„Unbedachtheit ist ein Schwachpunkt bei Auslandsinvestitionen“

Moderne Produktion: China ist stark an Automatisierungstechnologie interessiert. 现代化生产:中国对自动化技术非常感兴趣。Bildquelle: Fotolia; © Oliver Sved

Chinesische Investoren stehen beim Eintritt in fremde Märkte vor zahlreichen Herausforderungen. Was alles bei Outbound-M&A schiefgehen kann, weiß Guo Yufang aus 30 Jahren Erfahrung in Europa. Der Jurist kennt die Defizite bei Unternehmern und Beratern. Dennoch sieht er gerade für die deutsch-chinesische Zusammenarbeit spannende Perspektiven.

Unternehmedition: Auf dem diesjährigen Cross-Border Investment und M&A-Summit in Shanghai haben Sie sich sehr kritisch zum Verhalten chinesischer Unternehmen bei Übernahmen in Europa geäußert. Welche Schwächen sehen Sie hier konkret?

Guo Yufang: Die größte Schwäche chinesischer Investoren bei ihren grenzüberschreitenden Beteiligungen und Übernahmen ist ihr unbedachtes Vorgehen. Sie selbst wissen nicht viel von Europa. Aber weil diese Unternehmer in China bereits sehr erfolgreich sind, glauben sie, dass die Erfolgsrezepte aus ihrer Heimat in Europa einfach eins zu eins reproduzierbar wären. Nachdem Sie einmal hier in Europa sind, meinen sie, sie könnten hier schlichtweg alles selbst erledigen. In Wirklichkeit ist so eine Denkweise sehr gefährlich. Manche Unternehmer bringen Ihre Vorstandssekretärin und ihren stellvertretenden CEO mit, und nachdem sie den CEO des europäischen Unternehmens getroffen und mit ihm verhandelt haben, meinen sie, die Sache sei damit schon erledigt. Arbeitsschritte wie eine Unternehmensbewertung oder eine Due Diligence werden dann vernachlässigt. Auf diese Weise ist das Risiko bei solchen Transaktionen enorm hoch. Ein anderes Problem liegt darin, dass für M&A-Transaktionen in China bestimmte Genehmigungsverfahren notwendig sind. So müssen zum Beispiel die dazugehörigen Devisenaufwendungen genehmigt werden. Daraus ergeben sich gewisse zeitliche Verzögerungen. Um solche Verzögerungen zu vermeiden, investieren die chinesischen Unternehmen provisorisch in den europäischen Kapitalmarkt. Dabei fehlt es wiederum an Risikobewusstsein und sie vernachlässigen es, bei den Transaktionen auf Absicherung ihrer Rechte und Interessen zu achten. Dies führt zu vielen Fehlinvestitionen. Solche Fälle sieht man sehr häufig. Das blinde Selbstvertrauen aus den Erfolgen in der Heimat und die Unbedachtheit bei Investitionen im Ausland sind ein großer Schwachpunkt chinesischer Unternehmer.

Unternehmedition: Ist diese Problematik allgemein verbreitet oder beziehen Sie sich hier auf Einzelfälle?

Guo Yufang: Das ist allgemein so. Die erfolgreichen Fälle sind die Ausnahme.

Unternehmedition: Demnach wären chinesische Unternehmen mit Blick auf M&A noch nicht professionell genug. Sind sie denn nicht gewillt, spezialisierte Dienstleister zur Unterstützung heranzuziehen?

Doch, in der Regel nehmen chinesische Unternehmen solche Dienstleistungen in Anspruch. Noch dazu suchen sie sich gerne recht bekannte und große Investmentbanken aus. Sie meinen, dadurch sei Qualität garantiert. Aber hier gibt es ein Problem: Die Beziehung zwischen chinesischen Unternehmern und Beratungsfirmen ist an und für sich schon nicht normal. Denn sie stellen an ihre Dienstleister sehr strenge Anforderungen in Bezug auf die Kostenkontrolle. Und es kommt vor, dass chinesische Unternehmer der Ansicht sind, wenn schon die andere Seite Anwälte und Wirtschaftsprüfer dabei hat, weshalb sollte man dann selbst noch welche hinzuziehen? Dementsprechend ist die Beziehung zwischen chinesischen Unternehmen und ihren Dienstleistern bei einer M&A-Transaktion äußerst kompliziert und gestaltet sich extrem schwierig. Allein dieses Problem sorgt schon dafür, dass die Qualität der Services stark geschmälert wird. Außerdem mangelt es den europäischen Beratungsfirmen am richtigen Verständnis gegenüber chinesischen Unternehmern. Daher fehlt es ihren Beratungsleistungen für chinesische Klienten an Zielgenauigkeit.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch