Tristone Group erwirbt Autozulieferer in China

Hinter der Akquisition der Anhui Zhongding Rubber Hose Products Co. Ltd. Ningguo steht ein klares Ziel: besserer Zugang für die Tristone Flowtech Group zu lokalen chinesischen Automobilproduzenten. Das gelang auf ungewöhnliche Weise. Von Stefan Preuss

Quelle: Tristone © Olivier Le Moal

Manchmal sind Familiengeschichten etwas komplizierter. So bei der Tristone Flowtech Group: Sie hat Anfang des Jahres über ihre chinesische Tochtergesellschaft. Tristone Flowtech China Ltd.  Suzhou, den chinesischen Automobilzulieferer Anhui Zhongding Rubber Hose Products Co. Ltd. akquiriert. Als Verkäufer fungiert die eigene Muttergesellschaft von Tristone, die in China börsennotierte Zhongding-Gruppe. Man möchte meinen, dass sich eine solche Transaktion Mutter- zu Tochterunternehmen nicht übermäßig kompliziert gestalten würde – doch 2018 wurde sie noch vom chinesischen Wirtschaftsministerium untersagt, berichtet Tristone-CEO Günter Frölich.

Tristone Germany Frankfurt
Tristone Frankfurt

Seinerzeit sollte die Tristone Flowtech SAS, Nantes die Transaktion als europäisches Unternehmen abwickeln. Das aber funktionierte nicht, obschon man als Bestandteil der Zhongding-Gruppe ja durchaus als chinesischer Investor hätte gewertet werden können. Aber heute gilt schließlich: Die Akquise über die chinesische Tochter sei nun reibungslos verlaufen, so Frölich – was ihn für die weitere Entwicklung ungeachtet der aktuellen Pandemie-Situation  positiv in die Zukunft blicken lässt. Generell stellt er ein verändertes Handeln der chinesischen Behörden fest: Vollständige Übernahmen seien seit Anfang 2020   genehmigungsfähig – das war bis vor Kurzem noch nicht möglich.

Zhongding mit klarer Akquisitionsstrategie

2016 hatte der Zhongding-Konzern, ein bekannter chinesischer Automobilzulieferer, einen Kaufvertrag für den Erwerb der Tristone Flowtech Group unterzeichnet, einen Automobilzulieferer für Flowtech-Lösungen, also Strömungstechnik für Luft oder Flüssigkeiten. Verkäuferin war die BAVARIA Industries Group AG, München gewesen; der Kaufpreis hatte 170 Mio. EUR betragen. Die Tristone Flowtech Group mit ihren Hauptsitzen in Frankfurt am Main, Deutschland (operative Holding), und Nantes, Frankreich (rechtliche Holding), fertigt an Produktionsstandorten in Europa, Nordamerika und Asien moderne Flowtech-Lösungen für die Automobilindustrie in den Bereichen Motorkühlung, Batteriekühlung, Air Charge/Turbolader. Zuvor hatten die Chinesen bereits die AMK-Gruppe (Kirchheim/Teck), die Austria Druckguss GmbH & Co KG (Gleisdorf, Österreich), die WEGU-Gruppe (Kassel) sowie die Kaco Gruppe (Kirchhardt) in Europa akquiriert.

Gegründet wurde die Zhongding Group 1980 in Ningguo, China. Mit kontinuierlichem Wachstum entwickelte sich das Unternehmen zu einer international agierenden Gruppe mit Hauptsitz in der Provinz Anhui. Mittlerweile besitzt es mehr als 30 Tochtergesellschaften in China und zehn weitere im Rest der Welt. Jede einzelne Marke des Unternehmens konzentriert sich in erster Linie auf die Produktion von Teilen für die Automobilindustrie und auch sonstige Industrien. Zhongding Group sieht sich unter allen nicht Reifen herstellenden Gummi-Unternehmen  auf dem 18. Platz weltweit. Dabei konzentriert sich die Zentrale auf Holdingaufgaben, berichtet Frölich: „Wir führen das Unternehmen selbstständig, ohne operativen Einfluss der Muttergesellschaft.“

Tristone Ningguo

Die BAVARIA Industries Group habe das Management seinerzeit bei der Auswahl des Käufers in den Entscheidungsprozess miteinbezogen, so Frölich; nachdem man sich auf die Zhongding-Gruppe geeinigt hatte, sei direkt klar gewesen, dass die Anhui Zhongding Rubber Hose Products Co. Ltd. aus Ningguo perfekt in Tristones Portfolio passt. Das Ziel hinter dieser Akquisition sei, einen besseren Marktzugang zu lokalen chinesischen Automobilkunden zu erhalten. Vor allem wolle man Tristones Kernaktivitäten in China in den wichtigen Geschäftsfeldern Motor-, Batterietemperierungs- und Ladeluftapplikationen stärken – allein im PKW Bereich immerhin ein Markt von 600 Mio. EUR, so Frölich.

„Wir verfügen über gute Geschäftsbeziehungen zu den internationalen OEMs, die auch in China fertigen, gleichzeitig hatten wir aber Nachholbedarf bei den zahlreichen chinesischen Herstellern.“ Diese jungen Firmen könne man insbesondere bei alternativen Antrieben mit Lösungen für Batteriekühlung für Hybrid- und Elektrofahrzeugen  unterstützen.

Bessere Ansprache für lokale chinesische OEMs

Mit nun zwei Produktionsgesellschaften in China (in Ningguo und Suzhou) sei die Gruppe in der Lage, ein deutlich breiteres Produktportfolio als Systemlieferant und Entwicklungspartner für die globalen wie auch die lokalen chinesischen Automobilhersteller anbieten zu können, betont Frölich. Anhui Zhongding Rubber Hose Products hat 2019 Umsätze von 34 Mio. EUR erwirtschaftet und beschäftigt 544 Mitarbeiter. Tristones Planungen sehen vor, dass die jeweiligen regionalen Märkte von den Unternehmen vor Ort beliefert werden. Das hat die Tristone Group bereits vor der Corona-Pandemie strategisch festgelegt. „Seit wenigen Jahren hatte sich in zahlreichen Branchen ein Trend zu rückläufiger Globalisierung gezeigt, die Pandemie wird diese Entwicklung in meinen Augen verstärken“, analysiert Frölich.

Die Integration der neuen chinesischen Tochter unterscheide sich im Prinzip nicht signifikant von Integrationen andernorts. Man habe Fahrpläne für die einzelnen Bereiche wie Finanzen, Einkauf, Entwicklung, Operations und Vertrieb erstellt und über ein Steering-Komitee überwacht. Die Anpassung der Managementstruktur zählt praktisch zum Handwerk, wobei Tristone dem chinesischen Management einen europäischen legalen Vertreter der Gesellschaft  vorangestellt habe. Ziel dieses Schrittes sei, Compliance-Risiken zu minimieren. Zurzeit sind die wesentlichen Integrationsziele bereits weitestgehend umgesetzt.

Fazit

Die Gründung einer rechtlich eigenständigen Tochtergesellschaft in China (Legal Entity) kann über Vorteile in besserer Kundenansprache, erhöhter Liefersicherheit oder Natural Hedging noch einen weiteren wichtige Vorzüge bieten, wie das Beispiel Tristone zeigt: Denn obwohl selbst Teil eines chinesischen Konzerns, gelang die Übernahme eines chinesischen Unternehmens erst, als die eigene chinesische Tochter als Käufer auftrat – und die Transaktion als lokale rechtliche Angelegenheit aufgesetzt wurde. Gewusst, wie!

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch