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Zwischen Nachhaltigkeit und Effizienzstreben

Treffen in Frankfurt: Prof. Dr. Kai Lucks, Vorsitzender des BM&A, begrüßt die Gäste der Jahreskonferenz M&A-Integration in den Räumen der KPMG. 相聚法兰克福:德国联邦并购协会主席Kai Lucks教授在毕马威大楼内欢迎参加并购整合年度会议的宾客。

Was sind die Besonderheiten chinesischer Investoren bei der Integration von übernommenen Unternehmen? Worin unterscheiden sie sich von Käufern aus Europa und den Vereinigten Staaten? Diesen und anderen Fragen ging der Bundesverband M&A in seiner ersten Jahreskonferenz M&A Integration nach. Rund 50 M&A-Experten aus Unternehmen und Beratungen fanden sich hierzu am 9. Mai in den Räumen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG am Frankfurter Flughafen ein. Vor allem durch ein Fallbeispiel wurde deutlich, wie schwierig und aufwändig sich die Kommunikation zwischen deutschem Target und chinesischem Erwerber gestalten kann.

Chinesische Investoren agieren nachhaltig. Dies stellten die Gastgeber der Integrationskonferenz Professor Kai Lucks, Vorsitzender des Bundesverband M&A und Maximilian Gröning, Head of KPMG Legal Advisory, übereinstimmend fest. Und sie sind nicht nur Schönwetterinvestoren. „Chinesen tragen auch die schlechten Zeiten mit“, stellte Lucks fest. „Ich bin fasziniert von der strategischen Vorgehensweise der Chinesen und ihrer Regierung“, ergänzte Philipp Ostermeier, der bei KPMG die Strategy Group leitet. Ostermeier verwies speziell auf die Belt-and-Road-Initiative, das strategische Konzept Pekings, das mehr als 70 Länder durch Infrastrukturprojekte miteinander verbindet.

Stolperstein Kommunikation mit China

Eines der bekanntesten Erfolgsbeispiele für einen chinesischen M&A-Deal in Deutschland ist die Übernahme von Putzmeister durch Sany im Jahr 2012. Dass auch hier die Integrationsphase ihre ganz eigenen Herausforderungen hervorbrachte, zeigte der Praxisbericht von Dr. Renate Neumann-Schäfer. Von 2009 bis 2017 war sie als CFO für die Finanzen bei dem Weltmarktführer für Betonpumpen verantwortlich. Nach der Akquisition hatte laut Neumann-Schäfer die deutsche Seite oft genug ihre liebe Mühe, die Signale der chinesischen Seite richtig zu interpretieren. Für das Putzmeister-Management war es ungewohnt, dass die ganze Kommunikation stets über den jeweils Ranghöchsten lief und sich die einzelnen Experten für ein Thema nicht direkt beteiligen konnten. Lösungen auf dem kurzen Dienstweg waren dadurch blockiert.

Krisenmanagement in zwei Kulturen

Ein weiterer Stolperstein für die Deutschen war das Krisenmanagement. Die Geschäftsführung der chinesischen Mutter vermied es, Probleme von sich aus anzusprechen oder – selbst darauf angesprochen – direkt darauf einzugehen. Eine Quelle für Missverständnisse und Verzögerungen. Für die ehemalige Putzmeister-Finanzchefin ist es in der Folge von essentieller Bedeutung, auf die verschiedensten Signale der chinesischen Seite zu achten. „Das Wichtigste ist zu beobachten, ob sich etwas auf der anderen Seite verändert“, resümierte Neumann-Schäfer.

Lean-Management aus den USA

Der Kontrast zwischen den nachhaltig orientierten chinesischen Käufern und so manchem amerikanischen Investor könnte größer nicht sein. So schilderte der Berater Dr. Christian Artmann wie der US-Serienintegrator Danaher seine Akquisitionen rein an Effizienzkriterien ausrichtet. Entscheidend ist, ob ein potenzielles Target für die Anwendung des einheitlichen Lean-Management-Konzepts von Danaher geeignet ist. Die gekauften Unternehmen werden gar nicht erst integriert, nicht einmal Synergien mit anderen Portfolio-Unternehmen werden angestrebt. In dem Stand-Alone-Konzept des amerikanischen Serienkäufers ist allein die Entwicklung von Potenzialen zur Steigerung der Produktivität und des Ergebnisses des Targets entscheidend.

„Noch nie war das Bedürfnis nach Zusammenarbeit so stark wie jetzt“

Projekt unterzeichnet: Angela Zhang, Leiterin der deutschen Verbindungsbüros des Deutsch-Chinesischen Industrieparks Shenyang (vorne rechts) und Michael Hecken, CEO des Premium E-Bike-Anbieters HNF unterschreiben ein MoU. Unter den Zeugen der Unterschriftszeremonie sind die Bürgermeister von Heidelberg und Shenyang, Würzner (hintere Reihe 2. v.l.) und JIANG Youwei (3. v.l.), sowie Botschaftsrat WANG Weidong (4.v.l.). 签约项目:中德(沈阳)高端装备制造产业园德国联络处负责人张彤(右前)和高级智能电动自行车供应商HNF首席执行官Michael Hecken签署谅解备忘录。 参加签字仪式的有海德堡市市长和沈阳市市长,维尔茨纳(后排左起第二位),姜有为市长(左起第三位),中国驻柏林使馆经贸处负责人王卫东公参(左起第四位)。

Rund 100 Gäste versammelten sich am 7. Mai im Sino German Hi Tech Tower im Süden Heidelbergs. Unter dem Motto „Shenyang meets Heidelberg“ organisierten der Deutsch-Chinesische Industriepark für Maschinen- und Anlagenbau in Shenyang und der Sino German Hi Tech Park ein Kooperationsforum, um eine Reihe von neuen Projekten in Angriff zu nehmen. Konkreter Anlass der Veranstaltung: die Einweihung eines Offshore-Innovationszentrums des Shenyanger Industrieparks.

Der Standort Shenyang hat einen schwierigen Weg hinter sich. In der Planwirtschaft der fünfziger Jahre als Zentrum der Kohle- und Stahlbranche auserkoren, erwies sich die gesamte Schwerindustrie Nordostchinas in den Anfangsjahren der Reform- und Öffnungspolitik als wenig anpassungsfähig. Die Stadt musste darum kämpfen, den Anschluss an die dynamische Entwicklung im Osten und Süden des Landes zu finden. Erst 2016 erlitt die Stadt eine empfindliche Wachstumsdelle. Seit vergangenem Jahr expandiert die Wirtschaft der Acht-Millionen-Einwohner-Metropole wieder, wie JIANG Youwei, Oberbürgermeister von Shenyang, auf dem Kooperationsforum betonte. Noch wichtiger: Auch der Strukturwandel schreitet voran. Seit 2017 machen modernen Industrien mit 54% erstmals mehr als die Hälfte der gesamten industriellen Wertschöpfung aus.

Zukunftsweisender Industriepark

Eine hohe Bedeutung für die Modernisierung ganz Shenyangs hat der 2015 direkt vom Staatsrat genehmigte Deutsch-Chinesische Industriepark für Maschinen- und Anlagenbau. Auf einer Fläche von 48 km² siedelt sich dort modernste Fertigungsindustrie an. An die 60 deutsche Unternehmen sind im Industriepark vertreten. Größter Investor ist BMW. Der deutsche Premiumautobauer hat in Shenyang mittlerweile eine Produktionskapazität für 450.000 Autos im Jahr aufgebaut. Bürgermeister Jiang sieht in dem Industriepark folglich auch eine wichtige Plattform zur Verknüpfung der chinesischen „Made in China 2025“-Strategie und des deutschen Konzepts der Industrie 4.0.

Gebündeltes Wissen

Die Chancen der Zusammenarbeit in den Zukunftsindustrien werden auch auf deutscher Seite erkannt. „Wenn wir deutsches und chinesisches Wissen zusammenbringen, können wir zusammen eine neue Welt schaffen“, erklärte Professor Dr. Eckart Würzner, Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, und bekräftigte sein Interesse an einer vertieften Kooperation mit Shenyang. Auf den ersten Blick erscheint die beschauliche Stadt am Neckar mit ihren 158.000 Einwohnern als Partner für die nordostchinesische Industriemetropole eine Nummer zu klein. Doch bietet Heidelberg genau das was man in China für die Modernisierung der Wirtschaft braucht: Wissenschaft und Forschung auf höchstem Niveau. 35% der Bevölkerung haben einen akademischen Hintergrund. 40.000 Studenten sind in der ältesten Universität Deutschlands eingeschrieben. Weltunternehmen wie SAP, BASF, Henkel oder ABB unterhalten dort Forschungs- und Entwicklungszentren. „Heidelberg ist die Stadt der Nobelpreisgewinner“, merkte Würzner an. 57 Träger des prestigeträchtigen Wissenschaftspreises hat die Heidelberger Universität bereits hervorgebracht.

Verknüpfte Potenziale

„Shenyang und Heidelberg verknüpfen Potenziale“, meint auch Dr. Wolfgang Niopek von der IHK Rhein-Neckar und sieht hier eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer verwies auf die weiteren Planungen für den Sino German Hi Tech Park. Auf dem Gelände des Heidelberg Innovation Park wird ein deutsch-chinesisches Technologiezentrum für die Bereiche IT- und Life Sciences mit 60.000 m² an Büro- und Laborflächen entstehen. Damit solche Kooperationsprojekte auch künftig realisiert werden können, ist es für Niopek wichtig, den weltweit aufkommenden protektionistischen Tendenzen einen Riegel vorzuschieben. „Die vielfältige Zusammenarbeit sollte nicht durch neue Handelshemmnisse und neue Handelsbarrieren behindert werden“, so der Vertreter der IHK.

Große Herausforderungen

Eine ähnliche Ansicht vertrat auch Botschaftsrat WANG Weidong, der die Wirtschafts- und Handelsabteilung der chinesischen Botschaft in Berlin leitet. Er warf einen Blick zurück auf 40 Jahre Reform- und Öffnungspolitik. In deren Verlauf gelang es China rund 700 Mio. Menschen aus der Armut zu befreien. Zu den ersten Ausländern, die im großen Stil in China zu investieren begannen, gehörten die Deutschen. Bereits 1983 lief in Shanghai das erste in einem Joint Venture hergestellte Auto der Marke Volkswagen vom Band. „Öffnung bedeutet Fortschritt“, lautet Wangs Schlussfolgerung. Er verwies auf die jüngsten Maßnahmen der chinesischen Regierung wie die Rücknahme der Anteilsbeschränkungen für ausländischen Joint-Venture-Partner im Automobilsektor. Auch der Diplomat betonte die Notwendigkeit, voneinander zu lernen und Synergien zu heben. Gleichzeitig sieht auch er die große Herausforderung, die der neue Protektionismus darstellt. Dem gelte es gemeinsam entgegenzutreten. „Noch nie war das Bedürfnis nach Zusammenarbeit mit Deutschland so stark wie jetzt“, so Wang abschließend.

Neuer Inkubator

Zum Abschluss des Kooperationsforums wurden für vier deutsch-chinesische Projekte in den Bereichen Highspeed-Bildbearbeitung, E-Bikes, Umwelt- und Energietechnik sowie Leichtbauwerkstoffe Absichtserklärungen unterschrieben. Danach enthüllten die chinesischen Gäste zusammen mit ihren deutschen Gastgebern feierlich das Schild des Offshore-Innovationszentrums des Deutsch-Chinesischen Industrieparks für Maschinen- und Anlagenbau in Shenyang. Das gemeinsame Projekt des Sino German Hi Tech Parks und des Deutsch-Chinesischen Industrieparks soll eine Plattform und einen Inkubator für internationale technologische Zusammenarbeit darstellen, der künftig Dienstleistungen im Bereich Technologietransfer, Human Resources, Matching Services und Finanzierung anbietet.

Tamara Comolli geht an Naga Group aus Hongkong

Vom Tegernsee nach Hongkong: Tamara Comolli geht an die Naga Group. 从泰根湖到香港:Tamara Comolli入股香港Naga 集团。Bildquelle: Adobe Stock; © demarco

Die Naga Group aus Hongkong erwirbt einen Mehrheitsanteil an Tamara Comolli. Für das süddeutsche Juwelierunternehmen eröffnen sich damit neue Perspektiven auf dem asiatischen Markt. Für die 2017 gegründete Luxusgruppe Naga Brands aus Hongkong ist es das zweite Investment in Europa. Zum Kaufpreis und der genauen Anteilshöhe äußerten sich die beteiligten Parteien nicht.

Die Juweliermarke Tamara Comolli st nach ihrer Gründerin und Geschäftsführerin bekannt. Die Designerin entwirft und vermarktet Edelsteinschmuck. Die Produkte werden in sieben eigenen Markenboutiquen weltweit sowie in internationalen Luxushäusern und Juweliershops vertrieben. Laut Medienberichten soll das Unternehmen mit Stammsitz in Gmund am Tegernsee im vergangenen Jahr einen geschätzten Umsatz von 20 Mio. EUR erwirtschaftet haben.

Die Naga Group – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen deutschen Fintech-Start-up – ist eine Holding für weltweite Luxusmarken. Ziel des neugegründeten Unternehmens ist es, ein Portfolio von Premiummarken aufzubauen, um diese insbesondere bei der Vermarktung in den Vereinigten Staaten und Asien zu unterstützen. Gründer der Gruppe ist Damien Dernoncourt, ehemals CEO von John Hardy. Dernoncourt kann auf jahrzehntelange Erfahrung in diesem Segment zurückgreifen. Die Targets sollen einen Jahresumsatz von fünf bis 25 Mio. USD aufweisen. Im Dezember vergangenen Jahres hat die Gruppe ein Seed-Investment in Höhe von 50 Mio. EUR eingeworben. Gleichzeitig meldete die Hongkonger Holding eine erste Beteiligung. Die Naga Group erwarb einen Minderheitsanteil an Talika, einer französischen Traditionsmarke für Kosmetikprodukte. Geplant ist, dass Talika seine Marktposition in China mit Hilfe von Naga rasch ausbaut.

Europa im Sperrfeuer zwischen USA und China

Old China Hand: Jörg Wuttke ist seit 30 Jahren im Reich der Mitte aktiv.

Die Beziehung zwischen China, den USA und der Europäischen Union steht vor einem Wendepunkt. Vier Jahrzehnte lang hat das Riesenreich von den offenen Märkten und freien Investitionsflüssen aus dem Westen profitiert, ohne seine eigene Wirtschaft vollständig zu öffnen. Doch Präsident Trump hat jetzt China ins Visier genommen. Handelsbarrieren werden hochgezogen und verheißen nichts Gutes für die Entwicklung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Und neue, noch einschneidendere Maßnahmen sind schon in der Planung. Dies berichtete Jörg Wuttke, Vorsitzender des OECD-Wirtschaftsberatungsgremiums für China auf dem sechsten Corporate M&A-Kongress in Frankfurt.

Rund 400 M&A-Experten aus Unternehmen und Beratungsgesellschaftenen hatten sich zum jährlichen Branchentreffen in der Villa Kennedy in Frankfurt versammelt. In verschiedenen Panels und persönlichen Gesprächen tauschten sie sich zu den aktuellen Entwicklungen im Übernahmemarkt aus. Die Keynote hielt Jörg Wuttke. Chinakennern muss er nicht länger vorgestellt werden. Er lebt seit rund 30 Jahren im Reich der Mitte, vertrat dort die Belange des deutschen Chemieriesen BASF und war bis vor Kurzem Präsident der EU-Handelskammer in China. Jetzt fungiert er für die OECD als oberster Berater zu Fragen der chinesischen Wirtschaft.

Luft nach oben

Für Wuttke ist das Potenzial Chinas noch lange nicht ausgeschöpft. Nach vierzig Jahren Öffnungspolitik hat China beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf derzeit erst den Stand Japans in den sechziger oder Koreas in den siebziger Jahren erreicht. Es gibt also noch viel Luft nach oben. Als entscheidende Erfolgsfaktoren identifizierte er neben der Landreform, dem großen Reservoir von zeitweise bis zu 200 Mio. Wanderarbeitern, den Unternehmergeist der Chinesen und die Reformpolitik der Partei.

Verunsicherte Bürokratie

Doch in der Machtkonzentration der Partei, die unter Staatspräsident Xi Jinping ein neues Maß an Kontrolle über alle Teile der Wirtschaft und Gesellschaft erreicht, sieht Wuttke auch ein wesentliches Problem. Zwar hat Xi durch seine Antikorruptionskampagne auf der einen Seite Auswüchse der chinesischen Bürokratie zurückgestutzt. Gleichzeitig aber sorgt der aktuelle Umbau der staatlichen Strukturen, die auf eine höhere Kontrolle durch die Partei hinauslaufen, für Verunsicherung unter den Beamten. Die Reform des Verwaltungsapparats werde in den nächsten zwei Jahren für Unsicherheit bei den bürokratischen Prozessen sorgen, schätzt Wuttke. Davon können dann beispielsweise auch Genehmigungsverfahren von ausländischen Investoren betroffen sein.

Selbstbewusstsein wächst, Schuldenstand auch

Gleichzeitig ist das Selbstbewusstsein der chinesischen Regierung gewachsen. Ausgangspunkt war die Finanzkrise 2008. Seitdem habe Europa an Strahlkraft in China verloren, meint der OECD-Berater. Umgekehrt fühlt sich China jetzt berufen, sein Gesellschaftsmodell der Welt als Vorbild zu präsentieren. Denn dem Reich der Mitte gelang es in der Krise, seine Wachstumsstory fortzusetzen und somit wesentlich zur Stabilisierung der Weltwirtschaft beizutragen. Doch Wuttke warnt auch, dass die gute Performance der chinesischen Volkswirtschaft mit Schulden erkauft wurde. Der Schuldenstand von 200% des Bruttoinlandsprodukts gibt ihm Anlass zur Sorge.

Zwei Wendepunkte

Wuttke sieht zwei Wendepunkte im Verhältnis Europas zu Chinas Investitionen. Der erste ist der Entwicklungsplan „Made in China 2025“. Mit diesem Leitfaden strebt das Land eine weltweit führende Marktposition in zehn Zukunftsbranchen an, darunter Automatisierung, Medizintechnik und Biotechnologie. Der zweite Wendepunkt ist die Übernahme des Augsburger Robotikspezialisten Kuka durch Midea. Seitdem werden hierzulande vermehrt Rufe nach Reziprozität im Marktzugang zwischen chinesischen und deutschen Unternehmen laut – das viel beschworene „Level Playing Field“.

Drohungen und strategische Chancen

In den USA versucht die Trump-Administration längst Tatsachen zu schaffen. Im Zentrum der Bemühungen steht dabei der Paragraph 301 des Trade Act, der Sanktionen für Staaten vorsieht, die US-Unternehmen keinen fairen Marktzugang bieten. Der Chinaexperte erwartet für die kommenden Monate eine massive Ausweitung der Drohkulisse: Die Sanktionen könnten nicht nur chinesische Investitionen in den Vereinigten Staaten sondern auch das Engagement amerikanischer Unternehmen im Reich der Mitte umfassen. Ebenso könnten Joint-Venture-Projekte betroffen sein. Vor allem aber bereiteten laut Wuttke die US-Regierung Pläne vor, die chinesischen Zukunftsbranchen zu sanktionieren: Fahrzeuge mit alternativen Antrieb oder auch Produkte aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz. Für Deutschland und Europa heißt dies, sich strategisch neu aufzustellen. Angesichts des amerikanischen Drucks böte sich womöglich sogar die Gelegenheit, mit China ein Freihandelsabkommen abzuschließen.

Berlin genehmigt Cotesa-Übernahme

Neue Materialien im Fokus: Cotesa liefert Faserverbundstoffe für die Flugzeugindustrie. 聚焦新材料:Cotesa为航空行业提供高质量的复合纤维部件。Bildquelle: Adobe Stock; © Modella

Advanced Technology & Materials (AT&M) darf endlich den sächsischen Flugzeugzulieferer Cotesa übernehmen. Nach monatelanger Prüfung hat das Bundeswirtschaftsministerium den Erwerb freigegeben. Das erklärte Cotesa-CEO Jörg Hüsken gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Verträge waren bereits Anfang September vergangenen Jahres unterschrieben worden. Kurz vor dem Jahreswechsel wurde bekannt, dass das Wirtschaftsministerium die Transaktion unter die Lupe nehmen würde. Es handelt sich um die erste Prüfung einer Übernahme durch einen chinesischen Investor nach der Verschärfung der Außenwirtschaftsverordnung im Juli. Mit der Freigabe geht eine monatelange Hängepartie für die Unternehmensführung und Belegschaft zu Ende.

Cotesa hofft durch die Übernahme auf Unterstützung durch AT&M bei der internationalen Expansion, insbesondere bei der Erweiterung der Vertriebs- und Produktionskapazitäten in China. Das Start-up aus Mittweida wurde 2002 gegründet und produziert mit seinen 600 Mitarbeitern hochwertige Faserverbundteile. Die Komponenten finden in der Autoindustrie, vor allem aber auch im Flugzeugbau Verwendung. Mittlerweile zählt Cotesa Airbus und Boeing zu seinen Kunden. Cotesa kann die Unterstützung des chinesischen Investors gebrauchen: Das Unternehmen wies für 2016 bei einem Umsatz von 40 Mio. EUR (2015: 36,7 Mio. EUR) ein negatives Ergebnis nach Steuern in Höhe von 1,4 Mio. EUR (2015: +1,3 Mio. EUR) aus.

Neue Materialien im Fokus

Trotz seines noch relativ geringen Umsatzes geriet Cotesa ins Visier des Wirtschaftsministeriums. Schließlich sind die Sachsen Zulieferer für den Airbus-Konzern, der auch im Rüstungsbereich tätig ist. Außerdem hat der chinesische Investor einen staatlichen Hintergrund: AT&M ist zwar in Shenzhen börsennotiert. Mutter der Gesellschaft mit einem Marktwert von rund 7,7 Mrd. RMB (993 Mio. EUR) ist allerdings der Staatskonzern China Iron & Steel Research Group, hinter dem das Ministry of Science and Technology steht. AT&M beschäftigt sich hauptsächlich mit Anwendungen von Metallen in neuen Technologien wie amorphen und nano-kristallinen Werkstoffen. Der Bereich neue Materialien ist einer der zehn Schwerpunkte des zentralstaatlichen Modernisierungsplans „Made in China 2025“. Die Übernahme von Cotesa erfolgt über einen chinesischen Werkstofffonds, der von QFAT Investment und ICP Integrity Capital Partners gemanagt wird. AT&M ist Ankerinvestor des Fonds.

Hintergrund: die neue Außenwirtschaftsverordnung

Die Bundesregierung hatte am 12. Juli 2017 mit der neunten Änderung der Außenwirtschaftsverordnung die Bestimmungen zur Prüfung von Übernahmen und Beteiligungen an deutschen Unternehmen durch Nicht-EU-Ausländer konkretisiert und verschärft. Die 2009 eingeführte, sogenannte sektorübergreifende Prüfung wurde erstmals 2016 Gegenstand einer größeren öffentlichen Debatte, nachdem die Akquisition des Augsburger Robotikunternehmens Kuka durch Midea vom damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kritisiert worden war. Mit der Neuregelung wurde erstmals eine Meldepflicht beim Bundeswirtschaftsministerium für Übernahmen von Unternehmen mit Einfluss auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung eingeführt. Zudem wurden die betreffenden Sektoren näher definiert. Zuvor waren nur für den Rüstungsbereich Prüfungen genau geregelt. In der aktualisierten Außenwirtschaftsverordnung werden auch Anbieter von kritischer Infrastruktur aus den Bereichen Energie, Wasser, Nahrungsmittel, IT und Telekommunikation sowie Finanz- und Versicherungswesen als sicherheitsrelevante Unternehmen definiert. Hinzu kommen Unternehmen, die für die genannten Anbieter kritischer Infrastruktur branchenspezifische Software und Hardware sowie Cloud-Computing-Services zur Verfügung stellen. Für die Prüfung einer Übernahme oder Beteiligung haben die Ministerialbeamten nunmehr vier statt zuvor zwei Monate Zeit. Entscheidend hierfür ist allerdings nicht der Tag des Vertragsabschlusses sondern der Zeitpunkt, ab dem das Verfahren durch das Ministerium eingeleitet wird.

 

Erstes D-Shares IPO: Haier will sich in Frankfurt listen lassen

Weiße Waren aus China: Haier plant ein Listing an der CEINEX. 来自中国的白色家电:海尔计划在中欧国际交易所公开募股。Bild: Haier

D-Shares scheinen hierzulande ins Rollen zu kommen: Der chinesische Haushaltsgerätehersteller Haier plant ein IPO an der deutsch-chinesischen Börse CEINEX in Frankfurt, die Teil des Prime Standards der Frankfurter Börse ist.

Damit wäre dies der erste D-Shares Börsengang in Deutschland. „Wir begrüßen die Entscheidung von Haier, D-Shares anzubieten. Wir werden künftig eng mit dem Unternehmen kooperieren und ihnen den Weg für das erste D-Shares IPO ebnen“, betont Dr. Han Chen, Co-CEO von CEINEX.

Die 2015 gegründete CEINEX ist ein Joint Venture zwischen der Shanghai Stock Exchange, der Deutschen Börse und der China Financial Futures Exchange. Ziel der deutsch-chinesischen Börsenplattform sei es, “eine Brücke zwischen China und Europa zu schlagen”: Investoren sollen die Möglichkeit bekommen, in Qualitätsunternehmen aus China zu investieren sowie mit chinesischen ETFs und Anleihen unter europäischen Rahmenbedingungen zu handeln.

Der D-Shares Markt („D“ für Deutschland) richtet sich an chinesische  Blue Chips mit einer klaren internationalen Ausrichtung.

Das chinesische Unternehmen Haier beschäftigte 2014 rund 70.000 Mitarbeiter und besaß 29 Fabriken weltweit, davon 13 in China. Haier produziert Produktpaletten für die Ausstattung von privaten Haushalten, u.a. Durchlauferhitzer, Waschmaschinen, Gasherde, Mikrowellenherde bis hin zu kompletten Küchen. Bei der sogenannten weißen Ware belegte Haier 2014 weltweit den ersten Platz mit 9,7 % Marktanteil.

ASM Pacific Technology übernimmt Amicra

ASM Pacific Technology (ASMPT) übernimmt 100% an der Amicra Microtechnologies GmbH. Die in Regensburg ansässige Amicra ist Anbieter von Spezialmaschinen für die Halbleiterindustrie. ASMPT ist an der Börse Hongkong notiert und hat seine Zentrale in Singapur. Das Unternehmen führt die Transaktion über seine Tochter ASM Technology Singapore durch. Als Co-Financial Advisor für Amicra fungiert die chinesische Investmentbank CVCapital.

Die 2001 von Rudolf Kaiser und Horst Lapsien gegründete Amicra produziert Montageautomaten für den Einsatz in der Halbleiterindustrie und der Optoelektronik. Haupterzeugnis sind sogenannte Die Bonder und die entsprechende Software zur Steuerung der Produktion. Daneben bieten die Regensburger auch Wafer-Inker, LED-Tester und Dispenser an. Zu den Kunden zählen Osram Opto Semiconductors, Infineon und Foxconn. Im Geschäftsjahr 2016, das aufgrund einer Umstellung der Berichtsperiode nur die ersten zehn Monate umfasste, erwirtschaftete das Unternehmen mit seinen damals knapp 90 Mitarbeitern bei einem Auftragseingang von über 23 Mio. EUR ein Betriebsergebnis (EBIT) von rund 1 Mio. EUR.

ASMPT sieht in der Akquise von Amicra eine wertvolle Ergänzung für das eigene Produktportfolio. „Amicra hat eine führende Position im Photonikmarkt, für den die Unternehmensgruppe ein hohes Wachstumspotenzial sieht“, erklärt Lee Wai Kwong, CEO von ASMPT, in einer Meldung zur Transaktion. „Der Produkt- und Marktfokus von Amicra passt unter strategischen Aspekten ausgezeichnet zu ASMPT“, erklärt Dr. Ernst Ludes, Managing Director bei CVCapital. Ludes leitet seit Anfang 2017 von München aus das neue europäische Team der chinesischen Investmentbank und war federführend für die Beratung von Amicra durch CVCapital verantwortlich. „Wir freuen uns sehr, dass CVCapital die Anteilseigner und das Unternehmen erfolgreich bei der Ausführung der Transaktion unterstützt hat“, so Ludes.

Der neue Eigentümer von Amicra ist Weltmarktführer bei Montage- und Verpackungsmaschinen für die Halbleiterproduktion, ebenso im Bereich Sourface Mount Technlogy (SMT). ASMPT wurde 1975 in Hongkong gegründet und hat seine Zentrale in Singapur. Das Unternehmen beschäftigt in 30 Ländern rund 16.000 Mitarbeiter. Die Marktkapitalisierung liegt aktuell bei 43,3 Mrd. HKD (4,5 Mrd. EUR).

 

Deutsche Industrie bleibt China treu

Das Matching stimmt: Die deutsche Industrie sieht in China nach wie vor gute Marktperspektiven. 匹配是合适的:德国工业仍看好中国市场发展前景。Bildquelle: Adobe Stock; © rawf8

China ist nach wie vor der wichtigste Standort für neue Investitionsprojekte der deutschen Industrie außerhalb der Europäischen Union. Fast zwei Fünftel der Industriebetriebe planen Investitionen im Reich der Mitte. Nordamerika und die USA, die im letzten Jahr an Beliebtheit mit China gleichauf lagen, fielen indes wieder hinter China zurück. Die Vereinigten Staaten haben aufgrund der politischen Unsicherheiten als Standort an Attraktivität eingebüßt. In China hingegen sehen die deutschen Unternehmen eine Verbesserung der Konjunktur und Marktperspektiven. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) unter rund 5.200 Unternehmen.

Der Anteil deutscher Industriebetriebe, die im Reich der Mitte investieren wollen, steigt aktuell im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozentpunkte auf 39%. Ein wichtiger Faktor für den wieder positiveren Blick auf China ist die konjunkturelle Entwicklung: Das BIP-Wachstum lag mit offiziell 6,9% im Gesamtjahr 2017 so hoch wie seit acht Jahren nicht mehr. Die chinesische Mittelschicht wächst und die Löhne steigen. Dadurch eröffnen sich weitere Chancen für den Absatz hochwertiger Konsumgüter und der für das Wachstum nötigen Maschinen und  Ausrüstungen.

Motive im Wandel

Bei der ersten Befragung im Jahr 2005 und den Jahren danach dominierte noch ein ganz anderes Leitmotiv für Investitionen in China: die niedrigeren Kosten. In Folge der steigenden Löhne verlor dieser Faktor in den vergangenen Jahren an Bedeutung. Aktuell gewinnt das Land durch eine geplante Steuerreform jedoch kostenseitig wieder etwas an Attraktivität. Das chinesische Finanzministerium kündigte an, dass ausländische Unternehmen unter bestimmten Bedingungen ihre Gewinne vorerst nicht mehr versteuern müssten, wenn sie diese wieder in China selbst investierten.

Risikofaktoren

Dennoch: Der Anteil der Unternehmen, die in China investieren wollen, bleibt deutlich unter dem Höchstwert von 45% im Jahr 2015. Aufgrund der Turbulenzen an den chinesischen Aktienmärkten sank der Wert im Folgejahr deutlich auf 37%. Die Unsicherheit über die Tragfähigkeit des Systems bleibt hoch. So wird nach Ansicht der deutschen Industrie der Abbau der Überkapazitäten in China nicht in erforderlichem Maße angegangen, was die langfristigen Risiken erhöht. Zudem wird das Wachstum weiterhin von erheblichen staatlichen Stützungsmaßnahmen getragen, wie einer sehr lockeren Kreditvergabepolitik der Banken an bestimmte Unternehmenssektoren. Dies geht unter anderem mit einer hohen internen Verschuldung des Privatsektors einher. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und die Rechtsunsicherheit stellen aus Sicht der deutschen Unternehmen vor Ort zunehmend ein Risiko dar.

USA verlieren an Attraktivität

Nordamerika verliert als Investitionsstandort für deutsche Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr etwas an Attraktivität (35% nach 37%). Die neue US-Administration sorgt für Verunsicherung bei deutschen Unternehmen. Der protektionistische handelspolitische Kurs könnte internationale Produktionsketten kappen. Investitionen in den USA sind daher aktuell schwerer planbar. So stellt etwa die Neuverhandlung des NAFTA-Abkommens den Freihandel in der gesamten Region in Frage – und damit eine zentrale Prämisse zahlreicher Investitionsprojekte in Nordamerika. Ein Lichtblick gibt es aber auch dort für die deutschen Unternehmen: die zum Jahreswechsel angekündigte US-Steuerreform.

Die DIHK-Studie kann hier auf Deutsch und Englisch heruntergeladen werden.

Rantum Capital startet zweiten Fremdkapital-Fonds

Finanzierung für den Mittelstand: Rantum Kapital legt einen Fonds für Nachrangdarlehen auf. 给中小企业的财务支持:Rantum Capital推出一支后偿贷款基金。Bildquelle: Adobe Stock; © Kzenon

Gut zwei Jahre nach dem Start des ersten Mittelstandsfonds mit Fokus auf Nachrangfinanzierungen für deutsche Mittelständler hat der Frankfurter Asset Manager Rantum Capital nun seinen zweiten Private Debt Fonds aufgelegt. Der neue Fonds kann auch bereits sein erstes Closing bei 300 Mio. EUR vermelden. Bereit zu Jahresbeginn hat der Fonds mehrere neue Nachrangdarlehen ausgereicht. 2015 wurde ein erster Fonds mit einem Volumen von 125 Mio. EUR, der bereits voll investiert ist. Neben den beiden Fremdkapital-Fonds managt Rantum auch einen Fonds für Unternehmen aus der DACH-Region, die in China aktiv sind.

Beim neuen Fonds, Rantum Private Debt Fund II haben sich neben den Bestandsinvestoren aus dem ersten Fonds Versicherungen, Pensionskassen und Stiftungen aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Skandinavien beteiligt. Der Fokus liegt weiterhin auf Nachrangdarlehen für den mittelständische Unternehmen, die sich in Sondersituationen wie etwa außerordentlichen Wachstumsinvestitionen, Generationswechseln, Zukäufen von Wettbewerbern, den Auskauf von Minderheitsgesellschaftern oder im „Management Buy-In“ befinden. Bereits in den ersten Wochen hat der neue Fonds II mehrere Nachrangdarlehen ausgegeben, unter anderem zur Wachstumsfinanzierung eines Lebensmittelverpackungsspezialisten sowie eines Automobilzulieferers im Bereich Fahrzeuginterieur.

2015 hatte Rantum Capital seinen ersten Fonds (Rantum Private Debt Fund I) mit einem Volumen von 125 Mio. EUR an den Start gebracht. Die Mittel wurden bis 2017 in ein breit diversifiziertes Portfolio von mitteständischen Unternehmen investiert, das von Industriedienstleistungen über Pharmazie, Nahrungsmittel bis hin zum Maschinenbau reicht. Neben diesen beiden Fremdkapital-Fonds hat die Frankfurter Investmentbank auch einen China-bezogenen Private Equity Fonds „Cederlake“ aufgelegt. Initiatoren waren neben dem Rantum-Gründer und ehemaligen Deutschlandchef von Morgan Stanley, Dirk Notheis, der frühere CEO von Morgan Stanley Huaxin Securities, Yi BAO. Cederlake ist spezialisiert auf Beteiligungen an Unternehmen in der DACH-Region, die entweder den Markteintritt Asien bzw. China planen oder bereits dort vertreten sind und Ihre Marktposition vor Ort ausweiten wollen.

Qualitativer Wandel bei Chinas ODI

Auf der Seidenstraße in die Welt: Chinesische ODI im Rahmen der Belt-and-Road-Initiative spielen eine immer wichtigere Rolle.从丝路走向世界的:“一带一路”倡议框架下的中国ODI发挥着越来越重要的作用。Bildquelle: Adobe Stock; © A visual

Chinas Outbound-Investition sind in eine Phase qualitativen Wandels eingetreten. Nach Jahren ungestümen Wachstums der M&A-Aktivitäten zog die chinesische Regierung die Bremsen an. Übernahmen von Hotels, Kinoketten oder Fußballclubs wurden unterbunden. Doch in Industrie und Hightech ist der Trend ungebrochen. Denn hier sind nicht nur Unternehmensinteressen sondern auch staatliche Planungen treibender Faktor. Gleiches gilt für grenzüberschreitende Projekte im Rahmen der Belt-and-Road-Initiative (BRI). Beide Investitionsformen sind Bestandteil der Transformation der chinesischen Wirtschaft zu einer modernen Konsum- und Dienstleistungsgesellschaft sowie einer von Peking angestrebten neuen Form der Globalisierung. Chinas Welle von Outbound Direct Investments (ODI) wird langfristig anhalten. Dies erwarten Experten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in ihrer aktuellen Studie „China Outlook 2018“.

Während die weltweiten grenzüberschreitenden Direktinvestitionen durch den Ausbruch der Finanzkrise 2008 einen Dämpfer erhielten, stieg der Anteil Chinas und stützte das Wachstum globaler Investmentaktivitäten. 2016 trugen chinesische Investitionen zu fast zwei Fünfteln zum globalen ODI-Wachstum bei. Angesichts der steigenden Wirtschaftskraft des Landes, der hinzugewonnen Erfahrung und verbesserten Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im internationalen Umfeld gehen die Autoren der KPMG-Studie davon aus, dass das Reich der Mitte in den kommenden Jahren ein Hauptmotor für ODI bleiben wird. Hierbei sind politische Vorgaben ein maßgeblicher Faktor.

Pläne, Pläne, Pläne

Über Jahre hinweg konzentrierten sich chinesische Outbound-Investitionen auf den Rohstoff- und Energiesektor. Seit etwa fünf Jahren spielen anspruchsvolle Greenfield-Investments – beispielsweise in Forschungszentren – und Akquisitionen von Technologieführern im Ausland eine immer wichtigere Rolle. Ausschlaggebend für diese Neuorientierung waren neben dem 12. und 13. Fünfjahresplan u.a. der 2015 veröffentlichte Entwicklungsplan „Made in China 2025“ sowie der „Internet Plus“-Plan. Hinzu kommen einzelne Beschlüsse auf Regierungsebene zur Förderung einer Dienstleistungs-, Konsum- und Innovations-getriebener Entwicklungsstrategie. Gezielt werden hierdurch als Teil eines umfassenden Strukturwandels Zukunftsbranchen wie Robotik, neue Materialien und Biotechnologie gefördert.

Mit Vollgas auf der Seidenstraße

Die Auslandsinvestitionen im Rahmen der BRI sieht China im Kontext eines Paradigmenwechsels. Anfang 2017 verkündete Staatspräsident XI Jinping auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ein „Neues Paradigma der Globalisierung“ als Antwort auf den wieder aufflammenden Protektionismus. Chinas BRI-Investitionen sollen demnach mit zu einem qualitativen Wandel der Globalisierung beitragen. Im vergangenen Jahr machten Investitionen in 59 Länder der neuen Seidenstraße mit 14,36 Mrd. USD rund 12% der gesamten chinesischen ODI-Summe aus. Für den Zeitraum von 2017 bis 2021 sollen laut offiziellen Planungen 600 bis 800 Mrd. USD für BRI-Projekte ausgegeben werden. Damit werden BRI-Investitionen in den kommenden Jahren das am schnellsten wachsende Segment von Chinas ODI darstellen.

Privatunternehmen und M&A dominieren

Hauptinvestoren auf der Seidenstraße sind Staatsunternehmen. Insgesamt ist deren Anteil an den ODI in den vergangenen Jahren aber rückläufig, nachdem immer mehr Privatunternehmen in Form von M&A und Beteiligungen über Aktienmärkte als Auslandsinvestoren aktiv geworden sind. Fusionen und Übernahmen haben sich laut den Analysten der KPMG mittlerweile als Hauptform der chinesischen Outbound-Direktinvestitionen etabliert.

Auf der Website der KPMG kann die Studie „China Outlook 2018“ auf Englisch und Chinesisch heruntergeladen werden.

Bucher übernimmt Sanjin vollständig

Bucher Emhart Glass kauft die restlichen Aktien an Sanjin Glass Machinery auf. Der Geschäftsbereich des Schweizer Konzerns Bucher Industries AG hatte 2011 63% an dem chinesischen Anbieter von Glasformungsmaschinen übernommen. Anschließend führten die Schweizer das Unternehmen als Joint Venture weiter und bauten seine Marktposition in China aus. Bucher verspricht sich von der vollständigen Akquisition einen direkteren und schnelleren Durchgriff bei der Leitung der chinesischen Tochter. Die Übernahme soll in den nächsten Monaten abgeschlossen werden. Zur Höhe des Kaufpreises und weiteren Einzelheiten wurde nichts bekannt.

Bucher Emhart Glass ist laut eigenen Angaben Weltmarktführer für bei der Formung und Prüfung von Glasbehältern. Das Angebot umfasst Glasformungs- und Inspektionsmaschinen, Kontroll- und Automationssysteme, Komponenten und Teile sowie Beratung und Dienstleistungen für die Glasbehälterbranche. Die 1959 gegründete Shandong Sanjin Glass Machinery mit Sitz in Zibo in der Provinz Shandong ist in China Marktführer für Glasformungsmaschinen.

Der Technologiekonzern Bucher Industries ist mit seinen 12.000 Mitarbeitern weltweit in verschiedenen Spezialgebieten des Maschinen- und Fahrzeugbaus tätig. Das Produktportfolio umfasst spezialisierte Landmaschinen, Kommunalfahrzeuge, Hydraulikkomponenten, Produktionsanlagen für die Glasbehälterindustrie, die Wein- und Fruchtsaftherstellung sowie Automatisierungstechnik. Das Unternehmen ist an der Schweizer Börse gelistet und weist eine Marktkapitalisierung von 3,4 Mrd. EUR auf.

Einstieg von SGCC bei 50Hertz abgeblockt

Kein Einstieg in Deutschland: Chinas Staatkonzern SGCC kommt beim Netzbetreiber 50Hertz nicht zum Zug. 未能进军德国市场:国家电网入股电网运营商50Hertz计划落空。Bildquelle: Adobe Stock; © psdesign1

Der Einstieg der State Grid Corporation of China (SGCC) beim deutschen Hochspannungsnetzbetreiber 50Hertz Transmission GmbH ist gescheitert. Die belgische Netzgesellschaft Elia wird als Mehrheitsseigner von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und den zum Verkauf stehenden 20%-Anteil für 976,5 Mio. EUR erwerben. Verkäufer ist die australische Beteiligungsgesellschaft IFM Investors, die bisher 40% an 50Hertz hielt. Elia wird ihren Anteil durch den Erwerb von 60% auf 80% erhöhen. Zuvor schien SGCC die Minderheitsbeteiligung schon fast sicher in der Tasche zu haben, da Elia sich zu der Ausübung seines Vorkaufsrechts zunächst zurückhaltend geäußert hatte. Auch hatte das Bundeskartellamt bereits Ende Februar den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns genehmigt.

Elia erwartet den Abschluss der Transaktion nach der Zustimmung der zuständigen Behörden für das zweite Quartal. IFM Investors hatte Anfang Februar offiziell angekündigt, die Hälfte ihres 40%-prozentigen Minderheitsanteils verkaufen zu wollen. Laut Medienberichten soll SGCC den  Australiern für die Beteiligung zwischen 800 Mio. EUR und 1 Mrd. EUR geboten haben.

Kritik der Regierung

Das Ansinnen des chinesischen Staatsunternehmens stieß in der deutschen Politik sogleich auf Kritik. Schließlich handelt es sich bei 50Hertz um ein Unternehmen, das als Stromnetzbetreiber im Bereich der sogenannten kritischen Infrastruktur tätig ist. Allerdings waren der Bundesregierung offiziell die Hände gebunden. Denn die verpflichtende Überprüfung ausländischer Investitionen in kritische Infrastruktur greift erst ab einer Beteiligung von mindestens 25%. Die Außenwirtschaftsverordnung war erst im vergangenen Sommer dahingehend verschärft worden. In verschiedenen Medien wurden Vermutungen geäußert, dass das Bundeswirtschaftsministerium in den vergangenen Wochen Elia zur Ausübung des Vorkaufsrechts gedrängt haben könnte. Das Ministerium selbst wies Spekulationen über eine mögliche Einflussnahme zurück.

Stabile Netze

50Hertz war 2010 von Vattenfall für 810 Mio. EUR an Elia und IFM verkauft worden, um damals rechtliche Vorgaben bezüglich der Trennung von Netzbetrieb und Stromerzeugung umzusetzen. Insbesondere seit der Energiewende hat 50Hertz seine Expertise erweitert, wie man Netze stabil betreibt, in die Strom aus erneuerbaren Energiequellen mit ihren hohen Output-Schwankungen und konventionellen Kraftwerken eingespeist wird.

Riese aus China

Dieses Know-how könnte für SGCC angesichts des auch in China steigenden Anteils von Wind- und Solarenergie von besonderem Interesse bei dem Angebot für den 20%-Anteil gewesen sein. SGCC ist mit 1,72 Mio. Mitarbeitern und einem Grundkapital von 536,3 Mrd. RMB (68,7 Mrd. EUR) eines der größten Unternehmen der Welt. In seiner Heimat ist der Konzern ist für die Stromversorgung von 1,1 Mrd. Menschen bzw. 88% der Landesfläche verantwortlich. Das der Zentralregierung in Peking unterstellte Staatsunternehmen ist bereits an Stromnetzbetreibern in Portugal, Italien und Griechenland beteiligt.