Der Licht- und Elektronikspezialist Hella GmbH & Co. KGaA richtet sein Elektronikgeschäft noch stärker entlang der großen Markttrends Elektromobilität und autonomes Fahren aus. Vor dem Hintergrund wurde das bestehende Relaisgeschäft Ende letzten Jahres an den Elektronikhersteller Hongfa Ltd. veräußert. Dieser erhält ein umsatzstarkes Geschäft, denn die Lippstädter hatten im zurückliegenden Geschäftsjahr (Ende: 31. Mai) im Relaisbereich einen Umsatz in Höhe von 43 Mio. EUR erzielt.
Share- und Asset Deal in einer Transaktion
Die Transaktion umfasste zwei Unternehmen, berichtet Johannes Müller, bei Hella für M&A und strategische Partnerschaften zuständig. Die Hella (Xiamen) Automotive Electronics Co. Ltd., in einer Freihandelszone in Xiamen angesiedelt, wurde komplett veräußert. Dieses Unternehmen hatte Hella 2003 zusammen mit Hongfa als Joint Venture gegründet; 2009 hatte Hella dann die Anteile des Partners übernommen. Die Hella (Xiamen) Electronic Device Co. Ltd., ebenfalls in Xiamen ansässig, verfügt über ein breiteres Produktspektrum, besaß aber auch Relais im Portfolio. Dieser Bereich des 2011 allein von Hella gegründeten Unternehmens wurde nun ausgegliedert. „Wir haben also einen Share Deal und einen Asset Deal im Rahmen einer Transaktion umgesetzt“, beschreibt Müller.
Strategisch ist die Transaktion klar definiert: „Wir wollen uns zukünftig noch stärker auf die zentralen Zukunftsthemen der Automobilbranche konzentrieren“, sagt Dr. Rolf Breidenbach, Vorsitzender der Hella-Geschäftsführung. „Für uns sind das vor allem die Themen Elektromobilität und autonomes Fahren. Daher freuen wir uns, mit Hongfa einen erfahrenen Partner gefunden zu haben, der unser Relaisgeschäft erfolgreich weiterentwickeln wird.“ Laut Guo Manjin, Vorsitzender des Hongfa-Konzerns, könne man mit der Übernahme des Relaisgeschäfts von Hella die Marktposition als einer der weltweit führenden Relaishersteller weiter ausbauen. Anzunehmen ist, dass sich Hongfa durch die Transaktion im sehr kompetitiven Relais-Markt die Anteile eines Wettbewerbers sichern wollte.
Maßnahmenpaket vom ersten Tag an
Das Closing der Transaktion – mit einem Preis von rund 10 Mio. EUR – ist Ende letzen Jahres erfolgt. Den gesamten Prozess bezeichnet Müller als „durchaus anspruchsvoll“; insgesamt sei die Transaktion aber ohne Überraschungen verlaufen. Zwei behördliche Genehmigungen mussten eingeholt werden, einmal von der zuständigen Behörde des Wirtschaftsministeriums, eine weitere von der lokalen Regierung. „Sowohl Hongfa als auch wir haben uns von lokalen Kanzleien in diesem Genehmigungsprozess beraten lassen – das war eine gute Entscheidung“, befindet Müller. Denn die ansässigen Juristen haben die entsprechenden Anträge zielführend vorbereitet; „das alles hat nicht länger gedauert oder mehr Bürokratie gebracht als eine Transaktion hierzulande“, so Müller. Sein Tipp: Am besten auch lokale Berater ins Boot holen. Diese kennen die behördlichen Gegebenheiten vor Ort kennen und können sie einschätzen.
Im Zuge des Deals sind etwa 280 Mitarbeiter zu Hongfa gewechselt. „Ein möglichst reibungsloser Übergang stand bei uns vom ersten Verhandlungstag an ganz oben auf der Prioritätenliste“, berichtet Müller – denn das Risiko negativer Reaktionen der Belegschaft hätten den Deal ernsthaft bedrohen können.
Zwei angesehene Arbeitgeber
Als angesehener, global agierender, börsennotierter Familienkonzern genieße Hella in China einen guten Ruf als Arbeitgeber. Dort beschäftigt das Unternehmen etwa 6.000 Mitarbeitende. Daher wollte man das erfolgreiche Employer Branding auf keinen Fall durch negative News gefährden, weshalb ein Paket an Maßnahmen vom ersten Tag an umgesetzt worden sei. „Wir haben sehr offen und umfangreich mit den Arbeitnehmervertretern kommuniziert und dabei auch gleich Hongfa-Vertreter eingeladen“, beschreibt Müller die erste Maßnahme.
Auch Hongfa, ebenfalls börsennotiert und als Zulieferer zahlreicher OEMs in unterschiedlichen Branchen entsprechend zertifiziert, gilt in der Region als angesehener Arbeitgeber. In den Verhandlungen wurde selektiv Incentives vereinbart. Zugleich wurde sichergestellt, dass die bestehenden Beschäftigungskonditionen mittelfristig erhalten bleiben.
Der Deal ist vor der Corona-Pandemie verhandelt worden, und Müller denkt, dass auch zukünftig der persönliche Kontakt vor Ort von großer Bedeutung sein wird. „Gegenseitiges Vertrauen sowie ein gemeinsames Level der Offenheit sind wesentliche Erfolgsfaktoren“, bemerkt Müller. Denn seiner Erfahrung nach sei die Zurückhaltung in China selbst gegenüber den eigenen Beratern einigermaßen ausgeprägt: „Die Vertreter von Hongfa wollten viele Details selber in Augenschein nehmen, anstatt sich auf die Einschätzungen ihrer Berater zu verlassen“, hat er festgestellt.
Man müsse bereit sein, das jeweilige Tempo der chinesischen Partner mitzugehen und auch nach einem langen Verhandlungstag den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen: „Das gehört in China einfach dazu und ist auch wichtig, um eine gemeinsame Vertrauensbasis zu etablieren.“
Fazit
Das Relaisgeschäft wurde insgesamt reibungslos verkauft – nicht zuletzt, weil Hella zu Hongfa bereits seit Jahrzehnten einen engen und auch vertrauensvollen Kontakt hatte etablieren können. Dennoch mussten die Hella-Vertreter während der Verhandlungen darauf achten, dass der deutlich kleinere Verhandlungspartner immer das Gefühl hatte, auf Augenhöhe zu sein. Denn das, so Müller, sei für einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion von großer Bedeutung.
Kurzprofil
Hella GmbH & Co. KGaA
Gründungsjahr: 1899
Branche: Automotive
Unternehmenssitz: Lippstadt
Mitarbeiterzahl: 39.000
Umsatz 2018/19: 7 Mrd. EUR
www.hella.com
Hongfa Ltd.
Gründungsjahr: 1984
Branche: Automotive / Electronics
Unternehmenssitz: Xiamen
Mitarbeiterzahl: 14.000
Umsatz 2019: 1,2 Mrd. EUR
www.hongfa.com
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