Chinas große Unternehmer

Die Lebenswege, Erfolge und Visionen von Chinas Unternehmern sind untrennbar mit dem wirtschaftlichen Aufstieg der Volksrepublik verbunden und werden dies auch weiterhin bleiben. Als Xiaoping Deng die wirtschaftliche Rahmenordnung der Volksrepublik änderte, entfesselte er auch den unternehmerischen Geist der Chinesen. Die Wege der großen chinesischen Entrepreneure spiegeln auf interessante Weise auch die chinesische Entwicklung wider.

Ohne Scheitern kein Erfolg

Der bekannteste unter den erfolgreichsten Unternehmern Chinas ist freilich Jack Ma, der über viele Jahre hinweg die Reichenliste Chinas anführte. Ma verkörpert wie fast kein anderer die Aufstiegsmöglichkeiten, die sich in China boten. Die dazu nötigen Eigenschaften eines typischen „Selfmade Man“ zeigt er schon früh. Als 12-Jähriger begann er, Englisch zu lernen, indem er in einem Hotel in Hangzhou ausländischen Touristen kostenlose Führungen um den berühmten Westsee anbot. Zweimal fiel er durch die Aufnahmeprüfung der „schlechtesten Universität Hangzhous“ (Zitat von Jack Ma) – erst beim dritten Anlauf gelang es ihm, das Studium als Englischlehrer aufzunehmen. Anschließend arbeitete er als Universitätsdozent für weniger als 120 CNY im Monat. Mehr als 30 Bewerbungen waren abschlägig beschieden worden; nicht einmal die Schnellrestaurantkette KFC wollte ihn.

Der berühmte Westsee von Hangzhou
Der berühmte Westsee von Hangzhou, Quelle: Adobe Stock, © 昊 周

Die Wende in seinem Leben kam während einer Reise nach Seattle im Jahr 1994: Dort erfuhr er von der Existenz des Internets. Mit seinem ersten Unternehmen, „China Pages“, eine Art Online Gelbe Seiten, wurde Ma allerdings nicht glücklich. Das Joint Venture mit China Telekom brachte ihm zwar erstmals einen sechsstelligen US-Dollar-Betrag ein – aber Ma war plötzlich nicht mehr Herr im eigenen Haus und konnte seine Vorstellungen nicht mehr umsetzen. Im Jahr 1999 schließlich gründete er gemeinsam mit 18 Freunden und Bekannten sowie einem Budget von 60.000 USD das Unternehmen, welches heute den elektronischen B2B-Handel in China dominiert und auch die Art des Handelns revolutionierte: Alibaba. Der Rest ist Geschichte.


Chinas große Unternehmer: Jack Ma, Alibaba

„Unser Erfolg gründete auf drei Dingen: kein Geld, keine Technologie, kein Plan.“
Jack Ma, Alibaba

 


 

Als das Unternehmen sich an die Nasdaq wagte, erlöste es 25 Mrd. USD und markierte damit den bis dahin größten Börsengang. Ma wurde im Zuge seines Aufstiegs nicht nur der reichste Mann Chinas, sondern erlangte auch im Westen Bekannt- und Berühmtheit. Er war der erste Chinese, der es auf den Titel des Forbes-Magazins schaffte, und beriet unter anderem den ehemaligen englischen Premier David Cameron.

Augenzwinkernd formulierte Ma die Gründe für den Erfolg wie folgt: „Wir hatten kein Geld, wir hatten keine Technologie und wir hatten keinen Plan.“ Gerade der letzte Aspekt mag überraschend und unverständlich klingen, beschreibt aber vielleicht den größten Unterschied zwischen chinesischen und westlichen, zumal deutschen Unternehmern. Gerade in Deutschland sind viele Firmen nie aus der Taufe gehoben worden, weil man im Vorfeld meinte, Schwierigkeiten und Probleme zu sehen, die das Projekt zum Scheitern bringen müssten. In China hingegen ist man viel eher bereit, in den Fluss zu springen – Probleme werden gelöst, wenn sie auftreten. Das führt natürlich einerseits zu vielen gescheiterten Unternehmen, zeitgleich aber auch zu einer enormen Dynamik. Diese wiederum ist zweifelsohne eine der Triebfedern des chinesischen Erfolgs.

Ma & Ma

Mit Vollendung des 55. Lebensjahrs zog sich Ma aus dem operativen Geschäft zurück. Zwar verbleibt er im Aufsichtsrat des Konzerns, aber sein Fokus liegt nunmehr auf anderen Bereichen: Bildung ist ihm wichtig, ebenso wie die Umwelt und Philanthropie – Ma ist einer der aktivsten chinesischen Spender. Allein im Jahr 2015 spendete er 2,2 Mrd. USD für karitative Zwecke, unter anderem für Bildungseinrichtungen Diese Leidenschaft verbindet ihn mit einem anderen Ma. Huateng Ma spendete ebenfalls über 2 Mrd. USD, als er 2016 Anteile seines Unternehmens Tencent in seine Stiftung übertrug. Beide Mas gehören zweifelsfrei zu Chinas erfolgreichsten Unternehmern. Ansonsten haben die beiden aber wenig miteinander gemein – selbst der Nachname klingt nur in westlichen Ohren gleich. Während Jack extrovertiert ist und die Öffentlichkeit bewusst sucht, lebt Huateng, der auch auf den Spitznamen „Pony“ hört, zurückgezogen.

Die erfolgreichste App der Welt

Ma gehört dabei einer jüngeren Generation chinesischer Unternehmer an. Sein Vater war Hafenmanager und konnte ihm so als Teil der gutsituierten Mittelschicht ein Ingenieurs- und Informatikstudium an der renommierten Shenzhen-Universität ermöglichen, das er 1993 abschloss. Fünf Jahre später gründete Ma Tencent, an dem er heute noch 10% der Anteile hält. Im Jahr 1999 brachte das Unternehmen mit dem Instant Messanger QQ ein erstes erfolgreiches Produkt auf den Markt. Die bekannteste Anwendung ist freilich WeChat – eine App, die heute nicht mehr aus dem Leben der Chinesen wegzudenken ist. Mehr als 1 Mrd. tägliche Nutzer kann das Programm vorweisen. Vom Arzttermin bis zur Zahlung der Stromrechnung lässt sich darüber das Alltagsleben organisieren. Inzwischen kann sogar die chinesische ID-Karte mit der App verknüpft werden, wodurch die meisten Amtsgänge auch online erledigt werden können.

Chinas: Große Unternehmer: Huateng "Pony" Ma, Tencent
Huateng „Pony“ Ma, Gründer von Tencent

Ma gilt als ausgewiesen erfolgreicher Geschäftsmann. Zu seinen herausragenden Eigenschaften gehören zum einen das frühzeitige Erkennen von Konsumtrends und zum anderen die Fähigkeit, internationale Geschäftsmodelle speziell auf den chinesischen Markt anzupassen. Anders als im Privatleben ist er als Investor sehr offensiv. Tencent hält über 600 Beteiligungen an Unternehmen, darunter auch Start-ups. Pony Ma hat zwischenzeitlich Jack Ma als reichsten Mann Chinas abgelöst. Darüber hinaus war er der erste Chinese, der in der Forbes-Liste unter die zehn reichsten Menschen der Welt aufrückte. Wie Wengen Liang war auch er Delegierter des 12. Volkskongresses.

Spiegel der Entwicklung

In den chinesischen Unternehmern spiegelt sich auch die Entwicklung der chinesischen Volkswirtschaft wider. Die alte Garde von Chinas erfolgreichsten Unternehmern stammt überwiegend noch aus ärmlichen Verhältnissen. Sie mussten sich selbst hocharbeiten und hatten zunächst vielzählige Rückschläge zu verzeichnen. Klassischerweise wurden sie auch in der Old Economy groß: Auto- und Maschinenbau, Immobiliensektor oder auch Haushaltswaren. Die sich dann anschließenden Generation mit Unternehmern wie Huateng Ma stammt bereits aus der Mittelschicht und konnte an einer renommierten chinesischen Universität studieren. Der Schwerpunkt verlagerte sich auf Software und Dienstleistung.

Chinas große Unternehmer – Staatsunternehmen vs. Private UnternehmenLängst steht die nächste Generation bereit, in den Kreis von Chinas großen Unternehmern aufzusteigen: Yiming Zhang beispielsweise, Gründer von ByteDance, das unter anderem die Videoplattform TikTok betreibt, oder Wei Cheng, der den Fahrdienstleister DiDi Chuxing gründete. Oft hat die Generation der „1980er“ schon im Ausland studiert, wie beispielsweise Colin Huang, der Gründer des Internetversandhändlers Pinduoduo. Danach haben sie meist für einige Jahre bei etablierten chinesischen Unternehmen wie beispielsweise Alibaba oder internationalen Techkonzernen wie Microsoft oder Google gearbeitet. Der Fokus der nachrückenden Unternehmergeneration liegt auf Hochtechnologie, Softwareanwendungen und -dienstleistungen – aber auch Biotechnologie spielt zunehmend eine Rolle.


Chinas große Unternehmer: Mang Yee Chu

 

„Chinas Zukunft liegt in den neuen Technologien.“
Mang Yee Chu, Hopson Development

 


Eines ist also klar: Der Nachschub an Unternehmern wird in der Volksrepublik nicht abreißen. Leistungsbereitschaft und Fleiß sind Teil der chinesischen DNA. Die Philosophie des Konfuzianismus lässt die Menschen danach streben, den Leistungen ihrer Ahnen gerecht zu werden. Gleichzeitig wollen sie der eigenen Familie etwas von Größe und Wert hinterlassen. Der zunehmende Wohlstand im Land verführt Unternehmer der jungen Generation wie Zhang oder Huang nicht, sich auf den Lorbeeren anderer auszuruhen. Sie verfallen auch nicht in ein rein bewahrendes Sicherheitsdenken. Vielmehr werden sie ermutigt, sich selbst in neuen Geschäftsfeldern zu beweisen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Alten und längst Saturierten bereit sind, von den Jungen zu lernen und umzudenken.

So kündigte beispielsweise der 60 Jahre alte Immobilienmogul Mang Yee Chu, der Gründer von Hopson Development, an, die Ausrichtung seines Unternehmens zu ändern: In Zukunft wolle man sich vornehmlich auf neue und Hochtechnologie-Investments konzentrieren, da hier die Zukunft Chinas liege.

Fazit

Chinas große Unternehmer und ihre Visionen sind untrennbar mit der wirtschaftlichen Entwicklung der Volksrepublik verbunden und werden dies auch weiterhin bleiben. Die Bedeutung der privaten Unternehmerschaft wird sogar noch zunehmen. In ihrem Leistungswillen, ihrer pragmatischen Flexibilität und ihrem wirtschaftlichen Instinkt spiegeln sich grundlegende Eigenschaften Chinas wider. Im Aufstieg und Erfolg von He, Li, Ma & Co. finden der Erfolg und der globale Aufstieg Chinas ihren Ausdruck im Inneren des Landes.

 

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch