Deutschland zwischen China und den USA – Chancen und Risiken

Vor dem Hintergrund der wachsenden Entfremdung zwischen den USA und der Volksrepublik China entsteht eine zunehmend bipolare Welt. Europa – und Deutschland im Besonderen – muss sich der wachsenden Risiken bewusstwerden aber auch die sich neu ergebenden Chancen ergreifen, um nicht zwischen den verhärteten Fronten zerrieben zu werden.

China und Deutsschland – Chance und Risiken
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Dass die Volksrepublik die USA in wenigen Jahren als die globale Wirtschafts- und Innovationsmacht Nummer Eins ablösen wird ist kein Geheimnis. Auch nicht, dass schon heute China Deutschlands wichtigster Handelspartner ist. Demgegenüber zeigt die aktuelle Situation mit Covid-19 noch einmal mehr, wie sehr sich die USA hinter dem Vorhang der “America First” Politik positionieren und stärker denn je protektionistische Maßnahmen ergreifen. Unter dieser bipolaren Welt leidet vor allem Europa. Aufgrund der fehlenden Solidarität zwischen seinen einzelnen Mitgliedstaaten und einer klaren internationalen Ausrichtung gerät es noch stärker unter Druck. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko für den Exportweltmeister Deutschland.

Chinas Börsen gewinnen an Bedeutung

Diese Entwicklungen haben aber nicht nur Negatives. Wir befinden uns vielmehr zurzeit an einem denkwürdigen Wendepunkt für chinesische Unternehmen. Sie wenden sich zunehmend vom US-amerikanischen Aktienmarkt mit seiner bisherigen Hegemonialstellung ab. Stattdessen wählen sie die, in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnenden, Börsen in Hong Kong, Shanghai und Shenzhen.

Auslöser für diese Neuordnung ist vor allem der Handelskonflikt zwischen den USA und China. Seit über ein mögliches Delisting von chinesischen Titeln an US-Börsen diskutiert wird, entscheiden sich mehr und mehr Unternehmen, sich ebenfalls an den Heimatmärkten in Asien zu listen. Beispiele sind der E-Commerce Gigant JD.com oder Spieleentwickler NetEase. Beide führten bereits im Juni ihr zweites Listing, neben dem in den USA, an der Hongkonger Börse durch. Doch zuletzt zeigt sich ein neuer Trend ab: Secondary Listings aus Sicherheitsgründen. Sollten die US-Regierung mit ihrer Delisting-Drohung Ernst machen. Die Ant Group, einst von Alibaba gegründet und heute eines der wertvollsten Unternehmen Chinas, plant ihren IPO ausschließlich an der Hong Kong Stock Exchange und am Shanghaier STAR Markt durchzuführen.

Sicherlich bedeutet das nicht, dass chinesische Technologie-Gründer einen Börsengang in den USA nicht mehr in Betracht ziehen werden, wie die Beispiele von Xpeng und Li Auto zeigen, aber die Zeiten, in denen ein prestigeträchtiges und lukratives Listing nur auf der anderen Seite des Pazifiks möglich war, sind sicherlich vorbei.

In Rekordzeit zum IPO

Allein 2019 gab es in China 200 IPOs, mit einem kombinierten Volumen von 32,8 Milliarden Euro. Zudem ist das Wachstum der Tech-Titel im Mittel aufgrund des gewaltigen Binnenmarktes in China verhältnismäßig deutlich stärker als in Deutschland und Europa. Im Durchschnitt benötigt ein chinesisches Technologieunternehmens von der Gründung bis zum Börsenparkett nur 3–5 Jahre. Damit unterbieten sie die Zeiten ihrer westlichen Mitbewerber deutlich. Hier rechnen wir im Mittel mit 7–9 Jahren, bis ein Unternehmen den Schritt aufs Parkett wagt.

Hier können deutsch-chinesische Venture-Fonds ansetzen, die eine Brücke aus Deutschland ins digitale China schlagen, indem sie ausgewählten jungen Technologieunternehmen in Europa Investorengelder zur Verfügung stellen. So ermöglichen sie ihnen die Expansion in den chinesischen Wachstumsmarkt und verringern die Abhängigkeit von amerikanischen Technologieunternehmen.

China als Chance für Deutschland

Im Angesicht der weltweit herrschenden Corona-Krise braucht es umso mehr Experten, die eine umfangreiche Einschätzung zu langfristigen Entwicklungen liefern. Gegenwärtig hat sich der globale Aktienmarkt, nach einer starken Talfahrt, in großen Teilen wieder erholt.
Die Krise, die im Januar 2020 in China begann, und im Rest der Welt erst viel später ernst genommen wurde, hat unter anderem zur Unterbrechung globaler Produktions- und Lieferketten geführt.

Welche Lehren können aus der bisherigen Entwicklung gezogen werden? Die globalen Aktienmärkte erreichten ihren krisenbedingten Tiefstand ungefähr Mitte März. Seitdem haben sich viele Titel bereits stark erholt, manche sind sogar auf einem Allzeithoch. Welche das sind, sollte für Anleger von besonderem Interesse sein. Die meisten von ihnen sind durch ihre technologische Komponente geprägt: E-Commerce, Kollaborationssoftware, Internet Services wie Social Networking und Digital Education. Wir sehen uns daher in unserer Einschätzung bestätigt. Diese technologiegetriebenen und digitalen Geschäftsmodelle werden die Protagonisten der Zukunft sein und gerade jetzt ist ein exzellenter Anlagezeitpunkt. Mit der weiteren Öffnung der Finanzmärkte in China kann dies auch über Anbieter von Aktienfonds in Deutschland erfolgen. Dann ist es aber umso wichtiger, dass sie über die nötige Expertise und vor allem ein kompetentes und dichtes Netzwerk vor Ort verfügen.

Andreas Winiarski, awesome capital
Andreas Winiarski

Andreas Winiarski ist CEO und Gründer der awesome capital Group, einer deutsch-chinesischen Investment Plattform, die eine einzigartige Brücke ins digitale China darstellt. Zur Investmentplattform von awesome gehört neben einem VC-Fonds, der in junge Tech-Unternehmen investiert, seit März dieses Jahres auch ein Aktienfonds. Mehr Infos dazu finden Sie unter https://stocks.awesome.cc/