Erfolgsfaktor strategische Vorbereitung: Fusionskontrolle in China

Die chinesische Fusionskontrolle besitzt Besonderheiten, die zu massiven Verzögerungen von Unternehmenstransaktionen führen können. Sollte eine Anmeldung in China notwendig sein, ist eine strategische Vorbereitung unumgänglich.

Welches sind nun die praktischen Besonderheiten im Einzelnen?

Stellungnahmen von Dritten

Phase II eröffnet die SAMR meist wegen Bedenken gegen die Transaktion nicht. Oft kommt es zu Verzögerungen, weil sie regelmäßig Stellungnahmen von Dritten (Marktteilnehmern, chinesischen Branchenvereinigungen, chinesischen Behörden) einholt. Diese kooperieren oft nicht zeitnah. Branchenvereinigungen und Behörden sind meist hierarchisch aufgebaut. Allein die Genehmigung einer (eigentlich bereits fertigen) Stellungnahme kann daher dauern. Haben die Parteien die Möglichkeit, (über Kontakte etc.) Einfluss zu nehmen, kann dies sehr hilfreich sein. Feiertage, während derer die Behörde geschlossen ist (etwa wegen des Chinese New Year oder der Golden Week), sind bei der zeitlichen Planung zu beachten.

Hierarchie innerhalb der Behörde

Auch innerhalb der SAMR besteht eine Hierarchie. Der zuständige Bearbeiter bedarf für sein Votum zur Transaktion der Zustimmung seines Vorgesetzten und der anderen Divisionen. Erst dann kann eine Freigabe auf dem meist nur einmal wöchentlich stattfindenden Meeting der höheren Hierarchieebenen besprochen werden. Stimmen die Teilnehmer des Meetings einer Freigabe zu, muss diese noch vom SAMR-Leitungspersonal unterzeichnet werden. Auch dies kann Zeit kosten.

Andere Jurisdiktionen

Praktisch scheint es zudem manchmal auch so, dass die derzeit angespannten Beziehungen Chinas zu den USA zu einer kritischeren Prüfung des Zusammenschlusses bei Beteiligung von US-Unternehmen führen kann. Auch das muss dier strategische Vorbereitung auf die Fusionskontrolle in China beachten.
Verzögerungen können daneben auch durch parallel laufende Fusionskontrollverfahren in für die SAMR besonders wichtigen Jurisdiktionen wie etwa der EU bewirkt werden; sie wird häufig eine Entscheidung durch die Europäische Kommission abwarten, bevor das Verfahren in China beendet wird. Dabei kann die SAMR die Parteien auch um Zustimmung bitten, die EU-Kommission kontaktieren zu dürfen. Zieht sich das EU-Verfahren etwa wegen Verpflichtungszusagen in die Länge, wird dies wahrscheinlich Auswirkungen auf China haben. Die chinesische Behörde möchte damit sicherstellen, keinen relevanten Aspekt zu übersehen und ggf. Verpflichtungszusagen, die auf EU-Ebene mit dem Erwerber vereinbart wurden, auch für China zu fordern.

Gemeinschaftsunternehmen

Eine chinesische Besonderheit, bringt besonders viel Zeit (und Belastungen) mit sich. Die Annahme, dass der Partner im Gemeinschaftsunternehmen als voll anmeldepflichtiges Unternehmen betrachtet wird. Sogar dann, wenn die Transaktion den direkten Erwerb einer 50%igen Beteiligung an einem nicht am Markt tätigen Produktionsgemeinschaftsunternehmen umfasst. Nach EU-Fusionskontrolle wäre diese Konstellation nicht anmeldepflichtig. Damit haben die beteiligten Unternehmen möglicherweise die Pflicht, dafür „zu sorgen“, dass der an der Transaktion völlig unbeteiligte Joint-Venture-Partner, der die Transaktion möglicherweise sogar kritisch sieht, alle für eine Anmeldung erforderlichen Informationen (Kunden, Umsätze usw.) innerhalb der Fristen liefert. Ein objektiv eigentlich unmögliches Unterfangen, das ein großes Potenzial für diesen unbeteiligten Dritten bietet, möglichst viele Vorteile für die Mitwirkung zu erlangen. Denn anderenfalls droht eine Blockade der gesamten Transaktion.

Die SAMR wird die Anmeldung ohne Informationen des unbeteiligten Dritten sehr wahrscheinlich nicht als vollständig ansehen. Ein Vollzug der Transaktion wäre dann global ohne Verstoß gegen chinesisches Recht unmöglich. Auch werden die Marktanteile des JV-Partners zulasten der Transaktion gewertet. Hier sollte dringend auf eine Änderung der Praxis hingewirkt werden. Insbesondere wenn der Erwerber des JV-Anteils in dieser Situation am Markt des Gemeinschaftsunternehmens nicht tätig ist und sich somit an der Marktsituation nichts ändert, besteht hier eine völlig unangemessene Notlage der Parteien.

Fazit

Falls eine Fusionskontrolle in China im Rahmen einer Unternehmenstransaktion erforderlich ist, sollten sich die Transaktionspartner so früh wie möglich auf die strategische Vorbereitung der Fusionskontrolle in China konzentrieren. Dabei sollten insbesondere die beschriebenen Besonderheiten der chinesischen Fusionskontrolle und ihrer einzelnen Phasen im Fokus stehen und zeitlich bei der Planung Berücksichtigung finden.

Dieser Beitrag erschien auch in Printausgabe 02-2019 der Investment Plattform China/Deutschland und ist im EMagazine abrufbar.

Dr. Jan Dreyer
Dr. Jan Dreyer

Dr. Jan Dreyer verantwortet die deutsche Kartellrechtspraxis der internationalen Sozietät DLA Piper. Als Mitglied des China Desk berät er regelmäßig Transaktionen im Zusammenhang mit China. Zudem ist er in der Kartellverteidigung und in der Compliance umfassend tätig und hat eine umfangreiche regulatorische Expertise im Entsorgungsbereich.

Dr. Verena Pianka

Dr. Verena Pianka ist Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Kartellrecht und Mitglied des China Desk der internationalen Sozietät DLA Piper. Sie besitzt umfangreiche Erfahrungen mit den Kartellbehörden in Asien und berät insbesondere bei fusionskontrollrechtlichen Anmeldungen von In- und Outbound-Transaktionen mit China.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch