China führt Konjunkturerholung an

China führt Konjunkturerholung an
Bild: Adobe Stock; © Think b

Für diesen Beitrag möchte ich Sie einladen, sich die Weltwirtschaft als Zug vorzustellen. Wenn wir uns dann die aktuellen Zahlen ansehen, wird klar, dass es sich wohl um einen Orient-Express handelt. Denn zurzeit ist China klar die Lokomotive dieses Zuges und macht die weltweite Konjunkturerholung erst möglich.

China hat Ende letzter Woche eine ersten Schätzung zum Wachstum seines BIP im ersten Quartal 2021 veröffentlicht. Damit bekräftigt das Land seinen Status als Lokomotive des weltweiten Wachstums. Demnach wuchs das BIP der Volksrepublik um 18,3 %. Eine Zahl, die allerdings durch einen günstigen Basiseffekt gestützt wird. Immerhin bezieht sich der Vergleich auf das erste Quartal 2020. Also genau den Zeitraum, in dem die chinesische Wirtschaft im Zuge der Bekämpfung der im Reich der Mitte entstandenen COVID-19-Pandemie jäh abstürzte. Doch in China begann die Konjunkturerholung unmittelbar nach diesem Einbruch. So konnte das Land bereits im letzten Quartal 2020, und damit lange vor den anderen Volkswirtschaften, beim BIP wieder Vorkrisenniveau erreichen.

USA auf dem Weg zum Vorkrisen-BIP

Hinter dieser Zugmaschine kommt als erstes der US-Waggon. Schließlich sind die USA auf dem besten Weg ihr Vorkrisen-BIP im Laufe des ersten Halbjahres 2021 wieder zu erreichen. Darauf weisen zumindest die jüngsten Konjunkturdaten und Geschäftsklimaumfragen aus den Staaten hin. Die für März gemeldeten Einzelhandelsumsätze veranschaulichen dies gut. Sie stiegen im Monatsverlauf deutlich stärker als erwartet um fast 10 %. Damit haben sie einen der höchsten Werte seit Bestehen dieser Statistik erreicht. Höher war das Niveau zuletzt nur im Mai 2020 als die USA das Ende der ersten Infektionswelle erreicht hatten. Wir sehen also, dass der US-Konsum mittlerweile seinen Weg aus der Krise gefunden hat. Nicht zuletzt mithilfe der Hilfsschecks für Privathaushalte, die von der Biden-Regierung beschlossen worden waren.

Schlusslicht Eurozone

Hinter dem Gespann China/USA müht sich die Eurozone mit der Umsetzung ihres Aufbaufonds. Sie ist weiterhin durch die Beschränkungen der dritten Welle gelähmt und der Fonds liegt bis zum Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe erst einmal auf Eis. Deutschland, früher selbst eine Lokomotive – vielleicht nicht für die Welt, aber immerhin die Eurozone – kommt nur schwer in Fahrt und steht somit symbolhaft für den Rückstand des Alten Kontinents. Dementsprechend haben die fünf wichtigsten Wirtschaftsinstitute Deutschlands jüngst ihre Wachstumserwartungen für 2021 um einen Punkt nach unten korrigiert. Damit liegt die Schätzung nun nur noch bei 3,7 % gegenüber -4,9 % im Jahr 2020. Das BIP wird sein Vorkrisenniveau daher vermutlich nicht vor 2022 wieder erreichen können.

Unternehmensumsätze: Starkes Wachstum in den USA und China

In der beginnenden Berichtssaison scheinen die Meldungen der Unternehmen die gesamtwirtschaftliche Lage perfekt widerzuspiegeln. Allein schon die Umsatzzahlen von LVMH, dem Aushängeschild des französischen Luxusgütersektors, sprechen für sich: Im ersten Quartal stieg der Umsatz in Asien (ohne Japan) gegenüber 2020 um 86 % und in den USA um 23 %. Ganz anders in Europa: hier ging er um 9 % zurück.

Anleger, die auf den Zug der Konjunkturerholung aufspringen möchten, könnten sich daher veranlasst sehen, in China und Asien ihr Glück zu versuchen – sprich bei Unternehmen, die dort ansässig sind, oder bei europäischen Unternehmen, die dort einen wesentlichen Teil ihres Geschäfts abwickeln. Denn sonst laufen Anleger Gefahr, den Orientexpress zu verpassen.

 

Olivier de Berranger

Olivier de Berranger ist CIO und stellvertretender CEO bei LFDE. Die französische Fondsgesellschaft verfolgt seit ihrer Gründung 1991 einen aktiven Investmentansatz mit Fokus auf europäische und internationale börsennotierte Unternehmen. Das Unternehmen gehört zu den ersten Unterzeichnern der UN-Prinzipien für verantwortungsbewusste Investitionen in Frankreich und hat sich verpflichtet, aktiv am Aufbau einer Finanzwirtschaft mit positivem Impact mitzuwirken.