Der Karlsruher Pharma-Verpackungsspezialist Romaco hat einen neuen Besitzer. Die chinesische Truking-Gruppe erwarb 75,1% der stimmberechtigten Geschäftsanteile vom Verkäufer Deutsche Beteiligungs AG (DBAG). Mit dem neuen chinesischen Partner soll das Wachstum forciert werden. Dazu sind auch strategische Zukäufe geplant.
In den kommenden drei Jahren will der Private-Equity-Investor DBAG den Übergang an den neuen Eigentümer noch begleiten und dann seine restlichen Romaco-Anteile an Truking verkaufen. Der Gesamtpreis liegt bei 150 Mio. EUR – mehr als das Doppelte des Betrags von 61 Mio. EUR, den 2011 die DBAG an den US-Private-Equity-Fonds Robbins & Myers für den deutschen Spezialmaschinenbauer gezahlt hatte.
Bessere Chancen in Asien
Der Deal ist für den chinesischen Käufer der Startschuss seiner geplanten internationalen Expansion. Und für die Karlsruher wird es dadurch in einem riesigen neuen Markt leichter: „Romaco kann jetzt seine Chancen aus einer besseren Marktposition in Asien nutzen“, skizziert DBAG-Vorstand Rolf Scheffels die Vorteile der Transaktion. Sie muss allerdings noch vom Bundeswirtschaftsministerium genehmigt werden. Für die DBAG ist es bereits der zweite Deal mit einem chinesischen Investor innerhalb eines Jahres. Erst im Sommer 2016 hatte der Mittelstandsinvestor den Raumfahrtzulieferer Broetje-Automation an den chinesischen Mischkonzern Shanghai Electric verkauft, der auch an dem Reutlinger Maschinenbauer Manz beteiligt ist.
Weltweit führender Spezialanbieter
Romaco produziert Verpackungs- und Prozessanlagen für die Pharmaindustrie. „Wir sind in dem Bereich einer der weltweit führenden Spezialanbieter“, erläutert Romaco-CEO Paulo Alexandre. „Derzeit sind mehr als 12.000 unserer Maschinen in über 180 Ländern im Einsatz.“ Die DBAG hatte den Maschinenbauer im April 2011 im Rahmen eines Management Buy-outs erworben. Seitdem konnte Romaco seinen Umsatz vor allem durch Zukäufe deutlich steigern. Lag dieser vor sechs Jahren noch bei 80 Mio. EUR, erwirtschaftete der Maschinenbauer im Geschäftsjahr 2016 Verkaufserlöse in Höhe von 134,3 Mio. EUR. Auf den Verkauf von Neumaschinen entfielen 92,8 Mio. EUR, eine Steigerung von 10% gegenüber dem Vorjahr. Mit Romaco France wurde im August 2016 eine weitere lokale Vertriebsniederlassung eröffnet. Aktuell betreiben die Karlsruher fünf Sales-&-Service-Center in Brasilien, China, Frankreich, Russland und den USA. „Die Nähe zum Kunden zahlt sich aus“, so Alexandre. Mit einem Bestellwert von 143,7 Mio. EUR verzeichnete Romaco 2016 erneut ein zweistelliges Wachstum im Auftragseingang. Mittlerweile stehen bei dem Mittelständler 550 Mitarbeiter in Lohn und Brot.
Unterdurchschnittliche Wertsteigerung
Mit dem nun erzielten Exit hat die DBAG nach eigenen Angaben ihr ursprüngliches Eigenkapitalinvestment von gut 40 Mio. EUR (inklusive der noch abzugebenden 24,9%) mehr als verdoppelt. Wegen der langen Haltedauer von sechs Jahren reichte die erzielte Wertsteigerung allerdings nur für eine jährliche Rendite (Internal Rate of Return – IRR) von 12 bis 13%. Für Private-Equity-Verhältnisse ist das eher unterdurchschnittlich. Auch die DBAG schnitt mit anderen Investments schon deutlich besser ab: So brachte die nach China verkaufte Broetje-Automation eine Vervierfachung in vier Jahren – ein IRR von über 40%.
Produkte ergänzen sich gut
Die Profitabilität soll deshalb mit Hilfe von Truking Technology Limited verbessert werden. Das Unternehmen aus dem chinesischen Changsha erzielte 2016 einen Umsatz von umgerechnet 138 Mio. EUR. Die im Jahr 2000 gegründete Gesellschaft stellt ebenfalls Anlagen für Unternehmen aus dem Pharmasektor her und beschäftigt rund 2.600 Mitarbeiter. Die Produkte beider Unternehmen ergänzen sich gut: Während Truking vor allem Maschinen baut, die flüssige Medikamente verarbeiten, haben sich die Badener auf Maschinen zur Produktion und Verpackung von Tabletten spezialisiert. Zudem wollen die neuen chinesischen Eigentümer jetzt das weltweite Vertriebs- und Servicenetzwerk der Deutschen nutzen, um ihre globale Präsenz auszubauen. Bei seiner ersten großen Investition in Europa wurde Truking von der deutschen Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen beraten. Das Team war früh in die Kaufgespräche eingebunden, durch das Büro in Shanghai konnten auch komplexe kapitalmarktrechtliche Fragen geklärt werden.
Auslandsgeschäft immer wichtiger
Die Akquisition von Romaco steht in einem größeren strategischen Zusammenhang. Truking setzt auf Expansion und Internationalisierung. „2015 verkündeten wir unter der Bezeichnung ‚Strategie 2025‘ eine neue Betriebsplanung“, erläutert TANG Yue, Vorstandsvorsitzender und CEO von Truking Technology (siehe auch Interview auf den folgenden Seiten). „Bis zum Jahr 2025 wollen wir Verkaufserlöse in Höhe von mindestens 20 Mrd. RMB erzielen – nicht weniger als 10 Mrd. RMB sollen aus dem Geschäft außerhalb Chinas kommen.“ Truking hat sich das Ziel gesetzt, ein weltweit führender Pharmaausrüster zu werden. Das kann aber nur mit Übernahmen auf dem amerikanischen und europäischen Markt realisiert werden.
Wirtschaftsdelegation fädelte Deal ein
Aber auch der Zufall spielte bei der Transaktion eine Rolle. „Im Juni 2016 organisierte Hessen den Besuch einer Wirtschaftsdelegation in Hunan“, erzählt Tang. Eine Station der Reise war eine Visite bei Truking. Mitgereisten Vertretern von Anwaltskanzleien und Investmentbanken fiel auf, dass das Unternehmen ein passender Partner für Romaco sei, für den die DBAG gerade einen Käufer suchte. „Schnell wurden entsprechende Schritte eingeleitet“, erinnert sich Tang. Bis zum Abschluss dauerte es dann nicht mehr lange. „Vom ersten Kontakt zwischen den Unternehmen bis zur Unterzeichnung der Übernahmevereinbarung vergingen nur sechs Monate“, so Tang. Denn bei den Verhandlungen mussten keine großen Probleme gelöst werden. „Dies beruhte auf dem hochgradigen Matching der strategischen Bedürfnisse beider Seiten, der Kenntnis über die Stärken des jeweiligen Partners und dem daraus resultierenden hohen Vertrauen“, erläutert Tang.
Vertrauen in bisheriges Management
Da Truking mit der Performance seines Targets sehr zufrieden ist und auch öffentlich bei der Vertragsunterzeichnung Ende April in Frankfurt sein Vertrauen in das Management bekräftigt hat, bleibt CEO Paulo Alexandre weiterhin an Bord. Gleichzeitig will der chinesische Käufer seiner neuen Tochter beim Ausbau der Marktposition unter die Arme greifen. So sind Stärkung der Angebotspalette und weitere Zukäufe vorgesehen. „Außerdem wollen wir unsere Produktionsstandorte weiter ausbauen“, kündigt Alexandre an. Am Standort von Romaco in Bologna ist der Bau eines neuen Werks bereits in der ersten Planungsphase. Von zentraler Bedeutung ist natürlich der chinesische Markt, in den Romaco erst vor Kurzem eingestiegen ist. Deshalb will Truking vor allem im heiß umkämpften zweitgrößten Gesundheitsmarkt der Welt tatkräftige Unterstützung leisten. „Ende Juli ist das erste Kundenseminar am Truking-Hauptsitz in Changsha in der Provinz Hunan geplant“, erläutert Alexandre. „Dort soll auch ein neues Labor eingerichtet werden, um die Forschung und Entwicklung unserer Prozesstechnologie voranzutreiben.“
Ausblick
Mit dem Erwerb Romacos vollzieht Truking den ersten Schritt seiner angekündigten weltweiten Expansion. Der Merger soll nicht nur beiden Unternehmen helfen, ihre Maschinen technologisch zu verbessern und die Angebotspalette zu erweitern. Mit Trukings Hilfe will Romaco vor allem den riesigen chinesischen Markt aufrollen. Und die chinesischen Käufer setzen auf das weltweite Service- und Vertriebsnetz der Deutschen. Auf diese Weise können sie jetzt ihre Maschinen auf neuen Märkten im Ausland anbieten. Die Übernahme bietet daher das Potenzial einer klassischen Win-win-Situation für beide Partner.