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3 Fragen an: Sebastian Hoffmann (Hawksford, China)

„Ein großer Vorteil für den Standort Shanghai besteht darin, dass inzwischen sogar eine Firmengründung ohne physische Büropräsenz möglich ist“, Sebastian Hoffmann (Hawksford) im Interview.

Bisher ging das Unternehmen gründen in China/Shanghai nur mit einer vor Ort Präsenz. Jetzt lässt sich das (Unternehmen/Projekt/Investition) auch aus der Distanz verwirklichen. Was hat sich geändert und wie funktioniert das?

Aufgrund der Pandemie wurden traditionellen Gründungsverfahren teilweise angepasst. In Anbetracht der Reisebeschränkungen sahen sich viele Unternehmen und ausländische Personen plötzlich damit konfrontiert, nicht physisch anwesend sein zu können. Dies ist ein Problem, da der traditionelle Bankkontoeröffnungsprozess normalerweise die Anwesenheit eines gesetzlichen Vertreters erfordert. Während die Einreise nach wie vor umfangreichen Bedingungen unterliegt, ist dieser Prozess für die Mehrheit der Investoren möglicherweise nicht mehr vollumfänglich realisierbar. Als Alternative haben einige Banken in China Videokonferenzen eingeführt, um die Identität des gesetzlichen Vertreters zu überprüfen und den persönlichen Besuch bei einigen lokalen Banken zu ersetzen. Alternativ kann die Nominierung einer verantwortlichen Finanzperson (FRP) und eines gesetzlichen Vertreters (Legal Rep.) auch in Abwesenheit des Investors die Eröffnung von Bankkonten sowie die ordnungsgemäße Steuerregistrierung ermöglichen. In diesem Fall würden sich die autorisierten Personen vor Ort im Auftrag des Unternehmens mit Reisepass und zugehöriger lokaler Mobilfunknummer, welche zur Kontaktaufnahme mit den Behörden zwingend notwendig ist, ausweisen.

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Sebastian Hoffmann leitet den Hawksford German Desk in China. Das Unternehmen berät seit 2009 Unternehmer, KMUs und multinationale Unternehmen bei Ihren geschäftlichen Bestrebungen in der Volksrepublik China.

Welche weiteren neuen digitalen Möglichkeiten gibt es sonst noch für Gründer und Investoren und was haben Sie für wichtige Tipps für Investoren, die das Thema going China angehen?

Ein großer Vorteil für den Standort Shanghai besteht darin, dass inzwischen sogar eine Firmengründung ohne physische Büropräsenz möglich ist. In diesem Fall wird dann eine so genannte virtuelle Adresse im Antragsverfahren als rechtsverbindliche Adresse des Unternehmens hinterlegt. Dies bedeutet, dass Geschäftsinhaber sogar entsprechende Lizenzen beantragen können, obwohl sie zum Zeitpunkt der Beantragung über keine physischen Büroräume verfügen. Die virtuelle Adresse wird von den Behörden der Freihandelszone zusammen mit den relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt, um den internen Bankkontoeröffnungs- und Compliance-Prozess zu durchlaufen. Sie wird auch von den lokalen Banken anerkannt, da es sich um eine von den Behörden ordnungsgemäß bereitgestellte echte Adresse handelt, unter der mehrere Firmen registriert sind. Derzeit ist diese Lösung speziell für Shanghai verfügbar. Die Adresse wird in der Regel innerhalb einer Freihandelszone zugewiesen. Es lohnt sich also durchaus, regelmäßig Updates zu neuen Richtlinien im Auge zu behalten, da diese Lösung möglicherweise auch für andere Provinzen von Interesse sein könnte.

Expansionsmodell Vorteile Nachteile
     
Export Schneller unkomplizierter Einstieg, geringes Risiko Geringe Kontrolle, geringes lokales Wissen, mögliche negative Umweltauswirkungen der Logistik
Lizenzierung/ Franchising Schneller Einstieg, niedrige Kosten, geringes Risiko Weniger Kontrolle, Lizenznehmer kann zum Wettbewerber werden, rechtliches und regulatorisches Umfeld (IP- und Vertragsrecht) muss wasserdicht sein
Strategische Partnerschaft Gemeinsame Kosten reduzieren Investitionsbedarf & Risiko, auch als lokale Einheit betrachtet Höhere Kosten als Export, Lizenzierung oder Franchising; Integrationsprobleme zwischen zwei Unternehmenskulturen
Übernahme Schneller Einstieg, meistbekannte, etablierte Betriebe Hohe Kosten, Integrationsprobleme können auftreten
Greenfield Investition Zugewinn lokaler Marktkenntnisse; maximale Kontrolle Hohe Kosten und hohes Risiko durch Unbekannte, langsamer Einstieg durch alleinige Umsetzung

 

Mit der fortschreitenden Entwicklung der Wirtschaft, vor allem hinsichtlich lokaler Marktregulierungen und einem erst kürzlich aktualisierten Gesetz über ausländische Direktinvestitionen, bietet das Land nach wie vor eine Vielzahl an Möglichkeiten. Vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen, die qualitativ hochwertige Produkten für die aufstrebende Mittelschicht herstellen, lässt sich für die Zukunft noch viel Potential in der Marktdurchdringung ausmachen. Im Vordergrund steht dabei mehr und mehr das Einkaufserlebnis, welches im Zusammenschluss mit der Entwicklung digitaler Formate herausragende Möglichkeiten eröffnet, um die aufstrebende Bevölkerungsschicht ohne Umwege auf den präferierten Formaten direkt anzusprechen. Firmen, die expandieren wollen, müssen neben der lokalen Geschäftskultur jedoch auch die geltenden Regularien und Verordnungen verstehen und anwenden können. Daher gilt es sich zunächst einmal über die rechtlichen Rahmenbedingungen zu informieren. Eventuell sind je nach Tätigkeitsfeld auch entsprechende Lizenzen notwendig. Ist man beispielsweise im Bereich Einzelhandel tätig, bieten sich zunächst auch kleinere Testläufe über spezielle Marketingaktionen im Ballungsraum großer Point-of-Sales Einzugsgebiete an. Dies hilft ein Gefühl über den Markt und die Käuferpräferenzen zu bekommen, bevor man mit größeren Investitionen eine überregionale Verkaufsstrategie ausrollt.

Wie schaffen es Unternehmer, Gründer und Investoren sich gut in Shanghai/der Greater Bay Area/bzw. eine Gegend, die Sie für wichtig halten zu positionieren und in welchen Branchen sehen Sie aktuell den größten Zustrom in der Shanghai/der Greater Bay Area/bzw. eine Gegend, die Sie für wichtig halten?

Bei der Positionierung hinsichtlich des Standortes sollten Investoren vor allem Ihre Wertschöpfungskette im Auge behalten. Kurze Wege bedeuten einen signifikanten Preisvorteil, beispielsweise bei R&D-Projekten. Die Montage eines Prototyps kann in der Greater Bay Area oft innerhalb von weniger als 2 Stunden erfolgen. Im Vergleich zu anderen globalen Produktionszentren bedeutet dies nicht selten einen Preisvorteil um Faktor zehn oder zwanzig, woran KI-betriebene Produktionslinien einen entscheidenden Einfluss haben. Des Weiteren können Unternehmen, die innerhalb von Freihandelszonen registriert sind, von einer vereinfachten Zollabfertigung profitieren. Bei der Auswahl des Standortes sollte daher ein besonderes Augenmerk auf das bestehende Netzwerk, zukünftige Absatzregionen sowie auf den Zugang zu industriespezifischen Talenten Wert gelegt werden. Beides lässt sich über die Wirtschaftsregion Shanghai beziehungsweise der Greater Bay Area hervorragend realisieren.

Als Bestandteil der Belt and Road Initiative ist der Entwicklungsplan zur Greater Bay Area (GBA) von zentraler nationaler Bedeutung. Der Initiative wird auch in den kommenden Jahren weiterhin viel Potential beigemessen. Was die Zukunft angeht, so werden sich Hongkong und Shanghai in der Rolles als Finanzzentren weiterentwickeln und gleichzeitig ihre Standortvorteile in Technologie und Innovation einbringen. Macau wird sich auf Tourismus und Freizeit konzentrieren, hingegen Guangzhou den Status des nationalen Hubs für Verkehr und Handel stärken möchte. Ein Großteil der ausländischen Ankünfte wird bereits über Guangzhou abgewickelt. Shenzhen hingegen wird seine Rolle als globales Innovationszentrum weiter festigen und ausbauen. Langfristig werden alle fünf Wirtschaftszentren dazu beitragen, den Markt für ausländische Direktinvestitionen weiter zu öffnen. Die Herausforderung für die Zukunft der deutschen Unternehmen besteht darin, sich im mittleren Preissegment, in dem die Nachfrage gerade in Schwellenländern höher ist, zu etablieren, ohne gleichzeitig die Premium-Identität der Marke zu verlieren. Durch Kostensteigerungen in Lohn und Unterhaltung wird  aber auch Südostasien weiter an Bedeutung gewinnen. Diese Entwicklung ist langfristig gesehen positiv für die Unternehmen, da durch die Diversifikation eine zu große Abhängigkeit von einzelnen Märkten vermieden werden kann. Die nachfolgende Grafik der internationalen Expansionsmodelle kann dabei eine erste Orientierungsgrundlage für Investoren darstellen.

 

China überholt Deutschland bei Fahrzeugexporten

Cars For Sale, Automotive Industry, Cars Dealership Parking Lot.

Im September 2022 verließen 301.000 Fahrzeuge Chinas Häfen, so die Daten der China Association of Automobile Manufacturers. Zwar zeigen die Septemberdaten einen Rückgang von 2,6 Prozent gegenüber dem Rekordhoch im August. Dennoch seien die Fahrzeugexporte im Jahresvergleich immer noch um fast 74 Prozent gestiegen. Damit scheint China Deutschland vom Platz 2 der Autoexporteure zu verdrängen. Von Georg von Stein

Rechnet man die ersten drei Quartale zusammen, kommt China auf 2,12 Mio. verkaufte Fahrzeuge. Das entspricht einem Anstieg von 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr und übertrifft bereits die Gesamtmenge des Jahres 2021. Allerdings müsste man dabei differenzieren, wieviele der Exporte rein chinesische Hersteller tätigen und wieviele der Exporte von chinesischen Joint Ventures mit anderen Herstellern stammen.

Bild1_Foreign-carmakers-dominate-China-EV-exports

Bild2_Made-in-China-EV-could-turn-Sion-EU-automotive-trade-on-its-headLetztes Jahr hatten Chinas Automobilexporte zum ersten Mal die Marke von 2 Mio. Fahrzeugen erreicht. Mit dieser Zahl hat China Deutschland bereits im August als zweitgrößten Fahrzeugexporteur der Welt überholt.  Nach Japan rangiert China nun auf Platz zwei. Deutschland hat laut Verband der Automobilindustrie im gleichen Zeitraum bei den Fahrzeugexporten 1,66 Mio. Stück erreicht.

Elektroboom fördert Exportboom

Der chinesische Exportboom dürfte vor allem in der beschleunigten Bearbeitung globaler Märkte durch chinesische Autohersteller begründet sein. So verkaufte Great Wall Motors, der größte SUV- und Pickup-Hersteller Chinas, im September über 18.000 Fahrzeuge im Ausland – was einem Fünftel seines Gesamtumsatzes in diesem Monat entspricht. Insgesamt hat der Produzent aus Baoding in der Provinz Hebei in diesem Jahr 112.000 Einheiten im Ausland verkauft – 14 Prozent mehr als im Vorjahr.  Seine Go-Global-Strategie beschleunigt der Hersteller mit der Elektrifizierung als einer seiner tragenden Säulen der Unternehmensstrategie.

Auch Chinas größter Autohersteller, SAIC Motor, exportiert kräftig – im September 99.000 Fahrzeuge, 10.000 MG4 EVs davon nach Europa. In den ersten drei Quartalen konnte der Hersteller mit Hauptsitz Shanghai 688.000 Stück außerhalb Chinas verkaufen, fast 56 Prozent mehr als im Vorjahr. Im vierten Quartal soll SAIC dann ein Modell, das Qualitätsstandards in verschiedenen Ländern entsprechen soll, gar in rund 20 Ländern in Europa erhältlich machen. Mit dem Modell will man Europa zum ersten Überseemarkt werden lassen, auf dem der Jahresabsatz 100.000 Einheiten erreicht. Bis 2025 will SAIC jährlich mindestens 240.000 New Energy Vehicles (NEVs) in Europa verkaufen. Insgesamt 1,5 Mio. Fahrzeuge will man im selben Jahr an Märkte in Übersee geliefert haben.

In den ersten drei Quartalen dieses Jahres lagen die NEV-Exporte Chinas bei 389.000 Stück, doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die wichtigsten Zielländer dafür waren Belgien, Bangladesh, das Vereinigte Königreich, Indien und Thailand.

Bild3_Top-10-Chinese-Electric-Car-Export-Countries
China Exported 230,000 Vehicles In May 2022, Up 35% From 2021
https://carnewschina.com/2022/06/22/china-exported-230000-vehicles-in-may-2022-up-35-from-2021/
Bild4_Top-20-Plugin-Vehicles-in-China-August-2022
https://cleantechnica.com/2022/09/23/china-electric-car-sales-30-share-of-auto-sales-in-august/

Aber auch nach Deutschland werden mittlerweile die Autos aus China geliefert. Der Autovermieter Sixt hat einen Vertrag über rund 100.000 Elektroautos von Chinas BYD unterzeichnet.  Bis 2028 soll der Auftrag erfüllt werden, die ersten Elektrofahrzeuge sollen Sixt bereits im vierten Quartal dieses Jahres zur Verfügung stehen.

Ob die Zahlen sich allerdings weiterhin so positiv entwickeln, bleibt abzuwarten. Einer Prognose der Boston Consulting Group zufolge soll die weltweite Automobilproduktion bis zum Jahr 2025 deutlich unter ihrem bisherigen Spitzenwert von 95 Millionen Fahrzeugen (2017) bleiben. Ob bzw. wie sich dieses Szenario auf die chinesische und die deutsche Produktion auswirken wird, werden die nächsten zwei Jahren zeigen.

Quellen: China Daily, Merics, CarNews China

Verhalten der chinesischen Verbraucher ändert sich

Konsumverhalten in China
Quelle: Adobe Stock; © marchsirawit

Chinesische Verbraucher legen beim Kauf von nicht lebensnotwendigen Gütern ein konservativeres Verhalten an den Tag, so das Ergebnis eines Berichts des Beratungsunternehmens PriceWaterhouseCoopers. Die Konsumenten achten mehr auf die Qualität der gekauften Produkte. Einheimische Marken haben während der COVID-19-Pandemie insbesondere bei Kunden aus der Gruppe der Millennials und der Generation Z an Popularität gewonnen. Von Georg von Stein

44 Prozent der chinesischen Konsumenten rechnen dem PwC-Bericht zufolge mit höheren Ausgaben für Lebensmittel in den nächsten sechs Monaten. Gleichzeitig werden mehr Befragte ihre Ausgaben für nicht notwendigen Konsum in Mode, Gesundheits- und Schönheitsprodukten sowie Unterhaltungselektronik reduzieren.

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https://www.pwccn.com/en/industries/retail-and-consumer/publications/2022-global-consumer-insights-survey-china-report-aug2022.html

Etwa 45 Prozent der Befragten gaben an, eher einheimische Marken zu kaufen – eine Steigerung von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Chinesische Marken sind für lokale Verbraucher also attraktiver geworden.

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https://www.pwccn.com/en/industries/retail-and-consumer/publications/2022-global-consumer-insights-survey-china-report-aug2022.html

Die Verbraucher seien bereit, aufgrund kürzerer Lieferzeiten, bequemer Einkaufsmöglichkeiten und steigender Qualität mehr für im Inland produzierte oder bezogene Produkte zu bezahlen. Und das, obwohl die Inflation auch den chinesischen Verbrauchern große Sorgen bereitet. So gaben 50 Prozent der Befragten an, für ein Produkt mit nachvollziehbarer und transparenter Herkunft einen überdurchschnittlichen Preis zahlen zu wollen, während andere bereit sind, dies für maßgeschneiderte Produkte (47 Prozent) oder solche aus recyceltem, nachhaltigem Material zu tun oder umweltfreundliche Materialien (45 Prozent). Auch das gestiegene soziale Bewusstsein und der wertorientierte Konsum junger Käufer scheint dabei eine Rolle zu spielen. Sie legen großen Wert auf das Engagement der Einzelhändler für Umwelt, Soziales und Corporate Governance (ESG) sowie auf den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre.

Steigende Einzelhandelsumsätze

Die Einzelhandelsumsätze bei Konsumgütern stiegen laut dem chinesischen National Bureau of Statistics im August im Jahresvergleich um 5,4 Prozent auf 3,63 Bio Yuan (508,5 Mrd. USD). Das Wachstum hatte sich mit einem Anstieg von 2,7 Prozent im Juli beschleunigt. Eine wichtige Rolle dürften dabei auch Konjunkturmaßnahmen zur Ankurbelung des Konsums gespielt haben. Und die Pandemie hat das Einkaufsverhalten der Verbraucher verändert.

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https://www.pwccn.com/en/industries/retail-and-consumer/publications/2022-global-consumer-insights-survey-china-report-aug2022.html

So wird z.B. vielen Freizeitaktivitäten zu Hause nachgegangen. Das wiederum führt zu einer stärkeren Nutzung von Virtual-Reality-Geräten zu Unterhaltungszwecken oder dem Kauf von Produkten im Metaverse. Beispielsweise gaben 36 Prozent der befragten chinesischen Verbraucher an, in den letzten sechs Monaten VR-Headsets zum Spielen oder Ansehen von Filmen und Fernsehsendungen verwendet zu haben, Verglichen mit 16 Prozent weltweit sind das mehr als doppelt soviele Verbraucher.  23 Prozent der Befragten nutzten die Geräte gar zum Einkaufen. Verbraucher der Generation Z in China, also zwischen Mitte der 1990er und Anfang der 2010er Jahre Geborene, bevorzugen am häufigsten VR-Headsets.

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https://www.pwccn.com/en/industries/retail-and-consumer/publications/2022-global-consumer-insights-survey-china-report-aug2022.html

Das Metaverse wird wohl die physischen Abläufe und Strategien von Einzelhändlern schrittweise neu gestalten. Es soll ein futuristischer Marktplatz entstehen, der die realen und virtuellen Bedürfnisse der Verbraucher besser bedienen kann. Dafür, so der Bericht, wird aber staatliche Regulierung wichtig, insbesondere da die Technologie noch kaum erforscht sei.

Laut einem Bericht der Citibank könnte das Metaverse bis 2030 einen Marktwert zwischen 8 und 13 Bio. USD erreichen (unter der Annahme, dass das globale BIP über 150 Bio. USD betragen wird). Dazu passt auch die Prognose

Analystenhauses Gartner: Dort prognostiziert man, dass 25 % der Weltbevölkerung bis 2026 in irgendeiner Form des Metaversum jeden Tag mindestens eine Stunde lang nutzt, um zu arbeiten, einzukaufen, zu lernen, Kontakte zu knüpfen oder sich zu unterhalten. Entsprechend werden 30 % der Unternehmen dazu passende Produkte und Dienstleistungen auf den Markt gebracht haben.

Für die Umfrage von PwC wurden im März mehr als 500 chinesische Verbraucher aus 52 Städten befragt. Die Befragten waren 18 Jahre und älter und es wurden nur diejenigen ausgewählt, die im Vorjahr mindestens einmal online eingekauft hatten.

Quellen: PwC, China Daily

 

Das bisherige Wachstumsmodell hat ausgedient

©安琦 王 - stock.adobe.com

In einer gemeinsamen Studie mit dem Institute of East Asia Studies der Universität Duisburg-Essen kommen die Volkswirte von Berenberg zu dem Ergebnis, dass sich China vom Wachstumsmotor zum Risikofaktor für die Weltwirtschaft und die politische Stabilität gewandelt hat. So seien etwa die Tage des anhaltend starken Wachstums vorbei, auch das Potenzialwachstum sinke. Zum ersten Mal seit dem Beginn der Reformära 1978 wird die ökonomische Entwicklungsdynamik konsequent den Erfordernissen einer Machtkonsolidierung der Kommunistischen Partei Chinas untergeordnet. Der am 16. Oktober beginnende 20. Parteitag ist das politische Ereignis, das Chinas Führungsstruktur für die kommenden Jahre bestimmen wird.

In ihrer Studie mit dem Titel „China – Vom Wachstumsmotor zum Risikofaktor“ haben die Berenberg-Volkswirte Mahmoud Abu Ghzalah, Dr. Jörn Quitzau und Dr. Mickey Levy gemeinsam mit Prof. Dr. Markus Taube vom Institute of East Asian Studies an der Universität Duisburg-Essen das wirtschaftliche und politische Umfeld der Volksrepublik analysiert und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Politische Ökonomie in der Ära von Staatspräsident Xi Jingping gelegt. Mickey Levy, Chief Economist for Americas and Asia, sagt: „China hat seinen wirtschaftlichen Aufstieg einem eigentümlichen Wirtschaftsmodell zu verdanken, das marktwirtschaftliche Prozesse mit starken Elementen einer Zentralverwaltungswirtschaft kombiniert. Dieses Modell war lange Zeit sehr erfolgreich und galt vielen als Alternative zum Kapitalismus amerikanischer Prägung mit bis weit in die Zukunft reichendem hohen Wachstum. Diese Ansicht teilen wir nicht. In Zukunft werden abnehmende und geringere Wachstumsraten die neue Normalität sein.“

Unausgewogener Wachstumsboom

So sei der Wachstumsboom Chinas unausgewogen verlaufen, Übertreibungen und Verzerrungen müssen nun korrigiert werden. Dazu gehörten vor allem Exzesse am Immobilienmarkt. Senior Economist Jörn Quitzau sagt: „Eine harte wirtschaftliche Landung ist zwar unwahrscheinlich, dennoch steht das Land vor schwierigen Herausforderungen. Die Folgen der Corona-Lockdowns, ein durch sinkende Immobilienwerte zusätzlich geschwächter Konsum und der globale Konjunktureinbruch sollten das Wachstum in den Jahren 2022 und 2023 schwächen. Als zuverlässiger Motor der Weltkonjunktur fällt China aus.“ Mahmozd Abu Ghzalah ergänzt: „Die Rolle Chinas in den globalen Lieferketten sollte abnehmen. Zuletzt habe die Sorge über unfaire chinesische Geschäfts- und Handelspraktiken weltweit zugenommen, vor dem Hintergrund der geopolitischen Spannungen ist das Misstrauen weiter gestiegen. Unternehmen haben damit begonnen, sich neu zu orientieren und ihr China-Engagement zurückzufahren. Auf diese Weise wird China zumindest zum Teil isoliert.“

Enttäuschte Zuneigung

Auch auf wirtschaftspolitischer und internationaler Ebene würden die Probleme zunehmen, führt Markus Taube aus. Die seit 2013 von Xi Jingping propagierte chinesische Vision einer mächtigen, gesunden, von der Weltgemeinschaft geachteten und respektierten Nation mit globalem Anspruch bringt China in Konkurrenz zu den USA, die das Land letztlich aus ihrer hegemonialen Führungsposition verdrängen will. Beide Staaten sehen sich inzwischen gegenseitig als potenzielle Bedrohung. Der ökonomische Austausch zwischen den beiden Ländern erfolgt somit – auf beiden Seiten – zunehmend unter dem Vorbehalt wachsenden Misstrauens und sich zuspitzender politischer Risiken. Im Verhältnis zu Europa herrsche hingegen eher eine Stimmung gegenseitig enttäuschter Zuneigung. Europas Idee eines „Wandels durch Handel“ sei in China ad absurdum geführt worden. Enttäuschung gibt es aber auch in China. Im Außenministerium der VR China werde Europa kaum mehr als ernsthafter Gesprächspartner angesehen. Auch der sich zuspitzende Konflikt mit Taiwan im Sinne der Ein-China-Doktrin und Chinas Haltung im Russland-Ukraine-Krieg belaste den politischen Auftritt des Landes.

Zudem sei zu beobachten, dass zuletzt politische Agenden gegenüber Wirtschaftsfragen die Oberhand gewännen. Taube sagt: „Oberstes Ziel ist innenpolitisch die neuerliche Absicherung der Herrschaftslegitimation der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Zum ersten Mal seit Beginn der Reformära im Jahr 1978 wird die ökonomische Entwicklungsdynamik konsequent den Erfordernissen einer Machtkonsolidierung der KPCh untergeordnet. Präsident Xi stellt in diesen Tagen die Weichen dafür, auf Lebenszeit über Chinas Geschicke zu herrschen und reiht sich damit ein in die kleine Riege disruptiv wirkender Führer der Volksrepublik China wie Mao Zedong und Deng Xiaoping: Er will das wiedererstarkte China zurück auf die Weltbühne führen und es dort als Führungsmacht etablieren.“

 

 

 

China-Ausblick (4. Quartal): Chinesischer Wohnungsmarkt weiterhin unter Druck

China reguliert Immobilienmarkt
Quelle: Adobe Stock; © yashabaker

Nach einem deutlichen Rückgang im zweiten Quartal hat sich das chinesische Wirtschaftswachstum im dritten Quartal wieder erholt – der Aufschwung fiel aber bisher schwächer aus als erwartet. Zurückzuführen ist das in erster Linie auf die langsamere Erholung der privaten Nachfrage aufgrund mehrerer Erschütterungen, darunter das Wiederaufleben von Covid-19, das heiße Wetter, die Einstellungen von Hypothekenzahlungen und Stromengpässe.

Ein wesentlicher Unterschied zum Aufschwung nach Covid-19 im Jahr 2020 (als der Aufwärtstrend im Wohnungsbau mit anderen Antriebskräften synchron verlief) bestand darin, dass die Wohnungsbauinvestitionen nach dem Schock im April nicht wieder anzogen, sondern sogar noch weiter deutlich abnahmen. Auch die Erholung der privaten Investitionen im verarbeitenden Gewerbe fiel schwächer aus. Auf der anderen Seite fielen die staatlich geförderten Investitionen beispielsweise in die Infrastruktur und in hochwertige Fertigung stark aus und haben in den vergangenen Monaten nochmals angezogen. Dieses Tauziehen zwischen der immer noch schleppenden privaten und der stärkeren öffentlichen Nachfrage hat zuletzt die Wachstumsdynamik bestimmt.

Deshalb ist es im Sinne eines nachhaltigen Aufschwungs von hoher Bedeutung, dass die Regierung die private Nachfrage so weit wie möglich stützt und insbesondere die Wohnbautätigkeit stabilisiert. In der Zwischenzeit ist eine weiterhin starke fiskalische Unterstützung ebenso dringend erforderlich.

Nach der Unterstützung der Politik durch die erste Tranche der Infrastrukturfinanzierung in Höhe von 300 Milliarden Renminbi und der Beschleunigung der Ausgabe kommunaler Sonderanleihen ist für September eine weitere Tranche von mindestens 300 Milliarden Renminbi für die Infrastrukturfinanzierung vorgesehen. Dazu kommen 500 Milliarden Renminbi für kommunale Sonderanleihen, die bis Oktober ausgegeben werden sollen. Darüber hinaus wird die People’s Bank of China im vierten Quartal weitere 200 Milliarden Renminbi zur Unterstützung von Investitionen in die Modernisierung von Anlagen bereitstellen.

Seit dem vierten Quartal des vergangenen Jahres hat sich der Wohnungsbau trotz der im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Erholungszyklus in den Jahren 2014 bis 2016 deutlich umfangreicheren politischen Maßnahmen nicht nennenswert belebt. Zu den wichtigsten Faktoren könnten neben dem Covid-19-Schock auch die schlechteren Erwartungen in Bezug auf Immobilienpreise sowie die Einkommens- und Beschäftigungssituation, ein weniger akkommodierendes Hypothekenangebot und ein Missverhältnis zwischen lokaler politischer Lockerung und stärkeren Restriktionen in den Städten gehören. Eine nachhaltige Stabilisierung des Wohnungsmarktes erfordert Verbesserungen bei all diesen Variablen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Wohnungspolitik weiter gelockert wird. Die Auswirkungen auf die Stimmung im Wohnungsbau bleiben jedoch unklar. Dabei ist die Stabilisierung der Erwartungen für die Hauspreisentwicklung und den Wohnungssektor wichtig: Diese wurden durch die Verzögerungen bei der Fertigstellung von Häusern und die jüngste Aussetzung von Hypothekenzahlungen belastet. Das könnte zu einer negativen Rückkopplungsschleife führen. Daher ist die Sicherstellung des Abschlusses von Bauvorhaben – und damit die Vermeidung einer solchen Rückkopplungsschleife – derzeit eine der wichtigsten Aufgaben der Regierung.

3 Fragen an: Volker Müller (Europäische Handelskammer in China)

„China ist weltweit der Gesundheitsmarkt mit dem größten Wachstumspotential“, Volker Müller spricht im Interview zu den Chancen des chinesischen Gesundheitssektors.

Corona bedingt hat der Gesundheitssektor einen besonderen Schub in China bekommen. Was sind kluge Maßnahmen und Strategien für deutsche Unternehmen für ihre Aktivitäten im Chinesischen Gesundheitssektor?

China ist weltweit der Gesundheitsmarkt mit dem größten Wachstumspotential. Die Zuwachsraten werden auch in Zukunft deutlich über denen des BSP liegen. Aber die Anforderungen unterscheiden sich oft von denen in Europa, z.B. bei regulatorischen Fragen oder unterschiedliche Prozeduren in Krankenhäusern. Was sich empfiehlt, ist, den chinesischen Markt bereits in der frühesten Phase der Produktentwicklung mit zu berücksichtigen. Innerhalb Chinas ist der Markt sehr divers, bedingt durch unterschiedliche Klimazonen -von sibirisch bis tropisch- und ungleichmäßige wirtschaftliche Entwicklung in den Regionen. Auch für KMU gibt es Nischenmärkte im Gesundheitsmarkt. Eine „Nische“ in China kann sehr groß sein, sie zu identifizieren ist aber oft nicht einfach. Darum ist eine Präsenz in China mit kurzen Wegen zu den Kunden sehr zu empfehlen. Bei den pro-Kopf-Ausgaben im Gesundheitswesen ist China immer noch ein Schwellenland. Innovative Produkte sind gefragt, aber gleichzeitig spielt der Preis eine große Rolle, „Over-engineering“ sollte man vermeiden!

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Volker Müller, Dipl. – Ing. Elektrotechnik, ging 1987 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die Universität Chongqing, China. Nach einigen Jahren in Shanghai, seit 2000 feste Heimat in Beijing, wechselte er in den Bereich medizinische Geräte. Seit 2014 ist Volker Müller bei der Europäischen Handelskammer in China tätig mit Arbeitsschwerpunkt Gesundheitsreform in China.

Was sind aktuell die wichtigsten Themen im Gesundheitssektor für deutsche Unternehmen in China oder beim Markteintritt nach China?

Lange Zeit war die Zulassung von Arzneimitteln und medizinischen Produkten das größte Hindernis für den Marktzugang in China. In dieser Hinsicht hat sich die Situation entspannt, Vorschriften und Normen sind inzwischen weltweit sehr viel besser harmonisiert. Seit etwa drei Jahren nimmt die chinesische Krankenversicherung zunehmend Einfluss auf den Einkauf sowie Abrechnungsverfahren in Krankenhäusern, mit dem Ziel die steigenden Kosten in den Griff zu bekommen. Ähnlich wie in Deutschland werden Fallkostenpauschalen (DRG) zur Erstattung von Krankheitskosten herangezogen. Einkaufszentren bündeln den Bedarf, z.B. aller Krankenhäuser einer Provinz, um durch Großeinkauf Rabatte herauszuhandeln. Beim Einkauf von medizinischen Geräten verstärkt sich dabei die Tendenz, in China hergestellte Produkte zu bevorzugen. Einkaufspolitik, Störungen in der weltweiten Logistik, vereinfachte Zulassung medizinischer Produkte nach Transfer der Produktion nach China, das Freihandelsabkommen RCEP – all das sind Gründe dafür, dass die Produktion in China für China und für Asien verstärkt zu einer attraktiven Option wird.

In welches Feld würden Sie momentan im Gesundheitssektor in China investieren?

Große internationale Firmen waren und sind sehr erfolgreich in China. Die Tendenz geht dahin, mehr F&E in China anzusiedeln und die spezifischen Stärken verschiedener Standorte zu kombinieren. China ist weltweit führend in KI und mobiler Kommunikation, während z.B. in der Feinmechanik der deutschsprachige Raum deutlich stärker ist. Viele KMU sind in China bisher nur mit Distributoren vertreten. Die Gesundheitspolitik in China ist in einem permanenten Reformprozess begriffen; Kunden erwarten zunehmend Service und Training nach mitteleuropäischem Niveau. Dies sind gute Gründe, das China-Geschäft mehr zu zentralisieren und selbst eine Präsenz in China aufzubauen. Bisher konzentriert sich die deutsche/europäische Industrie auf den Krankenhausmarkt. Der Home-Care- und Pflege-Markt gewinnt aber stark an Bedeutung. Mitteleuropäische Firmen sind sehr stark darin, pflegebedürftigen Patienten individualisierte Pflegedienstleistungen anzubieten. Auch in China ist dies ein Zukunftsmarkt. Typischerweise sehr patientennahe Dienstleistungen im fernen China anzubieten ist deshalb eine lohnende Herausforderung.

Zeit für persönliche Gespräche

Deutschland China CAI

Endlich. Bundeskanzler Olaf Scholz kommt nach China. Am 3. und 4. November will er in Peking sein. Vertreter der Wirtschaft hat er eingeladen, ihn zu begleiten. Gleichzeitig hat er erklärt, eine wirtschaftliche Abkopplung von China sei der falsche Weg.

Auf Reaktionen in der deutschen Öffentlichkeit musste nicht lange gewartet werden. Ob der Bundeskanzler denn nichts aus dem „Russland-Debakel“ gelernt habe, wird gefragt und gleichzeitig das Scheitern des von Willy Brandt geprägten Prinzips „Wandel durch Handel“ konstatiert.

Politische Einflussnahme oder Konkurrenz als Antriebskraft

Beim „Wandel durch Handel“ kommt es auf die Interpretation an. Wenn alleiniges Ziel ist, den Partner nach unserem Wertekanon zu verändern und sozusagen einen gesellschaftspolitischen Umbruch herbeizuführen, wird aufs falsche Pferd gesetzt. Deutschland wehrt sich in jüngster Zeit immer vehementer gegen politische Einflussnahme, die China etwa über seine Konfuzius-Institute oder durch Forschungskooperationen verstärke. Deutschland sieht darin eine Gefahr – berechtigt oder nicht. Warum beharren dann aber deutsche Politiker (insbesondere der derzeitigen Regierung) darauf, anderswo Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen zu nehmen, nicht akzeptierend, dass auch dort kulturell-historisch gewachsene Werte hochgehalten werden?

Wäre es nicht an der Zeit anzuerkennen, dass „Wandel durch Handel“ durchaus Erfolge gezeitigt hat. Im Falle Chinas ist das augenscheinlich. Eine beispiellose wirtschaftliche Aufholjagd, die das Land dank starken internationalen Engagements aus einer verlängerten Werkbank und einem scheinbar grenzenlosen Absatzmarkt zu einem Wettbewerber in vielen Branchen gemacht hat. Ist das das Problem? Anstatt darüber zu hadern, sollten wir uns darauf besinnen, dass Konkurrenz zuallererst Antriebskraft ist, bessere, effizientere Lösungen zu suchen, den Fortschritt voranzutreiben. Wer zudem das China aus den Anfangsjahren der Reformen mit dem heutigen vergleicht, kommt nicht umhin anzuerkennen, welcher Wandel sich im Alltag der Milliardenbevölkerung vollzogen hat. Dass beispielsweise eine Hunderte Millionen starke konsumfreudige Mittelschicht entstanden ist, die gern Waren deutscher und anderer europäischer Hersteller konsumiert, ist eben auch der intensiven wirtschaftlichen Zusammenarbeit in den vergangenen fünf Jahrzehnten zu verdanken.

Europäisches Demokratie-Modell kein Allheilmittel

Mag sein, dass spätestens an dieser Stelle aufgeregt aufgeschrien wird, was denn mit der Demokratie sei, an der es mangele. Der westlich geprägten selbstverständlich. Nun sollte aber jedem aufgeklärten Menschen bewusst sein, das europäische Demokratie-Modell ist weder global dominierend noch das alleinige Allheilmittel, Zukunftsfragen zu lösen. Den Europäern mag es passen oder nicht, Werte speisen sich in anderen Kulturen nicht aus denselben Quellen wie in Europa. Da kann noch so viel auf „Universalität“ gepocht werden, ändern tut es aber nichts. Friedlich miteinander zu leben, erfordert eben auch Toleranz den anderen gegenüber. Was ich von meinem Partner einfordere, muss ich bereit sein, ebenso zu geben.

Mir scheint jedenfalls, Olaf Scholz ist dies bewusst. Mehr noch. Aus dem „Russland-Debakel“ hat er durchaus richtige Schlussfolgerungen gezogen. Wir brauchen uns nur anzuschauen, wie die deutsche Wirtschaft in die Rezession schlittert. Ohne Zweifel ist es richtig, wirtschaftliche Alternativen zu haben und, wie es so schön heißt, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Mag sein, dass dies – vielleicht auch aus Bequemlichkeit – in den vergangenen Jahren vernachlässigt wurde. Eine Kursänderung anzumahnen, daran ist nichts auszusetzen. Sie umzusetzen, ebenfalls nicht. Derzeit scheint das Problem zu sein, dass „Zhongnanhai-Astrologen“ ein „Gespenst“ an die Wand malen, dabei selbst Konfrontationen schüren, die keinem dienlich sind, weder den Chinesen noch den Europäern.

Es ist gut, dass der Bundeskanzler persönlich kommt

Deshalb ist es nur gut, dass die Staatschefs Deutschlands und Chinas nach drei Jahren endlich wieder an einem Tisch sitzen werden, sich Auge in Auge austauschen und überlegen, wie beide Länder im 50. Jahr der Aufnahme diplomatischer Beziehungen einen Schritt weiter gehen und die Zusammenarbeit auf eine neue Stufe stellen können. Bei der Lösung globaler Konflikte ebenso wie bei der Gestaltung einer in die Zukunft weisenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Dabei geht es auch darum, Wohlstandsverlusten zu begegnen. Hier wie dort.

Dass es derzeit zwischen beiden Ländern eine Reihe von Dissonanzen gibt, begründet oder unbegründet, auch davor sollten wir die Augen nicht verschließen. Auszuräumen sind sie nur im Dialog. Seit dem Corona-Ausbruch vor fast drei Jahren erleben wir einen Online-Verhandlungs-Boom. Eine technische Lösung für Krisenzeiten, die allerdings das persönliche Gespräch nicht ersetzen kann. Denn wer offline zusammenkommt, hat nicht nur die offiziellen Runden am Verhandlungstisch zum Austausch, sondern auch das eher „private“ Plaudern nebenbei. Aus der Geschichte wissen wir, es sind gerade die nicht-offiziellen Pausen, die zu dem einen oder andere Durchbruch führen. Es ist also gut, dass der Bundeskanzler persönlich kommt. Überzeugt er seinen Gastgeber, dass „Öffnungspolitik“ jetzt auch heißen muss, Schranken im Reiseverkehr fallen zu lassen, um so besser. Denn neue Geschäfte lassen sich ebenso einfacher vereinbaren, wenn die Partner sich die Hand reichen können, im wahrsten Sinne des Wortes.

China Deutschland – Teil 2: 50 Jahre diplomatische Beziehungen – Ein Überblick

In Teil 2 finden Sie Entwicklungen im deutsch chinesischen Verhältnis für das 21. Jahrhundert: Vom Bau des Transrapids über das Direktinvestitons-Boomjahr 2016 bis hin zur Ablösung Deutschlands als Maschinenbau-Exportweltmeister durch China. Von Georg von Stein

>> Hier gelangen Sie zum ersten Teil „China Deutschland – Teil 1: 50 Jahre diplomatische Beziehungen – Ein Überblick„.

2000

Deutschland und China vereinbaren einen Austausch im Rechtsbereich. Dazu zählt der sogenannte Rechtsstaatsdialog.

Shanghai Transrapid Maglev magnetic levitation train station in China
Shanghai Transrapid Maglev magnetic levitation train station in China © Adobe Stock – Markus Mainka

2001

Deutschland und China unterzeichnen den Vertrag zum Bau des Transrapids. Er legt die 30 Kilometer von Shanghai zum Flughafen Pudong in nur sieben Minuten und 18 Sekunden zurück. China ist Gastland auf der Asien-Pazifik-Woche in Berlin.

2002

Bundeskanzler Gerhard Schröder eröffnet mit Ministerpräsident Zhu Rongji die Transrapid-Strecke in Shanghai.

2003

Deutschland gibt 10 Mio. EUR für die SARS-Bekämpfung in China. Siemens und Dräger spenden Beatmungsgeräte, BASF spendet 100.000 Yuan.

2004

Über 350 Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutieren auf dem ersten „Hamburg Summit: China meets Europa“ über den Stand der sino-europäischen Beziehungen. Das Generalkonsulat in Chengdu wird eröffnet.

2005

Das Olympische Vorbereitungskomitee Peking gibt bekannt, dass Adidas offizieller Kooperationspartner bei den Olympischen Spielen 2008 sein wird.

2006

Ein neues Investitionsförderungs- und Investitionsschutzabkommen tritt zwischen Deutschland und China in Kraft.

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http://german.china.org.cn/international/archive/dezhongtongxing/2010-06/30/content_20386592.htm

2007

Die dreijährige Veranstaltungsreihe „Deutschland-China gemeinsam in Bewegung“ zieht durch sechs chinesische Städte und endet 2010 auf der „Expo“ in Shanghai.

2008

Bundeskanzlerin Angela Merkel reist nach Peking, um am Asien-Europa-Treffen ASEM teilzunehmen. Nach Einschätzung von Merkel müssen die asiatischen Länder wie China dringend in die Schaffung einer neuen Finanzarchitektur eingebunden werden. Im National Art Museum of China in Peking wird eine große Gerhard-Richter-Ausstellung gezeigt.

2009

China hat Deutschland als Exportweltmeister überholt. Die Summe der Exporte 2009 betrug insgesamt 1,2 Bio USD (840 Mrd Euro), so die Zahlen der chinesischen Zollbehörde. Für Deutschland hatte der Außenhandelsverband BGA 816 Mrd. Euro an Exporten prognostiziert. 2009 ist China auch Gastland der Frankfurter Buchmesse.

2010

Deutschland nimmt mit einem eigenen Pavillon an der Expo Shanghai teil.

2011

In Berlin finden die ersten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen statt, die danach alle zwei Jahre gehalten werden.

2012

Das „China-Kulturjahr“ bezieht 40 deutsche Städte ein und dauert bis Januar 2014. Das Generalkonsulat in Shenyang wird eröffnet.

2013

Der chinesische Präsident Xi Jinping und Premierminister Li Keqiang besuchen Deutschland.

 

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https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/enge-zusammenarbeit-vertiefen-406638
Foto: Bundesregierung/Bergmann

2014

Der chinesische Film „Bai Ri Yan Huo (Schwarze Kohle, dünnes Eis) gewinnt bei den Berliner Filmfestspielen den Goldenen Bären.

2015

BASF und das chinesische Mineralölunternehmen Sinopec starten ein Joint Venture in Nanjing.

2016

Es kommt zum Höchststand an Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren. 2016 investierten Unternehmen aus der Volksrepublik zum ersten Mal mehr Geld in Deutschland als deutsche Unternehmen in China. 2016 ist auch Jahr des deutsch-chinesische Jugendaustauschs.

2017

In China wird die Kunstausstellung „Deutschland 8 – Deutsche Kunst in China“ gezeigt.

2018

In 2017 und 2018 verschärft die Bundesregierung jeweils die Außenwirtschaftsverordnung, um sich bei Übernahmen und Beteiligungen ausländischer Investoren im Inland mehr Befugnisse zu sichern. Vize-Ministerpräsident Liu He spricht beim „8. Hamburg Summit: China meets Europe”.

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Quelle: UNCTAD Data Center: Foreign direct investment: Inward and outward flows and stock, annual, https://unctadstat.unctad.org/wds/TableViewer/tableView.aspx?ReportId=96740 (21.1.2020)

2019

Im Jahr 2019 haben chinesische Unternehmen in Europa 12 Milliarden EUR investiert. Dies sind 33 Prozent weniger als 2018. Die geografische Verteilung der chinesischen Investitionen innerhalb der EU hat sich im vergangenen Jahr spürbar verschoben: Zum ersten Mal seit 2010 war Nordeuropa mit 53 Prozent aller Investitionen Hauptempfänger von chinesischem Kapital und überholte die „Big 3“ (Großbritannien, Deutschland und Frankreich). Großbritannien blieb volumenmäßig der zweitgrößte Empfänger chinesischer Auslandsinvestitionen innerhalb der EU und führte die Liste einzelner Transaktionen an. Während Osteuropa einen leichten Zuwachs von zwei (2018) auf drei Prozent (2019) verzeichnete, sanken die Anteile Südeuropas und der Benelux-Länder auf unter zehn Prozent.

Bundeskanzlerin Angela Merkel besucht China zum zwölften Mal.

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https://merics.org/de/pressemitteilung/chinesische-direktinvestitionen-europa-2019-sinkende-investitionen-engere

2020

China hat 2020 Deutschland als Maschinenbau-Exportweltmeister abgelöst. Gleichzeitig ist China zum fünften Jahr in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. 2020 kam es bei 11 Unternehmen zu einer Übernahme durch Geldgeber aus China, der niedrigste Wert seit zehn Jahren insbesondere nur ein Viertel der 48 mehrheitlichen oder vollständigen Übernahmen im Jahr 2016. Zwischen 2011 und 2020 haben insgesamt 193 Investoren aus der Volksrepublik in 243 Fällen deutsche Unternehmen zu mindestens 50 Prozent (31 Fälle), mehr als 75 Prozent (39) oder komplett übernommen (173). Die 243 Übernahmefälle betrafen 238 deutsche Unternehmen, denn fünf dieser Unternehmen wurden in der untersuchten Dekade zunächst von einem chinesischen Investor gekauft, dann an einen zweiten weiterverkauft.

Gleichzeitig breitet sich 2020 in China die Corona-Epidemie aus. Am 27. Januar wird der erste Fall in Deutschland nachgewiesen.

2021

China ist im sechsten Jahr in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Der Warenimport erreicht den Wert von 142,4 Mrd EUR.

2022

Am 11. Oktober feiern Deutschland und China 50 Jahre diplomatische Beziehungen. Der chinesische Außenminister Wang Yi tauscht sich mit der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock per Videogespräch aus. Und sagt: Beide Nationen sollten sich auf den 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen vorbereiten, hochrangige Dialoge über Strategie, Sicherheit, Finanzen und Kultur fördern und den freundschaftlichen Austausch zwischen den Menschen, den Lokalregierungen und den Jugendlichen sowie in der Bildung und der Kultur verstärken, um das Fundament der Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu stärken.

Präsident Xi betont zum Jubiläum, die chinesisch-deutschen Beziehungen hätten in den vergangenen 50 Jahren eine gute Entwicklung auf hohem Niveau durchlaufen. Durch intensive Zusammenarbeit hätten beide Seiten gemeinsames Wachstum erzielen und gegenseitig an Reichtum gewinnen können, vor allem weil man sich gegenseitig respektiert und nach Win-win-Kooperation gestrebt habe. An dieser wertvollen Erfahrung und diesem wichtigem Grundsatz gelte es weiter festzuhalten. China stehe von Anfang an bereit für eine Fortentwicklung seiner Beziehungen zu Deutschland und wünsche sich aus vollem Herzen eine verstärkte Zusammenarbeit mit ihm. Zudem sei man weiterhin fest überzeugt, gemeinsam große und sinnvolle Dinge bewerkstelligen zu können.

Zum Jubiläum hat das Auswärtige Amt den in Deutschland lebenden chinesischen Designer Prof. He Jianping mit dem Entwurf eines Logos beauftragt.

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https://china.diplo.de/cn-de/vertretungen/gk-kanton/-/2511550

Am 13. Oktober 2022 organisieren das Konfuzius-Institut Bonn und die Bonner Akademie für die Lehre Praktischer Politik (BAPP) eine Veranstaltung zum Thema Partnerschaft und Wettbewerb – 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen China und Deutschland

von 18:00 – 19:30 Uhr im Bonner Universitätsforum
Redner sind WU Ken (Botschafter der Volksrepublik China), Rudolf Scharping (Bundesminister a.D.; Gründer RSBK Strategie Beratung Kommunikation), Prof. Dr. Doris Fischer (Vizepräsidentin der Universität Würzburg für Internationalisierung; Inhaberin des Lehrstuhls China Business and Economics), Stefan Baron(Journalist und Autor).

Peking stärkt verschuldeten Immobiliensektor kurz vor dem Parteitag

Urban Construction Landscape of Changchun City, China - Renmin S

Peking hat im Vorfeld des Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas, der am 16. Oktober beginnt und etwa eine Woche dauert, die Maßnahmen zur Unterstützung des verschuldeten Immobiliensektors des Landes verstärkt. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass der chinesische Präsident Xi Jinping auf dem Kongress, der zweimal pro Jahrzehnt stattfindet, eine noch nie dagewesene dritte Amtszeit anstrebt. Die Analysten werden den Kongress nach Hinweisen auf die künftige Führung Chinas und die politische Ausrichtung des Landes, einschließlich einer möglichen Lockerung der Nullzinspolitik der Regierung, absuchen.

Im Handel in Hongkong stiegen die chinesischen Immobilienaktien aufgrund von Berichten, wonach die Finanzaufsichtsbehörden des Festlands die größten staatlichen Banken angewiesen haben, dem angeschlagenen Immobiliensektor in den kommenden Monaten Nettofinanzierungen in Höhe von mindestens 600 Mrd. CNY (85 Mrd. USD) zur Verfügung zu stellen.

Chinas Devisenreserven sanken Ende September auf 3,029 Billionen USD, gegenüber 3,055 Billionen USD Ende August. Der Rückgang im September war der dritte Monat, in dem Chinas Devisenreserven, die größten der Welt, Verluste hinnehmen mussten, und brachte sie näher an die psychologisch wichtige Schwelle von 3 Billionen USD.

Nach Angaben des Institute of International Finance verkauften Investoren im September chinesische Anleihen im Wert von 1,4 Mrd. USD und Aktien im Wert von 700 Mio. USD als Reaktion auf die sich verschlechternden Aussichten des Landes, die durch Pekings Null-Toleranz-Politik gegenüber dem Coronavirus noch verstärkt wurden. China meldete die höchste Zahl von Neuinfektionen seit etwa einem Monat, was auf die Reisenden während der Feiertage zurückzuführen war und in mehreren Städten zu neuen Abriegelungen führte. Das chinesische Finanzministerium hat angekündigt, dass es am 12. Oktober in Hongkong weitere Staatsanleihen im Wert von 5,5 Mrd. CNY (773,18 Mio. USD) in Yuan begeben wird.

China Deutschland – Teil 1: 50 Jahre diplomatische Beziehungen – Ein Überblick

Am 11.Oktober 1972 unterzeichneten der damalige Außenminister der BR Deutschland Walter Scheel und sein chinesischer Kollege Ji Pengfei in Beijing das Protokoll zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen. Anlass genug, Ihnen einen Überblick über wichtige deutsch chinesische Ereignisse der 50 Jahre zu geben. Von Georg von Stein

Heute sind ca. 6000 deutsche Unternehmen in China tätig und schaffen insgesamt rund 1 Mio. Arbeitsplätze. Jedes Jahr studieren mehr als 40.000 chinesische Studierende in Deutschland. Im Amtsbezirk des Generalkonsulat Kanton sind rund 600 deutsche Unternehmen tätig. Im Süden befindet sich auch die größte deutsche Investition in China überhaupt: BASF baut in Zhanjiang für über 10 Mrd. USD eine hochmoderne Anlage zur Kunststoffproduktion. Hier nun die Meilensteine

1972

Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und Bundesrepublik Deutschland verbunden mit der Eröffnung einer deutschen Botschaft in Peking und einer chinesischen Botschaft in der damaligen Hauptstadt Bonn.

1973

Als erste beginnen zehn Studenten der VR China in Heidelberg zu studieren. Auf der anderen Seite werden in Peking erste Studienplätze für deutsche Sprachstudenten angeboten.

1974

Es kommt zur Vereinbarung der Zusammenarbeit zwischen der Max-Planck-Gesellschaft und der Chinesische Akademie der Wissenschaften. Außerdem erfolgt die Reise des CDU-Vorsitzende Helmut Kohl nach China. Dabei soll er sich mehrfach von seinen chinesischen Gastgebern bestätigen haben lassen, dass es nur eine deutsche Nation gebe.

1975

In Peking wird eine deutsche Industrie-Ausstellung unter dem Namen „Technogerma“ abgehalten. 130 deutschen Firmen ziehen 250.000 Besucher an. Zusammentreffen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Mao Ze Dong am 31.10.1975

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http://german.china.org.cn/txt/2015-11/11/content_37036415.htm

1977

Reise des Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) nach China für ein Treffen mit Chinas neuer Führung nach dem Tod Mao Ze Dongs. Eine chinesische Umweltschutz-Delegation besucht die Bundesrepublik Deutschland.

1978

Der chinesische Minister für Wissenschaft und Technologie, Fang Yi besucht Bonn. Als Ergebnis kommt ein Abkommen über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit zustande. Mit deutscher Technologiehilfe wird ein „Solardorf“ in der Nähe von Peking errichtet.

1979

Der Börsenverein des deutschen Buchhandels veranstaltet die bis dahin größte Buchmesse im Ausland mit 7.000 Titeln in Peking, Wuhan und Xi’an.

1980

Shenzen wird vom Wirtschaftsreformer Deng Xiaoping als erste Sonderwirtschaftszone des Landes auserkoren.

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https://www.chinadaily.com.cn/bizchina/2008-10/23/content_7155131.htm

1981

Unterzeichnung eines Abkommens zwischen der Nachrichtenagentur „Neues China“ und der „Deutsche Welle“ über einen Journalistenaustausch.

1982

2022 jährt sich erste deutsch-chinesische Städtepartnerschaft zwischen Duisburg und Wuhan. Sie kam durch Vermittlung der Duisburger Firma Mannesmann zustande. Mannesmann hatte in Wuhan ein Kaltwalzwerk miterrichtet.

1983

Am 11. April 1983 begann VW mit der Produktion des ersten Santana in China. Er soll den Geschmack chinesischer Kunden, vor allem bei staatlichen Stellen und Taxi-Unternehmen getroffen haben. Heute ist Volkswagen der größte Automobilhersteller in China allein die Produktion in Shanghai umfasst drei Werke, Entwicklung und ein Testgelände – auf einer Fläche von zusammen fast zehn Quadratkilometer.

1984

Im Oktober 1984 kommt es zum ersten Joint Venture in China. Die Shanghai Volkswagen Automotive Co., Ltd. wurde gegründet. Nachdem Deutschland bereits im Oktober 1982 ein Generalkonsulat in Shanghai eröffnet hatte, eröffnet China nun ein Generalkonsulat in Hamburg.

1985

Die Deutsche Lufthansa wird Chinas wichtigster Partner bei der Wartung von Verkehrsflugzeugen. Parallel kam es zur Auslieferung eines ersten Airbus A310 im Jahr 1985 an China Eastern Airlines.

1986

An der Tongji-Universität in Shanghai entsteht das Zentrum für deutsche Sprache.

1987

Bundeskanzler Helmut Kohl statt China im Juli einen Besuch ab und betont die Zusammenarbeit auf vielen Ebenen u.a. bei Wissenschaft und Technologie. Auf der Hannover-Messe ist China Partnerland.

Goethe-Institut
https://www.goethe.de/ins/cn/de/kul/sup/cmx.html

1988

In Peking eröffnet das Goethe-Institut.

1989

Es kommt zu einem Rückschlag in den Beziehungen zwischen China und Deutschland. Die Bundesregierung protestiert gegen den Armee-Einsatz auf dem auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking und beschließt wirtschaftliche Sanktionen.

1990

Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wird die chinesische Botschaft in Ost-Berlin zur Geschäftsstelle der chinesischen Botschaft in Bonn.

1991

Die Außenministerien der beiden Staaten nehmen ihre jährlichen Konsultationen wieder auf.

1992

Im Bundestag wird die Normalisierung der Beziehungen zu China beschlossen.

1993

Lieferverträge im Wert von 6,3 Mrd DM werden beim Besuch von Bundeskanzler Helmut Kohl in China abgeschlossen.

1994

Eberhard Diepgen, regierender Bürgermeister von Berlin, bekräftigt bei einem Besuch in China die Städtepartnerschaft Berlins mit Peking. Die Partnerschaft hatte zuvor bereits mit Ost-Berlin bestanden.

1995

Deutschland und China vereinbaren ein Abkommen dazu, Generalkonsulate in Guangzhou und München zu errichten.

1996

Der Kunstsammler Peter Ludwig schenkt China internationale Kunstwerke.

1997

Tod von Deng Xiaoping. Bundespräsident Roman Herzog und Bundeskanzler Helmut Kohl kondolieren.

1998

In Peking findet die Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft statt.

1999

Unter Anwesenheit von Bundeskanzler Gerhard Schröder wird die Deutsche Handelskammer in China eröffnet.

>> Hier gelangen Sie zum zweiten Teil „China Deutschland – Teil 2: 50 Jahre diplomatische Beziehungen – Ein Überblick„.

Chinas Immobilienmarkt: Die am häufigsten gestellten Fragen

China reguliert Immobilienmarkt
Quelle: Adobe Stock; © yashabaker

Die Abkühlung des chinesischen Immobilienmarkts hat das BIP-Wachstum Chinas unter Druck gesetzt.

Was ist die Ursache für den Rückgang der Immobilienpreise in China?

Im Zeitraum zwischen den Jahren 2010 und 2020 erlebte China einen boomenden Immobilienmarkt, wobei sich die Immobilienpreise in den 70 größten Städten um 60 Prozent verteuerten. Dies veranlasste einige Immobilienkäufer, sich über die Unerschwinglichkeit von Immobilien zu beschweren, und die Regierung befürchtete, dass sich eine Immobilienblase bilden könnte.

Infolgedessen verschärften einige Städte in China 2020 und 2021 die Beschränkungen für den Erwerb von Wohneigentum, um den Wohnungsmarkt zu beruhigen. Gleichzeitig wies die Regierung die Banken an, die Kreditvergabekriterien für Bauträger mit hohem Fremdkapitalanteil zu verschärfen. Die Kombination dieser Maßnahmen führte zu Liquiditätsproblemen bei einigen riskant operierenden Bauträgern, von denen einige die ausstehenden Schulden nicht mehr bedienen konnten. In den vergangenen zwölf Monaten war daher eine Preisabschwächung zu beobachten (siehe Abbildung 1 im PDF).

Was sind die Hauptrisiken des chinesischen Immobilienmarkts?

In Schwierigkeiten geratene Bauträger stoppten die Bautätigkeit bei einigen Projekten. Die Stimmung für den Sektor verschlechterte sich deutlich, was zu einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen führte. Potenzielle Käufer von Wohneigentum sind bezüglich der weiteren Preisentwicklung für Immobilien ebenfalls vorsichtig und zögern, Immobilien zu erwerben, was zu einer weiteren Verschlechterung des Sektors führen könnte. Diese Risiken könnten, sollten sie nicht unter Kontrolle gebracht werden, auf den gesamten Finanzsektor übergreifen (siehe Abbildung 2 im PDF).

Sind hohe Hypothekenrisiken zu erkennen?

Die Hypothekenvergabe in China erfolgt relativ konservativ. Erstkäufer müssen in der Regel eine Anzahlung von mindestens 20-30 Prozent leisten, während Zweitkäufer in der Regel eine Anzahlung von 40-70 Prozent des Immobilienwerts leisten müssen. Es gibt keine „Subprime“-Hypothekendarlehen. Infolgedessen sind die chinesischen Haushalte nicht übermäßig verschuldet, und das Haushaltseinkommen wächst. Dies bietet unseres Erachtens einen beträchtlichen Puffer für die Rückzahlung der ausstehenden Hypotheken.

Wie steht es um den Hypothekenboykott?

In China erwerben Immobilienkäufer häufig Neubauwohnungen nach den Plänen von Bauträgern und beginnen mit den Hypothekenzahlungen vor Fertigstellung der Projekte. Als einige in Schwierigkeiten geratene Bauträger den Bau bestimmter Projekte einstellten, kündigten Immobilienkäufer an, dass sie ihre Hypothekenzahlungen einstellen würden, bis die Bautätigkeit wieder aufgenommen wird.

Der Hypothekenboykott bezieht sich ausschließlich auf diejenigen Projekte, die gestoppt wurden. Es ist wichtig zu beachten, dass es sich nicht um Eigentümer handelt, die aufgrund finanzieller Probleme nicht in der Lage sind, ihre Hypotheken zu bedienen, wie wir es während der Finanzkrise im Jahr 2008 in den USA erlebt haben.

Laut S&P Global Research beläuft sich das Volumen der betroffenen Hypotheken auf 0,5-1,5 Prozent der gesamten Bankdarlehen.(1) Damit dürfte sich das Problem nach unserer Ansicht in einem überschaubaren Rahmen halten. Darüber hinaus sollten Immobilienkäufer die Hypotheken wieder bedienen, sobald die Bauarbeiten wieder aufgenommen werden. Die jüngsten politischen Maßnahmen haben sich darauf konzentriert, die Fertigstellung der gestoppten Projekte zu gewährleisten.

Welche Maßnahmen hat die Regierung zur Stützung des Immobilienmarkts ergriffen?

Die Regulierungsbehörden reduzierten die Hypothekenzinsen für Erstkäufer von Wohneigentum. Zudem lockerte zahlreiche Städte die Beschränkungen für den Erwerb von Wohneigentum, um dieses Marktsegment anzukurbeln. Im Juli versprachen die chinesischen Behörden, einen ersten Rettungsfonds in Höhe von 11,8 Mrd. USD (80 Mrd. Yuan) einzurichten, der nach Angaben von Reuters auf 300 Mrd. Yuan ausgeweitet werden könnte. Damit soll die Schuldenkrise gelöst und das Vertrauen in den Immobiliensektor wiederhergestellt werden. Chinesische Beamte erklärten im Juli, dass Banken und sonstige staatliche Stellen den angemessenen Finanzierungsbedarf von Immobilienentwicklern decken werden. Das Wohnungsbauministerium, das Ministerium für Stadt- und Landentwicklung, die Zentralbank sowie weitere Abteilungen werden die lokalen Regierungen dabei unterstützen, die Fertigstellung von Gebäuden zu gewährleisten, den Lebensunterhalt der Menschen zu schützen und für Stabilität zu sorgen.

Wie behandelt China Projekte von Entwicklern, die in Schwierigkeiten geraten sind?

In China gibt es schätzungsweise 97.000 Bauträger, und jährlich melden einige Hundert dieser Unternehmen Insolvenz an. In der Vergangenheit wurden die Projekte dieser in Schwierigkeiten geratenen Bauträger hauptsächlich durch Umstrukturierung oder Liquidation abgewickelt.

Die meisten dieser Projekte wurden durch Umstrukturierung gelöst, wobei die Regierung dabei behilflich war, stärkere Bauträger zu finden, die als Partner auftraten oder die betroffenen Projekte übernahmen. Im Falle einer Liquidation wurden die Vermögenswerte versteigert und die Erlöse zur Entschädigung der Immobilienkäufer sowie sonstiger Gläubiger verwendet. Wie zu erwarten, benötigen die oben genannten Maßnahmen Zeit zur Umsetzung und können sich über Monate oder sogar Jahre hinziehen.

Wie schätzen Sie die Auswirkungen des Immobilienabschwungs ein?

Angesichts der oben genannten Faktoren halten wir es für sehr unwahrscheinlich, dass die Abkühlung des Immobilienmarkts zu systematischen Risiken für das chinesische Finanzsystem führt. Allerdings dürften die Boomjahre des Immobiliensektors hinter uns liegen. Einige Experten erwarten, dass der jährliche Verkauf von Neubauwohnungen in den kommenden Jahren von 1,6 Mrd. Quadratmetern im Jahr 2021 auf 1-1,2 Mrd. Quadratmeter zurückgehen wird. Dies wird die Wachstumsrate des BIP abschwächen.

Die Belastung durch Hypothekenzahlungen hat bislang zu einem gewissen Grad andere diskretionäre Konsumausgaben verdrängt. Sollten die Hypothekenzahlungen zukünftig einen geringeren Teil des verfügbaren Einkommens der Verbraucher in Anspruch nehmen, könnte dies nach unserer Meinung zu höheren Ausgaben in anderen Bereichen führen.

(1) Quelle: https://www.spglobal.com/_assets/documents/ratings/zh/pdf/2022-07-26-china-s-mortgage-strike-puts-almost-rmb1-trillion-in-bank-loans-at-risk.pdf

3 Fragen an: Dr. Michael Drill (Lincoln International AG)

Dr. Michael Drill ist Vorstandsvorsitzender der Lincoln International AG mit Sitz in Frankfurt und strategischer sowie operativer Leiter des Geschäfts in der DACH- und Benelux-Region.

Von den ersten chinesischen Outbound-Investments über die Boomphase mit mehr als 100 Cross-Border-M&A Deals jährlich bis zu den aktuellen „Krisen“ rund um COVID, Reisebeschränkungen und geopolitischen Unsicherheiten ist viel passiert. Beschreiben Sie uns als China-Kenner mal die aktuelle Lage im Investmentgeschäft zwischen China und Deutschland!

Aufgrund der aktuellen makroökonomischen und politischen Rahmenbedingungen scheinen chinesisch-deutsche M&A-Vorhaben bei vielen deutschen Geschäftsleuten derzeit nicht en vogue zu sein. Einerseits zeigt die chinesische Wirtschaft – nicht zuletzt wegen der strickten Null-Covid-Politik deutliche Schwächezeichen. Das für 2022 ursprünglich angestrebte 5,5 Prozent Wirtschaftswachstum scheint aus heutiger Sicht nicht mehr realistisch. Und auf der anderen Seite zeigt sich, dass Transaktionen mit chinesischen Bietern nicht mehr einfach so von der Politik durchgewunken werden. Nach den gescheiterten Übernahmen des Werkzeugmaschinenherstellers Leitfeld in 2018 und der Funktechnikfirma IMST in 2020 hat das BMWi dieses Jahr die Übernahme des Beatmungsherstellers Heyer Medical durch den chinesischen Aeonmed-Konzern aufgrund von Sicherheitsbedenken gestoppt.

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Dr. Michael Drill ist seit 25 Jahren ist der in den Bereichen M&A, öffentliche Übernahmen, Fairness Opinion und Ausgliederungen aktiv. Zu seinen Kunden gehören Großkonzerne, mittelständische Familienunternehmen und Private-Equity-Gruppen.

Der Bezug zu China ist für Sie auch heute noch Kernkompetenz und Geschäftskonzept zugleich. Warum wird Beteiligungsgeschäft zwischen Deutschland und China bleiben, auch wenn die Beziehungen wieder sehr „politisch“ geworden sind?

Die Volksrepublik China ist für die deutsche Volkswirtschaft seit 2016 mit Abstand der wichtigster Handelspartner. Im Jahr 2021 wurden Waren im Wert von 245 Milliarden Euro zwischen Deutschland und China gehandelt, d.h. entweder importiert oder exportiert. Vor diesem Hintergrund erscheint es logisch und wichtig, dass dieser Warenstrom mit M&A-Transaktionen strukturell gefestigt wird. Während deutsche Großkonzerne in den vergangenen Jahren insgesamt einen nahezu dreistelligen Milliarden-Betrag in China insbesondere in Form von Greenfield-Operations investiert haben, dürften chinesische Konzerne bei Übernahmen in Deutschland erheblichen Nachholbedarf haben. Vor diesem Hintergrund erwarten wir auch künftig ein reges Interesse chinesischer Konzerne an Firmenübernahmen in Deutschland. Dieser Trend dürfte sich auch dadurch verstärken, dass die aktuellen Spannungen zwischen China und den USA den Fokus chinesischer Konzerne auf Europa – und hierbei insbesondere Deutschland – richten wird.

Das Modell des „German Mittelstand“ und auch unsere mittelständischen Unternehmer-Persönlichkeiten werden von den Menschen in China unglaublich geschätzt, dies auch im Vergleich zu Unternehmen aus den USA oder manchem europäischen Nachbarn. Hat sich hieran in den letzten Jahren etwas geändert, oder werden wir (nach Ende der Reisebeschränkungen) auch wieder in gleichem Maße mit offenen Armen empfangen werden?

Ich persönlich beobachte, dass chinesische Manager und Investoren nach wie vor nicht nur vom deutschen Ingenieurswesen, sondern ebenso von der deutschen Geschäftskultur sehr angetan sind. „Made in Germany“ dürfte auch künftig auf dem riesigen chinesischen Absatzmarkt ein entscheidender Wettbewerbsvorteil darstellen. Unsere aktuelle Deal-Pipeline sowie die zahlreichen Gespräche, die meine Kollegen und ich mit chinesischen Konzernen führen, belegen nach wie vor eine hohe Wertschätzung deutscher Firmen in China.