Der Mittelstand in Deutschland

Zudem kann mittels der Umsatzsteuerstatistik die Frage beantwortet werden, welche Exportumsätze die mittelständischen Unternehmen im Jahr 2010 tätigten. Insgesamt exportierten die rund 353.000 Unternehmen Güter im Wert von 965 Mrd. EUR, das sind 18,4% der Gesamtumsätze aller Unternehmen, darunter hatten die 345.000 exportierenden KMU einen Exportumsatz von 186 Mrd. EUR, das sind 19,3% der Exportumsätze.

Viele Mittelständer, vor allem im industriellen Mittelstand – so die Ergebnisse des BDI-Mittelstandspanels (nach 2008 und 2010 standen in der aktuellen Herbstbefragung 2012 des BDI-Mittelstandspanels erneut die Internationalisierungsaktivitäten der deutschen Industrieunternehmen im Mittelpunkt, vgl. www.bdi-panel.emnid.de) – zählen zu den sog. Exportchampions. Unter den Unternehmen aus dem industriellen Mittelstand unterhalten fast sechs von zehn Unternehmen geschäftliche Beziehungen ins Ausland. Der Anteil der Industrieunternehmen, die im Ausland aktiv sind, steigt dabei stetig mit der Größe der Unternehmen an. In der Gruppe der Industrieunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten sind es fast 90%. Dies ist vor allem der hohen Wettbewerbsfähigkeit der Produkte und Dienstleistungen der deutschen Industrieunternehmen im internationalen Vergleich zu verdanken.

Export bleibt die dominierende Internationalisierungsform

Der Export der eigenen Produkte ist nach wie vor die mit Abstand am häufigsten verbreitete Strategie zur Erschließung von Auslandsmärkten. Dies konnte auch ein zwischenzeitlicher Rückgang der Zahl der exportierenden Unternehmen im Verlauf der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht ändern. Derzeit exportieren 86,1% der Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen ins Ausland Waren dorthin (vgl. Abbildung 2 und Brink/Hoffmann/Wallau (2012): BDI-Mittelstandspanel Herbst 2012, S. 8ff.)

Abb2
Abb. 2: Formen der Geschäftsbeziehungen ins Ausland
Quelle: Brink/Hoffmann/Wallau (2012): BDI-Mittelstandspanel Herbst 2012, S. 7

Von der Krise unbeeinflusst blieb die Verbreitung von Kooperationsabkommen mit Unternehmen im Ausland (34,2%). Eine weitere Form der Geschäftstätigkeit im Ausland, die auch bei kleinen und mittleren Unternehmen verbreitet ist, ist die Vergabe von Lohnfertigungs- oder -veredelungsaufträgen. Nach einem Rückgang zwischen den Jahren 2008 und 2010 hat die Verbreitung eigener Vertriebs- und Servicestätten im Ausland in den letzten beiden Jahren wieder deutlich zugenommen: 21,2% aller auslandsaktiven Industrieunternehmen verfügen über eigene Vertriebs- und Servicestätten. Die Ausweitung dieser Internationalisierungsform ist bei den Herstellern von Investitionsgütern besonders ausgeprägt.

Geographische Schwerpunkte der industriellen Auslandsaktivitäten

Die Entscheidung, auf welchen internationalen Märkten ein Unternehmen aktiv wird bzw. bleibt, wird von zahlreichen Aspekten beeinflusst. Neben den aktuellen und künftigen Absatzchancen spielt die kulturelle, rechtliche und geographische Nähe oftmals eine große Rolle, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen. Fast alle im Ausland aktiven Industrieunternehmen (95,9%) sind daher auf Absatzmärkten innerhalb der EU-27 aktiv (vgl. Abb. 3, links). Nach wie vor ist auch die NAFTA-Region, zu der die USA, Kanada und Mexiko zählen, ein wichtiges Absatzgebiet für die international tätigen deutschen Industrieunternehmen.

Die deutschen Industrieunternehmen nutzten die Absatzchancen auf den Märkten der BRIC-Staaten in den letzten Jahren intensiv: Seit den Befragungen der Jahre 2006 und 2008 hat sich der Anteil der auslandsaktiven Unternehmen, die in China (35,0%) und Indien (23,8%) agieren, deutlich ausgeweitet. Der entsprechende Anteil für Russland (25,1%) ist leicht rückläufig. Die Marktbearbeitung in Brasilien wurde erstmalig erfasst. Nach eigenen Angaben sind 17,6% der auslandsaktiven Unternehmen hier aktiv. Damit nehmen fast genauso viele Unternehmen Marktchancen in Brasilien wahr wie im hochindustrialisierten Japan, wo 18,4% der auslandsaktiven Unternehmen tätig sind.

Kleine Unternehmen beschränken Engagement häufig auf die EU-27

Wie kaum anders zu erwarten, sind größere Industrieunternehmen auf mehr ausländischen Märkten aktiv als kleinere: Während die international tätigen Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigten im Durchschnitt zwei der hier genannten Märkte bearbeiten, sind es in den Großunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten durchschnittlich vier. Mit Ausnahme der EU-Länder, in denen die auslandsaktiven Unternehmen aller Größenklassen gleichermaßen vertreten sind, steigt die Häufigkeit, mit der die Unternehmen in den übrigen erfassten Auslandsmärkten anzutreffen sind, mit der Unternehmensgröße stetig an. In China, Russland und den NAFTA-Staaten sind zwischen 60 und 70% der Industrieunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten aktiv. In Indien und Brasilien ist fast die Hälfte dieser Unternehmen tätig (47,7%).

Abb3
Abb. 3: Internationale Märkte der auslandsaktiven Industrieunternehmen
Quelle: Brink/Hoffmann/Wallau (2012): BDI-Mittelstandspanel Herbst 2012, S. 9

China, Russland und Brasilien gewinnen als Absatzmärkte stark an Bedeutung

Für die nächsten beiden Jahre erwarten die Unternehmen aus Japan und der EU-27 nur geringe Wachstumsimpulse. Die Beurteilungen für Brasilien, Russland und China fallen dagegen deutlich optimistischer aus. Rund sieben bzw. acht von zehn international tätigen Unternehmen sehen hier weiteres Wachstumspotenzial für ihr internationales Engagement (vgl. Abb. 3, rechts).
Es ist zu konstatieren, dass der Export ein bedeutendes wirtschaftliches Standbein des deutschen Mittelstandes ist. Viele mittelständische Unternehmen haben die Herausforderungen einer fortschreitenden Globalisierung bereits angenommen und nutzen aktiv ihre Chancen auf den Weltmärkten.

 

 

 

Zur Person

wallauProf. Dr. Frank Wallau ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mittelstandsforschung Bonn und Dozent an der Fachhochschule der Wirtschaft Paderborn/Bielefeld. www.ifm-bonn.org

 

Prof. Dr. Frank Wallau ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mittelstandsforschung Bonn und Dozent an der Fachhochschule der Wirtschaft Paderborn/Bielefeld.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch