Update: Lieferkettencompliance im Chinageschäft – Ombudsanwalt als Lösung?

Judge's gavel. Symbol for jurisdiction. Law concept a wooden judges gavel on table in a courtroom or law enforcement office on blue background. China flag background

>> Dieser Artikel ist eine Aktualisierung des ursprünglichen Artikels „Lieferkettencompliance im Chinageschäft – Ombudsanwalt als Lösung?“ von Burkardt & Partner Rechtsanwälte. Grund für die Aktualisierung ist die Veröffentlichung des UN-Berichts zur Menschenrechtslage in Xinjiang.

Am 31. August 2022, um 23:52 Uhr in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, hat das Büro von Michelle Bachelet, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, acht Minuten vor  Ende ihrer Amtszeit den seit über einem Jahr erwarteten Bericht über Chinas Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang veröffentlicht (,,Bericht‘‘).

Nach Bachelet’s Bericht seien schwere Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang im Zusammenhang mit der Anwendung von Strategien zur Bekämpfung von Terrorismus und ,,Extremismus‘‘ durch die chinesische Regierung begangen, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.

Der Bericht basiert u. A. auf und den Aussagen von vierzig Betroffenen, unter denen die meisten behaupteten, dass sie in verschiedenen Einrichtungen in Xinjiang interniert worden seien oder dort gearbeitet haben, und den enthüllten Regierungsdokumenten (,,China Cables‘‘, ,,Xinjiang Papers‘‘, ,,Karakax List‘‘, ,,Urumqi Police Database‘‘ und die ,,Xinjiang Police Files‘‘) , die die UN-Menschenrechtskommissarin als ,,sehr wahrscheinlich authentisch‘‘ bewertet hat.

Die UN-Menschenrechtskommissarin ist im Bericht aufgrund der vorliegenden Informationen zur Folgerung gekommen, dass „ein substantieller Anteil der uighurischen und anderen mehrheitlich muslimischen Bevölkerung“ in den sogenannten VETC (Vocational Education and Training Centres) und anderen Einrichtungen in Xinjiang interniert worden sei.

Die in dem Bericht erwähnten Menschenrechtsverletzungen stützen sich auf das innerstaatlichen ,,Anti-Terrorismus-Gesetzesystem‘‘, das aus der Perspektive der internationalen Menschenrechtsnormen und -standards höchst problematisch ist. Es enthalte vage, weit gefasste und unbestimmte Konzepte, die den Beamten einen großen Ermessensspielraum bei der Auslegung und Anwendung umfassender Ermittlungs-, Präventiv- und Zwangsbefugnisse lassen.

Dieser Rahmen habe in der Praxis zu umfangreichen willkürlichen Freiheitsberaubungen von muslimischen Minderheitsangehörigen geführt, zumindest zwischen 2017 und 2019, da nach dem ,,Anti-Terrorismus-Gesetzesystem‘‘, „jede Art von Gesetzesverstoß durch einen Muslim als mutmaßlich ,,extremistisch‘‘ bewertet werden könne, so der Bericht.

Selbst wenn das VETC-System seitdem in seinem Umfang reduziert oder abgewickelt worden sei, wie die chinesische Regierung behauptet, bleiben der Gesetzesrahmen und die ihm zugrundeliegende Strategien weiter in Kraft.

Bezüglich des regelmäßig erhobenen Vorwurfs der Zwangsarbeit führt der Bericht auf, dass es Hinweise darauf gebe, ,,dass Arbeits- und Beschäftigungsprogramme in ihrer Art oder Wirkung diskriminierend zu sein scheinen und Elemente von Zwang beinhalten‘‘.

Der Bericht erhöht damit erheblich den Handlungsdruck auf deutsche und andere europäische Unternehmen, die ihre Produkte direkt oder indirekt aus Westchina beziehen und führt zur Verstärkung der Annahme der sogenannten „substantiierten Kenntnis“ nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Infolgedessen sind deutsche Unternehmen zur Ergreifung erforderlicher anlassbezogenen Maßnahmen verpflichtet, wie z.B. zur Durchführung einer Risikoanalyse, Verankerung von angemessenen Präventionsmaßnahmen, Einführung eines Systems zur Minimierung von Menschenrechtsverletzungen oder ggf. Aussetzung der Geschäftsbeziehung.

Merken Sie sich schon einmal den 13. September, 2022 vor, denn dann soll die Gesetzesvorlage der EU-Kommission für ein Einfuhrverbot von Produkten aus Zwangsarbeit vorgestellt werden. Ein solches Gesetz könnte die erste Stufe einer europäisch-chinesischen Sanktions- und Anti-Sanktionsspirale darstellen, die möglicherweise bestehende Tendenzen zum Decoupling noch verstärken. Selbstverständlich halten wir Sie zu diesen und anderen relevanten Rechtsthemen mit China-Bezug auf dem Laufenden!

Nähere Informationen zu unserer Tätigkeit als Ombudsanwalt finden Sie auf der Seite von Burkardt und Partner Rechtsanwälte: Ihr Ombudsanwalt für China.

>> Dieser Artikel ist eine Aktualisierung des ursprünglichen Artikels „Lieferkettencompliance im Chinageschäft – Ombudsanwalt als Lösung?“ von Burkardt & Partner Rechtsanwälte. Grund für die Aktualisierung ist die Veröffentlichung des UN-Berichts zur Menschenrechtslage in Xinjiang.

Rainer Burkardt

Rainer Burkardt ist Gründer und ­Geschäftsführer der chinesischen Anwalts­kanzlei Burkardt & Partner in Shanghai, welche im kanzleimonitor ­unter die Top-5 der Rechtsanwaltskanzleien in China gewählt wurde. Seit 2009 ist Herr Rainer Burkardt Vertrauensanwalt des österreichischen Generalkonsulats in Shanghai und seit 2013 Schiedsrichter der Shanghai International Economic and Trade Arbitration Commission (SHIAC). Sein Fokus liegt auf der Beratung von deutschen, Schweizer und österreichischen Unternehmen bei deren Investitionen in China.