China – Ein Investoren-Wegweiser

Viele Anleger sprechen über den Wachstumsmarkt China und seine Chancen. Aber nur wenige investieren dort auch. Dieser Investoren-Wegweiser für China zeigt daher institutionellen, aber auch privaten Anlegern worauf sie achten sollten – und auch welche Allokationsansätze sich für diesen speziellen Markt besonders anbieten.

Bildnachweis: Blue Planet Studio.

Investoren-Wegweiser für China:
Drei Ansätze zur Allokation

  • Ein möglicher Ansatz ist die Wahl einer aktiv gemanagte Allokation globaler Schwellenländeranlagen, die beispielsweise am MSCI EM Index gemessen werden. Vorteil dieser passiven und konservativen Strategie ist, dass sie den Tracking Error gegenüber dem MSCI ACWI minimiert. Allerdings entsteht daraus ein China-Engagement, in dem die traditionellen H-Shares überwiegen. Das wiederum führt dazu, dass die Möglichkeit begrenzt wird, Chancen bei A-Shares zu nutzen.
    Bei diesem Ansatz wird ein aktives Portfoliomanagement mit Chinakompetenz besonders wichtig. Aber auch dann kann es sein, dass der Manager aktiv die Aufnahme von im Vergleichsindex unterrepräsentierten A-Shares in MSCI-Indizes aufholen muss.
  • Dieser erste Ansatz kann gut mit einer gezielten Satellit-Allokation in A-Shares ergänzt werden. Im Vergleich zum rein passiven Ansatz kann das verstärkte Engagement in A-Shares ein echter Pluspunkt sein. Allerdings reduziert diese Option die Möglichkeiten eines Fondsmanagers, identifizierte Relative-Value-Chancen innerhalb einer China-Allokation zu nutzen. Dafür ist sie aber unter Zuhilfenahme von bestehenden Investmentfonds-Lösungen im Vergleich zum nächsten beschriebenen Ansatz einfacher zu implementieren.

Der beste Ansatz ist eine Schwellenländerallokation ohne China,
die mit einer China-All-Shares-Allokation kombiniert wird.

  • Der dritte und nach unserer Meinung beste Ansatz ist eine Schwellenländerallokation ohne China, die dann mit einer separaten China-All-Shares-Allokation kombiniert wird. So kann ein Investor das gesamte Spektrum der Chancen in China nutzen – und dabei die Bedeutung von China für die Weltwirtschaft korrekt in seinem Portfolio widerspiegeln. Ein gutes Beispiel für dieses Vorgehen ist Japan. Das Land hat heute etwa 40 % der chinesischen Marktkapitalisierung und ist in den meisten globalen Portfolios mit einer getrennten Allokation berücksichtigt. Allerdings ist zu beachten, dass bei diesem Ansatz, bedingt durch das höhere Engagement in China A-Shares gegenüber gängigen Vergleichsindizes wie dem MSCI EM, der Tracking Error zwischenzeitlich steigt. Unser Investoren-Wegweiser empfiehlt diesen Ansatz daher für Anleger, die langfristig in China investieren wollen und eine höhere Risikotoleranz aufweisen.

Mit dem Konsum steigen Unternehmensgewinne und Bewertungen

Andere Länder versuchen noch, das Coronavirus unter Kontrolle zu bekommen. In China aber haben sich sowohl die Industrie- als auch Konsumaktivität schon wieder weitgehend erholt. Tatsächlich deuten die Konsenserwartungen für 2021 auf ein Gewinnwachstum chinesischer Aktien von fast 20 % hin. Das ist angesichts des weiterhin schwierigen makroökonomischen Ausblicks bemerkenswert. Dieser Status als erstes Land, das COVID-19 überwunden hat, trug auch dazu bei, dass sich selbst 2020 die Gewinne bei A-Shares zumindest im unteren einstelligen Bereich stabilisierten. Ein beachtlicher Wert, da die vergleichbaren Aktien in Industrieländern im gleichen Zeitraum um 20 % einbrachen. Wenn die starken Konsensschätzungen für die erwarteten Gewinne 2021 eintreten, würde das daraus resultierende Kurs-Gewinn-Verhältnis dem historischen Durchschnitt entsprechen. Interessant ist auch, dass die Bewertungen chinesischer Aktien weiterhin 30 % unter dem Niveau von Industrieländern liegen. Was erstaunlich ist, da sie in den kommenden Jahren ein stärkeres und stabileres Gewinnwachstum bieten werden.

Das herrschende Niedrigzinsumfeld bedeutet außerdem, dass Wachstumstitel höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse rechtfertigen. Denn je weiter der Anteil wachstumsstärkerer Sektoren an Indizes steigt, desto stärker werden diese Sektoren die historischen Bewertungen chinesischer Aktien nach oben treiben. So sind beispielsweise der Informationstechnologie- und Konsumsektor in den letzten zehn Jahren von etwa 20 % auf 40 % des A-Shares-Index gestiegen. Ein Wachstum, das zu Lasten von Sektoren wie Energie und Grundstoffe ging. Weiteren Auftrieb dürfte das Bewertungsniveau insgesamt erhalten, wenn die in der Regel niedrig bewerteten staatseigenen Unternehmen, die zurzeit rund 70 % des Index ausmachen, an Bedeutung verlieren. Die Zeichen dafür stehen günstig, denn sie werden voraussichtlich erstmals unter die 40 %-Marke fallen.

Makroumfeld mit Risiken

Unser Investoren-Wegweiser erkennt in einigen Bereichen Makrorisiken für China, die aller Voraussicht nach bis 2021 anhalten. Als erstes werden die Binnen- aber auch globale Nachfrage weiterhin durch die Sorge vor weiteren COVID-19-Wellen belastet. Die A-Shares erzielen zwar 85 Prozent ihrer Umsätze im Inland, aber eine schwächere globale Exportnachfrage könnte ihr Wachstum dennoch negativ beeinflussen. Ein zweiter Faktor ist die weiter steigende Verschuldung im chinesischen Unternehmenssektor von der wir aufgrund der wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 ausgehen. Zusätzlich wird auch die zukünftige Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen den USA und China unter dem neuen US-Präsident Joe Biden mit Sicherheit eine Rolle spielen.

Wir sind uns dieser Risiken bewusst und beobachten sie genau. Dennoch vertreten wir in diesem Investoren-Wegweiser die Meinung, dass China seine langfristigen Ziele weiter mit Nachdruck verfolgen wird. Dazu gehören die Steigerung des Pro-Kopf-BIP unter Beibehaltung eines stabilen Kreditwachstums. Neben den genannten Makrorisiken müssen langfristig orientierte Anleger aber auch bei aktienspezifischen Risiken Vorsicht walten lassen. Besonders dann, wenn diese Risiken unzulängliche ESG-Offenlegungen und -Praktiken betreffen. Unserer Überzeugung nach ist daher aktives Management ausschlaggebend. Denn wenn vielversprechende Chancen erkannt und gleichzeitig Fehlschläge vermieden werden sollen, ist eine physische Präsenz in China wichtig, wenn sie mit einschlägigem Know-how und dem Verständnis der Praktiken vor Ort verbunden ist.

Kurzfristig allokieren und langfristige Chancen nutzen

Für 2030 wird erwartet, dass die Wirtschaft der Volksrepublik circa 37 % des globalen BIPs ausmachen wird. Zum Vergleich: heute liegt sie noch bei knapp 14 %. Grundlage ist der fortgesetzte strukturelle Wandel zu einem produktiveren Wachstumsmodell. Die chinesische Regierung hat bereits gezeigt, dass ihr sehr daran gelegen ist, diese stabile Wachstum zu unterstützen. Sie ist auch weiterhin bereit, die dafür wichtigen Strukturreformen durchzuführen. Folglich sieht unser Investoren-Wegweiser ein entsprechend breites Spektrum zur Wachstumsteilhabe an den Aktienmärkten in China.

Gerade wenn Anleger ihre China-Allokationen auch weiter im Einklang mit den globalen Aktienindizes aufstocken könnten besonders die A-Shares von der technischen Unterstützung durch ausländische Kapitalzuflüsse profitieren. Die entsprechenden Nettozuflüsse haben sich seit dem März bereits wieder deutlich erholt. Wir sehen, dass der chinesische Aktienmarkt eine massive Transformation durchläuft und sich zu einem offeneren und investierbareren Markt entwickelt.  Die erste Phase, die Aufnahme in Indizes, ist bereits erfolgreich abgeschlossen. Sie ebnet den Weg für eine weitere Integration in die Portfolios globaler Anleger. Wir sind überzeugt, dass langfristige Anleger jetzt die kurzfristige Marktvolatilität nutzen könnten, um ihr Engagement in chinesischen Aktien auszubauen. Mit Blick auf die Zukunft wird ihre Allokation dann die Größe der Wirtschaft, Aktienmärkte und Wachstumschancen in China widerspiegeln.

 


Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken.
Er enthält ausgewählte Informationen und stellt kein Angebot zum Kauf von Anteilen dar.

Porträt Luke Barrs
Luke Barrs

Luke Barrs ist Head of Fundamental Equity Client Portfolio Management EMEA bei Goldman Sachs Asset Management.