Businesskommunikation in der Corona-Krise

In Zeiten von Reisebeschränkungen und Corona ist Kommunikation der Schlüssel für funktionierende Arbeitsbeziehungen. Wie aber lassen sie sich gut gestalten, wenn chinesische oder deutsche Verhandler zu Vertragsgesprächen nicht mehr einreisen dürfen, wenn Notartermine nicht stattfinden können, wenn Online-Meeting-Tools aus Datenschutzgründen infrage gestellt werden? Aktuell werden die Geschäftsprozesse und auch die kulturellen Unterschiede zwischen China und Deutschland auf eine harte Probe gestellt – vor allem aber werden auch viele neue Kommunikationsmöglichkeiten getestet.

Video Conference Call
Quelle: AdobeStock © Chaay_tee

Wie läuft die Kommunikation zwischen Chinas und Deutschlands Unternehmen aktuell und wie kann man die aktuellen Herausforderungen dafür bewältigen?

Prof. Dr. Sabrina Weithmann
Weithmann Consulting

Fast die gesamte Kommunikation läuft als Online-Meetings vor allem über WeChat ab, teilweise auch über Zoom – das aber öfters geblockt wird. Mittlerweile kommen auch mehr Programme für die virtuelle Gestaltung von Arbeitsprozessen zum Einsatz, etwa Trello, Slack etc., genauso wie Tools für digital rechtsgültige Unterschriften. Dass für die chinesische Seite schriftlich Vereinbartes oft nicht so bindende Gültigkeit hat, muss man dabei mit einbeziehen. Um mit solchen und auch anderen chinesischen Besonderheiten umzugehen, sind deutsche Unternehmen im Vorteil, die auf chinesisches Personal vor Ort gesetzt haben, insbesondere auch in den Managementpositionen. Deshalb werden deutsche Unternehmen auch nach der Krise chinesisches Management vor Ort verstärkt beschäftigen. Das zahlt auf den Aufbau von Vertrauen und vor allem dessen Pflege ein. Beides ist in einer auf das Virtuelle reduzierten Kommunikation eminent wichtig. Dafür ein schönes Beispiel: Ein Maschinenbauunternehmen setzt mittlerweile eine Onlineplattform ein, auf der chinesische und deutsche Mitarbeiter von Geburtstags- und Urlaubsfotos bis zum neuen Küchenschrank viele private Dinge teilen. Die Plattform fördert die persönlichen Beziehungen, die im Umgang mit chinesischen Partnern so wichtig sind – insbesondere, wenn die Kommunikation nur digital stattfinden kann.

Ziyun Wang
Business Development Asia, BankM

Für die Akteure in den Unternehmen ist es sehr schwer, die zukünftige Dynamik und die Ergebnisse aus allen aktuellen Prozessen abzuschätzen. Die strategischen Interaktionen sind deshalb weitestgehend zum Erliegen gekommen. Kommunikation bezieht sich fast komplett auf die unmittelbare Bewältigung der Krise, den Aufbau neuer Lieferketten und die Etablierung verlässlicher Import- und Exportkanäle. Gingen zu Beginn der Krise noch viele Experten davon aus, dass der Westen und insbesondere Europa gestärkt aus dieser Pandemie hervorgehen und viele Betriebe ihre nach China verlagerten Produktionen wieder nach Europa zurückholen würden, scheint es mittlerweile so, dass viele asiatische Länder diese Krise sehr schnell und auch wirtschaftsfreundlich in den Griff bekommen haben. Heute helfen die wiederangelaufenen Produktionen aus China auch in Deutschland, das Gesundheitspersonal und die Bevölkerung vor der Ansteckung durch COVID-19 zu schützen. Dennoch wird die erlebte eigene Anfälligkeit in der Krise dazu führen, dass die Produktionsketten in Deutschland, aber auch in China überdacht werden und das Thema Autarkie eine höhere Bedeutung bekommt.

Dr. Evelyn Engesser
General Manager der chinesischen Tochtergesellschaft von UNICEPTA

China ist bei der Bewältigung der Krise um mehrere Wochen voraus, daher orientieren sich deutsche Unternehmen an den Erfahrungen aus der Volksrepublik. Eine UNICEPTA-Analyse der Unternehmensberichterstattung in chinesischen Medien in den ersten vier Wochen nach Ausbruch der Krise hat Kommunikationsverantwortlichen in Deutschland gezeigt, wie sich der thematische Fokus von Reisen über Spenden zu den Auswirkungen der Krise verlagert hat. Automobilunternehmen konnten dort beispielsweise trotz Produktionsstopp mit zielgerichteten Spenden und Live-Sales-Kampagnen punkten. Die Reputation nahm aber Schaden, wenn die falsche Zielgruppe mit Spenden bedacht wurde oder die Spende zu dürftig ausfiel. Aus den Best-Practice-Empfehlungen aus China zur Unternehmenskommunikation hat dann beispielsweise ein süddeutscher Technologiekonzern einen Maßnahmenkatalog entwickelt, der nun weltweit in den Niederlassungen zum Einsatz kommt. Die Krise hat die Relevanz von CEO-Kommunikation verdeutlicht. Durch gute Führung und Kommunikation können sie Ängste mildern, Verlässlichkeit demonstrieren und vielleicht sogar Hoffnung geben. So präsentiert z.B. der CEO eines chinesischen Chemieunternehmens die Geschäftsergebnisse erstmals per Livestream (auf shangzhibo.tv) und beteiligt sich an einer via Zoom übertragenen Paneldiskussion zum Thema Unternehmensethik. Weil Kamera und Videokonferenzen vermehrt eingesetzt werden, sorgt sich aber die Controllingleiterin eines norddeutschen Technologieunternehmens, dass CEO und manche Boardmitglieder zu leger und improvisiert rüberkommen – und zwar die deutschen eher als die chinesischen.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch