Businesskommunikation in der Corona-Krise

In Zeiten von Reisebeschränkungen und Corona ist Kommunikation der Schlüssel für funktionierende Arbeitsbeziehungen. Wie aber lassen sie sich gut gestalten, wenn chinesische oder deutsche Verhandler zu Vertragsgesprächen nicht mehr einreisen dürfen, wenn Notartermine nicht stattfinden können, wenn Online-Meeting-Tools aus Datenschutzgründen infrage gestellt werden? Aktuell werden die Geschäftsprozesse und auch die kulturellen Unterschiede zwischen China und Deutschland auf eine harte Probe gestellt – vor allem aber werden auch viele neue Kommunikationsmöglichkeiten getestet.

Wie kann virtuelle Kommunikation so gestaltet werden, dass Unternehmen zwischen China und Deutschland arbeitsfähig bleiben, etwa bei Vertragsverhandlungen, Reisebeschränkungen etc.?

Prof. Dr. Sabrina Weithmann

Erstens: Man muss sich für virtuelle Meetings vorab viel mehr Zeit nehmen, um sich einzudenken – wie ist gerade die Situation in China, welche Beschränkungen/Lockerungen gibt es dort etc. Zweitens birgt der virtuelle Raum Herausforderungen wie kulturelle Barrieren, Vertrauensaufbau, Distanz. Wegen der sehr unterschiedlichen Sprachen sind beispielsweise eine gute Akustik und eine lauffähige Technik sehr wichtig. Gleichzeitig braucht es mehr Verständnis, wenn die Verbindung hakt. Drittens laufen virtuelle Meetings langsamer ab, man braucht Geduld und viel mehr Zeit für Fragen und um Dinge ausführlicher darzustellen. Man sollte Chinesen dabei zeigen, dass man sich für sie und ihre Kultur interessiert. Deshalb mein Tipp: Lassen Sie am Anfang eines Meetings Raum für einen ehrlich interessierten Austausch, fragen Sie nach, wie es den chinesischen Partnern gerade geht und wie die Bedingungen vor Ort sind. Planen Sie zudem für das Ende des Meetings Zeit ein, um sicherzustellen, dass alle auf dem gleichen Stand sind. Chinesen kommunizieren oft viel indirekter; viele sind so sozialisiert, dass sie zurückhaltend Fragen stellen. Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass allen klar ist, dass Fragen gewünscht sind – egal ob im Video oder im Chat. Gleichzeitig sollten Sie sich auch nicht dran stören, wenn im Homeoffice in China die Großeltern durchs Bild laufen.

Ziyun Wang

Das ist aktuell tatsächlich ein großes Problem. Die meisten Außenhandelsaufträge von chinesischen KMU wurden storniert und viele Firmen suchen gerade dringend nach Lösungen. Andere versuchen, schnell neue Geschäftsbereiche zu erschließen, um die aktuellen Schwierigkeiten zu überwinden. Aufgrund der Reisebeschränkungen findet Kommunikation ganz allgemein und insbesondere Verhandlungen mit deutschen Geschäftspartnern derzeit hauptsächlich über digitale Plattformen wie Zoom oder WeChat statt. Für chinesische Unternehmer ist das gar nicht so neu, für viele deutsche Unternehmen hingegen eher schon. Letztlich funktioniert der gemeinsame Austausch aber – besonders da, wo langjährige Partnerschaften bestehen und nachhaltig Vertrauen aufgebaut wurde. Vertrauen ist der Schlüssel für jegliche Kommunikation. Das gilt schon in normalen Zeiten, aber natürlich umso mehr in der Krise. Dies sollten sich Unternehmen bewusst halten, auch für die Zeit nach der Pandemie.

Dr. Evelyn Engesser

Vertriebsleute beklagen, dass es kaum möglich ist, die vielen nonverbalen Zeichen wahrzunehmen, die bei Verkaufsverhandlungen sonst helfen, das Gegenüber einzuschätzen. Außerdem sind Bilder auch kein Ersatz, wenn Modefirmen Stoffe in China sourcen – hier kommt es auf feinste Farbnuancen und Haptik an. Die Chinaverantwortliche eines süddeutschen Modeunternehmens beschreibt die Schwierigkeiten: Der mangelnde Kontakt behindert Inspiration und Kreativität der Designteams, Entscheidungsprozesse verzögern sich. Chinesische Tochtergesellschaften erleben aber auch, wie Social Distancing in Deutschland zu größerer Nähe zum Headquarter führt. Selbst der „Flurfunk“ passiert jetzt online auch mit Kollegen in China. Das traditionelle wöchentliche Brezelfrühstück einer schwäbischen Kommunikationsagentur wird nun gemeinsam in einer Microsoft-Teams-Session genossen. Paradoxerweise führt die häusliche Isolation in vielen Fällen also zu einer stärkeren internationalen Identifizierung und Zusammenarbeit. Dass vermehrt über Landesgrenzen hinausgedacht wird, äußert sich auch in kleinen Dingen, so z.B. der Ablösung von landesspezifischen E-Mail-Verteilern durch eine gemeinsame internationale Distributionsliste – keiner bleibt mehr außen vor.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch