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China bleibt weiter wichtigster Handelspartner

Angehoben: Der deutsch-chinesische Handel steigt auf fast 187 Mrd. EUR. 71/5000 上升:中德贸易总额增至近1870亿欧元。Bildquelle: Adobe Stock; © thomaslerchphoto

Zum zweiten Mal hintereinander ist China Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner. Im Jahr 2017 wurden laut dem Statistischen Bundesamt Waren im Wert von 186,6 Mrd. EUR zwischen der Volksrepublik und Deutschland gehandelt. Das sind knapp 10% mehr als 2016 (169,9 Mrd. EUR), als China in der Rangliste an den USA vorbeizog und erstmals die Nummer eins einnahm. Im vergangenen Jahr belegten die Vereinigten Staaten (172,6 Mrd. EUR) hinter den Niederlanden (177,3 Mrd. EUR) nur Platz drei. Frankreich (169,4 Mrd. EUR) fiel 2017 auf Rang vier ab. Von 1975 bis 2014 war Frankreich der wichtigste Handelspartner Deutschlands gewesen.

Als Exportzielland bleiben indes die USA für die deutschen Unternehmen nach wie vor an erster Stelle. Waren im Wert von 111,5 Mrd. EUR wurden im vergangenen Jahr dorthin geliefert. China liegt bei den Ausfuhren mit 86,2 Mrd. EUR nach Frankreich (105,2 Mrd. EUR) auf Platz drei. Den größten Exportüberschuss in Höhe von 50,5 Mrd. EUR verzeichnet Deutschland ebenfalls mit den Vereinigten Staaten. Mit China besteht hingegen nach wie vor ein Außenhandelsdefizit. Die Importe aus dem Reich der Mitte übertrafen um 14,3 Mrd. EUR die deutschen Exporte dorthin. Bei den Einfuhren nach Deutschland liegt China mit 100,5 Mrd. EUR an erster Stelle in der Rangliste.

Höchste M&A-Aktivität bei Erneuerbaren Energien in Deutschland und China

Wind und Sonne: Erneuerbare Energien stehen im Fokus der M&A-Investoren in Deutschland und China. 风能与太阳能:可再生能源是德国和中国并购投资者关注的焦点。Bildquelle: Adobe Stock; © Massimo Cavallo

Für Beteiligungen und Übernahmen im Bereich Erneuerbare Energien sind Deutschland und China die attraktivsten Zielländer. Wie aus einer neuen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hervorgeht, erwarten Investoren, dass 2018 die M&A-Aktivitäten des Sektors am stärksten in diesen beiden Ländern steigen werden. Politische Faktoren spielen als treibende Faktoren hierbei eine entscheidende Rolle. Aber auch global erscheint der Trend zu Erneuerbaren Energien unaufhaltsam: Die Zahl der M&A-Deals in diesem Bereich erreichte 2017 mit weltweit 406 Transaktionen bei einem Gesamtvolumen 40,1 Mrd. EUR einen neuen Höchststand.

Jeweils 40% der für die KPMG-Studie befragten Investoren gehen davon aus, dass 2018 in Deutschland und China die Zahl der M&A-Deals im Bereich Erneuerbare Energien am kräftigsten steigen wird. Deutlich schwächer auf Platz drei liegt das Vereinigte Königreich mit 26%, gefolgt von Indien und Frankreich mit 21% bzw. 15%. Abgeschlagen auf Rang sechs liegen die USA mit 10%.

„Das Wachstum wird politisch forciert. Angesichts der Energiewende in Deutschland ist es nachvollziehbar, dass das Interesse der Investoren an Projekten im Bereich Erneuerbare Energien hierzulande ungebrochen ist“, kommentiert Michael Salcher, Head of Energy & Natural Resources bei KPMG in Deutschland, das Ergebnis der Studie.

In China ist der treibende Faktor ebenfalls die Politik. Spätestens seit Einführung des Gesetzes für Erneuerbare Energien im Jahr 2005 wird dieser Sektor intensiv gefördert. Im Rahmen des 13. Fünfjahresplans (2016-2020) will die chinesische Regierung 2,5 Bio. RMB – umgerechnet 377 Mrd. USD – in Erneuerbare Energien stecken und die installierte Kapazität auf 680 GW erhöhen. Laut den Experten der KPMG zieht die Branche in China aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung und der vollen Projektpipeline nicht nur einheimische sondern auch etliche Investoren aus dem Ausland an.

Für die KPMG-Studie „Great Expectations – Deal Making in the Renewable Energy Sector“ wurden rund 200 internationale Investoren aus dem Bereich Erneuerbare Energien befragt. Die Studie (Englisch) kann auf der Seite der KPMG heruntergeladen werden.

» zur KPMG-Studie „Great Expectations – Deal Making in the Renewable Energy Sector“

 

Weniger Bürokratie bei erwünschten Übernahmen

Nachdem es viele Jahre nur nach oben ging, chinesische Unternehmen 2015 zum ersten Mal mehr im Ausland investiert hatten als Ausländer in China und chinesische Unternehmenskäufe im Ausland 2016 die Rekordmarke von 200 Mrd. USD überschritten, kam es 2017 zu einem spürbaren Rückgang der chinesischen Auslandsakquisitionen. Denn China hat seit Ende 2016 wieder die Zügel angezogen, während zuvor die Regularien für chinesische Auslandsinvestitionen zwischen 2004 und 2014 immer weiter gelockert worden waren. Hintergrund sind die zeitweilige Schwäche der chinesischen Währung, der kräftige Kapitalabfluss aus China und das Abschmelzen von Chinas Devisenreserven von Mitte 2014 bis Ende 2016 von knapp 4 Bio. USD auf 3 Bio. USD. Zudem sieht man in China mit zunehmender Sorge die wachsende Verschuldung im Unternehmenssektor.

Regularien angezogen

Um diesen unerwünschten Entwicklungen entgegenzuwirken und Investitionen in die für richtig gehaltenen Industriesektoren zu lenken, hat China seine Politik für Auslandsinvestitionen deutlich revidiert. Begonnen hat es mit einer kurzen Pressemitteilung Ende 2016. Im Januar 2017 änderte der Staatsrat die Bestimmung für Auslandsinvestitionen durch Staatsunternehmen, die der Aufsicht der SASAC (State-owned Assets Supervision and Administration Commission of the State Council) direkt unterliegen, und betont seitdem, dass sich Staatsunternehmen auf ihr Hauptgeschäft fokussieren sollen und grundsätzlich keine Auslandsinvestitionen in anderen Bereichen tätigen dürfen. Im August 2017 folgte eine Leitlinie zur Lenkung und Regulierung chinesischer Auslandsinvestitionen und Anfang Dezember 2017 ein Verhaltenskodex für Auslandsinvestitionen durch chinesische Privatunternehmen. Schließlich wurde Ende Dezember 2017 die Bestimmung über die Verwaltung von Auslandsinvestitionen revidiert.

Neue Bestimmung über die Verwaltung von Auslandsinvestitionen

Am 26. Dezember 2017 hat die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC) die neue Bestimmung über die Verwaltung von Auslandsinvestitionen (neue Bestimmung) verkündet. Die neue Bestimmung tritt am 1. März 2018 in Kraft. Änderungen ergeben sich im Wesentlichen bei den Zuständigkeiten für Genehmigungen und Meldungen, der Genehmigungsdauer sowie der Schaffung einer Auffangklausel für sogenannte sensible Branchen.

Bisherige Regelung

Nach der bisher geltenden Regelung müssen chinesische Unternehmen, die Investitionen im Ausland tätigen wollen, eine Genehmigung der NDRC einholen, wenn das Investitionsprojekt sensible Gebiete oder Branchen betrifft. Eine Genehmigung des Staatsrats ist sogar erforderlich, wenn die Investitionssumme 2 Mrd. USD übersteigt und sensible Gebiete oder Branchen betroffen sind. In sonstigen Fällen muss das Vorhaben nur gemeldet werden bei einer Investitionssumme von mehr als 300 Mio. USD oder bei der Zentralregierung unterstehenden Unternehmen. Letztere melden an die NDRC, andere Unternehmen an die zuständigen Behörden auf Provinzebene.

Änderung der Zuständigkeiten

Ab dem 1. März fallen in den Zuständigkeitsbereich der NDRC alle Investitionsvorhaben, die sensible Gebiete oder Branchen betreffen. Die Genehmigungsbefugnis des Staatsrats wurde gestrichen. Die 300-Mio.-USD-Schwelle bei der Zuständigkeitsaufteilung zwischen zentraler und Provinzebene bleibt bestehen. Investitionsvorhaben, für welche die NDRC zuständig ist, mussten bisher zunächst von den Provinzbehörden vorabgeprüft und dann an die NDRC weitergeleitet werden. Diese Anforderung fällt nun weg, und Unternehmen können durch das Online-System ihren Antrag direkt an die NDRC stellen, ohne dass die lokale Behörde eingeschaltet wird.

HNA reduziert Anteil an Deutscher Bank

Zwei Schritte vor, einer zurück: HNA reduziert seinen Anteil an der Deutschen Bank von 9,9% auf 8,8%. 进两步,退一步: 海航集团将其在德意志银行的持股比例从9.9%降至8.8%。

Die HNA Group hat ihre Beteiligung an der Deutschen Bank bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage reduziert. Nachdem man laut einer Stimmrechtsmitteilung vom 9. Februar der Anteil zunächst von 9,9% auf 9,2% verringert hatte, wurde am 16. Februar eine weitere Reduzierung auf 8,8% bekannt. Der Mischkonzern aus Hainan hält die Beteiligung nur noch zum Teil direkt über Aktien, den Rest hingegen über Finanzderivate. Der Börsenwert der veräußerten Unternehmenspapiere liegt bei rund 300 Mio. EUR. Eine weitere Reduzierung der Beteiligung ist aber nach Verlautbarung der österreichischen HNA-Tochter C-Quadrat, über die HNA die Anteile hält, nicht geplant.

Bereits anlässlich der ersten Verringerung der Beteiligung hatte ein Sprecher des Vermögensverwalters C-Quadrat bekannt gegeben, dass HNA ein langfristiger Großinvestor der Deutschen Bank bleiben werde, es aber aufgrund von Anpassungen der Finanzierungsstruktur künftig weiterhin zu Schwankungen des Stimmrechtsanteils kommen könne. HNA ist nach wie vor größter Anteilseigner der Deutschen Bank. Das zweitgrößte Aktienpaket hält mit 6,4% der US-Investmentriese Blackrock, gefolgt von den beiden Staatsfonds Paramount Services und Premium Services aus Katar. Diese besitzen jeweils eine Beteiligung in Höhe von knapp 3,1%.

HNA war nach seinem Einstieg bei der Deutschen Bank vor rund einem Jahr in mehreren Schritten zum größten Investor des DAX-Schwergewichts aufgestiegen. Insgesamt hat die Gruppe mehr als 3,3 Mrd. EUR für die Anteile ausgegeben.

Der Serieninvestor aus Südchina ist in jüngster Zeit ins Visier der chinesischen Regulierungsbehörden geraten und sieht sich nun gezwungen sein überwiegend kreditfinanziertes Auslandsengagement zurückzufahren. HNA hatte vergangenen Monat seine Gläubiger über einen möglichen Liquiditätsengpass von mindestens 2,4 Mrd. USD informiert. Der Konzern plant daher, seine Immobilien in den USA mit einem geschätzten Wert von 4 Mrd. USD zu verkaufen. HNA und C-Quadrat betonten bisher aber stets, dass die Beteiligung an der Deutschen Bank zu den Kerninvestments zähle und nicht zur Disposition stehe.

Die HNA Group ist ein Fortune Global 500 Konzern in Privatbesitz, wobei die Eigentümerstrukturen als wechselhaft und wenig transparent gelten. Kontrolliert wird die Gruppe von dem chinesischen Unternehmer CHEN Feng. Die Gesellschaft hat in Europa unter anderem Flugzeug-Caterer in Frankreich und der Schweiz übernommen. In Österreich erwarb man 2017 den Vermögensverwalter C-Quadrat, mit dem der Einstieg in die Deutsche Bank realisiert wurde. In Deutschland kaufte HNA ebenfalls im vergangenen Jahr den insolventen Regionalflughafen Frankfurt-Hahn auf. Der Hauptsitz der 1993 gegründeten Gesellschaft befindet sich in Haikou auf der südchinesischen Insel Hainan. Die Aktivitäten umfassen die Bereiche Luftfahrt, Infrastruktur, Immobilien, Finanzdienstleistungen, Tourismus und Logistik. HNA beschäftigt weltweit insgesamt 410.000 Mitarbeiter. 2016 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz von rund 30 Mrd. USD.

Brücken zu den Zukunftsbranchen

Grußwort zum Partnerabend: Dr. CHEN Han, Co-CEO der CEINEX stellt die deutsch-chinesische Handelsplattform vor. 开场致辞:中欧国际交易所联合首席执行官陈晗博士介绍了关于中欧所这个新交易平台创建的想法。

Als Auftakt zum Jahr des Hundes hatte die Plattform M&A China/Deutschland ihre Partner und ausgewählte Gäste nach Frankfurt geladen. In den Räumen der China Europe International Exchange AG (CEINEX) fand am 6. Februar zum vierten Mal der Partnerabend dieses deutsch-chinesischen Netzwerks statt. In der Diskussionsrunde hatten die rund 40 Teilnehmer Gelegenheit, die persönliche Einschätzung von M&A-Experten zum aktuellen Marktumfeld und zur Entwicklung der kommenden Monate zu erfahren.

Dr. CHEN Han, Co-CEO der CEINEX umriss in seinem Grußwort zum Partnerabend die Idee, die er mit der neuen Handelsplattform ins Leben rief: europäischen Investoren Zugang zu in Renminbi notierten Finanzprodukten und die Beteiligung an erstklassigen Unternehmen aus China zu verschaffen. Umgekehrt sollen ausgewählte Gesellschaften, die in Shanghai und Shenzhen als A-Shares notiert sind in Deutschland ein zweites Listing ermöglicht werden. Mit der CEINEX als Brücke sollen diese in China bereits etablierten Unternehmen dann in das Netzwerk der europäischen Wirtschaft eingebunden werden. Die Co-Listings in Frankfurt stehen unter dem Schlagwort „D-Shares“. Dabei kommen nur Unternehmen zum Zug, die der strengen Regulierung in China unterliegen und einen ausgezeichneten Track Record an der Börse vorweisen können. Das Listing von in China nicht notierten und oft weitgehend unbekannten Gesellschaften ist damit von vorneherein ausgeschlossen. Skandale, die in den vergangenen Jahren deutschen Anlegern die Lust an chinesischen Aktien verleideten, sollen somit der Vergangenheit angehören. Das erste D-Share-Listing plant die CEINEX noch für den Lauf dieses Jahres.

Big Data und Biotech

Ein außergewöhnliches Start-up präsentierte sich im Anschluss. Die Molecular Health GmbH verbindet Biotech und Big Data. Stephan Hettich, Head of Business Development, Sales und Marketing, legte in seiner Key Note dar, wie das 2004 gegründete Unternehmen große Mengen von Patientendaten so aufbereitet, dass sie für die biomedizinische Nutzung für Krankenhäuser und Pharmaanbieter nutzbar sind. Mit SAP-Gründer Dietmar Hopp, der über die dievini Hopp Biotech Holding an Molecular Health beteiligt ist, verfügt das Unternehmen über einen prominenten Ankerinvestor. Die Belegschaft ist hoch qualifiziert und international aufgestellt: Von den rund 100 Mitarbeitern aus 29 Ländern haben fast 90% einen akademischen Hintergrund. Die Heidelberger Gesellschaft ist bisher vorwiegend auf dem deutschen und dem  US-Markt aktiv. Nun hat man China im Visier. Die ersten Schritte für den Markteintritt sind bereits getan. In der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt werden die Themen Big Data und Biomedizin im Rahmen des Entwicklungsplans „Made in China 2025“ intensiv vorangetrieben. Die Perspektiven für den deutschen Technologieführer im Reich der Mitte sind laut Hettich mit Blick auf Größe und Entwicklungsgeschwindigkeit mit keinem anderen Markt der Welt zu vergleichen.

Skaleneffekte

In der anschließenden Diskussionsrunde zu den aktuellen Herausforderungen und Perspektiven des deutsch-chinesischen M&A-Markts betonte Dr. Friedrich von Bohlen nochmals mit welcher Vehemenz in China die Modernisierung vorangetrieben wird. Von Bohlen ist Mitbegründer und Managing Director der dievini Hopp Biotech Holding sowie gleichzeitig Geschäftsführer von Molecular Health. In der Biotechnologie schafft das Land laut seiner Aussage systematisch übergreifende industrielle und regulatorischen Strukturen, um die chinesischen Anbieter an die Weltspitze zu bringen. Diese sind stark an einer Zusammenarbeit mit deutschen Technologierführern interessiert. Für die Deutschen wiederum bieten sich angesichts des riesigen Marktes und der damit verbundenen Skalierbarkeit der Produkte besonders spannende Perspektiven.

Standortbestimmung für den M&A-Markt

Dass Investoren aus China  längst nicht mehr nur in die klassischen deutschen Industrien Maschinenbau und Automobil investieren sondern immer differenzierter nach Targets in Branchen wie der Biotechnologie suchen, betonten auch Xiaolun Heijenga, Partnerin und Steuerberaterin bei WTS, und Dr. Nils Krause, Partner bei DLA Piper sowie Co-Head des China Desks. Die beiden Berater haben langjährige Erfahrung in der Begleitung von Unternehmenskäufern aus China. Störfeuer gibt es indes durch die regulatorischen Verschärfungen – so in Form der Änderung der deutschen Außenwirtschaftsverordnung im vergangenen Jahr. Die zu erwarteten zusätzlichen Prüfverfahren, die auf EU-Ebene angedacht sind, könnten künftig ebenfalls eine Bremswirkung entfalten. An dem grundlegenden Matching zwischen chinesischen Investoren und deutschen Zielunternehmen ändert dies indes nichts Grundlegendes.  Daher bleibt nach Ansicht der beiden Berater auch der übergreifende Trend ungebrochen, auch wenn die Herausforderungen weiter steigen. Für den deutsch-chinesischen M&A-Markt sehen Heijenga und Krause in den kommenden Monaten die Zeichen auch weiterhin auf grün.

„Ziel ist es, einen neuen Wirtschaftsmotor zu schaffen“

Südchina im Fokus: Huang Jianbo, Direktor des Wirtschaftsbüros der Provinz Guangdong in Europa, präsentiert das Greater-Bay-Area-Konzept. 聚焦中国南方:广东省驻欧洲(慕尼黑)经贸办办事处主任黄剑波先生就”粤港澳大湾区“发言。

Die stärkste und dynamischste Provinz Chinas lädt ins Münchner Haus der Bayerischen Wirtschaft zum Neujahrsempfang: Guangdong – die Region, in der die Reform- und Öffnungspolitik erstmals in die Praxis umgesetzt wurde. Die jüngsten Pläne der chinesischen Regierung gehen jetzt einen entscheidenden Schritt weiter: Im Perlflussdelta entsteht gerade rund um die Metropolen Guangzhou, Shenzhen, Foshan und Zhuhai in Kooperation mit den Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau ein integrierter Wirtschaftsraum – die Greater Bay Area. Auf der vom Wirtschaftsbüro der Provinz Guangdong erstmals am 30. Januar organisierten Veranstaltung präsentierte dessen Direktor HUANG Jianbo Einblick in die Konzeption für das Städtecluster im Süden Chinas.

Von der Werkbank der Welt zur Drehscheibe für Hightech, Dienstleistung und Innovation. Das ist die Vorgabe für die 11 Städte im Perlflussdelta. Von dort nahm vor vier Jahrzehnten auch der Aufstieg des Reichs der Mitte zur Wirtschaftssupermacht seinen Anfang. In dem ehemaligen Fischerdorf Shenzhen entstand 1980 die erste Wirtschaftssonderzone. Doch das damals eingeführte Modell der einfachen Auftragsfertigung für namhafte westliche Hersteller ist längst überholt. Zu hoch ist inzwischen das Lohnniveau in China – zu hoch auch die Ansprüche der jüngeren Generation, die gut ausgebildet nach anspruchsvolleren Jobs sucht.

Upgrade im Süden

Die chinesische Wirtschaft macht sich an ein Upgrade. In einem sich immer weiter intergrierenden Wirtschaftsraum wie der Greater Bay Area sind die Voraussetzungen vorhanden: eine mächtige Produktionsbasis, innovative Unternehmen vom Start-up NIO bis zum Weltkonzern Huawei, Börsen und Finanzdienstleister, Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie eine ein Markt von 68 Millionen Einwohnern. „Ziel ist es, einen neuen Wirtschaftsmotor zu schaffen“, sagt Huang Jianbo.

Hohe Ziele

Die Ziele sind ambitioniert: Die Greater Bay Area soll es an Wirtschaftsleistung künftig mit vergleichbaren Küstenmetropolregionen wie dem Großraum Tokyo oder Greater New York aufnehmen. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 1,4 Bio. USD ist man der Region rund um die japanische Hauptstadt (1,8 Bio. USD) und dem Big Apple (1,6 Bio. USD) bereits dicht auf den Fersen. Im Bereich der Innovation ist die viel kleinere Bay Area bei San Francisco das große Vorbild. Hier wächst den Amerikanern insbesondere mit Shenzhen, dem „Silicon Valley Chinas“, ein harter Konkurrent heran.

Langjährige Beziehungen

Auf dem Neujahrsempfang kamen über das brandaktuelle Thema Greater Bay Area hinaus aber auch die traditionell guten Beziehungen zwischen der Provinz Guangdong mit ihren 110 Millionen Einwohnern und dem Freistaat Bayern zur Sprache. Diese lassen sich bis in die siebziger Jahre und auf den Besuch des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß in Peking zurückführen, wie Dr. Markus Eder, Leitendender Ministerialrat im bayerischen Wirtschaftsministerium betonte. Längst haben die beiden Regionen eine Partnerschaft begründet, ebenso wie zahlreiche bayerische und kantonesische Städte untereinander. Angesichts der aktuellen protektionistischen Tendenzen und der Anti-Globalisierungswelle, die gerade auch aus den USA nach Europa herüberzuschwappen droht, betont der Vertreter des Freistaats die Bedeutung offener Märkte für ein gemeinschaftliches Wirtschaftswachstum. „Nur wenn die Offenheit in beiden Märkten und in beiden Richtungen herrscht, kann die Win-win-Situation entstehen, nach der wir alle streben“, so Eder.

China hält an Öffnung fest

Die Wichtigkeit des ungehinderten globalen Austausches von Wirtschaftsgütern betonte auch MAO Jingqiu, Generalkonsulin der Volksrepublik China in München. Sie verwies auf die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern. China ist für Deutschland mittlerweile der bedeutendste Handelspartner weltweit, umgekehrt ist die Bundesrepublik für die chinesische Außenwirtschaft das wichtigste Land in Europa. Im zukunftsweisenden Hightech-Bereich sieht Mao zahlreiche Anknüpfungspunkte zwischen dem Entwicklungsplan „Made in China 2025“ und dem deutschen Automatisierungskonzept „Industrie 4.0“. Die Generalkonsulin stellt dabei die Entschlossenheit ihres Landes heraus, die Märkte weiter zu öffnen. „China wird seine Öffnungspolitik entschieden fortsetzen und erweitern“, erklärt Mao. „Guangdong wird dabei vorangehen.“

Bunter Rahmen

Eingerahmt wurde der Neujahrsempfang der Provinz Guangdong von einer Verlosung mit hochwertigen Preisen und einem bunten Unterhaltungsprogramm. Vom traditionellen chinesischen Löwentanz über die Vorführung eines Illusionisten bis hin zu Musikeinlagen gemischt deutsch-chinesischer Bands wurde ein bunter Strauß an Darbietungen präsentiert. Den Abschluss fand die Veranstaltung bei einem reichhaltigen Buffet und anregendem Austausch in offener Atmosphäre.

Kion beteiligt sich an EP Equipment

Logistik fürs Lager: Kion aus Wiesbaden zählt zu den Weltmarktführern bei Gabelstaplern. 仓库物流:威斯巴登的Kion是全球叉车市场的领导者之一。Quelle und ©: Kion Group AG

Die Kion Group erwirbt einen Minderheitsanteil an EP Equipment aus Anji in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. Mit der Transaktion soll laut einer Meldung des Wiesbadener Gabelstaplerherstellers an dem Anbieter für Lagertechnikgeräte im Niedrigpreissegment eine exklusive strategische Partnerschaft begründet werden. Kion, dessen Hauptaktionär der chinesische Dieselmotorenhersteller Weichai  ist, möchte zusammen mit dem neuen Partner neue Produkte entwickeln und Synergien im Bereich der Lieferketten heben. Über die konkrete Höhe des Anteils und des Preises wurde nichts verlautbart. Das Closing der Transaktion soll im Lauf des Jahres vollzogen werden.

Die 1999 gegründete EP Equipment ist auf Flurförderfahrzeuge spezialisiert. China ist der weltweit größte und wichtigste Markt für diese Lagertechnikprodukte. In den ersten neun Monaten 2017 ist das gesamte Segment dort um rund 40% gewachsen. „Die Zusammenarbeit wird unsere Position im boomenden Markt für Lagertechnikgeräte weiter stärken“, betont  Gordon Riske, Vorstandsvorsitzender der Kion Group in einer Mitteilung zu der Minderheitsbeteiligung.

EP Equipment beschäftigt weltweit mehr als 1.000 Mitarbeiter und hat ist vor allem in China und den USA präsent. 2017 verzeichnete der ostchinesische Anbieter mit der Bestellung von über 50.000 Geräten einen neuen Auftragsrekord. Das Privatunternehmen wird nach wie vor seinem Gründer HE Jinhui geführt.

Die Kion Group ist mit sieben Marken, darunter die Premiumanbieter Linde und Still weltweit die Nummer zwei unter den Herstellern von Gabelstaplern. Das M-DAX-Unternehmen ist in über 100 Ländern präsent und beschäftigt mehr als 30.000 Mitarbeiter. Die Wiesbadener erwarten für das Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von 7,4 bis 7,7 Mrd. EUR. Hauptanteilseigner ist der chinesische Dieselmotorkonzern Weichai. Der Shandonger Konzern war 2012 für 738 Mio. EUR mit einer Beteiligung von 25% bei Kion eingestiegen. Nach mehreren Anteilserhöhungen, zuletzt 2016, hält Weichai mittlerweile 43,3% an der Gesellschaft. Ebenfalls im Jahr 2016 unterstützte Weichai das Wiesbadener Unternehmen bei einer Kapitalerhöhung, um den Kauf des US-Lagerlogistikspezialisten  Dematic zu finanzieren. Für die Übernahme mussten Kion damals rund 2,1 Mrd. USD aufwenden.

Grünes Licht für Biotest-Übernahme durch Creat

Freigabe erteilt: CFIUS stimmt der Übernahme von Biotest durch Creat endlich zu. 获批:美监管部门CFIUS终对德国Biotest收购案放行. Bild: Biotest AG

Die Pekinger Beteiligungsgesellschaft Creat hat von den US-Behörden grünes Licht für die Akquisition der Biotest AG erhalten. Das meldet der Dreieicher Biotherapeutikaspezialist in einer Ad-hoc-Mitteiliung. Demnach hat das Committee on Foreign Investment in the United States (CFIUS) die außenwirtschaftliche Freigabe für die Übernahme erteilt. Voraussetzung hierfür war der Verkauf der Tochtergesellschaften von Biotest in den USA, den die Deutschen bereits unter Dach und Fach gebracht haben. Die Amerikaner hatten gegen das öffentliche Übernahmeangebot aus China zunächst nationale Sicherheitsbedenken vorgebracht. Nach acht Monaten kann nun die Transaktion abgeschlossen werden.

Nach der CFIUS-Freigabe soll die Kaufpreiszahlung jetzt in den nächsten Tagen erfolgen. Creat wird über ihre für die Transaktion gegründete deutsche Tochter Tiancheng Pharmaceutical Holdings AG für jede angediente Biotest Stammaktie 28,50 EUR und pro angedienter Vorzugsaktie 19,00 Euro überweisen. Der Kauf sämtlicher Anteile hat einen Gesamtwert von 940 Mio. EUR. Laut ursprünglichen Plänen bei Bekanntgabe des Übernahmeangebots im März vergangenen Jahres ist vorgesehen, dass der Käufer weitere 360 Mio. EUR an Nettofinanzverschuldung und Pensionsrückstellungen übernimmt. Damit hätte der Deal ein Volumen von  insgesamt 1,3 Mrd. EUR. Inwieweit sich dieser Betrag durch den Verkauf der US-Töchter von Biotest reduziert ist noch offen.

Die US-Behörde ist nicht das erste Mal bei einem chinesisch-deutschen Deal aktiv geworden. Ende 2016 brachte CFIUS sogar die Übernahme von Aixtron durch Fujian Grand Chip Investment zum Platzen. Nachdem das Komitee Sicherheitsbedenken geäußert hatte verhinderte der damaligen US-Präsident Barack Obama durch sein Veto den Verkauf für die US-Niederlassung. Der chinesische Investor zog danach sein Angebot zurück. Auch die deutsche Regierung steht  Übernahmen aus China neuerdings kritischer gegenüber. Das Bundeswirtschaftsministerium prüft derzeit ebenfalls aus Sicherheitsgründen den Erwerb des Airbus-Zulieferers Cotesa durch die China Iron & Steel Research Institute Group.

Biotest beschäftigt weltweit mehr als 2.500 Mitarbeiter. Das Pharma- und Biotherapeutika-Unternehmen ist auf die Anwendungsgebiete Immunologie und Hämatologie spezialisiert. 2016 erwirtschafteten die Dreieicher einen Umsatz von über 553 Mio. EUR und ein Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 87 Mio. EUR. Der Reingewinn nach Steuern betrug rund 35 Mio. EUR. Die Marktkapitalisierung liegt bei knapp unter 1 Mrd. EUR.

Die 1992 gegründete Creat Group investiert in den Bereichen Finanzdienstleistung, Immobilien, Industrie, Bergbau und Gesundheit. Bisher war die Investmentgruppe vor allem in China aktiv und kontrolliert u.a. Shanghai Raas Blood Product, einen Hersteller von Blut- und Plasmaprodukten sowie dazugehörigen Diagnose- und Testinstrumenten. Im Vereinigten Königreich übernahm Creat im Jahr 2016 Bio Products Laboratory vom Private Equity Investor Bain Capital.

C&A vor dem Verkauf nach China?

Kleidung von der Stange: Das Traditionshaus C&A ist für preiswerte Mode bekannt. 时装零售:传统的C&A 以平价时装闻名. Bildquelle: Adobe Stock; © nonchanon

Die Eigentümerfamilie der Bekleidungskette C&A steht offenbar mit Interessenten aus China in Verhandlungen über den Verkauf des Traditionsunternehmens. Wie Spiegel Online unter Berufung auf Insiderkreise berichtet, soll die Transaktion bereits kurz vor dem Abschluss stehen. Die in der Schweiz ansässige Cofra Holding, über welche die Eigentümerfamilie Brenninkmeijer die Modekette kontrolliert, wollte die Berichte in einem Statement weder bestätigen noch dementieren.

In dem Statement der Cofra Holding heißt es lediglich, dass man verschiedene Wege ausloten wolle, um sowohl im Online-Handel als auch in Wachstumsmärkten wie China die eigene Position auszubauen. Zu diesen Möglichkeiten gehörten auch Partnerschaften und externe Beteiligungen. Man sondiere hierzu mit einer Reihe von Parteien.

C&A macht seit Jahren die Konkurrenz von Billigmodeketten wie H&M und Primark zu schaffen. Hinzu kommt der erstarkende Online-Modehandel, der den traditionellen Modeketten immer mehr Marktanteile abnimmt. Angesichts des wachsenden Drucks dreht sich bei C&A auch das Personalkarussell schneller. So übernahm im Sommer vergangenen Jahres der ehemalige Rewe-Vorstand Alain Caparros die Geschäftsführung. Der Umsatz der Bekleidungshäuser in Deutschland lag im Geschäftsjahr 2016/2017 bei rund 2,6 Mrd. EUR. Genauere Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung gibt das seit jeher sehr verschwiegene Familienunternehmen nicht bekannt.

Die Modekette kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: Gründer waren Clemens und August Brenninkmeijer, deren Vorfahren im 17. Jahrhundert von Westfalen nach Holland ausgewandert waren.  Die beiden Brüder, aus deren Initialen schließlich der Namen C&A entstand, gründeten während der industriellen Revolution im Jahr 1841 im niederländischen Sneek ihr erstes Konfektionsgeschäft. Heute besitzt das Unternehmen 1.575 Filialen und beschäftigt über 35.000 Mitarbeiter. Die Modekette ist in 18 europäischen Ländern vertreten, darüber hinaus auch in Mexiko, Brasilien und China.

CNBM steigt bei Singulus Technologies ein

China National Building Materials Group (CNBM) erwirbt rund 16,8% der Aktien von Singulus Technologies. Das gab der chinesische Staatskonzern am ersten Börsenhandelstag des Jahres bekannt. Demnach wurden mit außenstehenden Aktionären Kaufverträge über rund 1,5 Mio. Aktien unterzeichnet. Die Transaktion unterliegt noch der Genehmigung durch die Behörden in China. Auf Basis des Schlusskurses des letzten Handelstages vor der Bekanntgabe der Beteiligung würde demnach der chinesische Staatskonzern über 22 Mio. EUR für den Spezialmaschinenbauer aus Kahl am Main auf den Tisch legen.

Singulus Technologies produziert Maschinen und Anlagen für die Bereiche Solar, Halbleitertechnik, Medizintechnik, Konsum und optische Datenträger wie DVDs. Die Kernkompetenzen des Unternehmens liegen in der Beschichtungstechnik und nasschemischen Verfahren. Singulus Technologies weist einen Börsenwert von knapp unter 150 Mio. EUR auf. Erst Anfang Dezember vergangenen Jahres hatte der Spezialmaschinenbauer eine Kapitalerhöhung von 10% über die Bühne gebracht. 2016 erwirtschafteten die rund 320 Singulus-Mitarbeiter einen Umsatz von knapp 69 Mio. EUR.

CNBM ist ein Staatsunternehmen, das der Zentralregierung bzw. State-owned Assets Supervision and Administration Commission (SASAC) direkt untersteht.  Der Konzern ist der größte Produzent von Baumaterialien in China. Im Rahmen der Konsolidierung des Staatssektors hatte das Unternehmen erst im vergangenen August einen Merger mit seinem kleineren Wettbewerber China National Materials Corporation (Sinoma) angekündigt. China National Building Material Co. Ltd, der in Hongkong börsennotierte Arm des Konzerns, wies für 2016 einen Umsatz von fast 102 Mrd. RMB (13 Mrd. EUR) und einen Gewinn nach Steuern von 2,8 Mrd. RMB (367 Mio. EUR) aus.

„Wir beobachten verstärktes Interesse an chinesischen Unternehmen“

China im Fokus: Inbound-M&A können für deutsche Unternehmen eine attraktive Option sein. 聚焦中国市场:对德国企业而言对华并购的选项经常具有一些优势。Bildquelle: Adobe Stock; © beugdesign

Während Chinas M&A-Aktivitäten in Deutschland 2016 sämtliche Rekorde brachen, hielten sich umgekehrt die Deutschen im Reich der Mitte weiterhin zurück. Nur acht deutsche Inbound-Deals mit überschaubaren Ticketgrößen wurden gezählt. In China sind es zumeist Mittelständler, die chinesische Partner oder Wettbewerber übernehmen. Unter welchen Bedingungen es für Unternehmen aus Deutschland Sinn machen kann, in China einen M&A-Deal zu stemmen, erklärt Stefan Kracht, Geschäftsführer von Fiducia Management Consultants, im Interview.

MA-Dialogue: Wie sehen Sie die Entwicklungskurve der deutschen und europäischen Inbound-M&A-Aktivitäten in den letzten Jahren?

Stefan Kracht: Innerhalb unseres Kundenstammes – überwiegend europäische Mittelständler – beobachten wir ein verstärktes Interesse an Übernahmen von chinesischen Unternehmen. Die Inbound-M&A-Aktivitäten standen in den vergangenen zwei Jahren etwas im Schatten der Outbound-M&A mit ihren turbulenten Höhen und Tiefen. Wir sehen jedoch eindeutige Indikatoren, die auf ein moderates, aber stetiges Wachstum im Inbound-M&A-Bereich schließen lassen.

Was treibt diese Entwicklung voran?

Den Haupttreiber dieses Trends bezeichnen wir als “China 2.0”. In diesem Begriff spiegelt sich der höhere Reifegrad der chinesischen Wirtschaft und auch die technologisch und qualitätsmäßig besser aufgestellten heimischen Wettbewerber der ausländischen Unternehmen wieder. Dieser qualitative Fortschritt hat für die Ausländer vielfach eine Phase mit moderaterem Wachstum eingeleitet. Da es damit für die europäischen Unternehmen schwerer wird, auf organischem Weg ihre Wachstumsziele zu erreichen, prüfen sie vermehrt Optionen im Bereich M&A.

Auf der Angebotsseite bedeutet “China 2.0” wiederum einen größer werdenden Pool an attraktiven Übernahmekandidaten: reife chinesische Unternehmen, die in puncto Produkt- und Servicequalität immer häufige auf Augenhöhe mit ihren europäischen Pendants sind. Auch in Bezug auf Transparenz der Buchhaltung und Corporate Governance ist deren Qualität gestiegen – besonders bei den IPO-Kandidaten.

Das Fehlen von Push-Faktoren, die heimische Unternehmer zum Verkauf bewegen, limitiert jedoch ein stärkeres Wachstum der Inbound M&A-Aktivitäten. Üblicherweise verfügen chinesische Unternehmen über einen einfachen Zugang zu Kapital und ein erhebliches organisches Wachstumspotenzial auf dem Heimatmarkt. Wieso also sollten sie an einen ausländischen Investor verkaufen? Eine interessante Antwort hierauf lautet: Generationswechsel. Wir treffen vermehrt chinesische Familienunternehmen an, die zu einem Verkauf bereit sind, sofern kein Plan für einen Nachfolger besteht. Da inhabergeführte Unternehmen Schätzungen zufolge momentan mehr als die Hälfte von Chinas BIP erwirtschaften, liegt in diesem Bereich künftig ein erhebliches M&A-Potenzial.

Welche Branchen stehen bei Inbound-M&A-Deals für Sie derzeit besonders im Fokus?

Bei unseren Kunden sehen wir hauptsächlich zwei Sektoren mit Übernahmeaktivitäten. In beiden Fällen zeigt sich ein moderates Wachstum mit gemäßigten Kaufpreisen – im Gegensatz zum Technologiesektor. Dort sind starke M&A-Aktivitäten mit hohen Goodwill-Zahlungen zu verzeichnen.

Zum einen sehen wir Chancen in verbraucherbezogenen Industrien wie Sportartikel und Verpackungen. Ein immenses Potenzial liegt in der wachsenden und immer stärker konsumorientierten chinesischen Mittelschicht. Diesbezüglich wollen sich ausländische Unternehmen rechtzeitig ihren Anteil am Kuchen sichern. Hinzu kommt, dass die Regierung Investitionen in diesen Sektor fördert. Denn sie will die Abhängigkeit von der Schwerindustrie und den Exporten reduzieren und das Land hin zu konsumbasierten Wachstum führen.

Der andere Sektor ist die herstellende Industrie. Hier ist der Treiber “Made in China 2025” – der Plan der Regierung, den chinesischen Produktionssektor weg von der Massenherstellung zu führen. Mit “Made in China 2025” unterstützt die Regierung den Einsatz heimisch produzierter Komponenten und Maschinen. Um neuen regulatorischen Vorgaben rechtzeitig zu begegnen, erwägen auch viele unserer industriellen Kunden M&A-Optionen.

Unter welchen Umständen ist eine Übernahme in China für deutsche Unternehmen sinnvoller als ein Joint Venture oder die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft?

Wir sehen folgende Hauptszenarien, beginnend mit den am häufigsten anzutreffenden:

  • Schnellste “Route-to-Market”: Viele unserer Kunden übernehmen einen lokalen Wettbewerber, um ihren Marktanteil schnell vergrößern zu können. Fast zwei Drittel aller chinesischen Inbound-Akquisitionen im Jahr 2016 waren horizontale Integrationen.
  • Diversifizierung: Sofern sich europäische Industrieunternehmen in China im High-end-Segment etablieren konnten, sind häufig die Wachstumsmöglichkeiten limitiert. Eine Chance bietet dann die Akquisition chinesischer Marken, um in das mittlere Preissegment vorstoßen zu können.
  • Regulatorisches Umfeld: In manchen Fällen entscheiden sich ausländische Unternehmen für Übernahmen, um sich regulatorische oder kommerzielle Vorteile zu verschaffen, die sonst nur heimischen Unternehmen vorbehalten sind. Beispielsweise ist dies in der Medizintechnikbranche der Fall. Einige Krankenhäuser müssen einen bestimmten Prozentsatz ihrer Geräte bei heimischen Anbietern einkaufen. Derartige Vorgaben machen es für ausländische Verkäufer schwer, an Ausschreibungen teilzunehmen, geschweige denn sie zu gewinnen.
  • Vertikale Integration: Ausländische Unternehmen, die zuvor stark auf Drittanbieter angewiesen waren, sind mit Blick auf “China 2.0” nun bereit, ihr Commitment im Land zu erhöhen und weitere Teile der Wertschöpfungskette zu integrieren. Wir betreuen sowohl Fälle von Rückwärtsintegrationen, bei denen Klienten ihre Lieferanten übernehmen, als auch Vorwärtsintegrationen, bei denen der Händler akquiriert wird.

Wie bewerten sie derzeit die Entwicklung des regulatorischen Umfelds in China für ausländische Übernahmen?

Positiv ist, dass die Regierung 2017 wichtige Schritte unternommen hat, um einige strikt regulierte Industrien zu liberalisieren. Der aktualisierte Foreign Investment Catalogue reduzierte beispielsweise die Anzahl der als “restricted” oder “prohibited” klassifizierten Unternehmensaktivitäten um ein Drittel (von 93 auf 63). Als noch bedeutender sehen wir die Ausweitung des Systems der “negative list” von den Freihandelszonen auf das ganze chinesische Staatsgebiet an. Dies bedeutet, dass Unternehmen auf weniger bürokratische Hürden stoßen, so lange ihre Investitionen nicht in eine der Kategorien innerhalb der “negative list” fallen.

Verschiedene Faktoren deuten darauf hin, dass der Trend hin zu einer Ausweitung der Liberalisierung anhalten wird. Erstens schwindet Chinas Kostenvorteil im internationalen Wettbewerb. Dies hat beispielsweise zu gesunkenen Foreign Direct Investments (FDI) im ersten Halbjahr 2017 geführt. Zweitens sieht sich China nun in der Pflicht, nach den Rekorden bei den Outbound-Investments im letzten Jahr die Kapitalbilanz wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Zu guter Letzt ist sich China bewusst, dass man den Vorwürfen ausländischer Regierungen entgegenwirken muss, die von China den Eindruck haben, im M&A-Bereich nur eine Einbahnstraße zuzulassen.

Interessanterweise beobachten wir parallel dazu aber auch einen negativen Trend: selektiver Protektionismus. Mit “Made in China 2025” fördert die chinesische Regierung nicht nur lokale Hightech-Sektoren, sondern schützt diese auch. Manche Restriktionen dienen vor allem dem Zweck, den heimischen Wettbewerbern weitere Entwicklungszeit zu verschaffen. Dies geschieht aber auch zum Nachteil internationaler Firmen in China.

Wie sollten ausländische Käufer Ihrer Erfahrung nach am besten vorgehen, um das richtige Target zu finden und dabei die Risiken möglichst gering zu halten?

Investoren brauchen Erfahrung und Disziplin, um potentielle Gefahren im Zusammenhang mit einer Akquisition in China zu erkennen. Wer mit den lokalen Marktstrukturen, den kulturellen Unterschieden oder den Abläufen innerhalb eines chinesischen Unternehmens nicht sehr vertraut ist, wird manch klares Warnsignal übersehen. Gleichzeitig müssen die chinesischen Geschäftspartner auch die europäischen Unternehmen und deren Kultur verstehen, um den richtigen “Fit” zu erzielen.

Insbesondere folgende zentralen Aspekte sollten während des Akquisitionsprozesses berücksichtigt werden:

  • Zielsuche: In der Regel sollte die Zielsuche eine umfangreiche Marktanalyse einschließen. Unternehmen müssen zuerst den Markt verstehen, bevor sie sich für die nachhaltigste Wachstumsoption entscheiden können. Welches Marktsegment hat die höchste durchschnittliche jährliche Wachstumsrate? Wie wird der Marktzugang im Segment sichergestellt? Eignet sich eine Akquisition am besten, oder ist doch eine strategische Partnerschaft sinnvoller?
  • Verhandlungen: Die richtige Unterstützung bei Verhandlungen nimmt in China einen sehr hohen Stellenwert ein, da große kulturelle und strukturelle Unterschiede vorhanden sind. Beispielsweise treffen wir vielfach auf Situationen, in denen wir erst nach eingehenderer Nachforschung auf die tatsächlichen Entscheidungsträger stoßen.
  • Sorgfalt: Wenn wir rechtliche, finanzielle und kommerzielle Due Diligences in China ausführen, ist es unser Leitkriterium, dauerhaften Wert für den Kunden zu schaffen. In China wirken viele Faktoren, welche die Nachhaltigkeit einer Akquisition langfristig gefährden könnten. Falls wir bei M&A-Aufträgen diesen Eindruck erhalten, empfehlen wir oftmals den Kunden, Ausschau nach einem neuen Target zu halten oder weiter auf organisches Wachstum zu setzen.

Herr Kracht, vielen Dank für das Interview.

 

Zur Person

Stefan KrachtStefan Kracht ist seit 2012 Geschäftsführer von Fiducia Management Consultants und führt damit in Hong Kong und China die langjährige Familientradition des von seinem Vater Jürgen Kracht gegründeten Unternehmens fort. Stefan Kracht koordiniert die Zusammenarbeit der über 120 internationalen und chinesischen Consultants an den Standorten in Peking, Hong Kong, Shanghai und Shenzhen. Zusammen mit seinem Management-Team unterstützt er international tätige mittelständische Unternehmen bei der Etablierung und Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeiten auf dem chinesischen Markt und hilft ihnen dabei, den chinesischen Wirtschaftsraum und die Wettbewerbsumgebung besser zu verstehen. Stefan Kracht verfügt über umfangreiche M&A-Erfahrungen bei der Suche, Bewertung und Übernahmeverhandlungen mit chinesischen Unternehmen.

www.fiducia-china.com

ChemChina bringt KraussMaffei an die Shanghaier Börse

Von München nach Shanghai: Maschinenbauer KraussMaffei geht in China an die Börse. 从慕尼黑到上海: 机械制造商克劳斯玛菲在中国上市. Bild:KraussMaffei

Die China National Chemical Corporation (ChemChina) bringt ihre Tochter KraussMaffei an die Börse Shanghai. Dazu soll der Münchner Maschinenbauer in das Qingdao Tianhua Institute of Chemistry Engineering eingebracht werden. Qingdao Tianhua gehört ebenfalls zur ChemChina-Gruppe und ist bereits in Shanghai börsennotiert. KraussMaffei wolle mit dem Zugang zum chinesischen Kapitalmarkt sein Wachstum beschleunigen, begründete der Hersteller von Maschinen für die Verarbeitung von Kunststoff und Gummi den Schritt in einer Meldung. Die Bewertungen an den Börsen in China sind deutlich höher als in Deutschland. Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt der Genehmigungen zuständiger Gremien sowie Behörden.

Zusätzlich zu der Integration von KraussMaffei ist geplant, drei Werke von ChemChina zur Herstellung von Maschinen für die Reifen- und Gummiproduktion in Qingdao Tianhua einzubringen. „Das Geschäft von KraussMaffei wird rund 85% des gelisteten Unternehmens darstellen“, erklärt Frank Stieler, CEO von KraussMaffei. Die Münchner Gesellschaft und die ChemChina-Werke werden mit umgerechnet 844 Mio. EUR bewertet, wie Qingdao Tianhua mitteilte. ChemChina hatte Anfang 2016 zusammen mit dem deutsch-chinesischen Private Equity Investor AGIC Capital und dem Staatsfonds Guoxin International Investment für 925 Mio. EUR das deutsche Traditionsunternehmen übernommen.

ChemChina bleibt Mehrheitsaktionär von KraussMaffei und sieht die Aussichten für das Unternehmen durch den Börsengang deutlich verbessert. „Wir haben schon immer an das Wachstums-Potenzial des Unternehmens geglaubt. Durch ein künftiges Listing an der Börse in Shanghai wird die Wahrnehmung von KraussMaffei im chinesischen Markt noch einmal deutlich erhöht“, bewertet REN Jianxin, Chairman von ChemChina, die Perspektiven für das geplante Listing. „Chinesische Investoren schätzen deutsche industrielle Wertarbeit und Führungskompetenz“, so Ren weiter. ChemChina hatte mit seinen Übernahmen in Europa bereits für reichlich Wirbel gesorgt. 2015 erwarb der Staatskonzern aus Peking den italienischen Reifenhersteller Pirelli für über 7 Mrd. EUR. 2016 folgte das 43 Mio. USD schwere Übernahmeangebot für den Schweizer Agrarkonzerns Syngenta – weltweit der bisher größte Outbound-Deal eines chinesischen Investors.

Der Münchner Firmensitz von KraussMaffei soll auch nach dem Börsengang in Shanghai erhalten bleiben. Der Maschinenbauer plant, das Geschäft in China lokal auszubauen und die globalen Auslandsaktivitäten aus Deutschland heraus voranzutreiben. „Mit der geplanten Transaktion erhalten wir Zugang zum Kapitalmarkt und haben mit neuen finanziellen Mitteln die Möglichkeit, unser Unternehmen weiterzuentwickeln und das geplante Wachstum zu beschleunigen“, führt KraussMaffei-CEO Stieler aus. Im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen bereits seinen Umsatz um 5% auf 1,27 Mrd. Euro gesteigert und steuert 2017 darauf zu, die Marke von 1,3 Mrd. Euro zu knacken. Im laufenden Geschäftsjahr sollen darüber hinaus an allen globalen Standorten insgesamt 350 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Bereits im August hat KraussMaffei die Schwelle von weltweit 5.000 Mitarbeitern überschritten.