Ausweitung der Investitionsprüfung – die Fälle Leifeld und 50Hertz

Die von der Bundesregierung angedrohte Untersagung der Übernahme des Maschinenbauers Leifeld Metal Spinning AG durch die chinesische Yantai Taihai Group im August 2018 führte zum ersten Mal zum Scheitern einer geplanten Transaktion aufgrund des Außenwirtschaftsrechts. Nur wenige Tage zuvor hatte die Bundesregierung den Erwerb einer 20%-Beteiligung an der 50Hertz GmbH durch die State Grid Corporation of China mit der Vornahme eines Zuweisungsgeschäfts an die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau verhindert.

Quelle: AdobeStock © TTstudio

Bereits im Sommer 2017 wurde die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) novelliert. Durch Ausweitung des Anwendungsbereichs und die Verlängerung der Prüfungsfristen wurde die Bundesregierung ermächtigt, die Übernahme deutscher Unternehmen durch Ausländer stärker unter Kontrolle zu nehmen. Seit der Novellierung hat die Zahl der Prüfungsverfahren deutlich zugenommen. Die beiden jüngsten historischen Fälle weisen auf den Bedeutungszuwachs der Investitionskontrolle bei M&A-Transaktionen hin. Die AWV unterscheidet dabei zwei Bereiche: Die sektorübergreifende Prüfung gilt unabhängig von der Branche des zum Erwerb stehenden Unternehmens, greift aber nur dann, wenn Unionsfremde als Erwerber auftreten oder eine Umgehung der Vorschriften durch entsprechende Ausgestaltung der Erwerberkonstellation vorliegt. Demgegenüber gilt die sektorspezifische Prüfung für alle Ausländer, wenn das Unternehmen Produkte aus dem in der Außenwirtschaftsverordnung genannten militärischen Bereich sowie solche mit IT-Sicherheitsfunktion entwickelt oder herstellt.

Sektorübergreifende Investitionsprüfungen

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) darf bei einem Erwerb eines deutschen Unternehmens unabhängig von der Größe im Wege des Asset Deals oder eines Beteiligungserwerbs von mindestens 25% durch Nicht-EU-Investoren prüfen, inwieweit die Transaktion die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Hierzu wurde ein Katalog von Regelbeispielen in die AWV eingeführt. Dieser umfasst insbesondere:

  • Betreiber einer kritischen Infrastruktur in den Sektoren Energie, Wasser, Ernährung, Informationstechnik und Telekommunikation, Gesundheit, Finanz- und Versicherungswesen sowie Transport und Verkehr;
  • Softwareunternehmen, soweit Software für kritische Infrastrukturen im oben genannten Sinne betroffen ist;
  • Unternehmen, die im Bereich der Telekommunikationsüberwachung tätig sind;
  • Anbieter von Cloud-Computing-Diensten, soweit die hierfür genutzte Infrastruktur eine bestimmte Größe aufweist;
  • Schlüsselunternehmen der Telematikinfrastruktur (digitales Kommunikationsnetz im Gesundheitswesen).

Das BMWi entscheidet im Einzelfall, ob der Erwerb tatsächlich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet. So hat z.B. Yantai Taihai zu Beginn dieses Jahres einen deutschen Hersteller von Hüllrohren für die Nuklearindustrie, die Duisburg Tubes Production AG, ohne politische Hürden erworben. Im Fall Leifelds kündigte das BMWi jedoch eine Untersagung an – Leifeld stellt Maschinen für die Umformung hochfester Materialien wie Titanstahl her, die nicht nur in der Luft- und Raumfahrtindustrie verwendet werden, sondern auch im militärischen Nuklearbereich zum Einsatz kommen können.

Meldepflicht und Prüfungsfrist

In den Fällen der Regelbeispiele müssen ausländische Investoren gemäß § 55 Abs. 4 AWV den Abschluss der Transaktion (Signing) über den Erwerb oder eine Beteiligung dem BMWi schriftlich melden. Eine Transaktion kann noch bis zu fünf Jahre nach Abschluss des Rechtsgeschäfts untersucht werden, was das Risiko einer unterlassenen Meldung erheblich erhöht. Wird ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet, so kann innerhalb von vier Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen eine Untersagung erlassen werden. Diese Frist wird gehemmt, wenn das BMWi mit den am Erwerb Beteiligten Verhandlungen über Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führt. Dies kann praktisch zu einer deutlichen Verlängerung des Verfahrens führen.

Derartige Verfahren führen in der Praxis häufig aber auch dazu, dass Bedenken der Behörden ausgeräumt werden oder durch mögliche Bedingungen bzw. Ausgestaltungsvarianten ein Erwerb für möglich erachtet wird. Häufig lässt sich im Rahmen einer Due Diligence nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass ein zu erwerbendes Unternehmen der sektorübergreifenden Prüfung unterliegt. In diesen Fällen empfiehlt sich die Stellung eines Antrags auf Ausstellung einer sogenannten Unbedenklichkeitsbescheinigung. Eine solche kann grundsätzlich innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung durch das BMWi ausgestellt werden, um Rechtssicherheit für alle beteiligten Unternehmen zu schaffen.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch