COVID-19: Finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten für Firmen in China

Auch in China wurden die meisten Industriezweige durch ein schwaches erstes Halbjahr 2020 gebeutelt – wovon auch die Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen in China betroffen waren. Das rückläufige Geschäft hat nun die Frage in den Vordergrund gerückt, welche Möglichkeiten zur Reaktion darauf bestehen.

Finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten in China
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Gesetzliche Förderung 

Das erste Feld der finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen die gesetzlichen Erleichterungen in China im Rahmen der COVID-19-Krise. Dabei wiederum steht die (teilweise) Befreiung der Arbeitgeberanteile von der Sozialversicherung für Unternehmen, die nach chinesischem Recht in China gegründet sind, an erster Stelle. Diese Erleichterung gilt derzeit noch bis Ende 2020. Sie macht sich bei Unternehmen, die die Anteile gesetzeskonform bezahlen, wesentlich stärker bemerkbar als bei den Firmen, die sie unvollständig oder gar nicht bezahlen was bei in China inländischen Unternehmen häufiger vorkommt. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten resultieren aus dem gewährten Aufschub der Körperschaftsteuerzahlung für Unternehmen mit niedriger Gewinnmarge. Davon können defizitäre Gesellschaften allerdings nicht profitieren. Andere aktuelle chinesische Regelungen finden für deutsche Unternehmen selten ihre Anwendung, wie z.B. der Mehrwertsteuererlass im Bereich des öffentlichen Transports oder für Unternehmen, die im privaten (notwendigen) Konsum tätig sind. 

Kurzarbeit? 

Das nächste große Feld für finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten bietet Kurzarbeit. Auch wenn das chinesische Arbeitsrecht diese Möglichkeit nicht kennt, bestehen hier dennoch Wege zur Kostenreduzierung, denn chinesische Arbeitsverträge sind in aller Regel befristet. Nach Ablauf der Frist muss der Vertrag nicht erneuert werden allerdings wird eine Kompensationszahlung fällig. Was man dabei wissen muss: Ein Arbeitsvertrag kann in China nur einmal befristet verlängert werden. Nach Ablauf der ersten Verlängerung gilt ein fortgesetztes Arbeitsverhältnis als unbefristet geschlossen. Berücksichtigt man jedoch die häufige Fluktuation der Arbeitnehmer in China und die damit verbundene niedrige Anzahl der Beschäftigungsjahre, bestehen hier durchaus Gestaltungsmöglichkeiten. Dazu muss man sich allerdings eine Übersicht über die Beschäftigungszeiten der Mitarbeiter verschaffen.

Auch sind chinesische Mitarbeiter oft an Teilzeitstellen interessiert. Derartige Beschäftigungsformen sind in China allerdings noch eher unüblich. Entsprechend sind sich viele chinesische Geschäftsführer dieser Möglichkeiten nicht bewusst. Eventuell lehnen sie sie aus der Tradition der üblichen Vollzeitbeschäftigungen heraus gar ab. Anpassungsmöglichkeiten an ein rückläufiges Geschäft lassen sich hier also nutzen, indem man ein konsequent durchgeführtes Auslastungsscreening mit Time Sheets und ausgefüllten Wochenplänen durchführt und die chinesischen Geschäftsführer durch freundliche Hinweise aus dem Mutterhaus auf die Potenziale der Teilzeitbeschäftigungen aufmerksam macht. 

Controlling verbessern 

Auch in Sachen Controlling und Reporting bestehen Möglichkeiten, durch die Muttergesellschaft positiv auf die Entwicklung der chinesischen Tochtergesellschaft Einfluss zu nehmen. Wichtig ist ein monatliches Berichtswesen, das nicht nur die Gewinn-undVerlust-Rechnung auf Deutsch oder Englisch übersetzt. Vielmehr sollte es auch auch umfassend über die Geschäfts- und Mitarbeiterentwicklung sowie Forderungsmanagement informieren. Hierauf aufbauend bewirkt eine ausführliche und regelmäßige Diskussion mit der lokalen Geschäftsführung in China, Potenziale zu erkennen und Einsparungsmöglichkeiten zu identifizieren: Denn nach unserer Erfahrung sperren sich gerade im Mittelstandssektor chinesische Geschäftsführer häufig gegen eine solche Transparenz, weil sie in der chinesischen Unternehmenskultur eher unüblicher ist. Wer aber seine Geschäfte vor Ort optimieren will, sollte diese Transparenz unbedingt und nachdrücklich einfordern.  

Fazit 

Die meisten Investitionen scheitern nach unserer Erfahrung nicht an den Möglichkeiten des chinesischen Markts oder COVID-19. Sie scheitern vielmehr an unzureichend strukturierten und intransparent geführten Gesellschaften mit schwachem lokalem Management oder fehlendem Konzept für finanzielle Gestaltungsmöglichkeiten (meistens aber an beidem). Durch ein gebündeltes Maßnahmenprogramm könnten viele Tochtergesellschaften in China in die richtige Richtung gelenkt werden. Dies gilt umso mehr, als sie bereits vor oder aufgrund von COVID-19 nur leicht defizitär waren bzw. sind. 

Dr. Gerald Neumann

Dr. Gerald Neumann ist Partner von Ebner Stolz in Shanghai sowie Stuttgart und leitet die chinesische Tochtergesellschaft von Ebner Stolz in China. Er berät vorwiegend deutschsprachige Unternehmen hinsichtlich ihrer Investitionen in China aus finanzieller und steuerlicher Sicht. Zudem ist er Supervisor für namhafte deutsche Unternehmen in China. 

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch