Start Blog Seite 115

„Es gibt viel Gemeinsames“

Die börsennotierte Palfinger AG arbeitet seit einigen Jahren erfolgreich mit Sany Heavy Industries zusammen. / Palfinger 公司由 Palfinger 家族控股,是一家上市公司。

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 01/2014

Die börsennotierte Palfinger AG, mehrheitlich im Besitz der Familie Palfinger, arbeitet seit einigen Jahren erfolgreich mit der Krandivision des chinesischen Baumaschinenherstellers Sany Heavy Industries zusammen. Über zwei Joint Ventures wird das gemeinsame operative Geschäft gesteuert. Jetzt sind die Partner einen Schritt weiter gegangen und haben eine Überkreuzbeteiligung vorgenommen. Welche Geschäftsrationalität dahinter steht und ob dieses Vorgehen auch für andere Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum geeignet sein könnte, gibt Finanzvorstand Christoph Kaml im Interview mit der Unternehmeredition Auskunft.

Unternehmeredition: Herr Kaml, die Palfinger AG ist eine Überkreuzbeteiligung mit einer Division der chinesischen Sany Heavy Industries eingegangen. Wie sieht die genaue Konstruktion des Deals aus?

Kaml: Sany erwirbt neue Palfinger-Aktien im Ausmaß von 5% sowie ein Aktienpaket über 5% von der Familie Palfinger. Damit wird Sany mit einem Aktienanteil von 10% zweitgrößter Aktionär der Palfinger AG nach der Familie Palfinger. Gleichzeitig beteiligt sich die Palfinger mit 10% an Sany Lifting Solutions – jener Business Unit, mit welcher wir die beiden operativen Joint Ventures betreiben.

Was spricht für die Überkreuzbeteiligung im Vergleich mit einem Joint Venture oder anderen Stufen der Zusammenarbeit?

Sie verfolgt drei wesentliche Ziele: Erstens wird durch den zusätzlichen Austausch in den jeweiligen Aufsichtsgremien die Zusammenarbeit weiter vertieft. Sany hat einen Vertreter im Aufsichtsrat der Palfinger AG, Palfinger einen Vertreter im Board of Directors von Sany Lifting Solutions. Zweitens wird damit klar signalisiert, dass die Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen auch auf Ebene der jeweiligen Eigentümer vertieft wird, und drittens wird damit die Erweiterung der langfristigen strategischen Zusammenarbeit unterstrichen, wie zum Beispiel beim gemeinsamen Einkauf der beiden Konzerne auch außerhalb der Joint Ventures.

Von wem ging die Initiative aus, gab es einen auslösenden Faktor für die Beteiligung?

Die Idee kam vom Chairman der Sany Gruppe, Chairman Liang. Er ist ein bemerkenswerter Visionär und Stratege. Wir kamen mit einem Vorschlag für eine mögliche Kooperation auf ihn zu: dem Joint Venture in China. Chairman Liang hat im ersten Meeting drei wesentliche Projekte vorgeschlagen: das Joint Venture in China, das Joint Venture in CIS/Europe und die Überkreuzbeteiligung. Das hat uns im ersten Moment überrascht. Nach intensiver Diskussion und mit Unterstützung der Familie Palfinger haben wir diesen Vorschlag dann zu 100% mitgetragen. Mittlerweile haben wir alle drei Projekte nahezu vollständig umgesetzt.

Welche Geschäftsrationalität steht hinter der Beteiligung, schließlich gibt es ja eine gemeinsame Firma. Welche konkreten Vorteile erwartet Palfinger, welche Sany Heavy Industries?

Palfinger erwartet sich davon eine weiterhin gute operative Entwicklung der Joint Ventures. Die bisherige Entwicklung war schon sehr zufriedenstellend. Zusätzlich möchte Palfinger abgesehen vom Kran auch die anderen Produkte aus seiner Palette in China produzieren und vertreiben. Beide Unternehmensgruppen könnten auch außerhalb Chinas vom gemeinsamen Einkauf profitieren. Sany möchte schließlich von den Internationalisierungserfahrungen von Palfinger profitieren.

„Die Führungskultur in Europa ist extrem gegensätzlich zu China“

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Wenn Fusionen oder Übernahmen scheitern, hängt das nachweislich häufig mit den Persönlichkeiten der Fach- und Führungskräfte in den verschmolzenen Unternehmen zusammen. Woran das liegt und wie man M&A in der Post Merger Integration auch auf der persönlichen Ebene erfolgreich gestalten kann, erläutert Michael Schäfer von Mercuri Urval im Interview.

Unternehmeredition: Herr Schäfer, viele Übernahmen scheitern im Nachhinein am Integrationsprozess. Wo liegen die entscheidenden Stellschrauben?
Schäfer: Wir haben gemeinsam mit der Universität St. Gallen eine Studie erstellt, die allgemein die kritischen Punkte bei Übernahmen untersucht: Zu 80% liegen die Probleme, die sich in den ersten zwölf Monaten eines Mergers oder einer Integration ergeben, im Bereich der Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene. Bei deutsch-chinesischen Transaktionen ist das noch mal deutlich kritischer zu sehen. Unsere Erfahrung ist, dass jeder sechste Merger mit deutschen und chinesischen Unternehmen scheitert. Jede dritte Fusion hat in den ersten zwölf Monaten der Integration deutliche Schwierigkeiten, produktive Ergebnisse zu erzielen.

Unternehmeredition: Also überwiegen diese Probleme den erhofften Nutzen der Fusion?
Schäfer: Man übernimmt ja nicht nur die Technologie. Zumindest in der Anfangs- und Übergangsphase will der Käufer auch vom deutschen oder europäischen Know-how profitieren. Das wird viel zu wenig beachtet. Insbesondere chinesische Investoren sind sehr auf den Technologieerwerb fokussiert. Mittlerweile versuchen sie auch, die wichtigsten Fach- und Führungskräfte mit teilweise sehr interessanten Gehaltsmodellen zu binden. Das ist jedoch häufig nicht sehr nachhaltig, weil Kommunikation ein zentrales Kernproblem ist. Es beginnt schon auf der sprachlichen Ebene: Englisch wird zwar von den Europäern meistens beherrscht, chinesische Führungskräfte sind da aber häufig nicht sehr sicher.

Unternehmeredition: Der Schlüssel ist die Kommunikation…
Schäfer: Noch wichtiger als die sprachliche Fähigkeit ist die Art der Kommunikation. Die Führungskultur in Europa ist extrem gegensätzlich zu China. Der chinesische Facharbeiter zum Beispiel erwartet morgens eine klare Ansage. Diese Gewohnheit übertragen die chinesischen Unternehmer  auf die Führungsebene des deutschen Unternehmens: Sie führen sehr hierarchisch, was selbst bei konservativen deutschen Unternehmen sehr irritiert. Sie bestellen z.B. die deutsche Geschäftsführung in die chinesische Zentrale und sagen ihr dort, was zu tun ist. Es kann auch passieren, dass Entscheidungen der chinesischen Führung der deutschen Seite nicht mitgeteilt werden – entweder weil das Vertrauen fehlt oder weil es einfach vergessen wird.

Unternehmeredition: Wie können solche Kommunikationsprobleme am besten vermieden werden?
Schäfer: Bereits in der Due-Diligence-Phase sollten auch die wichtigsten Persönlichkeiten auf beiden Seiten unter die Lupe genommen werden. Finanzen, Steuern und häufig auch die technischen Begebenheiten werden sehr genau überprüft. Dabei wird aber gefährlich außer Acht gelassen, dass die Persönlichkeiten der Führungsebenen von Käufer und Verkäufer nicht immer zusammenpassen – was dann zu der hohen Quote von gescheiterten Übernahmen führt. Wenn dagegen die HR-Due-Diligence der Persönlichkeiten sehr gründlich geschieht, kann man potentielle Konfliktherde frühzeitig erkennen, analysieren und vermeiden. So lässt sich die Produktivitätsphase eines Mergers deutlich früher erreichen. Das haben wir auch wissenschaftlich belegt.

„Für den Einstieg in China bieten sich vor allem konsumorientierte Unternehmen an“

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

In den letzten Jahren bereicherten zahlreiche chinesische Unternehmen durch ihren Börsengang den deutschen Kapitalmarkt. Für Anleger waren das meistens keine Erfolgsgeschichten. Klaus Rainer Kirchhoff, der mit seiner Agentur auf eine langjährige Erfahrung in der Beratung chinesischer Emittenten zurückblickt, nennt die Gründe für deren unterdurchschnittliche Performance und erläutert, warum Deutschland und China wirtschaftlich dennoch gut zusammenpassen.

Unternehmeredition: Herr Kirchhoff, die chinesische Wirtschaft schwächelt. Wo sehen Sie noch Potenzial für Wachstum und M&A-Aktivitäten in China?

Kirchhoff: Die neue chinesische Regierung unter Präsident Xi Jinping hat einen drastischen Kurswechsel in der chinesischen Politik eingeleitet. Das bisherige Wachstumsmodell basierte im Kern darauf, dass Devisen aus dem Export von Billigprodukten in die Binnenwirtschaft investiert wurden, oft in große Infrastrukturprojekte. Zukünftig möchte man die stark investive Wirtschaft zu einer eher konsumtiven umbauen. Das Wachstum wird sich demgemäß abschwächen, aber nachhaltiger sein. Diese neue Politik ist zu begrüßen, auch wenn sie zunächst negative Auswirkungen auf das Wachstum auch der Weltwirtschaft haben wird. Für den Einstieg in China bieten sich damit in der Zukunft vor allem konsumorientierte Unternehmen an. Sie werden von der zunehmenden Kaufkraft der Bevölkerung am meisten profitieren.

Am deutschen Kapitalmarkt haben die chinesischen Unternehmen viel Vertrauen verspielt…

Als die ersten chinesischen Unternehmen in Deutschland an die Börse gingen, wurde darin die Chance gesehen, direkt über eine Beteiligung an einem chinesischen Unternehmen am Wachstum dieses faszinierenden Landes teil zu haben. Mittlerweile ist diese Begeisterung einer tiefen Enttäuschung gewichen.

Was sind die Gründe dafür?

Für die chinesischen Unternehmen bestand der Vorteil eines IPOs in Deutschland darin, dass es hier sehr viel einfacher und schneller an die Börse geht als in China. Während ein Börsengang in China von der Gunst staatlicher Stellen abhängt, gibt es in Deutschland klare Regularien, die erfüllt werden müssen. Zur gleichen Zeit fanden in den USA andere Börsengänge statt: Einige chinesische Unternehmen kauften billig die börsennotierte Hülle eines operativ nicht mehr tätigen Unternehmens und füllten sie mit scheinbar zunehmenden Umsätzen und Gewinnen. Im Juni 2011 kam es zum Eklat: MuddyWaters aus Hongkong erklärte, der indirekte Börsengang der Sino-Forest Corporation sei von Anfang auf Betrug angelegt gewesen. Allein der Wert der angeblich in der Provinz Yunnan erworbenen Waldbestände sei um 900 Mio. USD hoch angesetzt worden. Sino-Forest, deren Börsenwert in Spitzenzeiten 6,2 Mrd. CAD betrug, verloren 80% ihres Aktienkurses. Das Unternehmen gehört zu den spektakulärsten Fällen von vermeintlichem Bilanzbetrug durch chinesische Unternehmen. Ähnliche Vorwürfe wurden gegen Longtop Financial, China Agritech und Chaoda erhoben.

Welche Folgen hatten diese Entwicklungen für die in Deutschland börsennotierten chinesischen Unternehmen?

Die Vorwürfe haben das Vertrauen in die Firmen aus der Volksrepublik in den USA und auch in Deutschland tief erschüttert. Als Konsequenz verloren auch die in Deutschland notierten chinesischen Unternehmen stark an Wert und bei den folgenden Börsengängen konnten nur geringe Emissionsvolumina erreicht werden. Im Jahr 2013 gab es überhaupt keinen Börsengang eines chinesischen Unternehmens mehr in Deutschland. Die Aktienkurse fast aller Unternehmen aus dem Reich der Mitte notieren in Frankfurt weit unter ihren Emissionskursen – unabhängig von ihren verschiedenen Geschäftsmodellen und ihrer unterschiedlichen finanziellen Performance. Selbst vergleichsweise hohe Wachstumsraten und Margen bei vielen Unternehmen können daran nichts ändern. Ein typischer Fall sogenannter Sippenhaft. Nach den Bilanzfälschungen beim Leuchtenhersteller Hess käme niemand auf die Idee, alle deutschen Aktiengesellschaften für unseriös zu erklären.

„Kunden und Mitarbeiter haben Vertrauen in den neuen Investor bekommen“

Der Automobilzulieferer SaarGummi hatte eine schwere Zeit hinter sich, als es mit der chinesischen CQLT-Gruppe einen neuen Besitzer bekam./ 在被中国重庆轻纺集团公司 (CQLT) 收购时,汽车供应商 SaarGummi 正面临着一段艰难的时光。Bild: SaarGummi

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Der Automobilzulieferer SaarGummi hatte eine schwere Zeit hinter sich, als es mit der chinesischen CQLT-Gruppe einen neuen Besitzer bekam. Über die Erfahrungen des deutsch-luxemburgischen Unternehmens mit dem chinesischen Eigentümer berichtet Geschäftsführer Dr. Markus Wittmann.

Unternehmeredition: Herr Wittmann, SaarGummi war eines der ersten europäischen Unternehmen der Automobilzuliefererbranche, das von einem chinesischen strategischen Investor übernommen wurde. Wie kam es zu dieser Transaktion?

Wittman: Beide Unternehmen verbindet eine langjährige Geschäftsbeziehung und Partnerschaft. Bereits 2006 wurden die Aktivitäten von SaarGummi in einem gemeinsamen Joint Venture mit einem anderen Unternehmen der CQLT-Gruppe gebündelt, der CQ Jiaxuan, ebenfalls ein Hersteller von Automotive-Dichtungen.

Trotz der vorangegangenen Insolvenz gelang es, nach der Übernahme durch CQLT, den Standort Büschfeld und einen großen Teil der Arbeitsplätze zu erhalten. Wie reagierte die Belegschaft auf die Übernahme?

Natürlich reagierte die Belegschaft zunächst mit großer Skepsis. Was nach den Erfahrungen mit den beiden vorangegangen Investoren auch nicht weiter verwunderlich war. Meldungen in der Presse, die zu dieser Zeit vielfältig von der „gelben Gefahr“ und „hungrigen Drachen auf Einkaufstour“ berichteten, haben die Situation ebenfalls nicht einfacher gemacht. Betriebsrat und Mitarbeiter demonstrierten noch kurz vor der Übernahme am 1. Mai mit dem Slogan „Patente geh‘n ins Chinaland, Belegschaft geht aufs Arbeitsamt“. Eine Aussage, die sich glücklicherweise nicht bewahrheitet hat. Ganz im Gegenteil – der chinesische Mutterkonzern CQLT, dem anfangs so viele mit großen Vorbehalten begegnet sind, hat SaarGummi als strategischer Investor finanziell und operativ unterstützt und investiert stetig in Modernisierungen. Das sichert letztendlich Produktionskapazitäten und Arbeitsplätze. Sowohl Kunden, aber auch Mitarbeiter haben bald nach der Übernahme Vertrauen in den neuen Investor bekommen.

Joyou – die etwas andere China-Story

Joyou: Wasser sparen für die Zukunft. / 节水的未来。

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Zu den zahlreichen chinesischen Unternehmen, die in den letzten Jahren aufs Frankfurter Börsenparkett strebten, gehört Joyou. Das Sanitärunternehmen nahm jedoch eine andere Entwicklung als die anderen chinesischen Emittenten in Frankfurt – Grohe erwarb die Mehrheit an Joyou.

Als das chinesische Sanitärunternehmen Joyou im März 2010 den Weg an die Frankfurter Börse nahm, gab es eine große Euphorie für China-Werte in Deutschland. Anleger erhofften sich, von den hohen Wachstumsraten des riesigen chinesischen Marktes zu profitieren. So gab es gerade bei Konsumwerten viele spannende Equity Storys. Die chinesischen Unternehmen bekamen dafür im Gegenzug frisches Wachstumskapital, viel wichtiger aber noch: ein „Gütesiegel“ der Börsennotierung außerhalb des Heimatmarktes – „Listed in Germany“ galt in den Augen der chinesischen Emittenten fast so viel wie „Made in Germany“ .

Führend im Badezimmer

Eines dieser in Deutschland gelisteten Unternehmen ist die ursprünglich 1988 gegründete Joyou AG. Das Unternehmen ist einer der führenden Anbieter von Komplettlösungen für Badezimmer und beflügelte so die Phantasie aufgrund der hohen Bau- und Ausrüstungsinvestitionen. Zum Börsengang wurden bereits mehr als 170 Mio. EUR umgesetzt und gut 2.500 Mitarbeiter beschäftigt. Mit mehr als 2.500 Outlets zählte Joyou zu den führenden chinesischen Markenherstellern.

Zum IPO war Joyou bei einem Platzierungspreis von 13 EUR je Aktie und einer mehr als zweifachen Überzeichnung mit einem Emissionsvolumen von rund 105 Mio. EUR annähernd der größte Börsengang seiner Art. Bereits im Vorfeld des IPOs hatte sich die Private-Equity-finanzierte Grohe-Gruppe mit gut 10% an Joyou beteiligt. Das Börsendebut war wie bei zahlreichen anderen China-Werten fulminant. Doch der Euphorie folgte eine Ernüchterung der Anleger, getrieben von mangelnder Transparenz und enttäuschten Erwartungen. Diesem Sog konnte sich auch Joyou trotz hoher Transparenzstandards und aktiver Kommunikation nicht entziehen. Seither fristen die meist niedrig kapitalisierten chinesischen Aktien nur noch ein Schattendasein.

Übernahmeangebot folgt auf Börsengang

Die Joyou-Story nahm einen anderen Weg. Nicht einmal zwölf Monate nach dem Börsengang unterbreitete Grohe den Aktionären ein Übernahmeangebot zu einem Angebotspreis von 13,50 EUR. Mit dem Angebot wollte Grohe seinen Anteil ausbauen, um Zugriff auf den Joyou-Vertrieb in Asien zu erhalten und am Wachstum des chinesischen Sanitärmarktes und dem steigenden Markenbewusstsein der kaufkräftigen Mittelschicht zu partizipieren.

Für Joyou war operativ im Gegenzug vor allem der Zugang zur deutschen Technologie und zum Know-how im Bereich Qualität und Design interessant. Hinzu kamen mögliche Synergiepotenziale im gemeinsamen Einkauf von Komponenten. Die Gründerfamilie Cai, Mehrheitsaktionär der Joyou, untermauerte dies durch die Vereinbarung einer langfristigen Partnerschaft mit der Grohe Holding und die Einbringung eines wesentlichen Teils ihrer Aktien in eine gemeinsame Holding-Gesellschaft. So wurde die Grohe Gruppe nach Abschluss des Übernahmeangebots mit gut 57,2% stärkster Shareholder der Joyou AG.

„Ein Musterbeispiel dafür, wie deutsche und chinesische Unternehmen zusammenarbeiten“

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Der seit Kurzem börsennotierte Gabelstaplerhersteller KION verfügt mit Weichai Power über einen strategischen Ankerinvestor, der aktuell über eine Beteiligung von 30% verfügt. Im Interview mit der Unternehmeredition legt KION-Chef Gordon Riske dar, wie beide Unternehmen von der deutsch-chinesischen Partnerschaft profitieren können.

Unternehmeredition: Herr Riske, der chinesische Motorenhersteller Weichai Power hält seit vergangenem Jahr eine Minderheitsbeteiligung an KION. Was waren die Hintergründe für die Transaktion?

Riske: Beide Unternehmen kennen sich schon länger. Ich selbst hatte bereits zu meinen Zeiten als Vorstandsvorsitzender von Deutz Verbindungen zu Weichai Power. Der Anknüpfungspunkt für die Transaktion war nun der mehrheitliche Verkauf unserer Linde-Hydraulics-Sparte im vergangenen Jahr. Hier haben wir schon länger überlegt, wie wir dieses Geschäft gemeinsam mit einem Partner ausbauen können. In den Gesprächen sind wir dann zu der Lösung gekommen, dass wir eine strategische 30%-Beteiligung an Linde Hydraulics behalten und Weichai die Mehrheit übernimmt. Da beide Seiten die Partnerschaft für strategisch sehr sinnvoll halten, ist Weichai zudem die Minderheitsbeteiligung an der KION Group eingegangen.

Unternehmeredition: Bei Linde Hydraulics ist KION also mit einem Anteil von 30% Juniorpartner, während Weichai 70% hält. Wie genau kam es zu dieser Konstellation?
Riske: Linde Hydraulics erzielte 2012 einen Umsatz von gut 370 Mio. EUR, davon über 200 Mio. EUR durch konzerninterne Verkäufe. Das Unternehmen hat aber großes externes Wachstumspotenzial. Um es auszuschöpfen, ist allerdings viel Kapital und Zeit notwendig. Die Shandong Heavy Industry Group, zu der Weichai Power gehört, ist ein großer Abnehmer. Zudem ist China auch bei Hydraulics der größte Einzelmarkt der Welt. Insofern war das für uns eine sehr gute Kombination, Linde Hydraulics mit einem sehr starken Partner zusammenzubringen. KION bleibt mit 30% beteiligt. Zusammen mit dem auf zehn Jahre exklusiven Liefervertrag für unsere Stapler verfügen wir damit über die nötigen Sicherheiten. Diese Konstellation sehen wir als klassische Win-Win-Situation.

Unternehmeredition: Wo liegen für KION die Vorteile der Partnerschaft mit Weichai Power?
Riske: Der chinesische Markt macht mittlerweile rund ein Viertel des Weltmarkts aus. Damit ist der Anteil neun Mal so groß wie vor zehn Jahren. Dieses Wachstum wird sich in den nächsten Jahren – wenn auch nicht dauerhaft mit derselben Geschwindigkeit – fortsetzen. Da hilft uns natürlich die Partnerschaft mit einem der größten Maschinenbaukonzerne in China dabei, Zugang zu neuen Kunden zu finden. Zudem ist Weichai der größte chinesische Motorenhersteller und somit ein interessanter Zulieferer für uns. Und im unteren Marktsegment preiswerter Stapler besteht Potenzial für eine künftige Zusammenarbeit. Die Partnerschaft zwischen KION und Weichai Power ist strategisch und langfristig ausgelegt. Sie ist ein Musterbeispiel dafür, wie deutsche und chinesische Unternehmen zusammenarbeiten.

Unternehmeredition: Wie ist KION derzeit auf dem chinesischen Markt aufgestellt?
Riske: KION ist insgesamt an dritter Stelle hinter zwei chinesischen Herstellern. Unter den internationalen Unternehmen im Premium-Markt sind wir die klare Nummer eins. Wir sind mit der Marke Linde bereits seit 20 Jahren auf dem chinesischen Markt vertreten, mit eigener Entwicklung und Produktion sowie einem landesweiten Vertriebs- und Servicenetzwerk. Vor einigen Jahren haben wir zusätzlich die Marke Baoli im Volumensegment erworben und bauen sie aus. Insgesamt beschäftigen wir rund 3.500 Mitarbeiter in China.

Augen auf bei Sprach- und Rechtswahl

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Bei jedem Vertragsabschluss über Länder- und insbesondere über Kulturgrenzen hinweg stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Verhandlungen, der Vertragsabschluss und der Vertrag selbst eher der einen oder der anderen Landessitte folgen sollen. Bei Verträgen mit chinesischen Vertragspartnern sollte dieser Frage besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Bedeutung von Sprach- und Rechtswahlklauseln

Betrachtet man diese Frage im Falle eines M&A-Prozesses über Anteile an einem deutschen Zielunternehmen nüchtern juristisch, so gebietet das deutsche Gesellschaftsrecht, dass die Anteilsübertragung als solche nach deutschem Recht stattfinden muss. Eine Übertragung nach chinesischem Recht ist schlicht unmöglich. Etwas anderes gilt für den (schuldrechtlichen) Verkaufsvertrag: Die Verpflichtung zur Übertragung, zur Zahlung des Kaufpreises und die Übernahme von Verkäufergarantien können auch nach jeder anderen Rechtsordnung begründet werden. Aus Praktikabilitätserwägungen werden – wenn das deutsche Zielunternehmen den Schwerpunkt der Transaktion ausmacht – jedoch meist beide Aspekte miteinander verbunden und der Verkaufs- und Übertragungsvertrag einheitlich formuliert, dem Recht eines Staates unterstellt und ein einheitlicher Gerichtsstand vorgesehen. Auch wenn die Erfahrung zeigt, dass anwendbares Recht und Gerichtsstand im Einzelfall durchaus eine hohe psychologische Wichtigkeit für eine Partei haben, werden diese Fragen gleichwohl in Verträgen üblicherweise am Ende geregelt und rücken damit auch in Verhandlungen ans Ende. Häufig erlebt man, wie Verträge „auf der Zeile“ besprochen werden und am Ende die – aus Sicht der Parteien bisweilen belanglose – Frage gestellt wird, welchem Recht man den Text nun unterstellen soll.

Wettbewerbsvorteil eigene Sprache

Stellt man auf eine „typisch deutsche“ Betrachtungsweise beim Erwerb einer deutschen Gesellschaft ab, so würde man sagen müssen: Übertragungs- und Unternehmensverkaufsvertrag sollten einem einheitlichen Recht folgen, dieses Recht muss (wegen des Übertragungsvertrages, s.o.) deutsches Recht sein und deshalb sollte der Vertrag auch in deutscher Sprache abgefasst sein. Das gilt vorrangig dann, wenn später einmal deutsche staatliche Gerichte über Streitfragen zu befinden haben. Denn Verträge verwenden oft Rechtsbegriffe, die im lokalen (deutschen) Recht eine spezifische Bedeutung haben und klar benannt werden können. Andere Sprachen – insbesondere etwa Englisch als häufig genutzte „internationale Vertragssprache“ – kennen manche „typisch deutschen“ Rechtsbegriffe, Rechtsfiguren und Satzstrukturen gar nicht. Damit stellen sich sowohl die Abfassung des Vertragstextes wie auch dessen spätere Rückübersetzung für ein deutsches Gericht, dessen Vertragssprache im Zweifel Deutsch ist, als Verminderung sprachlicher und damit juristischer Präzision dar. Der häufig von Beratern ins Feld geführte „Vorteil“ der Verwendung des eigenen „verhandlungssicheren Englisch“ bei den Beratungen über den Vertrag kann so schnell zum Bumerang werden.

Übliches Vorgehen bei internationalen Transaktionen

Sprach- und Rechtswahlklauseln bei internationalen Transaktionen
Sprach- und Rechtswahlklauseln bei internationalen Transaktionen

In der Praxis wird diese „reine Lehre“ in internationalen Transaktionen meist nicht durchgehalten. Zwar werden Unternehmenskaufverträge über deutsche Gesellschaften häufig deutschem Recht unterstellt, jedoch dann der Vertrag oft in Englisch abgefasst. Begründet wird dies häufig mit dem Argument, dass moderne M&A-Verträge ohnehin aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis stammen. Dieses „technische“ Vorverständnis in Bezug auf die Vertragssprache, aber grundsätzlich auch die angedeutete Kompromissbereitschaft erwartet häufig einen ausländischen (auch chinesischen) Käufer eines deutschen Unternehmens. Dies bezieht sich nicht nur auf dessen „Gegenseite“, sprich den Verkäufer und dessen (üblicherweise deutsche) Berater, sondern auch, sofern der Käufer diese einsetzt – was nur angeraten werden kann –, auf seine eigenen deutschen (Rechts-)Berater. Unabhängig von der kulturellen Situation besteht hier grundsätzlich die Erwartungshaltung, dass sich der Käufer den Gepflogenheiten des „Ziellandes“ der Investition anpasst. Die betrifft im Kern den Spruch des Juristen: „pacta sunt servanda“, Verträge sind einzuhalten. Das Beziehungsgeflecht, das anlässlich der Vertragsverhandlungen entwickelt wurde, spielt im „Arbeitsprodukt“ Vertrag überhaupt keine Rolle mehr.

Kulturelle Besonderheiten bei Verhandlung und Transaktionsmanagement

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

M&A-Transaktionen mit westlicher und chinesischer Beteiligung sind geprägt von unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich Verhandlungsstil und Transaktionsmanagement. Dies ist nicht ohne Risiko. 

Werden die eigenen, kulturell geprägten Erwartungen enttäuscht, verursacht dies in aller Regel Missverständnisse und Frustration. Im schlimmsten Fall kann es sogar zum Abbruch der Transaktion kommen, weil die eine oder andere Seite – möglicherweise zu Unrecht – glaubt, eine zufriedenstellende Einigung könne nicht erreicht werden. Folglich ist ein gewisses Maß an interkultureller Kompetenz notwendig, um eine Transaktion zum Erfolg zu führen. Unabdingbar hierfür ist, ein grundsätzliches Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass die eigenen kulturellen Maßstäbe und Gewohnheiten bei internationalen Transaktionen keine absoluten Größen sind. Daher ist es sowohl für chinesische als auch für deutsche Unternehmen hilfreich, die Arbeitsweise, Erwartungshaltung und Gewohnheiten der jeweils anderen Partei besser zu verstehen und sich hierauf einstellen zu können.

Kommunikation: „Offen und direkt“ vs. „Pokerface“

Deutsche Verhandlungspartner kommen häufig früh und direkt zum Punkt. Ihr Ziel ist es, mit größtmöglicher Klarheit und Effizienz schnell zu einem bestimmten Ergebnis zu kommen. Zwar kommunizieren auch chinesische Unternehmen ihre Positionen, teilweise auch sehr deutlich und bestimmt. Oft wird aber aus westlicher Sicht nicht ohne Weiteres deutlich, wie sich die kommunizierten Ziele und Forderungen auf chinesischer Seite zu einem Gesamtbild fügen. Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass ein chinesischer Verhandlungspartner früh offenlegt, mit welcher Priorität bestimmte Forderungen gestellt werden. Beides wäre im chinesischen Kulturkreis untypisch. Insgesamt sollten deutsche Unternehmen daher die eigenen Ziele behutsam formulieren und offenlegen und gleichzeitig durch wiederholtes Nachfragen die Ziele des chinesischen Verhandlungspartners ergründen. Der chinesischen Partei ist im Gegenzug zu raten, sich möglichst frühzeitig um die Kommunikation der eigenen Ziele zu bemühen, um Frustrationen und Verwirrung auf der deutschen Seite zu vermeiden. So kann sie dem Vorwurf vorbeugen, bei den Verhandlungen „tricksen“ zu wollen.

Prioritizing people during an M&A

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 01/2014

Cross-border investments are on the increase, particularly with China looking westwards, and there is ever-more pressure on M&A’s to succeed. But research shows that a poor appreciation of the human element of such deals can lead to trouble.

It’s no secret that more and more cross-border investments are taking place, as domestic markets become saturated and companies look for a foothold overseas.

Historically, the traffic mainly flowed from Western or developed countries to the emerging markets. So high-tech or knowledge companies in Europe, the US and elsewhere are moving into countries like China and Brazil in an attempt to become a world market leader in a small niche.

However, in recent times the traffic has also started to flow in the opposite direction, as fast-growing nations are keen to invest in the West. China’s direct investment into Europe has shot up from a mere $1bn a year between 2004 and 2008 to $10bn in 2011. Evidence of this activity includes Chinese maker of construction machinery Sany swallowing the concrete pump manufacturer Putzmeister in southern Germany, and multi-brand business Weichei Power taking a major stake in German forklift truck manufacturer Kion.

The Chinese authorities have since announced plans to invest around $500bn in Europe by 2020. That will inevitably be followed by similar shopping sprees by businesses from Brazil, Turkey and their ilk.

M&A in China – Die wichtigsten Fragen

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Immer mehr deutsche Investoren werden auf den Wachstumsmarkt China aufmerksam. M&A ist eine effiziente Möglichkeit für den möglichen Eintritt. Stellen sich nur die Fragen: Warum, mit wem, wo und wie. 

Eine M&A-Transaktion in China bietet oft große Chancen. Diese Chancen können aber durch rechtliche Strukturen sowie das bürokratische und kulturelle Umfeld erheblich beschränkt werden. Risikofelder, welche oft deutlich anders gelagert sind als bei europäischen Transaktionen, müssen sorgfältig bewirtschaftet und bei Problemen tragbare Kompromisse gefunden werden, welche gesichtswahrend für alle Beteiligten sind. Daher sind in diesem Sinne eine genaue Auseinandersetzung mit folgenden Fragen sowie die notwendige Geduld der Schlüssel zum Erfolg einer Investition in China.

Warum?

Das stetig steigende Investitionsvolumen in China ist durch verschiedene interne und externe Faktoren getrieben:

  • Externe Faktoren: Globalisierung, Marktentwicklung und Verbesserung der  Investitionsinfrastruktur in China
  • Interne Faktoren: Umgehung von Markteintrittsbarrieren, Synergieeffekte und Marktvorteile durch M&A

Mit wem?

Obgleich in den letzten Jahren erhebliche Liberalisierungen in Bezug auf Investments in China stattgefunden haben, gibt es noch eine Reihe von Einschränkungen und Besonderheiten. Diese umfassen rechtliche Anforderungen, Genehmigungen durch Behörden, den Schutz von geistigem Eigentum sowie die Repatriierung von Zahlungsmitteln. Auch sollte der Markteintritt gemeinsam mit einem Partner durchgeführt werden. Entscheidend dabei sind gemeinsame Ziele, Vertrauen und das Beziehungsnetzwerk des Partners.

Über Gräben hinweg

Hindernisse überwinden: Chinesische und deutsche Investoren bewegen sich immer mehr aufeinander zu.
Gemeinsam Schwierigkeiten überwinden/ 和衷共济 Quelle: Thinkstock; © Godwater

Werden Übernahmeabsichten chinesischer Investoren bekannt, schürt das regelmäßig Vorbehalte: Von einem drohenden Ausverkauf ist dann oft die Rede. Doch auch die chinesische Seite hat gewisse Erwartungen.

Um an Informationen aus erster Hand zu gelangen, hat die Prüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) die Studie „Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren“ durchgeführt. Dafür wurden führende Manager von 22 Unternehmen befragt, die zu mindestens 50% von chinesischen Investoren übernommen worden sind. Sie sprechen für rund 15.100 Mitarbeiter und repräsentieren einen Nettojahresumsatz von etwa 4 Mrd. EUR. Es bietet sich an, diese Studienergebnisse mit den Ergebnissen einer im April 2014 durchgeführten unveröffentlichten Befragung von 150 chinesischen Unternehmensvertretern in Guangzhou, Shanghai und Beijing zu vergleichen. Thema waren deren Investitionsabsichten in Deutschland.

Bisher haben die großen Milliardeninvestitionen mit chinesischer Beteiligung nicht in Deutschland stattgefunden, sondern in anderen Teilen der Welt und Europas. In Deutschland ist eher der Mittelstand Ziel chinesischer Übernahmen. Dies wird in der großen Breite auch weiterhin so bleiben, fast niemand der in Shanghai und in Guangzhou befragten chinesischen Manager plant in Deutschland Investitionen über 100 Mio. EUR. Auffällig anders antworteten die Unternehmensvertreter in Beijing, wo eine hohe Anzahl von unter Aufsicht der Zentralregierung stehender Staatsunternehmen ihren Konzernsitz hat: Dort konnte sich jeder Dritte der Befragten eine Investition über 100 Mio. EUR vorstellen.

PwC Grafik M&A-China 1-14

Motive für die Übernahme

Befragt man die deutschen Manager nach den vermuteten strategischen Überlegungen hinter den Transaktionen, lassen sich vor allem folgende Hauptmotive erkennen: Erweiterung der Produktpalette um neue Technologien, Erschließung und Kennenlernen des europäischen und US-amerikanischen Marktes. Befragt man chinesische Unternehmensvertreter direkt, so wird diese Vermutung bestätigt: Für 54% ist der Technologieerwerb das treibende Motiv für die Investition, für 32% ist es die Marke oder der Vertriebskanal des Zielunternehmens. Der Technologieerwerb ist ein primär auf den chinesischen Markt gerichtetes Motiv, während die Marke bzw. der Vertriebskanal auf die Internationalisierung des chinesischen Unternehmens abzielt. Für 84% der befragten chinesischen Manager ist Mergers & Acquisitions die bevorzugte Investitionsform, nur 16% planen auf der grünen Wiese. Dies ist wenig verwunderlich, wenn der Erwerb von Technologie das Hauptmotiv der Investition ist.

„Chinesische Investoren haben ein langfristiges Interesse“

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 01/2014

Der deutsche Markt gewinnt für chinesische Investoren immer mehr an Attraktivität. Doch die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern ist noch keine Routine. Auch die Bertelsmann Stiftung hat sich der Thematik angenommen.

Unternehmeredition: Warum entscheiden sich deutsche Unternehmen für einen strategischen chinesischen Investor?

Jungbluth: Vielen mittelständischen Unternehmen fällt die Expansion in den chinesischen Markt nach wie vor schwer. Ein chinesischer Investor kann hier Türen öffnen, die sonst verschlossen blieben. Er denkt zumeist langfristig und ist bei Übernahmen daran interessiert, den Standort in Deutschland zu erhalten. Gerade für Familienunternehmen, bei denen es in vielen Fällen Nachfolgeprobleme gibt, ist das ein wichtiger Faktor. Chinesische Investoren sorgen zudem für frisches Kapital und helfen damit dem Unternehmen aus der Kreditklemme.

Aus welchen Gründen sind deutsche Unternehmen für chinesische Investoren attraktiv?
Die Investoren sind an Spitzentechnologie interessiert, die sie sonst mühsam über viele Jahre hinweg selber entwickeln müssten. Sie wollen meist auch ein Standbein in Europa aufbauen, neben den USA der wichtigste Standort, um als Unternehmen wirklich international zu werden. Sie suchen Zugang zum deutschen Markt, dem größten und kaufkräftigsten der EU. Einige Investoren sehen eine solche Investition zudem als Möglichkeit, nicht tarifäre Handelshemmnisse der EU zu umgehen.

Gibt es bei solchen Investitionen auch Nachteile?
Ja. Zwischen beiden Ländern bestehen erhebliche Unterschiede in der Geschäfts- und Unternehmenskultur sowie im Führungsstil. Besonders auf der Senior-Management-Ebene kommen beträchtliche Sprachprobleme hinzu, da die chinesische Seite oft kein Englisch beherrscht. Außerdem findet bei Übernahmen auf jeden Fall ein Technologietransfer statt. Es ist dann nur eine Frage der Zeit, bis der chinesische Mutterkonzern technologisch aufgeholt hat. Dann stellt sich die Frage, was mit dem deutschen Standort passiert. Viele chinesische Beteiligungen in Deutschland sind noch sehr jung. Erst die nächsten Jahre zeigen, in welche Richtung sich diese Aktivitäten entwickeln werden.

Wo sehen Sie die Unterschiede zu strategischen Investoren besonders aus dem anglo-amerikanischen Raum?
Chinesische Investoren agieren in der Regel langfristig. Für sie stehen nicht der schnelle Gewinn oder Zerschlagung und Wiederverkauf des Unternehmens im Vordergrund. Sie investieren oft in Gebäude und neue Anlagen und zeigen damit ihr langfristiges Interesse. Die Investoren nehmen zum Teil einige Zeit Verluste in Kauf und geben dem deutschen Standort Zeit, sich zu entwickeln.

Chinesische Investoren äußern sich in der Öffentlichkeit nur wenig über ihre Ziele und Pläne mit deutschen Unternehmen. Warum?
Chinesische Unternehmen sind stark kundenorientiert. Sie interessieren sich nicht für den übrigen Teil der Öffentlichkeit. In China ist eine aktive Pressearbeit und Unternehmenskommunikation unüblich. Es fehlt die Sensibilisierung, dass dies in Deutschland anders ist. Oft gibt es bei chinesischen Managern auch kein Bewusstsein dafür, wie Medien und Öffentlichkeit in Deutschland ticken. Hinzu kommt: Die China-Berichterstattung der deutschen Medien ist negativ geprägt. Chinesische Unternehmen haben Angst, dass über sie negativ berichtet wird, und vermeiden öffentliche Auftritte.

Zur Person

Cora Francisca Jungbluth ist Project Manager für Programme Germany and Asia bei der Bertelsmann Stiftung. www.bertelsmann-stiftung.de

Cora Jungbluth, Project Manager Programme Germany and Asia, Bertelsmann Stiftung