Der chinesische Automobilzulieferer Ningbo Jifeng schließt sein öffentliches Übernahmeangebot für Grammer am Ende mit durchschlagendem Erfolg ab. Bis zum Auslaufen der Nachfrist am 23. August sammelte Jifeng weitere 58,66% der Aktien an dem Amberger Unternehmen für einen Preis von knapp 444 Mio. EUR ein. Da der ostchinesische Bieter zuvor bereits über einen Minderheitsanteil von 25,56% verfügte, befinden sich nun rund 84,23% der Papiere im Besitz von Jifeng. Damit kann kein anderer Anteilseigner mehr eine Sperrminorität von 25% erreichen. Insgesamt dürfte die Mehrheitsübernahme von Grammer bei Jifeng mit circa 614 Mio. EUR zu Buche schlagen.
Das Grammer-Management hatte das öffentliche Übernahmeangebot, das langfristige Standort- und Arbeitsplatzgarantien einschließt, einhellig unterstützt und zeigt sich über den erfolgreichen Abschluss zufrieden: „Wir sind erleichtert, dass es so gekommen ist. Es ist jetzt eine positive Situation für uns, da wir unsere Strategie fortsetzen können, wie wir es wollen“, erklärte Grammer-Vorstandschef Hartmut Müller gegenüber der Nachrichtenagentur dpa-AFX. Das Unternehmen könne sich jetzt auf auch auf den Ausbau des Geschäfts in den Vereinigten Staaten und China konzentrieren.
Grund zur Erleichterung
Die Erleichterung bei Grammer dürfte vor allem auf den Abgang der bosnischen Investorenfamilie Hastor zurückzuführen sein. Über die Vehikel Halog und Cascade waren die Hastors Ende 2016 bei den Ambergern eingestiegen und hielten zuletzt 19%. Auf der Hauptversammlung im Mai vergangenen Jahres hatten die Vertreter der Hastors versucht, die Kontrolle über Grammer zu übernehmen. Sie scheiterten an Jifeng und anderen Aktionären. Jifeng war Anfang 2017 dem deutschen Autozulieferer als weißer Ritter zur Seite gesprungen. Die Hastor-Familie hatte sich zuvor bereits mit wichtigen Grammer-Kunden wie Daimler und Volkswagen zerstritten. Daher stieß die Beteiligung der Bosnier an dem süddeutschen Zulieferer bei dessen Abnehmern auf Skepsis. Dies wirkte sich letztlich auch negativ auf den Auftragseingang aus. Jetzt geht Müller wieder von einer Normalisierung der Bestellungen aus.
Übernahme mit Hindernissen
Das Ende Juni offiziell vorgelegte öffentliche Übernahmeangebot für Grammer stieß bei den Aktionären zunächst auf wenig Gegenliebe. Der Preis von 60 EUR lag deutlich unter den Höchstkursen der vorausgegangenen Handelstage. Jifeng sah sich gezwungen, kurz vor Ablauf am 23. Juli die Annahmefrist um zwei Wochen zu verlängern. Gleichzeitig senkte man die Annahmeschwelle von 50% plus einer Aktie auf 36%. Dieses reduzierte Ziel wurde dann mit knapp 46% bis zum 6. August deutlich übertroffen. In der anschließenden zweiwöchigen Nachfrist verkauften dann auch die Hastors ihre Papiere, die zuvor noch das Angebot als zu niedrig kritisiert hatten. Daraufhin kam der Stein nochmals ins Rollen und Jifeng konnte sich die vollständige Kontrolle über Grammer sichern. Immerhin dürften die Bosnier laut Analystenschätzungen mit Ihrem Engagement bei Grammer rund 50 Mio. EUR verdient haben.
Zwei erfolgreiche Zulieferer
Der Amberger Automobilzulieferer Grammer ist auf Komponenten und Systemen für die Pkw-Innenausstattung sowie von gefederten Fahrer- und Passagiersitzen spezialisiert. Das Unternehmen erwirtschaftete im vergangenen Jahr mit seinen 13.000 Mitarbeitern bei einem Umsatz von fast 1,8 Mrd. EUR ein Vorsteuerergebnis (EBIT) von 66,5 Mio. EUR. Die Marktkapitalisierung liegt nach Ablauf des Übernahmeangebots aktuell bei 755 Mio. EUR. Der Börsenwert des Käufers Jifeng beläuft sich derzeit auf umgerechnet rund 870 Mio. EUR (6,93 Mrd. RMB). 2017 erzielte das Unternehmen aus Ningbo Verkaufslöse in Höhe von rund 250 Mio. EUR. Jifeng wurde 1996 von WANG Yiping gegründet. Die Gesellschaft befindet sich zu 72% in den Händen der Gründerfamilie.
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