Chinesische Firmen sichern deutsche Arbeitsplätze

Dieses Interesse ist nicht einseitig. Durch die globale Finanzmarktkrise sind viele mittelständische Unternehmen in Deutschland in eine Schieflage geraten. „Wenn Bankkredite nur schwierig zu bekommen sind und die Alternative ein US-amerikanischer Hedgefonds wäre, wird oft eine Beteiligung durch einen chinesischen Investor gewählt“, erläutert Dr. Margot Schüller vom GIGA Institut für Asien-Studien. „Meistens handelt es sich dabei um einen langjährigen Kunden, der das Unternehmen kennt und keine Ambitionen hat, sich am Management zu beteiligen.“

Beteiligungen sollen Wertschöpfung verbessern

Auch bei einer Übernahme wird ein Investor vorgezogen, der am Fortbestand des Unternehmens interessiert ist und Arbeitsplatz-Garantien für die Beschäftigten bietet. „In der Vergangenheit haben Chinesen oft insolvente oder insolvenzbedrohte deutsche Firmen übernommen und den Arbeitnehmern in vielen Fällen bedrohte Jobs erhalten“, sagt Cora Francisca Jungbluth, Project Manager Programme Germany and Asia, bei der Bertelsmann Stiftung (siehe Interview). Viele neue Jobs entstehen außerdem durch chinesische Unternehmen, die sich nicht an deutschen Gesellschaften beteiligen, sondern eigene Tochterfirmen gegründet haben. Ein Beispiel hierfür ist der Telekommunikations-Zulieferer Huawei, der an deutschen Standorten über 1.600 Mitarbeiter beschäftigt und die Deutsche Telekom sowie Vodafone beliefert.

In der Gunst der Investoren aus Fernost steht Deutschland oben, weil der hiesige Mittelstand das bietet, was die Chinesen suchen. In den 1990er-Jahren dominierten noch Investitionen, die der Markterschließung dienten oder sie begleiteten. Beispiele hierfür sind die großen chinesischen Schifffahrtsgesellschaften wie Cosco und China Shipping sowie viele chinesische Handelsunternehmen. Später folgten Experimente mit Beteiligungen und Übernahmen bekannter deutscher Markenfirmen wie Goldpfeil und Junghans, die allerdings scheiterten. „In den letzten Jahren konzentrieren sich die großen M&A-Transaktionen auf vier Branchen: Maschinenbau, Automobilindustrie, Informationstechnologien und Chemie“, erläutert Schüller. Dabei handelt es sich oftmals um Übernahmen von Unternehmen, die in ihrer Nische Weltmarktführer sind. Dank dieser strategischen Investments können chinesische Unternehmen ihre Wertschöpfung verbessern. Einen solchen Hierarchiesprung erzielte zum Beispiel der chinesische Maschinenbauer Weichai Power durch seinen Einstieg beim Wiesbadener Gabelstaplerhersteller Kion.

Arbeitnehmer befürchten Abbau von Arbeitsplätzen

Chinesische Beteiligungen bieten jedoch auch deutschen Mittelständlern viele Vorteile. „Bei den meisten Beteiligungen und Übernahmen ist bisher die Regel, dass das bisherige Management weitgehend erhalten bleibt“, sagt Schüller. „Die Kontrolle bezieht sich vor allem auf die wirtschaftliche Performanz und finanzielle Stabilität. „Da die langfristige Erhaltung des Unternehmens das Ziel ist, können notwendige, meist zeitaufwendige Umstrukturierungen gemeinsam durchgeführt werden“, so Schüller. Manchmal besitzen das deutsche und chinesische Unternehmen sogar komplementäre Produktionsstrukturen, die die gegenseitige Markterschließung fördern und den Absatz der aufgekauften Firma ausweiten.

Dr. Margot Schüller/Müncher

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