Marktpotenziale mit „Made in Germany“

Deutsche Produkte für China und die

Michael Wiehl/Rödl & Partner
Michael Wiehl, Leiter der internationalen Transaktionspraxis bei Rödl & Partner

Insgesamt war China laut EY-Studie 2013 nach den USA (92 Transaktionen) der zweitgrößte außereuropäische Investor in Deutschland. Immer mehr in den Hintergrund treten dabei Ängste, die Käufer würden lediglich Know-how absaugen und dann leere
Produktionslandschaften hinterlassen. „Die meisten Investoren wollen hier neue Kunden erschließen und nicht nur möglichst billig in
China produzieren“, ist Yi Sun überzeugt. Das gelte nicht zuletzt deshalb, weil das Label „Made in Germany“ im Reich der Mitte nach wie vor hoch angesehen ist. „Chinesische Unternehmen kaufen sich immer öfter in deutsche Firmen ein, um ihre Produktion am Standort Deutschland auf- und auszubauen und damit den chinesischen Markt zu beliefern“, sagt Michael Wiehl, Partner und Leiter der internationalen Transaktionspraxis bei Rödl & Partner. Die Größe der Kaufobjekte reiche vom kleinen Spezialmaschinenbauer mit 15 Mio. EUR Umsatz bis zu großen Automobilzulieferern mit mehreren hundert Mio. EUR Umsatz. „Meistens sind die Investoren an der Einheit von Produktion und Know-how der Mitarbeiter interessiert, auch weil sie im Ausland nach deutschem Muster Produktionsstätten errichten wollen“, sagt Wiehl.

Da die Investoren in der Mehrheit Staatsunternehmen sind, haben die zunehmenden M&A-Aktivitäten auch einen politischen Hintergrund. „Die chinesische Regierung hat in dem im Mai 2011 verabschiedeten Fünfjahresplan den Fokus auf qualitatives und nicht mehr rein quantitatives Wirtschaftswachstum gelegt“, erinnert Yi Sun. Dazu wiederum bedürfe es einer stärkeren technologischen Basis, die u.a. eben Akquisitionen im westlichen Ausland erforderlich mache. Neben dem Interesse an der Technologie europäischer Firmen fördert der Drang, internationaler zu werden, die Bereitschaft zu Zukäufen. „Chinesische Unternehmen suchen mit vertriebsstrategischen Investitionen und dem Kauf starker Marken den Zugang zu neuen Märkten“, sagt Moritz Freiherr Schenck, Partner bei KPMG im M&A-Bereich und China-Experte. Dahinter stehe auch das Ziel, Strukturen und Managementfähigkeiten für das Führen einer internationalen Organisation einzukaufen.

Hindernisse können überwunden werden

Moritz Freiherr von Schenck/KPMG
Moritz Freiherr Schenck, Partner bei KPMG im M&A-Bereich und China-Experte

Auch das Problem, dass chinesische Investoren mit der deutschen Verhandlungskultur nicht vertraut sind und deshalb im Bieterverfahren oft schon früh scheitern, scheint sich langsam zu lösen. „Die Investoren aus China stellen sich immer besser auf diese
Verfahren ein. Wenn wir Auktionsprozesse einleiten, unterstützen wir sie durch vorbereitende Gespräche und geben ihnen darüber hinaus einen gewissen zeitlichen Vorsprung, um eine Beziehung zu den Zielunternehmen aufzubauen“, sagt Schenck. Zeitliche Nachteile allerdings entstehen den chinesischen Interessenten immer wieder, wenn sie Kaufverträge nur unter dem Vorbehalt der Regierungsgenehmigung in ihrer Heimat unterzeichnen können. Ob und in welchem Umfang Genehmigungsverfahren erforderlich und wie transparent sie sind, ist von mehreren Kriterien abhängig. „Für private und staatliche Unternehmen gelten ebenso unterschiedliche Voraussetzungen wie für börsennotierte Gesellschaften und andere Organisationsformen“, erläutert der KPMG-Experte.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch