Teil 1: Versicherungslösungen für M&A-Transaktionen mit China-Bezug

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Gewährleistungsversicherungen (Warranty & Indemnity; “W&I”) erfüllen in einer M&A-Transaktion wichtige Funktionen. Eine W&I-Versicherung dient häufig als Katalysator, wenn Verkäufer- und Kaufinteressent im Hinblick auf Garantien und Rechtsfolgen zu weit voneinander entfernt sind. So gelingt es oft, Themen, über die die Parteien im Zweifel lange verhandeln würden, auf die W&I-Police auszulagern. Dazu gehört bei Zielgesellschaften, die weltweit operativ tätig sind, häufig die Risikoverteilung eines Schadens resultierend aus Aktivitäten einer ausländischen Tochtergesellschaft. Bei deutschen Zielunternehmen und gerade im produzierenden Gewerbe zählen dazu regelmäßig Gesellschaften in China. VON MARK HOKAMP

Wie sich der Markt für W&I Versicherungen entwickelt, ist dabei gerade auch für Investitionen zwischen Deutschland und China wichtig. Einen Überblick dazu gibt der Bericht im aktuellen Quartalsupdate von HWF Partners. Die Zahl der Anfragen und abgeschlossenen Policen ist im Vergleich zum Vorquartal leicht zurückgegangen. Was das Interesse an Zukäufen betriff, besteht nach wie vor eine starke Nachfrage nach Unternehmen aus dem Technologiesektor. Gleichzeitig wird im Zuge der Portfoliodiversifikation vermehrt im Bereich des produzierenden und verarbeitenden Gewerbes erworben. Dabei sind insbesondere Buy-and Build Strategien von Private Equity – Investoren zu beobachten.

HWF Q2 2022 Statistik

Transaktion mit China-Bezug

Für Transaktionsbeteiligte, die bei einer Transaktion mit Chinabezug eine W&I-Versicherung erwägen, ist es wichtig zu verstehen, wie der Versicherungsmarkt grundsätzlich mit chinesischen Niederlassungen umgeht und welchen Schluss man daraus für die Due Diligence, die Auswahl des Versicherers und die Risikoverteilung zwischen der Käufer- und Verkäuferseite zieht. Für die generelle Einordnung der Versicherbarkeit eines Zielunternehmens mit Niederlassung in China und der spezifischen Erwartungen an den käuferseitigen Due Diligence Prozess haben wir 18 Versicherer, die Transaktionen im deutschen Markt versichern, befragt.

Risikomanagement aus Sicht der Versicherer

Als erstes Ergebnis zeigt sich, dass der Markt für Transaktionsversicherungen grundsätzlich offen für Transaktionen mit Chinabezug ist, insbesondere auch, wenn eine chinesische Tochtergesellschaft Teil der Transaktion ist. Lediglich zwei M&A-Versicherer äußerten, keine Transaktionen mit Bezug zu China versichern zu wollen.

Für das eigene Risikomanagement arbeiten Versicherer dabei mit unterschiedlichen Einschränkungen bzw. Ausschlüssen und besonderen Anforderung an die Due Diligence. Sieben Versicherer bedienen sich dabei absoluter Grenzen im Hinblick auf Gesamtbeitrag zum Gruppenumsatz. Die chinesischen Tochterunternehmen können hier bis 20% des Umsatzes erreichen oder auch bis 20% der Mitarbeiter der Gruppe beschäftigen.

Die Mehrzahl der Versicherungsunternehmen verzichtet indes auf strikte Parameter und verlässt sich im jeweiligen Einzelfall auf eine Gesamtschau der Transaktion unter Einbeziehung der chinesischen Einheit. Teil dieser Gesamtschau sind insbesondere folgende Erwägungen:

  • Ist das Management, sowie die letztliche finanzielle Kontrolle des Unternehmens außerhalb Chinas bzw. bei der deutschen Muttergesellschaft ansässig? Dies ist für alle Versicherer Grundvoraussetzung, um die Transaktion versichern zu können.
  • Bestehen besondere Verbindungen zu staatlichen Stellen oder der kommunistischen Partei z.B. in stark regulierten Industrien?Hat im Falle eines Joint Venture der chinesische Partner großen Einfluss auf die operativen Geschäfte? Wird dies bejaht, ist es wahrscheinlich, dass der chinesische Teil der Transaktion nicht versichert wird.
  • Handelt es sich lediglich um eine chinesische Vertriebsniederlassung oder eine größere Unternehmenseinheit- etwa einen Produktions- oder R&D-Standort- und sind für das Gesamtunternehmen bedeutsame Vermögenswerte in China belegen bzw. bilanziert oder IP Rechte registriert? Bei einer Produktionsstätte und wesentlichen Vermögenswerten bzw. IP Rechten in China würde erwartet, dass der Investor die damit verbundenen Risiken (z.B. Zulieferer – und Kundenverträge), Betriebsgenehmigungen, korrekte Buchführung unter chinesischem GAAP oder auch Zustand des Anlage- und Umlaufvermögens in seiner Due Diligence Planung berücksichtigt. Auch die Ergebnisse der Prüfung der Marken- und Patentregister in China sollten für den Versicherer nachvollziehbar in der Due Diligence abgebildet werden.
  • Wurde die chinesische Gesellschaft von der deutschen Mutter gegründet? Ist sie in China organisch gewachsen oder im Zuge einer Akquisition erworben worden? Wurde die Niederlassung im Zuge einer Akquisition erworben, werden die meisten Versicherer dies nicht versichern. Diejenigen Versicherer, die sich dies grundsätzlich anschauen, würden, erwarten, dass auch die operativen Aktivitäten der chinesischen Tochter vor der Zeit des Erwerbs Teil der Due Diligence sind.

Grundsätzlich gilt: Je größer die Präsenz in China und der Anteil des chinesischen Teils am Gesamtunternehmenswert , desto genauer wägen die Versicherer die grundsätzliche Versicherbarkeit ab. Und desto höher sind die Anforderungen an die Due Diligence Grundsätzlich. Insbesondere wenn der chinesische Teil der Transaktion deutlich mehr als 30% am Gesamtunternehmenswert beträgt, sollte die Versicherbarkeit aus Investorensicht im Einzelfall frühzeitig mithilfe eines spezialisierten Brokers am Versicherungsmarkt verprobt werden.

Im zweiten Teil „Teil 2: Versicherungslösungen für M&A-Transaktionen mit China-Bezug“ geht der Autor auf weitere Anforderungen für W&I Versicherungen mit Chinabezug ein – so bei Due Diligence, wichtigen Wirtschaftssektoren, aber auch auf Chinaspezifischen Ausschlüsse bis hin zu Pandemiebezogenen Versicherungsthemen.

Mark Hokamp

Mark Hokamp, LL.M. (Göttingen/Nanjing) ist Associate Director im Frankfurter Büro des M&A-Versicherungsmaklers HWF Partners. Er verfügt über vier Jahre Erfahrung in der Analyse und der Versicherung von M&A-Transaktionen, hauptsächlich in der DACH-Region und den nordischen Ländern. Bevor er zu HWF kam, arbeitete er in den W&I Teams von führenden Versicherern in Frankfurt und Barcelona.