Unternehmeredition: Wie groß war die Skepsis, die 2005 dem chinesischen Investor begegnete? Das war ja damals noch recht ungewöhnlich. Inwiefern hat das zu einer offeneren Kultur beigetragen?
Becker: Natürlich gab es am Anfang eine gewisse Skepsis, das ist aber nicht ungewöhnlich, wenn ein Gesellschafter wechselt. Bei uns kam hinzu, dass es Probleme mit den alten Investoren gab. Wir haben aber den Wechsel gegenüber den Kunden von Anfang an positiv kommuniziert, nach dem Motto: Es gibt jetzt einen chinesischen Investor und wir sind dadurch ein besserer Partner als vorher. Beflügelt wurde die neue Allianz von den boomenden Geschäften: Vor der Übernahme lag unser Umsatz bei 60 Mio. EUR, danach hatten wir im Spitzenjahr 2008 Aufträge von über 300 Mio. EUR. Seitdem hat sich die wirtschaftliche Entwicklung natürlich wieder etwas normalisiert.
Unternehmeredition: Wenn Sie die Zeit vor dem Einstieg von Bejing No. 1 mit heute vergleichen, was hat sich im Unternehmen geändert?
Becker: Sicherlich muss man eine Firma wie WALDRICH COBURG immer wieder auf den Prüfstand stellen, vor allem wenn sich die Umsätze von 60 Mio. auf 150 Mio. EUR mehr als verdoppelt haben. Das sind aber Dinge, die von der deutschen Geschäftsführung organsiert werden und nicht von den chinesischen Investoren. Wir haben 60 Mio. EUR investiert und die Firma damit so modernisiert, wie es für einen erfolgreichen mittelständischen Maschinenbauer notwendig ist. Die Finanzmittel haben wir selbst erwirtschaftet, sie stammen nicht von unserem chinesischen Investor.
Unternehmeredition: Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede im Management und in der Arbeitsorganisation zwischen Deutschen und Chinesen?
Becker: Es gibt Unterschiede in der Führungskultur: Westliche Unternehmen sind sehr modern aufgestellt und managementgeführt. Bei chinesischen Firmen gibt es neben den Managern noch Parteisekretäre, die ebenfalls Einfluss nehmen. Der Weg von oben nach unten ist nicht so direkt wie bei vielen deutschen Unternehmen. Die Manager in China müssen vorsichtiger agieren, was die wirtschaftliche Entwicklung eher bremst.