Über Gräben hinweg

Betrachtet man die Situation der befragten Unternehmen vor der Übernahme, belegt etwa die Hälfte von ihnen die These: Deutsche Unternehmen lassen sich nur dann von chinesischen Investoren übernehmen, wenn ihre finanzielle Lage ihnen keinen anderen Ausweg PwC Grafik M&A-China 1-14mehr lässt. Gleichzeitig würde die andere Hälfte der befragten Topmanager den Gedanken, zu diesem Schritt gezwungen gewesen zu sein, sicher weit von sich weisen. Elf von ihnen schätzten ihre finanzielle Lage bei Übernahme als „mittelprächtig“ oder sogar „eher gut“ ein. Die Unternehmen, gaben die Befragten zu Protokoll, hätten sich den Investor meist sogar aussuchen können. Viele der Manager dieser Unternehmen formulierten regelrecht Bedingungen für einen Zuschlag. Etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen suchte und fand in ihrem chinesischen Investor den „Retter“. Die andere Hälfte trieben andere Motive. Das Management betont in einigen Fällen, es habe starken Einfluss auf die Auswahl des Investors genommen. In diesen Fällen erscheint es so, als habe das deutsche Management seine Position sogar stärken können.

Einflussnahme des Investors auf das Tagesgeschäft

Die Investoren nehmen nur zu einem Drittel stärker Einfluss auf das, was in den übernommenen Unternehmen geschieht. Nach dem Grund für die überwiegende Zurückhaltung befragt, nennen die deutschen Teilnehmer mangelnde Erfahrung mit der komplexen Steuerung von Auslandsinvestitionen, aber auch Vertrauen in die Fähigkeiten des deutschen Managements. In den Fällen, in denen sich der Investor stärker einmischt, berichten die deutschen Unternehmensführer von häufigen Besuchen der Abgesandten des Investors, von Vor-Ort-Kontrollen und  Business-Reviews. Auffallend: Auf operativer Ebene (z.B. Vertrieb, Produktion) gibt es einen regen Austausch insbesondere von Technikern und Ingenieuren.

Die Integration des deutschen Zielunternehmens in den chinesischen Konzern ist, so stellte sich bei der Befragung der chinesischen PwC Grafik M&A-China 1-14Unternehmensvertreter heraus, neben der Suche nach einem geeigneten Übernahmekandidaten deren größte Sorge, mit 27% Nennungen rangiert dieser Aspekt noch vor den kulturellen Unterschieden, die zu etwa 15% als Herausforderung genannt wurden. Sprache und Kultur wiederum sehen die deutschen Manager als die größte Herausforderung – geringe Integration in den chinesischen Konzern wird in den Augen der Deutschen überwiegend als positiv angesehen.

Die eigentliche Arbeit beginnt nach Vertragsabschluss

In einigen Fällen lief der Prozess der Übernahme aus deutscher Sicht nicht optimal ab. Eine sorgfältige Prüfung des Zielunternehmens (Due Diligence) fand nicht immer statt. Daher ist der Schluss leicht nachzuvollziehen, wenn es heißt: „Die eigentliche Arbeit beginnt nach Vertragsabschluss.“ Bei diesem Aspekt der Übernahme findet allerdings anscheinend ein Umdenken statt, welches wir durch unsere eigenen Beobachtungen in M&A-Projekten bestätigen können: 72% der befragten chinesischen Unternehmensvertreter wollen sich künftig auf den Rat professioneller externer Berater verlassen. Als Herausforderungen in der täglichen Zusammenarbeit benannt werden von den Deutschen unter anderem: Irritationen im interkulturellen Umgang, das chinesisch-deutsche Qualitätsgefälle und der mangelnde Grad der Professionalität seitens der Chinesen.

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