Im Jahr des Tigers: Was Anleger im chinesischen Neujahr erwarten können

Anlageziel China: Privatinvestoren können über Fonds am chinesischen Aktienmarkt partizipieren. 在中国的投资目标:私人投资者可通过注资中国基金在中国股市分得一杯羹。Bildquelle: Adobe Stock; © xtock

Angesichts der über den Märkten schwebenden Unsicherheit müssen Anleger im Jahr des Tigers vorsichtig vorgehen. Aber wie die Anlageexperten von Ninety One erklären, gibt es auch reichlich Gelegenheiten. Sie teilen ihre Aussichten für das chinesische Neujahr.

 

Chinas prioritäre Themen

Für Philip Saunders, Co-Head of Multi-Asset Growth, Ninety One haben sich die Themen der chinesischen Entscheidungsträger grundlegend geändert. Seit 2020 sind wir Zeuge der Umsetzung der längerfristigen politischen Prioritäten von Präsident Xi Jinping, die vor dem 20. Parteitag im Herbst umgesetzt sein mussten. Die „Fünf Leitthemen“ sorgten für Unsicherheit und wirkten sich 2021 negativ auf chinesische Aktien aus. Im Gegensatz dazu blieb das Wachstum, angetrieben von einer lebhaften Exportnachfrage, stark. In der zweiten Jahreshälfte zeigte es jedoch Anzeichen einer wesentlichen Verlangsamung.

Die fünf Leitthemen:

  • Einkommens-/Vermögensverteilung: Dieser Vorstoß wird durch den Ausdruck „gemeinsamer Wohlstand für alle und gerechtere Vermögensverteilung“ erfasst.
  • Umwelt: China verfolgt eine grüne Agenda und hat sich verpflichtet, bis 2030 den maximalen CO2-Ausstoß und bis 2060 CO2-Neutralität zu erreichen.
  • Nationale Sicherheit und Selbstversorgung: Dieses Thema zielt darauf ab, die Abhängigkeit vom inländischen Produktions-, Vertriebs- und Konsumzyklus zu erhöhen. Damit soll Chinas Wirtschaft vorangetrieben werden anstatt der Märkte und Technologien im Ausland. Dies spiegelt sich auch im Streben nach technologischer Unabhängigkeit und Energieautarkie wider.
  • Eindämmung finanzieller Risiken: Hinter Pekings‘ hartem Vorgehen gegen Schattenbanken, Schulden der Kommunalverwaltungen, Peer-to-Peer-Kredite, Kryptowährungen und die Verschuldungsquoten von Bauträgern steht das Bestreben, ein größeres finanzielles Foul-up zu verhindern.
  • Antimonopol und Regulierung: Dieser Punkt hat zu Razzien in Bereichen wie Bildung und Internet geführt.

„Die Prioritäten sind gesetzt, das Tempo nicht. Ende 2021 hat sich die chinesische Regierung auf Wachstumsstabilisierung konzentriert, sodass drei der fünf Leitthemen – gemeinsamer Wohlstand, Eindämmung finanzieller Risiken und Antimonopolmaßnahmen – wahrscheinlich weniger verfolgt werden. Im Gegensatz dazu wird die Förderung des Binnenmarktes fortgesetzt. Umweltinvestitionen sollen offenbar vorangetrieben werden, um das Wachstum zu unterstützen“, so Saunders.

Unternehmen mit Fokus Binnenmarkt gut aufgestellt sein

Wenchang Ma, Co-Portfoliomanager, All China Equity, Ninety One: „Für Aktienanleger haben die Aktien ausgewählter chinesischer Unternehmen, die hauptsächlich den Binnenmarkt bedienen, das Potenzial, sich im nächsten Jahr gut zu entwickeln.“

Erstens sehe das makroökonomische Umfeld günstiger aus. Nachdem sich die chinesische Wirtschaft vom anfänglichen Covid-Ausbruch erholte, hat sie eine schwierigere Phase durchgemacht. Eine Politik des Schuldenabbaus führte zur Abwicklung einiger hoch verschuldeter Immobilienunternehmen. Ein langsames Investitionswachstum – kombiniert mit Stromknappheit und gelegentlichen lokalen Covid-Lockdowns – löste eine stärkere Verlangsamung der Konjunktur aus. „Jetzt sollte jedoch die Umstellung der chinesischen Politik hin zu einer stärkeren Unterstützung der Binnenwirtschaft Rückenwind für chinesische Aktien bieten“, so Ma.

Risiko politischer Spannungen

„Innerhalb der Anlageklasse könnte die Konzentration auf binnenwirtschaftlich orientierte chinesische Unternehmen ein kluger Weg sein, um einem der wahrscheinlich größten Risiken dieses Jahres zu begegnen – dem Risiko geopolitischer Spannungen, insbesondere mit den USA. Sollten Washington und Peking ihre Krallen wegen Uneinigkeiten im Handel und nationaler Sicherheit ausfahren, werden Unternehmen, die sich auf den Binnenmarkt konzentrieren, eher verschont bleiben“, ergänzt Ma.

Bei den Bewertungen sei jedoch Vorsicht geboten. Einige chinesische Unternehmen würden zu überhöhten Multiples gehandelt, die weit über ihrem Gewinnpotenzial lägen. Ma prognostiziert: „Angesichts der zunehmenden Gewinndynamik und der Ausweitung des Marktinteresses auf eine breitere Palette von Aktien sollten sich bei guter wirtschaftlicher Entwicklung auch gute Gelegenheiten bieten. Die Auswahl von Aktien nach einem Bottom-up-Ansatz kann dazu beitragen, Anlageideen in dem breiten Spektrum von Branchen aufzudecken, die Chinas dynamische Wirtschaft zu bieten hat.“

Tigerhaftes Selbstvertrauen sollte angebracht sein

Charlie Dutton, Portfoliomanager, Asia Pacific Franchise, Ninety One: „Selbstvertrauen ist eine der bemerkenswerten Eigenschaften von Menschen, die in den Tigerjahren geboren wurden. Investoren in Chinas Technologiesektoren und anderen Bereichen sollten dies im Jahr 2022 stärker spüren. Regulierungen gegen Technologie, Bildung und andere Branchen haben in den letzten 12 Monaten die Nerven der hartnäckigsten Investoren auf die Probe gestellt. Aber wenn sich der Staub gelegt hat, wird es möglich, die wirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Regeln abzuschätzen.“

Insbesondere bei China-Tech herrsche nun Klarheit über die tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen neuer Verordnungen. Laut Dutton verunsicherte die Anleger die Geschwindigkeit der Umsetzung der Regulierung und die Ungewissheit darüber, wo sie enden. Betrachte man den Sektor jetzt, seien die Investoren in einer besseren Position als während des Durchgreifens, da sie mehr über das Umfeld wüssten, in dem diese Unternehmen tätig seien. Dies biete eine größere Gewissheit über die Stärken und Grenzen von Geschäftsmodellen.

Während der kurzfristige regulatorische Lärm nachlässt, rücken die langfristigen Treiber des strukturellen Wachstums wieder in den Fokus. Diese Trends – darunter steigender Wohlstand, das Wachstum der Mittelschicht, Digitalisierung und Chinas Streben nach Eigenständigkeit in bestimmten Technologiesektoren – bleiben intakt und bieten daher weiterhin Rückenwind für ausgewählte chinesische Unternehmen.

Es gibt weiterhin starke chinesische Titel

„Insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen, IT und Konsumgüter gibt es starke chinesische Titel. Die insgesamt schlechte Stimmung gegenüber chinesischen Aktien im Jahr 2021 löste bei globalen Anlegern größere Vorsicht gegenüber China aus. Dies hat bei einigen Aktien Möglichkeiten geschaffen, auf die sich selbstbewusste Tiger stürzen können“, so Dutton.

Redaktion IPCD / Michael Zahn