„Die Führungskultur in Europa ist extrem gegensätzlich zu China“

Unternehmeredition: Was passiert, wenn die Persönlichkeiten nicht zusammenpassen?
Schäfer: Dann muss das Personal an der einen oder anderen Stelle gewechselt werden. Wenn der Geschäftsführer in Deutschland sehr wichtig ist, sollte der vielleicht einen anderen Ansprechpartner auf chinesischer Seite bekommen – für den Fall, dass sich ansonsten Reibungen ergeben würden.

Unternehmeredition: Bei vielen deutschen Unternehmen, die von chinesischen Investoren übernommen wurden, blieb das Management fast unverändert an Bord. Ein sinnvoller Schachzug?
Schäfer: Absolut. Bei den wenigen Erfolgsbeispielen führen die Chinesen mit einer langen Leine, was ihnen kulturell sehr schwer fällt. Die Chinesen brauchen ja in der Regel sehr lange, bis sie Vertrauen aufbauen. Doch wenn das deutsche Management nahezu unverändert an Bord bleibt, sind die Übernahmen nachweislich am erfolgreichsten.

Unternehmeredition: Wie reagieren Fachkräfte unterhalb der oberen Führungsebenen auf Übernahmen durch chinesische Investoren?
Schäfer: Teilweise ist das ein intellektuelles Problem: Gerade bei den Fachkräften, die nicht in die Verhandlungen involviert waren, kann die Ankündigung einer Übernahme den Aufbau eines Schreckensszenarios bewirken. Sie befürchten, dass sie in ihren Befugnissen beschnitten werden und so findet eine deutliche Wechselorientierung statt. Das ist umso tragischer, weil damit – insbesondere bei Fachingenieuren im Maschinenbau – viel Fachkenntnis verlorengehen könnte. Selbst das örtliche Management kann unserer Erfahrung nach diese Fachkräfte kaum beruhigen. Deshalb kann es sinnvoll sein, aus den Fachkräften einen Merger-Beauftragten – idealerweise aus dem Betriebsrat – zu benennen. Er sollte das Vertrauen der Fachkräfte genießen und in der frühestmöglichen Phase in die Übernahmeverhandlungen einbezogen werden.

Unternehmeredition: Welche Rolle spielt der deutsche Betriebsrat in Verhandlungen mit chinesischen Investoren?
Schäfer: Der deutsche Betriebsrat ist für Chinesen eine rätselhafte Institution. Es gab schon laienhafte Versuche, ihn auszuhebeln. Das ist dann eine sehr kritische Phase. Auch hier kann die richtige Person und die richtige Kommunikation auf beiden Seiten Konflikte vermeiden und früher zu gemeinsamen positiven Ergebnissen führen

Unternehmeredition: Herr Schäfer, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch!

 

Zur Person

 

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Michael Schäfer, Senior Director – Board & Executive, Mercuri Urval Germany. www.mercuriurval.com

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