Chinesische Firmen sichern deutsche Arbeitsplätze

Trotz dieser Vorteile: In der Öffentlichkeit sind Vorbehalte gegen chinesische Investoren weitverbreitet. Das lokale Management fürchtet den Abfluss von Know-how nach China, heimische Arbeitnehmer haben Angst um ihre Jobs, da ihre fernöstlichen Kollegen zu niedrigeren Löhnen arbeiten. Dass solche Vorurteile häufig unbegründet sind, zeigt auch eine Studie der Bertelsmann Stiftung über chinesische Direktinvestitionen in Deutschland. „Die weitverbreitete Skepsis gegenüber chinesischen Investoren ist nicht angebracht“, betont Jungbluth. „Solche Direktinvestitionen wirken sich positiv auf die industrielle Wertschöpfung in Deutschland aus.“ Die Kapitalgeber aus China würden zudem in vielen Fällen bedrohte Jobs erhalten und auch neue Arbeitsplätze schaffen. Zwar ist die Zahl der mit chinesischem Geld entstandenen Stellen derzeit noch gering. „Aber die bisher erfolgten Übernahmen zeigen, dass die Chinesen das Ziel verfolgen, die deutschen Standorte der aufgekauften Unternehmen zu erhalten“, sagt Jungbluth. So hat zum Beispiel Sany bei seiner Übernahme des Betonpumpenherstellers Putzmeister durch die Gründung einer deutschen Tochterfirma 30 neue Stellen geschaffen.

Managern fehlt internationale Erfahrung

Allerdings kann es auch Nachteile geben, wenn Unternehmen aus dem Reich der Mitte deutsche Firmen übernehmen. „Chinesische Investoren haben oftmals wenig internationale Management-Erfahrung. Auch unterscheiden sich die Management-Stile in Deutschland und China deutlich voneinander. Damit ist die Integration des aufgekauften deutschen Unternehmens schwierig“, erläutert Schüller. Hinzu komme, dass die Regulierung in China und Deutschland, also zum Beispiel Unternehmens- und Arbeitsrecht, sehr unterschiedlich ist. „Die Vermittlung dieser unterschiedlichen Welten ist die schwierigste Aufgabe für beide Seiten“, meint Schüller. Negative Erfahrungen gab es auch in der Vergangenheit mit chinesischen Investoren, die deutsche Traditionsunternehmen aufkauften, die Produktion jedoch aus Kostengründen komplett nach China verlagerten und in Deutschland nur noch den Vertrieb unter dem Markennamen laufen ließen.

Worin unterscheiden sich chinesische Investoren von Geldgebern aus anderen Ländern – zum Beispiel England oder den USA? „Solchen Investoren geht es nicht darum, von einem Unternehmensaufkauf zu lernen oder fehlende Technologien zu akquirieren“, erläutert Schüller. „Viele dieser Investoren sind technologisch ebenfalls hoch entwickelt, wollen aber durch Zukäufe Marktsegmente ergänzen oder ihre Marktposition ausweiten.“ Deren Management hat eine größere internationale Erfahrung und will das aufgekaufte Unternehmen schnell integrieren. Häufig wird das deutsche Management abgelöst oder reduziert und frei werdende Mitarbeiter entlassen. „Ziel ist eine Effizienzsteigerung und Verbesserung der Ertragssituation des Mutterkonzerns“, so Schüller.

Investoren informieren die Öffentlichkeit nicht

Die Chinesen dagegen wollen sich langfristig binden. Bisher richten sich ihre Übernahmen an kleine und mittlere Unternehmen. Finanzinvestoren, die ihre deutschen Beteiligungen verkaufen wollen, gehen derzeit sogar vor Ort auf Investorensuche. Denn für Private-Equity-Firmen ist ein solcher Verkauf oftmals lukrativer als ein unsicherer Börsengang, da die Chinesen hohe Preise zahlen. Könnten daher sogar DAX-Konzerne in ihr Visier geraten? Dies wird zwar derzeit für wenig realistisch gehalten, nach Meinung von Experten suchen jedoch chinesische Investoren auch sehr große Unternehmen in Europa.

Bei den bisherigen chinesisch-deutschen Transaktionen war Putzmeister ein Ausnahmefall für geschickte PR-Arbeit. Investor Sany konnte die Bedenken der Belegschaft ausräumen, indem er eine Garantie für den deutschen Standort und die Arbeitsplätze bis 2020 aussprach. Vertrauen schaffte Sany-Eigner Wengen Liang zudem damit, dass er in der Öffentlichkeit die überlegene Technologie der Schwaben und das hohe Ansehen ihrer Produkte eindringlich lobte. Der Normalfall ist ein solches Vorgehen noch nicht. Denn chinesische Investoren informieren die Öffentlichkeit zumeist nicht über ihre Ziele und Pläne bei Übernahmen. Das liegt nicht nur daran, dass eine solche Unternehmenskommunikation in China unüblich ist. Vielen chinesischen Managern fehlt auch einfach das Verständnis für die westlichen Medienlandschaften. Ob künftige Investments positiver beurteilt werden, dürfte deshalb vor allem daran gemessen werden, ob chinesische Investoren ihre Zusagen einhalten werden. Wie sich deren Aktivitäten entwickeln, wird man jedoch erst in einigen Jahren beurteilen können.

Fazit

Strategische Investoren aus China sind vor allem eine Chance für deutsche mittelständische Unternehmen. Häufig können so die Profitabilität verbessert und heimische Arbeitsplätze erhalten werden. Allerdings haben solche Beteiligungen auch Nachteile: Vielen chinesischen Managern fehlt die internationale Erfahrung, die deutsche Öffentlichkeit wird zu wenig informiert und die Wettbewerbsbedingungen für deutsche und chinesische Firmen sind ungleich. Damit chinesische Investitionen zum Erfolgsmodell werden, ist auch die Politik gefordert, gemeinsame Regelungen zu erreichen.

 

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