China – Markt der Möglichkeiten

Warum das Riesenreich weiterhin ein attraktives Expansionsziel für deutsche Unternehmen darstellt

China – Markt der Möglichkeiten
Quelle: Adobe Stock; © Blue Planet Studio

China bestärkt seine Bemühungen, die aufstrebende Stellung im globalen Handel weiter auszubauen. Die weltweite Expansion hat dabei in letzter Zeit nochmals bedeutend an Fahrt aufgenommen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Wirtschaft, vor allem hinsichtlich lokaler Regulierungen und einem erst kürzlich aktualisierten Gesetz über ausländische Direktinvestitionen, bietet der Markt in China nach wie vor eine Vielzahl an Möglichkeiten. Vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen, die qualitativ hochwertige Produkten herstellen, lässt sich für die Zukunft noch viel Potential in der Marktdurchdringung ausmachen. Firmen, die expandieren wollen, müssen neben der lokalen Geschäftskultur jedoch auch die geltenden Regularien und Verordnungen verstehen und anwenden können.

Das erst kürzlich verabschiedete Investitionsabkommen CAI zwischen der EU und China, das in EU-Kreisen als „das ehrgeizigste Abkommen, das China je mit einem Drittland geschlossen hat“, bezeichnet wird und 35 Verhandlungsrunden zwischen Delegationen beider Seiten umfasst, erhöht die Attraktivität des Investitionsstandorts China nochmals zusätzlich. Es ist der bisher umfassendste Versuch der Europäischen Union, das wirtschaftliche Verhältnis mit der aufstrebenden, zweitgrößten Volkswirtschaft auf eine neue Ebene zu stellen.

Besonders interessant ist, dass immer weniger Branchen noch auf Joint Ventures zur Erschließung des chinesischen Marktes angewiesen sind. Dies liegt darin begründet, dass China zu einer so genannten Negativliste übergegangen ist, die von Jahr zu Jahr weniger Ausschlüsse bestimmter Geschäftsaktivitäten beinhaltet. Nicht von ungefähr schließt das neue Investitionsabkommen indirekt mehr als die Hälfte der gesamten EU-Investitionen mit ein, da diese stark auf das verarbeitende Gewerbe ausgerichtet sind. Die Klauseln des Abkommens werden sich daher langfristig speziell bei der Liberalisierung der Produktion von Elektroautos, Chemikalien, Telekommunikation und Gesundheitsausrüstung bemerkbar machen. Auch wenn der Gesetzestext formell noch nicht ratifiziert ist, wird erwartet, dass dieser bis spätestens Ende des Jahres offiziell in Kraft tritt.

China: Markt der Mittelschicht

Ein weiterer Faktor, der für die hohe Attraktivität des Standortes China spricht, ist die stark wachsende Mittelschicht. Es wird erwartet, dass bis zum Jahr 2030 insgesamt 70% der chinesischen Bevölkerung der Mittelklasse angehören. Chinesisch Verbraucher sehnen sich nach qualitativ hochwertigen Produkten und sind mittlerweile bereit und auch dazu in der Lage, dafür einen entsprechenden Aufpreis zu bezahlen. Im Vordergrund steht dabei mehr und mehr das Einkaufserlebnis, welches im Zusammenschluss mit der Entwicklung digitaler Formate herausragende Möglichkeiten bietet, um die aufstrebende Bevölkerungsschicht direkt und ohne Umwege anzusprechen. Dieses Umfeld erschließt große Möglichkeiten, vor allem für den deutschen Mittelstand, der mit seinen Marken und qualitativ hochwertigen Produkten nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal im chinesischen Markt besitzt.

Fokus auf drei Unternehmenstypen

Die lokale Bürokratie ist eine der größten Sorgen ausländischer Investoren, die sich für den Markt in China interessieren. Vor allem Prozesse und Genehmigungen im Zusammenhang mit Lizenzen aller Art sehen sie noch immer als sehr mühsam an. Aus diesem Grund ist es von absoluter Priorität, den Geschäftsumfang der Unternehmung von Anfang an klar zu definieren. Eine der wichtigsten Formalitäten, um Geschäfte in China zu machen, ist die Wahl des richtigen Unternehmenstyps. Die Unternehmensgründung/-registrierung/-inkorporation in China für ausländische Unternehmen ist in der Regel über drei Hauptunternehmenstypen möglich. Dabei handelt es sich um die so genannten Wholly Foreign-Owned Enterprises (WFOEs), Joint Ventures (JVs) und Repräsentanzbüros (ROs). Jede Geschäftsform hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Die richtige Wahl hängt von den Zielen und der Strategie Ihrer Unternehmung ab.

Überschaubare Mindestkapitalanforderungen

Hat man sich für die präferierte Geschäftsform entschieden, gilt es die Unternehmung mit Startkapital zu versorgen. Je nach Branche empfehlen sich unterschiedliche Investitionssummen. Mit der Aktualisierung des Gesellschaftsrechts im Jahr 2014 wurden Mindestkapitalanforderungen abgeschafft. Seither muss keine festgelegte Mindestsumme für die Einrichtung einer WFOE-Unternehmung mehr hinterlegt werden. Dies gilt jedoch nur dann, sofern die Unternehmungen nicht innerhalb einer der regulierten Branchen (z.B. Wertpapierhandel, Versicherungen, Banken) abgewickelt werden. Obwohl jüngst eine Liberalisierung erfolgt ist, wird empfohlen, sich an die gängigen Investitionssummen von Unternehmen in gleichen Branchen zu orientieren. WFOEs sind Geschäftsvehikel, die sich vollständig im Besitz ausländischer (d. h. nicht chinesischer) natürlicher juristischer Personen befinden. Sie stellen den praktikabelsten Weg für ausländische Investoren dar, vor allem dann, wenn Umsätze und Gewinnmitnahmen direkt und ohne lokale Partner auf Beteiligungsebene abgewickelt werden sollen.

WFOE-Form Empfohlene Kapitalsumme (in RMB/USD)
Produktions-WFOE 600,000+ (USD 90,000+)
Handels-WFOE 300,000+ (USD 75,000-140,000)
Beratungs-WFOE 100,000~300,000 (USD 15,000-50,000)
F&B / Hospitality-WFOE 500,000~1 Million (USD 75,000-140,000)
Hi-Tech-WFOE (AI, Software) 100,000~300,000 (USD 15,000-50,000)

Regionale Schwerpunkte beachten

Gerade wenn man die Expansion nach China alleine und ohne lokalen Partner angeht, ist es wichtig zu verstehen, dass je nach Jurisdiktion unterschiedliche Vorzüge und Bedingungen für Unternehmen gelten. Shanghai ist bekannt für Investitionen in den Branchen Finanzen, Automobil, Chemie und Logistik, während sich Shenzhen als Hi-Tech-Zentrum für Smartphones, IT-Ausrüstung, Haushaltsgeräte, Robotik und Drohnen herauskristallisiert hat. Weitere Faktoren, die bei der Suche nach dem richtigen Standort zu berücksichtigen sind, können staatliche Vorschriften, insbesondere in Bezug auf Umweltauswirkungen, Infrastruktur und Handelsrouten sein. Chinas Küstenprovinzen mit ihren großen Städten wie Schanghai, Suzhou, Guangzhou, Peking, Shenzhen oder Hangzhou nehmen daher eine gesonderte Rolle ein. Dies liegt darin begründet, dass Behörden und Dienstleister in diesen Regionen historisch bedingt bereits sehr gut mit den Anliegen ausländischer Investoren vertraut sind. Des Weiteren sind diese Metropolregionen bereits sehr gut an das globale Infrastrukturnetz angeschlossen, was im globalen Handel Standortvorteile schafft.

Anhängigkeit von Joint-Ventures rückläufig

Immer weniger Branchen sind noch auf Joint Ventures angewiesen, um den Markt in China zu erschließen. Dies liegt darin begründet, dass die Volksrepublik zu einer sogenannten Negativliste übergegangen ist, die von Jahr zu Jahr weniger Ausschlüsse bestimmter Geschäftsaktivitäten beinhaltet. Dennoch sind Joint Ventures in der Regel die beliebteste Option bei Unternehmungen, die sich aufgrund ihres komplexeren Tätigkeitsprofils, als Einzelunternehmung generell mehr Widerständen und Regularien ausgesetzt sehen würden.

Als weitere Möglichkeit kann zudem noch das Repräsentanzbüro aufgeführt werden. Es verfolgt in der Regel Aktivitäten wie Marktforschung, Öffentlichkeitsarbeit oder bietet eine erste Anlaufstelle zum gegenseitigen Austausch mit Partnern. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass das Repräsentanzbüro keine unabhängige juristische Person ist. Daher kann es sich nicht an einer direkten kommerziellen Tätigkeit, die Einnahmen oder Gewinne generiert, beteiligen. Des Weiteren kann es nur von ausländischen Unternehmen, die seit mindestens zwei Jahren bestehen, in der betreffenden Gerichtsbarkeit gegründet werden.

Unternehmensform Komplexität Dauer der Einrichtung Struktur
WFOE Mittel 2–5 Monate (je nach Geschäftsumfang) 100% ausländische Investitionen
Joint Venture Hoch 5+ Monate Partnerschaft
Repräsentanzbüro Gering Einige Wochen Kein tatsächliches & direktes „Geschäft“

Professionelle Beratung empfehlenswert

Der Markt in China stellt sowohl eine herausfordernde als auch eine sehr vielversprechende Perspektive für ausländische Geschäftsinhaber und Investoren dar. Kulturelle Unterschiede und komplexe regulatorische Anforderungen erschweren es, ein Gefühl dafür zu bekommen, wo man anfangen soll und wem man vertrauen kann. Trotz sich ständig wandelnder Markbedingungen ist die Tendenz der aktuellen Entwicklungen als positiv anzusehen. Deutsche Unternehmungen sollten davon langfristig profitieren. Egal welche Ziele man verfolgt, es ist wichtig, dass man mit Partnern zusammenarbeitet, die bereits auf langjährige Erfahrung im  Land zurückgreifen können.

Sebastian Hoffmann
Senior Sales & Business Development Associate at Hawksford

Sebastian Hoffmann leitet den Hawksford German Desk in China. Das Unternehmen berät seit 2009 ­Unternehmer, KMU und multi­natio­nale Unternehmen bei ihren geschäftlichen Bestrebungen in der Volksrepublik China und verfügt über langjährige Branchenerfahrung u.a. in den ­Bereichen Technologie, Maschinenbau, Einzelhandel, Baugewerbe, chemisch-pharmazeutische Industrie, Elektrotechnik, Metallerzeugung sowie Kunststoff- und Papierindustrie.