neue Schreckgespenst zu sein. Erst Russland, jetzt China. Um Unabhängigkeit zu erzwingen, manövriert sich die Bundesregierung in neue Abhängigkeiten, die, glaubt man den Berliner Strategen, freilich, weil „wertebasiert“, ganz andere sind. Da wird dann auch nicht so genau hingeschaut, da werden Ideale grün-nachhaltiger Politik ohne mit der Wimper zu zucken über den Haufen geworfen. Egal. Hauptsache wir machen jetzt alles anders.

Keine Unterstützung bei Chinainvestitionen

Deutsche Unternehmen sollten nach dem Willen des Ministers künftig nicht mehr unterstützt werden, wenn sie in China investieren. Er bringt den Gastgeber des diesjährigen G20-Gipfels ins Gespräch: Förderkredite sollten eher in Vorhaben in Indonesien fließen. Gut für Indonesien. Ein Ersatz für China ist es aber nicht. Allein ein Vergleich der Marktgröße sagt vieles: 1,4 Milliarden Chinesen stehen 270 Millionen Indonesier gegenüber. Ganz abgesehen davon, ließe sich auch über Indonesiens Demokratie streiten.

Deutschland investiert am meisten in China

Der Minister beklagt den „unlauteren“ Wettbewerb in China, der nicht länger hingenommen werden soll. Eine Klage, die vor allem von der Europäischen Handelskammer in China immer wieder vorgebracht wird. Deutsche Unternehmen hat dies aber nicht daran gehindert, in dem Land über Jahrzehnte gute Geschäfte zu machen. Kapital sei ein „scheues Reh“, heißt es allgemein. Nach China zu fließen, war es ganz und gar nicht scheu, wie die neueste Analyse der Rhodium Group zeigt. Seit 2003 entfällt auf Deutschland der größte Anteil europäischer Direktinvestitionen in China. 43 Prozent waren es damals. Der Höhepunkt wurde mit 51 Prozent im Jahr 2018 erreicht. 2021 waren es 46 Prozent. Für Autohersteller, Chemieunternehmen, Lebensmittelproduzenten, Pharma- und Biotechnologiefirmen sowie Anbieter von Konsumgütern bleibt das China-Geschäft ein Wachstumsmotor. Kein Zweifel, China profitiert davon, nicht weniger die Konzerne, aber auch der deutsche Wohlstand. Das wollen Habeck und Co. aufs Spiel setzen?

Handelsvolumen zwischen Deutschland und China steigt

Die Bedeutung Chinas als Absatzmarkt für deutsche Waren räumt der Minister ein. Nach chinesischen Zollstatistiken legte das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern im ersten Halbjahr 2021 um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Auf knapp 114 Milliarden US-Dollar. Chinas Export nach Deutschland stieg kräftig, die Importe gingen zurück, in absoluten Zahlen besteht jedoch Parität. Wo in Asien können deutsche Waren im selben Umfang abgesetzt werden? Habeck wird das nicht beantworten können. Ihm sollte aber klar sein, setzt die Bundesregierung Schranken in der wirtschaftlichen Kooperation mit China, würden die Schranken auch auf der anderen Seite schnell geschlossen werden. Ob dann so schnell Ersatz für Seltene Erden und andere strategische Rohstoffe, für Batterien oder Halbleiter made in China zu finden sein wird, ist stark zu bezweifeln. Deutschland würde noch weiter in die Krise schlittern, und hat dabei schon jetzt genug „Ärger am Hals“.

Kluges Handeln sieht anders aus. Globalisierung auf neue, gerechtere Füße zu stellen, darüber ließe sich reden. Ja, das muss sogar das Bestreben sein. Wer aber alles daransetzt, China dabei in irgendeiner Form einzuengen oder gar auszuschließen, gibt der Globalisierung den Dolchstoß.

Peter Tichauer

Peter Tichauer ist ein ausgewiesener China-Experte. Nachdem er mehr als 20 Jahre das Wirtschaftsmagazin ChinaContact aufgebaut und als Chefredakteur geleitet hat, ist er seit 2018 im Deutsch-Chinesischen Ökopark Qingdao (www.sgep-qd.de) für die Kommunikation mit Deutschland verantwortlich.