Neue Life-Science-Brücken zwischen China und NRW

Die Technologien der Lebenswissenschaften werden unsere Lebensbedingungen ganz grundsätzlich verändern und in vielzähligen Bereichen verbessern können. Ob individualisierte Gentherapien oder der Einsatz mikrobiombasierter Behandlungen bei z.B. Diabetes, Krebs, Entzündungskrankheiten – das Wirkungsspektrum ist enorm. Der Bereich hat sich zu einem Schlüsselsektor für Deutschland entwickelt. Eine wichtige Rolle im Auf- und Ausbau von Deutschlands zukünftigen Life-Science-Strukturen kommt Nordrhein-Westfalen und der im Auftrag der nordrhein-westfälischen Landesregierung handelnden BIO.NRW zu. Im bevölkerungsreichsten Bundesland initiiert und fördert man Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Investoren und Politik auf Landesebene, national wie auch international – und insbesondere mit China.

China und NRW schmieden Life-Science-Brücken
Quelle: fotolia; © SergiyN

2019 stieg der Umsatz der Life-Science-Branche in Deutschland laut EY um 10% auf 4,87 Mrd. EUR, wovon allein in NRW etwa 42% erwirtschaftet wurden; die Beschäftigtenzahl legte um 16% auf 33.706 zu und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung kletterten um 21% auf 1,79 Mrd. EUR. Auch das Handelsvolumen zwischen China (ohne Hongkong, Macao und Taiwan) und NRW ist enorm und stieg 2019 auf etwa 42,73 Mrd. EUR an. China ist somit der zweitgrößte Handelspartner NRWs. Mehr als 1.200 chinesische Firmen haben sich hier niedergelassen – etwa die Hälfte aller chinesischen Unternehmen in Deutschland, darunter z.B. Huawei (Hauptsitz Westeuropa), ZTE, Sany Heavy Industry oder Air China. Außerdem besitzen mehr als 2.700 Unternehmen aus NRW Repräsentanzen in China, sind dort investiert oder eingerichtet, was etwa 25% aller deutschen Investitionen in China ausmacht. Dabei werden zahlreiche Brücken zwischen chinesischen und nordrhein-westfälischen Unternehmen gerade im Bereich der Life Science gebaut, wie auch von BIO.NRW.

Vielfältige Unterstützung für chinesische Life-Science-Unternehmen

Klares Ziel von BIO.NRW ist der nachhaltige Ausbau der Stärken der nordrhein-westfälischen Biotechnologie. Dafür unterstützt man Start-ups und KMU, ist Ansprechpartner für den Wissenschaftsnachwuchs, stärkt den Technologietransfer, baut das Netzwerk zwischen Unternehmen und Wissenschaft aus und fördert die Beziehungen zu Life-Science-Unternehmen und Ansprechpartnern in China. Um den Austausch anzuregen, führt BIO.NRW verschiedene Veranstaltungsformate durch, so z.B. die Plattformtreffen von BIO.NRW.red, die BIO.NRW-Fördermittelveranstaltungen, den BIO.NRW Business Angel Congress, das MEDICA-Forum sowie die NRW-Repräsentanz auf der BIO USA und der BIO-Europe. All diese Veranstaltungen helfen beim Ausbau des nordrhein-westfälischen Life-Science-Netzwerks. Eine besonders wichtige Rolle für das Netzwerk spielt China:
Tragfähige Geschäftskooperationen zur Volksrepublik und seinen Life-Science-Unternehmen können NRW helfen, die Standortentwicklung bei den Life Sciences stark voranzutreiben.

Dafür arbeitet BIO.NRW mit der BIO Clustermanagement NRW GmbH (kurz: BIO CM) zusammen. Zudem hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung BIO.NRW und BIO CM 2017 mit dem Partnerland China für sein Programm „Internationalisierung von Spitzenclustern“ ausgewählt und das Projekt „ChInValue“ (innovative Life-Science-Wertschöpfungsketten China-NRW) finanziert, wodurch erfolgreich neue Branchenkooperationen initiiert wurden. Häufige wechselseitige Delegationsbesuche zwischen nordrhein-westfälischen und chinesischen Life-Science-Unternehmen haben die Geschäftsaktivitäten zusätzlich angekurbelt.

Sino German Investors Day Life Science, Schloss Benrath
Seit 2009 unterstützt BIO.NRW aktiv Biotech- und Life-Science-Start-ups aus NRW, Deutschland und der EU bei der Kapitalbeschaffung. Ob Anschubfinanzierungen für junge Start-ups, oder spätere Finanzierungsrunden bei reiferen Unternehmen, BIO.NRW ermöglicht den Zugang zu den Investoren aus seinem Netzwerk – zu Business Angels, Risikokapitalgebern, Unternehmensunternehmen, staatlichen Entwicklungsbanken, Family Offices und anderen Eigenkapitalgebern und -formen. So haben Unternehmen bei den „BIO.NRW Business Angel Circle Meetings“ vier bis fünf Mal im Jahr die Möglichkeit, sich und ihre Geschäftsideen diesen Investorengruppen vorzustellen. Nach mittlerweile 10 Jahren mit mehr als 130 präsentierenden Unternehmen und zahlreichen initiierten Finanzierungsabkommen hat BIO.NRW 2019 beschlossen, das Format der „Circle Meetings“ auch für chinesische und internationale Investoren zu öffnen. In der Folge konnten während der MEDICA 2019 zwölf kapitalsuchende Firmen beim chinesisch-deutschen Investorentag Life Science im „Schloss Benrath“ in Düsseldorf Kontakt zu potentiellen Investoren finden.

 

Langjährige Partnerschaften zwischen China und NRW

Insgesamt reicht die Geschichte der Partnerschaften zwischen NRW und chinesischen Provinzen sogar mehr als drei Jahrzehnte zurück. Dieser Tradition folgend streben BIO.NRW und BIO CM heute langfristig erfolgreiche Kooperationen im Bereich der Life Sciences an. Dabei setzt BIO CM auf chinesische Mitarbeiter, die mit ihrem Know-how und Verbindungen direkt auf chinesische Netzwerke und Informationsquellen zugreifen können. So werden NRW-basierte und chinesische Life-Science-Unternehmen optimal bei der Geschäftsentwicklung unterstützt. Als Dienstleister organisiert BIO CM zusätzlich Business-Workshops in NRW und China sowie Delegationsreisen inklusive Messestandpaketen bei Schlüsselveranstaltungen im Reich der Mitte und hilft beim Identifizieren potenzieller Partner. Eine interessante Unterstützung bieten auch Unternehmensstudien.
BIO CM erstellt diese für chinesische und deutsche Unternehmen nach Anforderungen – darunter Hightechentwicklungsstudien in NRW, Markt- und Technologiestudien und vor allem Markteintrittsstudien in China. Wer also Bedarf im Rahmen des Austauschs zwischen dem chinesischen und dem nordrhein-westfälischen Life-Science-Sektor hat, findet vielzählige Anlaufstellen.

Sichere Geschäfte mit China und den USA in Zeiten des Handelskriegs
Bio.NRW Cyber Security WorkshopAm 8. Oktober 2020 fand der zweite Cyber Security Workshop von BIO CM, unterstützt durch BIO.NRW, statt, und zwar mit dem Thema: „Wie lassen sich Geschäfte mit den USA und China dieser Tage auf sichere Art und Weise durchführen?“ Bei dem Onlineevent ging es zunächst um den sich vertiefenden Graben zwischen den USA und der Volksrepublik China. Hierzu beleuchtete Torsten Riecke vom Handelsblatt die Auswirkungen für deutsche Unternehmen in seinem Vortrag „USA vs. China: Das Duell des 21. Jahrhunderts“. Seine
These: Die wirtschaftlichen Risiken und Abhängigkeiten deutscher Unternehmen Richtung China und den USA haben sich durch Corona weiter verschärft.Vor dem Hintergrund von Decoupling, also dem Exodus westlicher Unternehmen aus China, und dem „Tech War“, der sich am chinesischen Hersteller HUuawei entzündet hat, rät Riecke zu Resilienz als neuem Joker in der Geopolitik. Bis zu 40% der befragten Unternehmen wollen in Zukunft näher an ihren Märkten produzieren. Widerstandsfähige
Lieferketten stünden ganz oben bei den Unternehmen. China als Markt bleibe aber unbestritten wichtig, wenngleich sich der Status vom Partner zum „systemischen Rivalen“ gewandelt habe. Immer noch hätten ausländische Unternehmen in China weniger Rechte und Möglichkeiten bei der Markterschließung als ihre chinesischen Pendants.
Es herrsche weiterhin eine massive Intransparenz bei Staatssubventionen an chinesische Unternehmen, mit denen sie Mitbewerber verdrängen oder aufkaufen.In der auf den Vortrag folgenden Podiumsdiskussion kam Dr. Thomas Pattloch, Partner bei Taylor Wessing, auch zu dem Schluss, dass sich Europa in einem klaren Systemwettbewerb mit der Volksrepublik befinde. Die chinesische Führung vertrete ihre Positionen mittlerweile ähnlich offensiv wie die USA. Das Decoupling sei im Gange – allerdings nicht aus politischen, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen. So sei die Textilindustrie angesichts in China steigender Löhne und Kosten weitergewandert. Wichtig sei nun die Sicherung von Patenten, da China hier sehr aktiv sei.

Deutschland muss sich nicht für eine Seite entscheiden

Volker Wagner, Vorstandsvorsitzender des ASW-Bundesverbands, führte dazu aus, dass deutsche Unternehmen wegen des Handelskriegs nicht vor eine „Entweder-USA-oder-China-Entscheidung“ gestellt seien. Man könne Huawei aufgrund von begründeten Sicherheitsbedenken vom 5G-Ausbau ausschließen, andererseits aber durchaus Solarpanele aus China kaufen. Insofern plädiert er in Anlehnung an den US Security Council für eine Institution auf europäischer Ebene, die diese Abwägungsentscheidungen verpflichtend für die EU treffen solle. Die zunehmende Abschottung der USA gegenüber China könne dabei eine Chance für deutsche Anbieter sein, weil sie in die entstehenden Lücken stoßen könnten. Gleichzeitig nahm er eine differenzierte Betrachtung der IT-Sicherheitsrisiken vor, denen sich deutsche Unternehmen in China aussetzen, so z.B. bei der neuen verpflichtenden Steuersoftware Chinas, die Sicherheitslücken und Hintertüren enthalte. Die Risiken müssten erkannt, eingegrenzt und kontrollierbar gemacht sowie als Kostenfaktor eingepreist werden, bevor man den ganzen Markt aufgebe.

Über die Hürden jener Life-Science-Unternehmen, die gleichzeitig Partner in den USA und China haben, sprach schließlich Dr. Peter Johann, Managing General Partner der NGN Capital LLC. Er warnte, dass die immer schärferen Kontrollen die Weitergabe detaillierterer Informationen an Zulassungsbehörden erfordere, die dann teils wiederum von potenziellen Partnern oder Mitbewerbern abgefragt werden könnten.

Auch wenn die Referenten die schwerer werdenden Rahmenbedingungen aufgrund der politischen Entwicklungen in den beiden weltgrößten Life-Science-Märkten diskutierten, bleibt für BIO.NRW klar: Man baut sein Chinanetzwerk konsequent aus und wird deshalb die nordrhein-westfälischen Unternehmen durch die Einbindung der richtigen lokalen und regionalen Partner beim Markteintritt und -ausbau in China passgenau unterstützen.

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