„Bei Automotive und im Maschinenbau ist der Höhepunkt erreicht“

M&A Dialogue: Kommen wir nochmals auf Deutschland als Zielmarkt zurück. Wenn die chinesischen Outbound-Investitionen im Bereich Automotive und Maschinenbau, also den Märkten, in denen Deutschland technisch führend ist, bereits ihren Höhepunkt erreicht haben, dann wäre doch Deutschland nicht mehr so attraktiv für chinesische Investoren?

Löhnert: Nein, das würde ich so nicht sagen. Nach wie vor gilt: Chinesische Investoren suchen nach Marken, Technologie und Know-how – durchaus auch Management-Know-how. Das ist immer noch der Fall. Nur weil der Automobilzuliefer-Bereich und Teile des Maschinenbau bzw. Werkzeugmaschinenbaus jetzt schon von chinesischen Unternehmen besetzt sind und der Höhepunkt der Outbound-Investitionen dort erreicht ist, heißt das nicht, das Deutschland nicht mehr interessant ist. Ganz im Gegenteil: Es gibt immer noch eine ganze Reihe von anderen Sektoren die sehr spannend sind.

M&A Dialogue: Welche Sektoren wären das?

Löhnert: Generell ist für die Chinesen derzeit die Immobilienbranche interessant. Nicht nur in Deutschland, sondern europaweit und sogar weltweit. Speziell auf Deutschland bezogen, würde ich den Healthcare-Sektor sehen. Zum einen die medizinische Geräte, also die Hardware: Hier gibt es ja eine ganze Reihe von unterschiedlichen Subsektoren, die im Fokus stehen. Denn das Gesundheitswesen in China hat sehr hohen Reform- und Nachholbedarf. Zum anderen die Krankenhausbetreiber: Diese werden vermehrt angesprochen und sind auch zunehmend bereit nach China zu gehen und dort ihre Managementerfahrung und -kapazität zur Verfügung zu stellen – dies sowohl in existierenden Hospitälern, aber auch in bestimmten Bereichen in neugegründeten Hospitälern, die zu 100% in ausländischem Besitz sind.

M&A Dialogue: Sie gehen also davon aus, dass der Trend zu chinesischen Akquisitionen in Deutschland auch 2015 anhalten wird?

Löhnert: Unbedingt. Wir haben ja seit 2012 mit den ersten größeren Übernahmen bei Kion oder Putzmeister gesehen, dass es mittlerweile nicht nur um Akquisitionen aus dem Konkurs heraus geht, sondern dass auch gutgehende  funktionierende Unternehmen in einer Größenordnung von einigen 100 Mio. EUR übernommen werden. Für mich setzt sich dieser Trend ganz klar fort. Das wird auch in 2015 und den Folgejahren so bleiben.

M&A Dialogue: Deutsche Unternehmen haben mehrere Möglichkeit zum Markteintritt: Angefangen von Repräsentanzen, über Joint Ventures (JV) und Wholly Foreign Owned Enterprises (WFOE) bis hin zu einer Übernahme. Ist eine Übernahme überhaupt ein sinnvoller Weg für den direkten Markteintritt?

Löhnert: Wenngleich es in vielen Bereichen mittlerweile möglich ist, Investments zu tätigen und chinesische Unternehmen sogar zu 100% zu übernehmen, ist dies als erster Schritt nicht unbedingt ratsam, wenn man vorher noch keine Erfahrungen gesammelt hat. Gerade bei mittelständischen Unternehmen ist es normalerweise so, dass man mit Kooperations-, Distributionsvereinbarungen und Joint Ventures in den Markt geht. Von dort ausgehend sammelt man Erfahrungen und dann erst investiert man in chinesische Unternehmen oder übernimmt sie. Das JV, das bis vor zehn Jahren in vielen Bereichen die einzige Möglichkeit zum Markteintritt war und an dem danach das Interesse etwas nachließ, hat eine gewisse Renaissance erlebt. Ich rate in der Regel zu diesem Schritt, weil dies sehr viel mehr Sinn macht, um den Markt kennenzulernen, als ein Unternehmen zu gründen.

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