Planung auf den Punkt: Erfolgsfaktor Zeit bei Übernahmen

Das Thema ist auf Käufer- und Verkäuferseite bekannt: Die erfolgreiche Umsetzung von Transaktionen mit Beteiligung von chinesischen Käufern benötigt grundsätzlich mehr Zeit als Verkäufe an westliche Investoren. Eine frühzeitige und sorgfältige Planung erhöht die Chancen, den Zuschlag zu erhalten.

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Gerade in einem verkäuferfreundlichen Umfeld, insbesondere bei Bieterverfahren, wird der Faktor Zeit für chinesische Kaufinteressenten regelmäßig zum Stolperstein. Das muss aber nicht sein. Mit einer guten Prozess- und Zeitplanung können chinesische Käufer zeitliche Nachteile gering halten oder sogar ausschließen.

Zugriff auf Beraterexpertise

In der Praxis zeigt sich noch immer, dass chinesische Investoren eher später als früher anwaltliche und steuerliche Berater an Bord holen. Hierdurch wird häufig Zeit und Energie verschwendet, insbesondere wenn die Mandatierung der Berater über einen längeren Zeitraum kurz vor Ablauf einer Deadline verhandelt wird. Es ist daher zu empfehlen, spätestens mit der Entscheidung über den Einstieg in Verkaufsgespräche und -verhandlungen die erforderlichen Berater zu mandatieren. So ist sichergestellt, dass der Verkaufsprozess auf Käuferseite effektiv betrieben wird, insbesondere die übliche Due Diligence frühzeitig ohne Zeitverlust gegenüber anderen Kaufinteressenten betrieben und alle weiteren Schritte eingeleitet werden. Die Unterstützung durch Berater von Anfang an kostet in der Gesamtschau nicht mehr Geld, sichert aber einen professionellen und schnelleren Ablauf der Transaktion. Nebenbei stärkt es auch auf Verkäuferseite das Vertrauen in den Kaufinteressenten.

Investitionsprüfung in Deutschland

Die jüngsten Änderungen der Investitionsprüfung nach der Außenwirtschaftsverordnung bürden Investoren aus Nicht-EU- bzw. Nicht-EFTA-Staaten eine größere Last in Sachen Dauer des Verkaufsprozesses auf. Anders als in der Vergangenheit unterliegen Übernahmen von Unternehmen, die Betreiber einer kritischen Infrastruktur sind, der Meldepflicht. Es wird daher häufiger zu Investitionsprüfungen kommen. Aber auch die Dauer des Prüfverfahrens und der zeitliche Rahmen für das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), um „unkritische“ Transaktionen initiativ zu prüfen, wurden ausgedehnt. Es bleibt abzuwarten, ob die Transaktionssicherheit in der Praxis leidet, in jedem Fall ist bei der Ablaufplanung des Erwerbs die längere zulässige Bearbeitungszeit des BMWi zu berücksichtigen. Investoren ist daher zu empfehlen, eine freiwillige oder aufgrund einer Meldepflicht notwendige Prüfung möglichst frühzeitig einzuleiten. So lassen sich zeitliche Nachteile gering halten.

Neue Bestimmung in China

Am 1. März 2018 ist in China die neue Bestimmung zu Auslandsinvestitionen in Kraft getreten. Unter anderem haben sich der Zeitpunkt der Einholung der Genehmigung bzw. der Meldung sowie die Dauer des Genehmigungsverfahrens geändert. Auch wenn nunmehr die Meldebestätigung oder Genehmigung erst vor Vollzug des Investitionsvorhabens vorliegen muss (nicht mehr wie bis dahin bereits vor Vertragsschluss), sollte der Antrag frühzeitig gestellt werden. Insbesondere bei genehmigungspflichtigen Vorhaben können im Falle der Bewertung durch Dritte das Bewertungsverfahren und damit das Genehmigungsverfahren länger dauern als bisher. In der Praxis empfiehlt es sich, schon im Vorfeld des Vertragsabschlusses mit dem Verkäufer die Meldung bzw. den Antrag auf Genehmigung einzureichen.

Finanzierung

Die Klärung und Umsetzung der Finanzierung der geplanten Transaktion ist ebenfalls zeitintensiv. In der Praxis war in jüngerer Zeit zu sehen, dass Finanzierungen nicht nur in Form von Bankdarlehen erfolgt sind, sondern auch Co-Investoren Beteiligungskapital zur Verfügung gestellt haben. Die Themen Finanzierung und Finanzierungssicherheit sind für Käufer bzw. Verkäufer von größter Relevanz, sodass die konkrete Ausgestaltung der Finanzierung frühzeitig in Angriff genommen werden sollte.

Manpower und Entscheidungsträger

Nicht selten verlieren chinesische Investoren vermeidbar Zeit, wenn während der Verkaufsverhandlungen der geplanten Transaktion nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wichtig ist, dass ein Projektteam zur Verfügung steht, das mit ausreichender Zahl von Teammitgliedern sowie möglichst mit Entscheidungsträgern besetzt ist, die entweder selbst gleich Entscheidungen treffen dürfen oder zumindest den maßgeblichen Entscheidern auf Käuferseite unmittelbar und laufend berichten. Insbesondere während Vertragsverhandlungen sind diverse Entscheidungen u.a. über den Inhalt des Kaufvertrags zu treffen. Hier sollten Entscheidungen verbindlich und kurzfristig erfolgen, um die Dauer der Verhandlungen nicht unnötig in die Länge zu ziehen und das Vertrauen der Verkäuferseite nicht zu verspielen. Wenn diese Grundsätze berücksichtigt werden, kann ein Zeitverlust vermieden werden.

Fazit

In der Praxis sieht man, dass bestimmte Themen, die im Verkaufsprozess zu lösen sind, nur nacheinander, aber nicht zeitgleich angegangen werden. Hintergrund ist häufig, dass nur dann weitere Aufwendungen und Zeit investiert werden, wenn der jeweils vorangegangene Prüfungsschritt erfolgreich war. Zur Vermeidung von (Berater-)Kosten mag das vordergründig verständlich sein. Jedoch wird in solchen Fällen regelmäßig viel Zeit aufgrund einer – in der Gesamtschau der Investitionen – zu vernachlässigenden Kostengröße verloren. Es ist empfehlenswert, die erforderlichen Genehmigungen frühzeitig und parallel einzuholen und alle weiteren relevanten Punkte gleichzeitig zu verfolgen und zu klären. Bei einem geplanten Unternehmenskauf sollte zur Vermeidung von Zeitverlusten parallel an den Schwierigkeiten und den zu klärenden Fragen im Projektteam zusammen mit den Beratern gearbeitet werden.

Porträt Dr. Marco Zessel
Dr. Marco Zessel

Dr. Marco Zessel ist Rechtsanwalt und Partner bei GvW Graf von Westphalen. Als verantwortlicher Ansprechpartner der China Practice für das China Outbound-Geschäft berät er insbesondere chinesische Privatinvestoren bei M&A-Transaktionen, Joint Ventures und Gesellschaftsgründungen in Deutschland. Marco Zessel hat zahlreiche chinesisch-deutsche M&A-Projekte begleitet.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch