Norbert Verbücheln, Mr. Lodge GmbH: „Chinesische Investoren fokussieren sich auf neue Gebäude“

Interview mit Immobilien- und China-Experte Norbert Verbücheln

Wohnimmobilien in Deutschland sind nicht nur für chinesische Fachkräfte, sondern auch für Investoren interessant. Dabei spielt neben der Nähe zu Kindergärten und Schulen, Feng Shui oder dem Investment Value auch die Art, wie chinesische Käufer in Verhandlungen agieren, eine große Rolle. Hintergründe und Einsichten dazu aus über 20 Jahren Erfahrung liefert Norbert Verbücheln, Geschäftsführer der Mr. Lodge GmbH.

Herr Verbücheln, welche Aspekte sind für chinesische Investoren und Käufer bei Immobilien hier relevant?
Diese sind aus China sehr neue Gebäude gewöhnt, weil dort in den letzten zehn Jahren sehr viel neue Immobilien gebaut worden sind. Entsprechend fokussieren sie sich als Käufer auch hier auf neue Gebäude, d.h. in etwa ab dem Baujahr 2000. Besonders wichtig ist dabei, dass Häuser über eine Garage verfügen. Chinesische Kunden wollen sich nicht um Parklizenzen oder ähnliches kümmern müssen, geschweige denn mehrmals um den Block wegen eines Parkplatzes fahren. Sie legen Wert auf die Lage der Immobilie und die Umgebung, wie z.B. die Nähe zu Kindergärten, Schulen und Universitäten, ebenso ist ihnen die Nähe zu Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten sowie Sicherheit wichtig, um im Bedarfsfall einfacher vermieten zu können.

Wie sieht demnach der typische chinesische Käufer aus?
Bei uns sind es in der Regel Einzelpersonen, die zwischen einem und vier Apartments oder Wohnungen erwerben. Dabei gibt es eine Hürde: Personen vom chinesischen Festland können in Deutschland nicht so leicht investieren, da es von Seiten der Regierungen Beschränkungen gibt – wie z.B. einen limitierten Geldtransfer. Hier möchten wir Lösungen anbieten, indem wir mit Kooperationspartnern wie z.B. Finanzdienstleistungsunternehmen zusammenarbeiten, die sich auf chinesische Kunden spezialisiert haben.

Welche Einstellung haben chinesische Käufer in Bezug auf ein Immobilieninvestment?
Chinesische Käuferinnen und Käufer sehen den Erwerb einer Immobilie oft als sicherste Investition an und zeigen eine höhere Affinität zu Immobilien als langfristige Investitionen. Dadurch sind sie bereit, höhere Preise zu zahlen, während deutsche Käuferinnen und Käufer in der Regel einen pragmatischeren Ansatz verfolgen und sich stärker an den aktuellen Marktbedingungen orientieren. Für Chinesen ist der Investment Value von entscheidender Bedeutung. Auch wenn sie die Immobilie zum Selbstbezug kaufen, ist ein wichtiger Aspekt, die Immobilie zu einem späteren Zeitpunkt – z.B. wenn sie zurück nach China gehen – mit Gewinn veräußern zu können. Möglicherweise haben sie dabei eine höhere Risikobereitschaft und sind bereit, in aufstrebenden, aber volatileren Immobilienmärkten zu investieren.

Wie agieren sie dabei in Verhandlungen?
Chinesische Käufer sind in der Regel erfahrene Verhandler, sind hartnäckiger, wenn es um Preisnachlässe geht, und zahlen häufig einen beträchtlichen Teil des Kaufpreises in bar oder mit Schecks, um günstigere Finanzierungsoptionen zu erhalten.

Und wie unterscheiden sich chinesische von deutschen Wohninteressenten?
Für Chinesen ist z.B. die Farbe Rot als Hausfarbe ungewöhnlich. Aber vor allem ist die Anordnung eines Hauses sehr wichtig. Sie mögen es nicht, wenn die Zimmer dreieckig oder in unregelmäßiger Form gebaut sind. Dachwohnungen sind in China nicht sehr populär, für Chinesen fühlen sie sich gedrückt oder einengend an. Schräge oder verschachtelte Grundrisse gefallen ihnen in der Regel nicht. Sie mögen klare, quadratische und offene Grundrisse.

Welche Rolle spielt dabei Wohnlage und Infrastruktur?
Wenn die Familie mit einzieht, schauen Chinesen auf adäquate Schulen in der Nähe. Denn Bildung ist ihnen sehr wichtig. Gleichzeitig fragen sie nach chinesischen Einrichtungen in der Nähe, das reicht von asiatischen Supermärkten bis hin zu chinesischen Restaurants. Dieses Kriterium gilt umso mehr, als sie die europäische und deutsche Küche kaum gewohnt sind.

Und in der Wohnung selbst, was ist da wichtig, Herr Verbücheln?
Chinesische Käufer legen oft großen Wert auf Feng Shui. Schließlich hat es seinen Ursprung in China. Dies kann sich auf die Wahl der Immobilie und deren Ausrichtung auswirken. Für chinesische Mieter sollte man übrigens auch nie ein Bett vor einen Spiegel oder direkt neben die Türe stellen. Chinesische Mieter achten außerdem darauf, ob bestimmte Dinge in der Wohnung vorhanden sind. Insbesondere suchen sie Elemente wie den Reiskocher, den Wasserkocher oder die Dunstabzugshaube.

Norbert Verbücheln über die Vorlieben chinesischer KäuferSind die nicht vorhanden, bekommen Sie dann Beschwerden?
Nein. Das Interessante ist, ein Chinese würde seine Beschwerden eher nicht äußern. Chinesen sagen nicht gerne direkt Nein, sie möchten gerne höflich bleiben und vermeiden Probleme oder offene Konflikte. Aber im Ergebnis würden sie eine Wohnung dann nicht anmieten. Zum Glück haben wir bei Mr. Lodge ein eigenes Interior Design Team, das die Inneneinrichtung den individuellen Wünschen chinesischer Mieter und Investoren anpassen kann.

Welche Angebote haben sie für chinesische Firmen, die auf Mr. Lodge wegen Wohnlösungen für Mitarbeiter zukommen?
Wenn chinesische Unternehmen wie NIO, Huawei, CATL oder Great Wall Motor geeigneten Wohnraum für ihre Mitarbeiter benötigen, haben wir das in den letzten Jahren abbilden können. Wir betreuen unsere chinesischen Kunden während der gesamten Mietzeit mit erfahrenen Mitarbeitern, einem eigenen technischen Service, aber auch unserem Interior Design Team. Wir kümmern uns um auftretende Probleme. Kommen Menschen aus China hierher, sind sie dankbar, dass sie sich im Fall einer defekten Waschmaschine oder ähnlichen Störungen nicht selbst helfen müssen. Wir haben mittlerweile auch eine chinesische Muttersprachlerin an Bord, so dass chinesische Kunden sich in ihrer Muttersprache an uns wenden können.

Verbücheln: 'Mr. Lodge gibt es seit über 30 Jahren.'Wie schneiden Sie ihre Kommunikation für chinesische Kunden zu?
Wir etablieren unser Profil zunehmend auf chinesischen Social Media Kanälen. Aktuell bauen wir z.B. eine Mr. Lodge – Wechat Gruppe auf, in der sich die chinesische Community Fragen stellt, austauscht und Aktivitäten starten kann. Wir betreiben auch einen RED Xiaohongshu-Channel, auf dem wir für im Ausland lebende Chinesen Immobilienangebote sowie Tipps für das Leben in München teilen. Mit unseren Angeboten wollen wir dabei Chinesen willkommen heißen und ihnen die Möglichkeit bieten, sich fernab ihrer Heimat ein temporäres Zuhause zu schaffen und sich wohlzufühlen. Schließlich benötigen heute viele Studenten, aber auch chinesische Unternehmen, insbesondere aus der Automobilindustrie oder der Pharmazie, für ihre Mitarbeiter Wohnungen ready to live.

Was kam es von den Anfängen von Mr. Lodge vor 30 Jahren bis hin zu den Angeboten für chinesische Kunden heute?
Mr. Lodge gibt es seit über 30 Jahren. Damals hatten wir uns auf möblierte Wohnungen und Häuser zum Wohnen auf Zeit spezialisiert. Dabei sind wir von Anfang an mit vielen Nationalitäten aus allen Kontinenten zusammengekommen, auch schon vor über 20 Jahren zählten Chinesen und Taiwanesen zu unseren Kunden. Als Unternehmen wie BenQ dann viele Mitarbeiter nach München entsandten, stieg der Bedarf nach geeignetem möbliertem Wohnraum immer mehr. Mittlerweile gibt es beispielsweise über 5000 chinesische Studenten in München. Inder Summe sind unsere chinesischen Kunden heute zu 80% Studenten, 15 %Privatleute und 5% Manager, darunter viele Ingenieure und Doktoren.

Norbert Verbücheln, Mr. Lodge

Welche Relevanz hat dabei der Verkauf von Immobilien an chinesische Kunden?
Der Verkauf kam vor acht Jahren als zusätzliche Sparte dazu. Mittlerweile betreuen wir über 5.000 Eigentümer, darunter auch viele zufriedene chinesische Kunden, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben, und deshalb Immobilien über uns gekauft oder verkauft haben.

*) Norbert Verbücheln ist seit gut 30 Jahren in der Immobilienbranche tätig. Sein Unternehmen, Mr. Lodge, bietet Interessenten möbliertes Wohnen auf Zeit, aber auch Käufern Wohnungen als Investitionsobjekte. Schon vor 20 Jahren nutzten dabei chinesische Kunden die Leistungen des Unternehmens. Aktuell baut man bei Mr. Lodge die Angebote für Käufer und Mieter aus China weiter aus.

Fotos: Mr. Lodge

Das Interview führte Georg von Stein.

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Dipl.-Kfm. Georg von Stein arbeitet seit 28 Jahren als Journalist. In dieser Zeit hat er Beiträge für die unterschiedlichsten Medien (Wirtschaft, IT, Lifestyle) publiziert und viele Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft und Politik interviewt - Unternehmer, CEOs, Politiker wie den Bundespräsidenten, Manager, etc. Seit 2004 arbeitet er für den Goingpublic Verlag und als Nachfolger für Stefan Gätzner wirkt er seit 2019 als Chefredakteur der Investment Plattform China Deutschland.