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Vielfältige Synergien

Aktiver Investor: CNIC-CEO Yuxian ZHOU stellt die Outbound-Strategie des Staatsfonds vor.

Die China European International Business School (CEIBS) hatte zum vierten Mal zu ihrem Europaforum geladen. Rund 300 Gäste fanden sich am 17. Juli in der BMW Welt in München ein. Neben mehreren Panels zur Digitalwirtschaft in China gab der CEO seltene Einblicke in einen der wichtigsten chinesischen Staatsfonds.

London, Paris, Zürich, Prag, München: Jedes Jahr tourt die CEIBS durch große europäische Städte und lädt zu ihrem Forum ein. Fachleute für Cross-Border-Investments erwarten die Veranstaltungen mit Spannung. Denn die 1994 von der chinesischen Regierung und der Europäischen Union gemeinsam gegründete Wirtschaftshochschule wartet bei ihren Events stets mit hochrangigen Referenten auf.

Starker Staatsfonds

Eine der Höhepunkte des diesjährigen Events war der Vortrag von Yuxian ZHOU, CEO der CNIC Corporation. Der Staatsfonds wurde gemeinsam von der Devisenaufsichtsbehörde SAFE und der SASAC, der Verwaltung der 100 größten Staatsbetriebe, ins Leben gerufen. Vorwiegend als Co-Investor zusammen mit strategischen Unternehmenskäufern hat CNIC weltweit bereits 20,9 Mrd. USD investiert, davon 5,5 Mrd. USD in 19 europäischen Projekten. Die bekannteste Transaktion in Deutschland war 2016 die Übernahme des Münchner Maschinenbauers KraussMaffei. Hauptinvestor war der Staatskonzern ChemChina, flankiert von der Private-Equity-Gesellschaft AGIC Capital.

Rezepte für den Erfolg

CNIC-Chef Zhou sieht in Chinas M&A-Aktivitäten in Europa eine Win-win-Situation für beide Seiten. Konkret macht er das an einer ganzen Reihe von Synergien fest: Als Vorteil für europäische Unternehmen stellte er neben dem Marktzugang vor allem die Chancen auf dem Kapitalmarkt in China heraus. So bereitet sich KraussMaffei gerade auf den Börsengang in Shanghai vor. Weitere Synergien erkennt Zhou beim Aufbau internationaler Management-Topteams sowie beim Thema Forschung und Entwicklung. Doch ein nachhaltiger Erfolg einer grenzüberschreitenden Übernahme ist trotz dieses Synergiepotenzials kein Selbstläufer. Wichtig für ihn: Unternehmenskäufer aus China müssen sich auf die Rahmenbedingungen in Europa einstellen. Themen wie IP-Schutz und der Arbeitnehmerrechte sollten auch bei ihnen ganz oben auf der Agenda stehen.

Chinesische M&A-Aktivitäten in Europa rückläufig

Investitionen: Chinas Investitionen in Europa. 投资减少:中国在欧洲的并购交易量减少了一半以上。Bildquelle: Adobe Stock; © Weissblick

Die Zahl chinesischer M&A-Deals in Europa ist weiter rückläufig: Im ersten Halbjahr fiel die Anzahl er Übernahmen und Unternehmensbeteiligungen um 12% von 126 auf 111. Das Investitionsvolumen hat sich sogar mehr als halbiert: von 31,6 auf 14,9 Mrd. USD. Indes stieg in Deutschland das M&A-Volumen in ersten sechs Monaten des Jahres bei gezählten 22 Deals im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 6,7 auf 9,9 Mrd. USD. Ausschlaggebend hierfür war der Einstieg des chinesischen Autobauers Geely bei Daimler mit einem Volumen von geschätzt 8,9 Mrd. USD. Dies ist das Ergebnis einer Auswertung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY.

Zusammen mit Deutschland bleibt Großbritannien nach Anzahl der Deals weiterhin das beliebteste Investitionsziel von Käufern aus China. Dort wurden ebenfalls 22 M&A-Transaktionen gezählt – allerdings vorwiegend kleine Deals. Das Volumen fiel auf den britischen Inseln von 16,2 Mrd. USD im Vorjahreszeitraum auf magere 0,6 Mrd. USD in der ersten Jahreshälfte 2018. In Frankreich stieg die Zahl der Übernahmen von 10 auf 13, während sie in Italien von 12 auf 11 sank.

Schwierigkeiten bei Transaktionen

Den seit dem Rekordjahr 2016 anhaltenden Abwärtstrend begründen die EY-Experten mit wachsendem politischem Widerstand gegen einen befürchteten Abfluss von Technologie und Know-how, aber auch mit transaktionsbezogenen Problemen. So wären chinesische Investoren bei verschiedenen Ausschreibungen überboten worden oder hätten die Finanzierung nicht zustande gebracht. Das Interesse aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sei aber ungebrochen. „Wenn in Europa ein attraktives Unternehmen als Übernahmeziel gilt, ist eigentlich immer auch ein chinesisches Unternehmen unter den Interessenten“, erklärt Yi SUN, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei EY, anlässlich der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen.

Konsum im Fokus

Der Branchenfokus richtet sich verstärkt auf die Bereiche Infrastruktur, Hightech,  Energie und Konsumgüter. Dafür lies das Interesse an klassischen Sektoren nach:  So sank im ersten Halbjahr die Zahl der gekauften europäischen Industrieunternehmen massiv von 43 auf 23. Auch im Finanzsektor war die Transaktionsaktivität rückläufig: von 17 auf acht Deals. Gestiegen ist hingegen die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen in den Bereichen Energie (von sechs auf neun Transaktionen) und Rohstoffe (von sieben auf zehn). Vor allem aber gewann der Konsumgütersektor stark an Bedeutung: Hier stieg die Zahl der Deals von fünf auf 19.

Kleinere Deals

Im Vergleich zu früher ist auch die Zahl sehr großer Transaktionen rückläufig: Nachdem im ersten Halbjahr 2017 europaweit noch elf Deals mit einem Volumen von mehr als 500 Mio. EUR über die Bühne gegangen waren, sank die Zahl im laufenden Jahr auf fünf. In Deutschland stellten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft indes nach wie vor ein hohe Anzahl von Distressed M&A fest.

Kommunikation immer wichtiger

Eine neue Herausforderung für Unternehmenskäufer aus dem Reich der Mitte sind die gestiegenen Anforderungen an die Finanzierung:  „Die Verkäufer sind vorsichtiger geworden – sie fordern heute oft schon bei der Vertragsunterzeichnung hohe Garantien von den chinesischen Käufern. Und auch Bankbürgschaften sind für chinesische Investoren deutlich schwieriger zu erhalten“, führt Yi Sun aus. „Dadurch verzögern sich viele Abschlüsse – das Geschäft ist schwieriger geworden.“ Für die nächsten Monate ist die Leiterin des Chinageschäfts zwar optimistisch – auch weil die politischen Spannungen mit den USA die Offenheit Europas gegenüber Chinas Unternehmenskäufern befördern könnte.  Gleichzeitig mahnt sie aber  Verhaltensänderungen an:  „Heute müssen die chinesischen Investoren ihre Absichten deutlich besser kommunizieren als vor einigen Jahren und zum Teil auch Zugeständnisse in Bezug auf Arbeitsplätze und Unternehmenssitz machen, um Ängsten zu begegnen“, so Sun.

China bleibt wichtiger Investor

Im Ranking der größten Investoren in Deutschland landet China im ersten Halbjahr gemeinsam mit Frankreich und den Niederlanden auf dem vierten Platz – hinter den USA (73 Transaktionen), Großbritannien (64) und der Schweiz (39). China ist also nach den USA der zweitgrößte außereuropäische Investor in Deutschland.

Positive Projektlage entlang der Seidenstraße

Der Kongress "Seidenstraße 2018 – Handeln auf neuen Wegen", am 25. Juli 2018 in Nürnberg, bündelt die zentralen Fragestellungen und zeigt Optionen für europäische Unternehmen auf. Bildquelle: Adobe Stock; © gui yong nian

Das Megaprojekt zur Wiederbelebung der Seidenstraße ist für einen Großteil der deutschen Unternehmen sowie auch der breiteren Öffentlichkeit nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln. Am 25. Juli veranstaltet die NürnbergMesse in Ihren Hallen unter dem Motto „Seidenstraße 2018 – Handeln auf neuen Wegen“ einen Kongress hierzu. Aus diesem Anlass beantwortet Prof. Dr. Christian Rödl die wichtigsten Fragen zu der Initiative der chinesischen Regierung und erläutert, wie deutsche Unternehmen davon profitieren können.

Wie hat sich das Projekt „Neue Seidenstraße“ in den vergangenen Jahren entwickelt und wie sieht die Projektlage aktuell aus?

Wir beobachten, dass sich die Projektlage entlang der Seidenstraße aktuell sehr positiv entwickelt. Als das Projekt „Neue Seidenstraße“ unter der Bezeichnung „Belt and Road“-Initiative (BRI) im Jahr 2013 vom chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping ins Leben gerufen wurde, wurde die Idee vor allem im Westen mit großer Skepsis betrachtet. Es dauerte in der Tat erst einige Zeit bis sich konkrete Projekte herauskristallisierten, die Finanzierungsfragen geklärt wurden und – was vor allem für unsere Mandantschaft von Interesse ist – die Auftragsvergabe strukturiert war.

Der große internationale Durchbruch kam dann mit dem „Belt and Road Forum“ 2017 in Peking, als 29 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zu Gast waren. Allein in diesem Umfeld wurden rund 8.000 Verträge chinesischer Unternehmen in knapp 60 Ländern unterschrieben. Gemäß Aussagen der Reformkommission der chinesischen Zentralregierung (NDRC – National Reform and Development Commission) wird davon ausgegangen, dass im Zeitraum von 2017 bis 2022 jährlich zwischen 120 bis 130 Milliarden USD investiert werden. Das Gesamtvolumen beläuft sich nach derzeitigen Schätzungen auf ca. 900 Milliarden USD.

Mittlerweile befinden sich viele Einzelprojekte entlang der „neuen Seidenstraße“ in der Umsetzungsphase, und dieses Bild wird auch in den nächsten Jahren vorherrschend sein. Natürlich können äußere Faktoren die Lage jederzeit unvorhergesehen verändern: Politische Umbrüche oder Finanzierungsprobleme zum Beispiel werden mit Sicherheit das eine oder andere Projekt stoppen – und gleichzeitig an anderer Stelle ein neues entstehen lassen.

Was ist der strategische Fokus der Neuen Seidenstraße und welche Aspekte des Projekts sind besonders für deutsche Unternehmen attraktiv?

China ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands in Asien und Deutschland gleichzeitig der wichtigste Handelspartner Chinas in der EU. Zeitgleich haben viele Länder entlang der Seidenstraße gemeinsame Defizite, die ihre wirtschaftliche Entwicklung bremsen: unzureichende Transportinfrastruktur, mangelnde Energieversorgung, ungenügende medizinische Versorgung und ein verbesserungswürdiges Bildungssystem. Im strategischen Fokus der BRI stehen der Aus- und Aufbau interkontinentaler Handels- und Infrastrukturnetze. Dementsprechend fließt ein Großteil der Investitionen in Projekte, die beispielsweise die Verbesserung der Infrastruktur der jeweiligen Länder betreffen, deren Energieversorgung, den Handel oder die finanzielle Integration: Das Projektportfolio entlang der zwei Hauptrouten (maritim sowie landläufig) reicht vom Bau von Hochseehäfen in Pakistan und Malaysia über Zugverbindungen quer durch Asien und Ost-Europa bis hin zur Etablierung von Sonderwirtschaftszonen in Polen und Weißrussland.

Im Umkehrschluss entsteht damit auch ein attraktiver neuer Markt mit vielen Anschlussmöglichkeiten an weitere Märkte, die sich deutsche Firmen erschließen können: Sei es aktiv mit dem Einbringen ihres Know-hows und/oder als Investor.

Welche Möglichkeiten gibt es für deutsche Unternehmen, sich an Projekten entlang der Seidenstraße zu beteiligen?

Die Bandbreite an Möglichkeiten ist grundsätzlich groß. Im Moment sind deutsche Unternehmen vorwiegend als Lieferanten von Spezialmaschinen und Kernkomponenten und in Einzelfällen auch als Subunternehmer bei Großprojekten eingebunden und treten nicht als Generalunternehmer auf. Wir sehen in unserem Mandantenkreis gerade im Bereich der mittelständischen Logistikunternehmen enormes Potenzial, wachsendes Interesse und die Bereitschaft, an diesen Projekten zu partizipieren – von der aktiven Nutzung neugeschaffener Zugverbindungen, die den Warenverkehr zwischen Deutschland und China beschleunigen, über das Angebot qualitativ hochwertiger Lösungskonzepte bis hin zur Bereitstellung regionalen Know-hows. Der deutsche Mittelstand ist international gut vernetzt und sehr flexibel. Das ermöglicht einen rechtzeitigen Markteintritt nach fachgerechter Prüfung – und zwar an allen strategisch entscheidenden Knotenpunkten. Agilität und Mut, die neuen Märkte zu erschließen, sind entscheidende Pluspunkte.

In dieser Konstellation profitieren China und die Länder entlang der Seidenstraße ganz klar von der jeweiligen Fachexpertise deutscher Unternehmen: Die Erfahrung zeigt, dass das technische Know-how in speziellen Feldern bei chinesischen Staatsunternehmen noch nicht soweit ausgeprägt ist. China ist auf den Zukauf von Expertenwissen angewiesen, was die Beauftragung gerade von deutschen Mittelständlern, aber auch von Konzernen aus unserer Sicht recht wahrscheinlich macht. Vor allem in den Bereichen Energieversorgung und Energiesicherung, im Maschinenbau, bei Ingenieursdienstleistungen, Beratungs- und Finanzdienstleistungen sehen wir langfristig gute Chancen. Der Wissensvorsprung von Unternehmen mit Spezialkompetenz ist weiter gefragt. Daneben wird in den nächsten Jahren entlang der Seidenstraße auch der Bedarf an Fachexpertise in den Bereichen Biomedizin, Gesundheitswesen, Pharmazie und Digitalisierung weiter steigen.

 

Zur Person

Prof. Dr. Christian Rödl berät Familienunternehmen und deren Inhaber vorwiegend zur grenzüberschreitenden Struktur von Unternehmensgruppen und Privatvermögen sowie zur Unternehmens- und Vermögensnachfolge. Er ist Honorarprofessor an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg und lehrt Unternehmensnachfolge und Internationale Steuerplanung. Auf diesen Gebieten ist er Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher und Fachaufsätze. Prof. Dr. Rödl ist Mitglied in mehreren Beiräten, Aufsichts- und Stiftungsräten. Er ist Vizepräsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken.​

Renminbi beim Mittelstand etabliert

Akzeptanz steigt: Fast ein Drittel der deutschen Mittelständler rechnen ihre Geschäfte in China in Renminbi ab. 接受程度正在增加:几乎三分之一的德国中小型企业用人民币结算其在中国的业务。Bildquelle: Adobe Stock; © david franklin

Für deutsche Mittelständler im China-Business ist der Renminbi mittlerweile gängiges Zahlungsmittel. 31% der kleineren und mittleren Unternehmen rechnen bei der Fakturierung ihrer Geschäfte mit dem Reich der Mitte bereits in der chinesischen Währung ab. Vor zwei Jahren war es mit 17% erst rund die Hälfte. Weitere 5% planen noch in diesem Jahr die Umstellung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Commerzbank unter 2.400 ihrer Firmenkunden mit Asiengeschäft hervor. Ein Hindernis  für den Wechsel zur Abrechnung in Renminbi sind jedoch die chinesischen Kapitalverkehrskontrollen.

Als Gründe für die Fakturierung in der chinesischen Währung nennen die Teilnehmer der Commerzbank-Umfrage an erster Stelle Vorteile bei Preisverhandlungen (62%) sowie die Absicherung des Wechselkursrisikos (60%). Insbesondere das Interesse an einer Vermeidung des Devisenrisikos ist im Vergleich zur letzten Befragung von 2016 (damals 47%) deutlich gestiegen. Weitere Motive für die Umstellung sind die Präferenzen von chinesischen Handelspartnern (37%) sowie Vorteile bei der Markterschließung auf dem chinesischen Festland (35%).

Als problematisch sehen 12% der Teilnehmer die bestehenden Kapitalverkehrskontrollen. Dementsprechend fehlt auch 13% der Unternehmen das Vertrauen in die Nachhaltigkeit der chinesischen Währung. Ende 2016 hatte Peking die Zügel bei den Geldtransaktionen ins Ausland angezogen, nachdem die Geldabflüsse außer Kontrolle zu geraten drohten. Allerdings liegen die Hindernisse für einen Wechsel der Fakturierung in Renminbi zumeist ganz woanders: 59% der Befragten geben „bereits etablierte Vorgehensweisen“ als wichtigste Barriere für eine Umstellung an. Bei 41% ist es die Präferenz des Geschäftspartners für Euro bzw. US-Dollar.

BMW erhöht Joint-Venture-Anteil an BBA

Vorsprung in China: BMW wird als erster ausländischer Autobauer seinen Joint-Venture-Anteil über 50% hinaus ausbauen. Bild: BMW

BMW wird als erster ausländischer Autobauer seinen Joint-Venture-Anteil auf über 50% ausweiten. Laut Medienberichten wurde am Rande des Besuchs von Ministerpräsident Li Keqiang zu den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin vereinbart, dass der Münchner Konzern den Anteil an dem Gemeinschaftsunternehmen BMW Brilliance Automotive (BBA) auf 75% anheben wird. Eine Erhöhung darüber hinaus sei demnach noch in der Diskussion. Weitere Einzelheiten zum Preis und zeitlichen Ablauf der Transaktion sind noch nicht bekannt. Die chinesische Regierung greift mit der Erlaubnis ihrer neuen Regelung vor, dass ausländische PKW-Hersteller erst ab 2022 eine Mehrheitsbeteiligung an Joint Ventures anstreben dürfen.

Während der Joint-Venture-Zwang in China für Investitionen im Bereich Elektroautos bereits dieses Jahr entfällt und ab 2020 auch die Einschränkungen für Nutzfahrzeuge aufgehoben werden, ist die Freigabe der Beschränkung auf einen Anteil von maximal 50% für ausländische Hersteller bei konventionellen Personenkraftwagen offiziell erst in vier Jahren vorgesehen. Die Neuregelung war im Frühjahr bekannt gegeben und Ende Juni in der aktualisierten Negativliste von NDRC und MOFCOM nochmals bestätigt worden.

An BBA hält BMW derzeit 50%, der Partner Brilliance 40,5% Die restlichen 9,5% gehören der Stadt Shenyang, in der das 2003 gegründete Gemeinschaftsunternehmen sein größtes und modernstes Werk hat. 2017 verkaufte die bayerische Premiummarke im Reich der Mitte 670.000 Fahrzeuge. Davon wurden wiederum 450.000 im Land selbst hergestellt. In den vergangenen Tagen hatte BMW in China viel Neues zu vermelden: So kündigten die Münchner an, ihre Produktionskapazität im kommenden Jahr vor Ort auf 520.000 Fahrzeuge steigern zu wollen. Außerdem unterzeichnete BMW einen Vertrag über ein zweites Joint Venture mit dem Brilliance-Konkurrenten Great Wall. Gemeinsam wollen die neuen Partner eine elektrische Variante des Mini bauen.

Basler erwirbt Geschäftsbereich von Sanbao Xingye

Die Basler AG erwirbt von ihrem langjährigen Distributionspartner Beijing Sanbao Xingye (MVLZ) Image Tech. Co., Ltd. deren Machine-Vison-Geschäft in China. Der Bereich wird in ein eigenständiges Unternehmen ausgegliedert, das zunächst als Joint Venture geführt wird. Dabei wird der Ahrensburger Anbieter für Industriekameras die Mehrheit und Sanbao Xingye eine Minderheit halten. Bis Ende 2021 plant Basler dann auch die restlichen Anteile zu übernehmen. Zum Kaufpreis und weiteren Einzelheiten haben die beteiligten Parteien Stillschweigen vereinbart.

Unter der Firmierung Basler Vision Technology (Beijing) Co., Ltd., soll das Gemeinschaftsunternehmen bis zum 1. September den Betrieb aufnehmen. Sitz wird Peking sein, weitere Niederlassungen soll es in Shanghai und Shenzhen geben. Der Transfer umfasst den Kundenstamm des Bereichs Machine Vision, rund 100 Mitarbeiter, die dazugehörige Büro- und Geschäftsausstattungen sowie Lagerbestände. Das Management wird von beiden Joint-Venture-Partnern gestellt.

Basler zielt mit dem Carve Out des Geschäftsbereichs von Beijing Sanbao auf eine Ausbau der Marktposition in China ab. Die Norddeutschen möchten mit einer direkten Marktpräsenz ihre Wettbewerbsfähigkeit und Agilität vor Ort steigern sowie die Supply Chain verschlanken. Basler produziert hochwertigen Kameras und Zubehör für Anwendungen in Bereichen wie Fabrikautomation, Medizin oder Verkehr. Die börsennotierte Gesellschaft erwirtschaftete 2017 mit ihren 500 Mitarbeitern einen Umsatz von 150 Mio. EUR und ein EBITDA von 40 Mio. EUR. Die Marktkapitalisierung liegt aktuell bei 568 Mio. EUR.

Sanbao Xingye ist seit rund zwanzig Jahren Distributionspartner für Basler in China. Das Unternehmen vertreibt Bildverarbeitungskomponenten von verschiedenen internationalen  Herstellern und berät chinesische Kunden in der industriellen Bildverarbeitung (Machine Vision) sowie im Bereich Scientific Imaging. Auf letzteres Geschäftsfeld will sich Sanbao Xingye künftig weitgehend fokussieren.

Hybio Pharmaceutical und YF Capital übernehmen AMW

Das Spezialpharma-Unternehmen AMW geht an ein chinesisches Investorenkonsortium. 中国联合投资者收购德国专业制药公司AMW。Bildquelle: Adobe Stock; © mizina

Ein chinesisches Käuferkonsortium aus Hybio Pharmaceutical und YF Capital kauft AMW. Die Investoren übernehmen alle Anteile an dem Spezialpharma-Unternehmen und dessen Tochtergesellschaft Endomedica. Ein erfolgreicher Exit für die bisherigen Anteilseigner: die SHS Gesellschaft für Beteiligungsmanagement, Bayern Kapital, die KfW, den IBG Risikokapitalfonds II, die BayBG und UVC Partners.

Krebspatienten leiden häufig unter extrem starken Schmerzen. Je länger die Krankheitsdauer, desto schlimmer wird es. Zusätzlichen Schmerz verursachen Therapien wie Chemo oder Bestrahlung. Die Warngauer AMW GmbH entwickelt Produkte, die Abhilfe schaffen sollen. Das Spezialpharma-Unternehmen produziert und vertreibt spezielle Wirkstoffabgabesysteme – diese sollen das Verabreichen von Arzneimitteln über Pflaster oder Implantate ermöglichen. Anwendungsfeld ist eben die Schmerztherapie. Außerdem verbessern die Lösungen laut AMW die Behandlungsmöglichkeiten in den Indikationsgebieten Onkologie, Neurologie, Dermatologie oder Diabetes. Zugelassen sind unter anderem bereits Goserelin- und Leuprorelin-Implantate. Goserelin wird zur Behandlung von Mammakarzinomen oder Prostatakrebs eingesetzt. Leuprorelin führt zum Stillstand der Hormonproduktion und senkt Testosteron- oder Östrogenspiegel. Die Produkt-Pipeline ist laut AMW gut gefüllt, neue Entwicklungen zielen auf milliardenschwere Märkte ab.

Spezialpharma-Unternehmen soll weiter expandieren

Unterstützung beim Ausbau des Produktportfolios und der geografischen Präsenz bekommt das Spezialpharma-Unternehmen ab sofort von neuen Eigentümern. Die Hybio Pharmaceutical Co., Ltd. übernimmt die Warngauer gemeinsam mit Yunfeng Capital Co., Ltd. Auch die AMW-Tochter Endomedica GmbH mit Sitz in Halle geht an das Konsortium. Die Investoren kaufen alle Anteile der bisher engagierten Wagniskapitalgeber – SHS Gesellschaft für Beteiligungsmanagement mbH, Bayern Kapital GmbH, KfW, IBG Risikokapitalfonds II GmbH & Co.KG des Landes Sachsen-Anhalt, BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH und die Unternehmertum Venture Capital Partners GmbH. Die Geldgeber hatten AMW 2017 in der fünften Finanzierungsrunde 6 Mio. EUR zur Verfügung gestellt. Hybio ist ein biopharmazeutisches Unternehmen. Die Firma ist spezialisiert auf Peptide und peptidbasierte Arzneimittel. Die „kleinen“ Proteine können den Hormonhaushalt stimulieren. Yunfeng Capital ist die Private Equity-Gesellschaft des Alibaba-Mitgründers Jack Ma und des Target Media-Gründers David Yu. Die Neueigentümer beabsichtigen, das Wachstum von AMW weiter zu beschleunigen. Dabei verlassen sie sich laut Dr. Albert Huang, Vice President bei Yunfeng, auf die transdermalen und parenteralen Produkte, die Standorte in Deutschland sowie die Beschäftigten und das Managementteam. Details der Transaktion sind nicht bekannt. Der Kauf steht unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Genehmigung.

 

Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Schwesterpublikation VC-Magazin erschienen.

Negativliste weiter reduziert

Kompass für ausländische Investoren: Der neue Lenkungskatalog tritt am 28. Juli in Kraft. 外国投资者指南:新颁布的外商投资负面清单将于7月28日生效。Bildquelle: Adobe Stock; © xtock

Ende Juli tritt in China die neue Negativliste in Kraft. Darin werden Verbote und Einschränkungen für ausländische Unternehmen in mehr als zwanzig Investitionskategorien aufgehoben. Dies betrifft unter anderem die Sektoren Finanzen, Transport, Industriedienstleistungen, Infrastruktur, Energie und Rohstoffe sowie Landwirtschaft. Dies gaben die Reform- und Entwicklungskommission NDRC und das Handelsministerium MofCom am Freitag letzter Woche offiziell bekannt.

Ab 28. Juli gilt die neue Version der Negativliste, des offiziellen Lenkungskatalogs für ausländische Investitionen. In der jüngsten Fassung wird die Anzahl der Kategorien auf 48 reduziert, für die entweder Beschränkungen in Form eines Joint-Venture-Zwangs oder ein völliges Investitionsverbot gilt. Bei der letzten Änderung 2017 wurden noch 63 Branchen aufgeführt. In der neuen Negativliste wird auch eine Reihe von Deregulierungsmaßnahmen aufgegriffen und bestätigt, welche die chinesischen Behörden in den vergangenen Monaten bereits angekündigt hatten. So wurde bereits im Frühjahr bekannt, dass die bisherige Beschränkung der ausländische Finanzdienstleister bei Brokerfirmen auf einen Minderheitsanteil von maximal 49% entfällt. Künftig dürfen sie 51% halten, ab 2021 wird auch diese Begrenzung ganz abgeschafft. Das Gleiche für den Joint-Venture Zwang für Automobilbauer: Schon ab diesem Jahr wird für ausländische Unternehmen der Joint-Venture-Zwang mit einem maximalen Anteil von 50% bei Herstellern von Elektroautos bzw. Plug-in-Hybriden aufgehoben. Ab 2020 entfallen die Einschränkungen für Nutzfahrzeuge und ab 2022 schließlich auch Personenkraftwagen.

Der von NDRC und MofCom gemeinsam veröffentlichte Lenkungskatalog für ausländische Investitionen wurde in den vergangenen wiederholt vereinfacht, zuletzt 2015 und 2017. Noch 2013 umfasste das Regelwerk 93 Investitionsbeschränkungen bzw. –verbote.

Jifeng legt offiziell Angebot für Grammer vor

Angebot vorgelegt: Jifeng bietet 60 EUR pro Grammer-Aktie. 正式提出公开收购要约:继峰向格拉默提供价值每股60欧元的报价。Bildquelle: Adobe Stock; © Creativa Images

Ningbo Jifeng hat am 25. Juni offiziell sein öffentliches Übernahmeangebot für Grammer vorgelegt. Das von der Familie Wang kontrollierte Unternehmen bietet den Aktionären des Amberger Automobilzulieferers 60 EUR pro Anteilsschein. Damit wird Grammer insgesamt mit 756 Mio. EUR bewertet. Die Mindestannahmequote liegt bei 50% plus einer Aktie. Jifeng hält bereits einen Minderheitsanteil von 25,5%. Die Aktionäre haben bis zum 23. Juli Zeit, das Angebot anzunehmen. Die Übernahme soll bis zum Ende des dritten Quartals abgeschlossen sein. Die Finanzaufsicht Bafin hatte die Angebotsunterlagen Ende vergangener Woche genehmigt. Der gebotene Preis liegt deutlich unter den Höchstkursen der vorhergehenden Tage.

Die geplante Übernahme wurde bereits Ende Mai bekannt, als Jifeng und Grammer eine Investorenvereinbarung unterzeichneten. Demnach soll der bayerische Autozulieferer an der Börse notiert bleiben und weiterhin unabhängig geführt werden. Außerdem sollen alle Standorte und die 13.000 Arbeitsplätze erhalten bleiben. Bei Bekanntgabe der Vereinbarung war noch ein Preis pro Aktie von 60 Euro plus 1,25 Euro Dividende für das Geschäftsjahr 2017 genannt worden. Nach der Hauptversammlung vom 13. Juni wurde die Dividende in Höhe von 1,25 EUR bereits ausgezahlt und in der Folge das Übernahmeangebot entsprechend bereinigt.

Jifeng bezeichnet das Angebot in der offiziellen Mitteilung als attraktiv. Die gebotenen 60 EUR entsprechen einem Aufschlag von fast 20% gegenüber dem Schlusskurs vom 28.Mai, dem Tag vor Bekanntgabe der Investorenvereinbarung. Gegenüber dem volumengewichteten Durchschnittskurs der drei Monate zuvor beträgt die Prämie immerhin noch mehr als 18%. Allerdings lag der Xetra-Schlusskurs der Grammer-Aktie am 22 Juni bei 62,15 EUR. Und Ende Mai hatte das Papier sogar ein Allzeithoch von 68,45 EUR erreicht. Daher scheint noch offen, ob die Aktionäre das Angebot als genügend lukrativ bewerten werden. Die bosnische Investorenfamilie Hastor, die über die Vehikel Halog und Cascade 19% an Grammer hält, hatte die Offerte gleich als zu niedrig kritisiert. Ihrer Vorstellung nach soll das Amberger Unternehmen zwischen 85 EUR und 100 EUR wert sein. Die Hastors hatten auf der Hauptversammlung im Mai 2017 versucht, die Kontrolle über Grammer zu übernehmen. Sie scheiterten an Jifeng und anderen Aktionären. Jifeng war damals dem deutschen Lieferanten für Fahrzeuginnenausstattung als weißer Ritter zur Seite gesprungen.

Gelingt SGCC doch der Einstieg bei 50Hertz?

Geladene Atmosphäre: SGCC möchte entgegen dem Willen der Bundesregierung bei 50Hertz einsteigen. 紧张的气氛:国家电网欲违背联邦政府的意愿收购50Hertz股权。Bildquelle: Adobe Stock; © muratart

Die  State Grid Corporation of China (SGCC) hat einen zweiten Anlauf gestartet, um einen Minderheitsanteil an 50Hertz Transmission GmbH zu erwerben. Laut einem Bericht des Handelsblatts hat das chinesische Staatsunternehmen bereits einen Kaufvertrag über eine Beteiligung von 20% an dem deutschen Hochspannungsnetzbetreiber unterschrieben. Doch wie schon beim ersten Einstiegsversuch Anfang des Jahres könnte die Transaktion noch scheitern: Die belgische Netzgesellschaft Elia hat noch bis Mitte Juli Zeit, abermals von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Die Bundesregierung steht der Beteiligung nach wie vor ablehnend gegenüber.

Nach seinerzeit unbestätigten Meldungen hatte die Bundesregierung beim ersten Beteiligungsversuch von SGCC auf Elia eingewirkt, dem staatlichen chinesischen Netzbetreiber den Anteil vor der Nase wegzuschnappen. Auch damals war der Kaufvertrag schon unterschrieben und die Transaktion sogar schon vom Bundeskartellamt genehmigt. Doch dann besannen sich die Belgier nach langem Zögern auf ihr Vorkaufsrecht und erwarben Ende März die zum Verkauf stehenden 20% für knapp 1 Mrd. EUR. Verkäufer war damals wie heute die australische Beteiligungsgesellschaft IFM Investors. Ursprünglich hielten die Australier ein Paket von 40% an 50Hertz, die Mehrheit von 60% gehörte damals bereits Elia. Nun hat IFM offensichtlich vor, auch den restlichen Anteil abzustoßen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte erst vor wenigen Tagen erklärt, er persönlich habe Schwierigkeiten damit, wenn ein Investor aus einem Drittland wie China versuche, sich an der kritischen Infrastruktur eines Landes zu beteiligen. Gemäß dem Bericht des Handelsblatts würden Möglichkeiten diskutiert, den Einstieg von SGCC ein zweites Mal abzublocken. Da Elia allerdings eine weitere Investition scheue, um 50Hertz vollständig zu übernehmen, würden derzeit in Berlin verschiedene Überlegungen angestellt. Demnach könnte der Staatsbank KfW eine Schlüsselrolle zukommen. Durch die KfW könnte die Finanzierung sichergestellt und bei ihr der Anteil „geparkt“ werden, falls sich Elia dazu entschlösse, wieder vom Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Auf dem offiziellen Weg kann das Wirtschaftsministerium nicht intervenieren, da nach der Außenwirtschaftsverordnung eine Prüfung einer ausländischen Investition in sogenannte kritische Infrastruktur wie beispielsweise Stromnetze oder Wasserversorgung erst ab einer Beteiligung von 25% möglich ist.

Fosun übernimmt Automatisierungsspezialist FFT

Automatisierung für die Autoindustrie: Mit FFT holt sich Fosun einen Spezialisten für Smart Factories ins Portfolio. 汽车行业自动化:复星将智能化工厂专家FFT带入自身的投资组合。Bildquelle: Adobe Stock; © Patrick P. Palej

Das chinesische Konglomerat Fosun übernimmt FFT Produktionssysteme aus Fulda. Verkäufer ist die Aton GmbH, das Family Office von Lutz Helmig, dem Gründer der Helios-Kliniken. FFT ist Anbieter von automatisierten Fertigungsanlagen für den internationalen Automotive-Sektor und andere Industrien. Für Fosun ist es das zweite Investment in der deutschen Automobilbranche innerhalb eines Jahres. Zum Kaufpreis äußerten sich die beteiligten Parteien nicht. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen.

FFT bietet für Smart Factories das Engineering, den Bau und das Projektmanagement von kompletten Fertigungsanlagen. Neben der Automobilbranche ist das hessische Unternehmen auch in den Bereichen Luftfahrtindustrie, erneuerbare Energien und Haushaltsgeräte tätig. Die 1974 gegründete FFT erwirtschaftete im vergangenen Jahr mit ihren 2.600 Mitarbeitern einen Umsatz von 850 Mio. EUR.

Die Unternehmensleitung der Hessen steht der Übernahme durch Fosun positiv gegenüber. „Die Partnerschaft mit Fosun ermöglicht uns den Zugang zu einem weltweiten Netzwerk“, erklärt FFT-Geschäftsführer Manfred Hahl in einer Mitteilung zur Übernahme. „Für uns ist dies der logische Schritt, um unser globales Profil zu erweitern und unsere Präsenz in China mit Hilfe des lokalen Netzwerkes und der Marktkenntnis von Fosun zu stärken“, so Hahl weiter.

Mit FFT ergänzt Fosun sein Portfolio im Automotive- und Industriesektor um ein wertvolles Asset, das seine bestehenden Beteiligungen durch die Implementierung modernster Produktionssysteme unterstützen und aufwerten kann. Erst im August 2017 hatte Fosun im Konsortium mit Nanjing Nangang Iron & Steel den bayerischen Automobilzulieferer Koller übernommen. Die 1992 von GUO Guangchang und einigen seiner Kommilitonen von der Fudan-Universität gegründete Gruppe hat in Europa bereits zahlreiche Akquisitionen gestemmt. So übernahm Fosun u.a. die portugiesische Versicherung Fidelidade. In Deutschland erwarb man die Privatbank Hauk & Aufhäuser. Daneben halten die Shanghaier einen Anteil von fast 30% an der Modemarke Tom Tailor. Das verwaltete Vermögen des an der Börse Hongkong gelisteten Unternehmens belief sich Ende 2017 auf über 81 Mrd. USD.

Buchkritik: „Chinas Bosse – Unsere unbekannten Konkurrenten“

Rasante Entwicklung: Chinas Unternehmensführer treiben die Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in Windeseile voran. 飞速的增长:中国企业的领导人正以惊人的速度推动经济和社会的现代化。Bildquelle: Adobe Stock; © eyetronic

Kennen wir China? Verstehen wir die chinesische Wirtschaft? Wer sind die treibenden Kräfte hinter dem Aufstieg? Bei solchen Fragen muss selbst ich, der ich oft China besuche, passen. Das Bestreben, diese Wissenslücke zu schließen, wird durch das Buch von Hirn wirkungsvoll bedient. Der Inhalt geht über den Titel hinaus, indem nicht nur die „Bosse“, sondern auch die von ihnen gegründeten und oft noch heute geleiteten Firmen dargestellt werden.

China ist für mich ein Land der großen Widersprüche, und ich wage keine Prognose, wie das Spiel letztlich ausgehen wird. Hirn schaut auf die Wirtschaft und blendet das Thema Politik, bis auf wichtige Aspekte der Industriepolitik, weitgehend aus. Das halte ich für sinnvoll. Der Erfolg und der wirtschaftliche Aufstieg Chinas sind zu einem großen Teil den Unternehmern zu verdanken, die in diesem Buch portraitiert werden.

Dieser Aufstieg zeigt sich nicht zuletzt in globalen Ranglisten. Im Jahre 2005 schafften es lediglich 16 chinesische Firmen in die „Fortune Global 500“, die Liste der 500 größten Unternehmen der Welt. 2017 waren es 109. Im selben Zeitraum nahm die Zahl der US-amerikanischen „Global 500“ von 176 auf 120, die der deutschen von 37 auf 29 ab. Hirns Buch dokumentiert dabei die Vielfalt der Branchen, in denen heute chinesische „Global Players“ geworden sind. Hierbei handelt es sich überwiegend um moderne, zukunftsorientierte Branchen. Vom Namen her kennt mancher chinesische Internetfirmen wie Alibaba, Tencent, Baidu, Netease oder JD.com. Aber wer weiß schon, dass diese fünf zu den zehn weltweit wertvollsten Unternehmen gehören oder wie deren Gründer heißen? Eine Ausnahme bildet allenfalls Alibaba-Gründer Jack Ma. Hirn konstatiert eine Überlegenheit der Chinesen: „WeChat ist besser als WhatsApp, Alipay schneller als Paypal, Alibaba innovativer als Amazon.“ Für die nächsten drei bis fünf Jahre prognostiziert er einen erbitterten Kampf um die globale Vorherrschaft zwischen den amerikanischen und den chinesischen Internetgiganten. Ich glaube, dass wird länger dauern und sehe auf dem internationalen Feld eher die Amerikaner im Vorteil.

Doch genauso systematisch wie die Internetbranche behandelt Hirn andere, aufstrebende Sektoren, etwa Elektronik mit Weltfirmen wie Huawei, ZTE, Haier, Midea. Oder Mobilität, hier mit Schwerpunkten auf Elektroautos/Batterien und Drohnen. Auch bei erneuerbaren Energien sind chinesische Unternehmen führend, das gilt definitiv in der Solar- und teilweise auch in der Windenergie. Ebenso befindet sich die sogenannte „Sharing Economy“, etwa bei Autos, Fahrrädern, Wohnraum, in China im rasanten Aufstieg. Hinter all diesen Innovationen stehen Unternehmertypen vom Schumpeterschen Schlage, wie man sie sonst vor allem in den USA, aber selten in Deutschland findet. Gemeinsam ist den dargestellten Fallstudien, dass es sich größtenteils um private und nicht um staatliche Unternehmen handelt. Eine Ausnahme ist das Eisenbahnwesen. Das private Eigentum schließt allerdings staatliche Förderung und Protektion (siehe Internet) keineswegs aus. Es gibt gleichwohl Sektoren, in denen die Chinesen noch keine führende Rolle spielen, wie Pharma, Chips oder Flugzeuge, jedoch große Anstrengungen unternehmen, aufzuholen. Auffällig ist, dass viele der erfolgreichen Unternehmer in den USA studiert und dort auch ihr Managementhandwerk erlernt haben, um später nach China zurückzukehren und eigene Geschäfte aufzubauen. Diese Art des Know-how-Transfers wird unterschätzt.

Hirn kann seine Bewunderung für die chinesische Industriepolitik nicht verhehlen. Dies gilt insbesondere für die ambitiöse Vision „Made in China 2025“, die oft mit unserem Konzept „Industrie 4.0“ verglichen wird, jedoch einen ganz anderen Charakter hat. Wo ich mit Hirn im Dissens bin, sind seine Vorschläge zur europäischen Industriepolitik. Wie jeder überzeugte Marktwirtschaftler bin ich der Meinung, dass der Staat die Zukunft nicht besser voraussehen kann als private Unternehmer. Und wie eingangs gesagt, wage ich keine Prognose, wie das chinesische Experiment langfristig ausgehen wird. Das gilt selbst nach der Lektüre des Buches, das mir wertvolle Einsichten zu Chinas Bossen und ihren Unternehmen verschafft hat. Dafür danke ich dem Autor.

 

Über den Rezensenten

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Simon ist Wissenschaftler, Unternehmer, Berater und Autor zahlreicher Bücher. Von 1995 bis 2009 leitete er als CEO das Beratungsunternehmen Simon-Kucher & Partners, das er 1985 mitbegründet hatte. Mittlerweile fungiert er dort als Honorary Chairman. Simon ist Experte für Marketing und Pricing. In den neunziger Jahren prägte er den Begriff „Hidden Champions“. Damit beschreibt er mittelständische Unternehmen, die in ihren jeweiligen Nischen zu den Weltmarktführern zählen und die deutsche Industriestruktur und -kultur prägen. Im  Jahr 2005 wurde Simon zum einflussreichsten lebenden Managementdenker im deutschsprachigen Raum gewählt.

hermannsimon.com

 

Über das Buch

Wolfgang Hirn, Chinas Bosse – Unsere unbekannten Konkurrenten,

Frankfurt-New York: Campus-Verlag 2018, 284 Seiten, 26,00 EUR

Wolfgang Hirn ist seit Journalist und Autor und arbeitet seit vielen Jahren für das Manager Magazin. Seit 1986 reist er regelmäßig nach China. Aus seiner Feder stammt u.a. das Buch „Herausforderung China“ (2005).