Weltweit wird intensiv an Alternativen für die umweltbelastenden Verbrennungsmotoren gearbeitet. Hydrogenious ist mit einer Technologie erfolgreich, mit der Wasserstoff einfacher gelagert und an Tankstellen ausgeliefert werden kann. Im Januar 2018 beteiligte sich Zhongshan Broad-Ocean Motor mit 10% an dem mittelfränkischen Start-up und vereinbarte gleichzeitig eine strategische Partnerschaft.
Die Kooperation ist Teil der dritten Finanzierungsrunde, bei der sich neben Zhongshan Broad-Ocean Motor auch der Rohstoffkonzern Anglo American Platinum für eine erneute Investition entschieden hat, um den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in China zu beschleunigen. Die von Hydrogenious entwickelte Speicherung von Wasserstoff mit flüssigen organischen Wasserstoffträgern (Liquid Organic Hydrogen Carrier, kurz LOHC) soll ab Anfang 2019 an chinesischen H2-Tankstellen zum Einsatz kommen. „Wir werden dort die erste LOHC-basierte Wasserstofftankstelle eröffnen sowie Ressourcen und umfangreiche Erfahrung von Broad-Ocean nutzen, um unsere Pläne für LOHC-basierte Wasserstoffinfrastrukturlösungen voranzutreiben“, kündigte Geschäftsführer Dr. Daniel Teichmann anlässlich der Kapitalrunde Anfang des Jahres an. Beiden Unternehmen geht es demnach vor allem darum, das chinesische H2-Tankstellennetz weiter auszubauen. Zudem sieht Hydrogenious für sich in der strategischen Partnerschaft eine ideale Kombination von Technologieführerschaft und Marktpräsenz.
Starker Player
Broad-Ocean Motors ist ein global agierendes Unternehmen und stellt elektrische Komponenten und Motoren (jährliche Produktionskapazität: über 60 Mio.) für zahlreiche Anwendungsbereiche her – von Fahrzeugantrieben bis zu Haushaltsgeräten. Außerdem betreiben die Kantonesen eine der größten Flotten an Elektroautos, Plug-in-Hybriden und neuerdings auch Brennstoffzellenfahrzeugen. Seit 2016 investiert das Technologieunternehmen gezielt in die Entwicklung von Brennstoffzellenmobilität. Dazu hat sich Broad-Ocean Motors an Ballard Power Systems beteiligt und arbeitet mit dem kanadischen Brennstoffzellenpionier zusammen. „Das Lizenzabkommen mit Ballard Power Systems vor zwei Jahren markierte den Startpunkt unserer wasserstoffbasierten Aktivitäten“, erläuterte Charles Lu, Gründer und CTO von Broad-Ocean, anlässlich seiner Investition in das deutsche Start-up. „Jetzt gehen wir zusammen mit Hydrogenious den nächsten Schritt.“
Infrastruktur im Aufbau
China setzt neben Plug-in-Hybriden und reinen batteriebetriebenen Fahrzeugen auch auf die Wasserstoffmobilität, um die Emissionen des Verkehrs deutlich zu reduzieren. Dabei stehen Busse, LKWs und andere Nutzfahrzeuge besonders im Fokus. „Trotz der schon hohen Zahl an Wasserstofffahrzeugen ist die benötigte Infrastruktur noch sehr unterentwickelt“, erläutert Teichmann. „Gerade für große Bus- und LKW-Depots werden aber Tankstellen mit sehr hoher Kapazität benötigt, wo sich die Vorteile von LOHC besonders zeigen.“ Deshalb ist in China das Interesse an dieser Technologie sehr groß, auch der Staat stuft sie als wichtig für die Zukunft ein.
Schub für Brennstoffzellenfahrzeuge
Aus ähnlichen Motiven investierte auch Anglo American Platinum im Januar erneut in das kleine Start-up aus Erlangen. „Wir glauben, dass die strategische Partnerschaft mit Broad-Ocean die Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen in China beschleunigen wird“, teilte Andrew Hinkly, CEO von AP Ventures, der Risikokapitalabteilung von Anglo American Platinium, damals mit. Der Konzern mit Sitz in Großbritannien hält auch einen Anteil an Ballard Power Systems und beteiligt sich an globalen Netzwerken und Online-Plattformen im Bereich Wasserstofftechnologien, darunter das Hydrogen Council.
Zukunftstechnologie
Hydrogenious Technologies setzt auf eine Technologie für Transport und Lagerung von H2, die Brennstoffzellen oder Wasserstoffmotoren als alternativen Antrieb für LKWs und Züge attraktiver machen kann. „Wasserstoff ist das Erdöl der Zukunft“, sagt Teichmann. Seine Firma hat eine Methode entwickelt, Wasserstoff chemisch an eine Flüssigkeit zu binden und dadurch Transport und Lagerung des Gases zu vereinfachen. Bisher ist für den Transport molekularen Wasserstoffs noch sehr viel Aufwand wie hoher Druck oder extrem niedrige Temperaturen notwendig. „Wir speichern den Wasserstoff in einem Öl auf Toluol-Basis“, erläutert Teichmann. Die neuentstandene Flüssigkeit ist ungiftig, schwer entflammbar und nicht explosiv. Diese Vorteile machen den Transport viel einfacher. „Heute kann ein spezieller Hochdruck-LKW gerade einmal 300 Kilogramm Wasserstoff laden“, sagt der promovierte Ingenieur. „Mit LOHC sind bis zu 1800 Kilogramm in einem normalen Tanklastwagen möglich und die Ladung ist kein Gefahrgut.“
Großer Bedarf an Tankstellen
Zu den wichtigsten Einsatzgebieten für die Technologie gehört die konventionelle Wasserstofflogistik, etwa an Tankstellen. Dort soll das Gas als LOHC sicher gespeichert und erst freigesetzt werden, wenn es die Fahrzeuge brauchen. „Unsere Technologie wird für den Durchbruch der emissionsfreien Mobilität benötigt, denn sie senkt die Kosten für den Aufbau einer wasserstoffbasierten Infrastruktur deutlich“, so Teichmann. Die Belieferung der „Zapfsäulen“ wird sich seiner Ansicht nach weltweit zu einem riesigen Markt entwickeln: Allein in Deutschland sollen bis 2023 über 400 Wasserstofftankstellen gebaut werden. Auch für Asien und die USA rechnet er damit, dass Brennstoffzellen künftig eine große Rolle spielen werden.
Reichweitenvorteile
Die ersten Brennstoffzellen-PKWs sind bereits serienreif, weitere sollen folgen. Bei einem Verbrauch von knapp einem Kilogramm H2 auf 100 Kilometer können die Autos mit einer Tankfüllung rund 600 Kilometer fahren. Der Tankvorgang dauert dabei gerade einmal zwei Minuten. „Für lange Reichweiten hat diese Technologie eine große Zukunft“, sagt Teichmann. Und noch mehr Vorteile soll sie Schiffen, LKWs oder Zügen bieten. Mehrere Anlagen haben die Erlanger bereits gebaut – zum größten Teil für Forschungszwecke. Die Firma ist eine Ausgründung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Bereits im Juli 2014 wurde Anglo American Platinum als Investor an Bord geholt. Heute arbeiten in dem mittelfränkischen Start-up 65 Mitarbeiter.
Ausblick
Mit seiner Speichertechnologie LOHC hat Hydrogenious eine Trumpfkarte in der Hand, die im Bereich Wasserstoffmobilität weltweit auf Interesse stößt. Die strategische Partnerschaft mit Broad-Ocean bietet die Chance, die Verbreitung von Brennstoffzellenfahrzeugen auf dem weltgrößten Automobilmarkt weiter zu beschleunigen.
Kurzprofile
Hydrogenious Technologies GmbH
Gründungsjahr: 2013
Branche: Wasserstoffspeicherung
Unternehmenssitz: Erlangen
Mitarbeiter: 65
Umsatz 2017: n.v.
Zhongshan Broad Ocean Motor Co., Ltd.
Gründungsjahr: 2000
Branche: Elektrogeräte, Motoren
Unternehmenssitz: Zhongshan, Provinz Guangdong
Mitarbeiter: 11.300
Marktkapitalisierung: 10,1 Mrd. RMB (1,3 Mrd. EUR)
Umsatz 2017: 8,6 Mrd. RMB (1,1 Mrd. EUR)
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