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Snowbird: im Landeanflug an die Frankfurter Börse

Der Daunenveredler- und -hersteller möchte durch den geplanten Börsengang seine Wachstumsstrategie fortsetzen und neben China auch den europäischen Markt erobern.

Der September scheint in Sachen Börsengänge gut zu starten: So plant die chinesische Snowbird AG, ein nach eigenen Angaben führender Daunenveredler- und -hersteller, noch in diesem Monat ein IPO an der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Münchner CM-Equity agiert dabei als Global Coordinator und Leadmanager.

Im letzten Geschäftsjahr erzielten die Chinesen Umsätze von rund 137 Mio. EUR und Gewinne von bis zu 28 Mio. EUR. Zudem plane das Unternehmen im vierten Quartal den Aufbau einer eigenen Näherei, wodurch die Produktionskapazität voraussichtlich von aktuell 1,9  auf 8,1 Mio. Stück jährlich steigen wird. Mit dem Börsengang wolle Snowbird in erster Linie weiter innerhalb Chinas und Europas expandieren.

Besonders für den chinesischen Markt werde eine stetig steigende Nachfrage für Daunenprodukte erwartet, insbesondere für Daunenbettzeug – immerhin besitzen nur weniger als 1% der Chinesen ein Daunenbett, weshalb das Wachstumspotential hier besonders hoch scheine.

Mitglied des Aufsichtsrates ist u.a. Thomas Bieri (44), der mehr als 15 Jahre Erfahrungen im Bereich Kapitalmarkt und Finance besitzt und seit 2013 geschäftsführender Gesellschafter der Acxit Capital Management AG, Schweiz, ist.

Weite Details zum Börsengang sollten bereits in Kürze folgen.

Shunfeng übernimmt S.A.G. Solarstrom

SF Suntech Deutschland GmbH übernimmt für 65 Mio. EUR das operative Geschäft und alle Assets der  S.A.G. Solarstrom AG. Die Tochter des chinesischen Konzerns Shunfeng Photovoltaic International wird die weitere Sanierung der 2013 in Insolvenz gegangenen S.A.G. Solarstrom übernehmen. Alle Geschäftsbereiche sollen fortgeführt werden und das Management im Unternehmen verbleiben.

Am 30. August unterschrieben SF Suntech und S.A.G. Solarstrom den Vertrag zur Übernahme des deutschen Photovoltaik-Pioniers vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre von Shunfeng, der Freigabe von Sicherheiten und kartellrechtlicher Prüfungen. Shunfeng zielt nach eigenen Angaben mit der Transaktion auf eine Stärkung seiner europäischen Präsenz sowie seiner weltweiten Downstream-Aktivitäten im Markt für erneuerbare Energien. Insbesondere die Marktzugänge und das Know-how von S.A.G. Solarstrom im Bereich der Überwachung von Photovoltaikanlagen sind für den chinesischen Konzern von Interesse.

In dem neuen Unternehmen sollen das Europageschäft von Shunfeng gebündelt werden. Der Sitz wird voraussichtlich 2016 nach Merzhausen verlagert. Dr. Karl Kuhlmann, CEO von S.A.G Solarstrom, soll das Unternehmen weiterhin führen und hofft auf neue Wachstumsperspektiven. Auch das weitere Management soll seine Leitungsfunktionen nach wie vor wahrnehmen und die rund 160 Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Geplant ist darüber hinaus, dass die Gläubiger der beiden im Entry Standard notierten Anleihen von S.A.G. Solarstrom eine Quote von 50% auf Ihre Forderungen bekommen. Die tatsächliche Insolvenzquote könne aber auch deutlich über oder unter diesem Wert liegen, schränkte das Unternehmen ein. Die Aktieninhaber indes werden keinen Rückfluss auf ihr eingesetztes Kapital erhalten. Die nach der Kaufabwicklung zurückbleibende  Aktiengesellschaft soll von der Börse genommen und abgewickelt werden. Die Aktie ist bereits seit der Insolvenzanmeldung ein Pennystock. S.A.G. Solarstrom war 1999 als einer der ersten Solarfirmen in Deutschland an die Börse gegangen. Ende 2013 musste der Freiburger Photovoltaik-Hersteller aufgrund von verspäteten Zahlungsmittelzuflüssen in Höhe von 20 Mio. EUR Insolvenz anmelden.

Der Solar- und Ökostrom Konzern Shunfeng Photovoltaic International plant nach eigenen Angaben noch in diesem Jahr einer der weltweit größten Hersteller von Solarzellen zu werden. Darüber hinaus sollen bis 2016 rund 25 Mrd. CNY (ca. 3,2 Mrd. EUR) für Solaranlagen mit einer Kapazität von 10 GW investiert werden. Das Unternehmen ist an der Börse Hong Kong gelistet und konnte im ersten Halbjahr 2014 ein Ergebnis von 502,5 Mio. CNY (ca. 63 Mio. EUR) erzielen. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres hatte der Konzern noch einen Verlust von 670,8 Mio. CNY (rund 85 Mio. EUR) verzeichnet. Nach Angaben von Bloomberg wird Shunfeng von dem Honkonger Baumagnaten ZHENG Jianming kontrolliert, der einen Anteil von 36% an dem Konzern besitzt.

Gemeinsam Märkte erobern

Der Kauf des Autozulieferers KOKI durch den Pekinger Staatskonzern AVICEM zeigt, dass die Chinesen bei Übernahmen in Deutschland immer professioneller vorgehen. Was haben sie jetzt mit dem Mittelständler vor?

Unterschiedlicher könnten die Partner dieser M&A-Transaktion nicht sein. Der Käufer: AVICEM, ein staatliches Industriekonglomerat mit Sitz in der chinesischen Hauptstadt Peking, 70.000 Mitarbeitern und 5 Mrd. EUR Umsatz. Das Zielunternehmen: KOKI, ein hoch spezialisierter mittelständischer Autozulieferer aus dem beschaulichen Niederwürschnitz in Sachsen mit 750 Mitarbeitern und 115 Mio. EUR Umsatz. Der chinesische Staatskonzern erwirbt die KOKI-Anteile von zwei Finanzinvestoren, über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Hinter AVICEM steht indes ein noch größerer Gigant, der staatlich kontrollierte Rüstungs- und Luftfahrtkonzern AVIC mit geschätzt mehr als einer halben Million Mitarbeitern und 25 Mrd. USD Umsatz.

Auch wenn Käufe deutscher Unternehmen durch chinesische Investoren längst keine Seltenheit mehr sind, kann die KOKI-Übernahme als Vorbild für deutsch-chinesische M&A-Projekte gelten. Für Praktiker und Entscheider sind dabei vor allem folgende Fragen interessant: Warum wurde KOKI ausgerechnet nach China verkauft? Wie lief die Transaktion ab? Und was hat der Luftfahrt- und Autozulieferriese AVICEM jetzt mit dem deutschen Unternehmen vor?

Klare Strategie hinter der Transaktion

„Der chinesische Investor wusste von Anfang an, was er wollte“, sagt KOKI-Chef Ralph Rumberg, der erst seit Januar 2014 im Unternehmen ist, die Übernahme aus Managementsicht aber von Anfang an begleitet hat. „Die AVIC-Gruppe will ihre Kompetenz als Autozulieferer mit Produkten rund um Schaltgetriebe ergänzen. KOKI ist ein angesehener Spezialist auf diesem Gebiet und liegt daher als Übernahmeziel auf der Hand.“

Auch die Chinesen haben klar kommuniziert, was sie vorhaben. AVICEM-Chef Jian Wang will mit KOKI die Position seines Konzerns bei der Fahrzeugantriebstechnik stärken und so das Produktangebot deutlich erweitern. Mehr noch: AVICEM soll langfristig Weltmarktführer bei den wichtigen Zulieferteilen für Auto-Gangschaltungen werden. KOKI ist in der Branche für seine ausgefeilte Technik bekannt, die das manuelle Schalten für den Fahrer leicht und flüssig macht, und hat sich damit als Lieferant für die internationale Autoindustrie etabliert.

Seine Selbstständigkeit soll KOKI aber auch unter dem neuen Eigentümer behalten. Das Management bleibt im Amt und die Standorte in Deutschland, Indien und China sollen ausgebaut werden. KOKI hat spät damit angefangen, sich auf dem für die Automobilindustrie so wichtigen chinesischen Markt zu engagieren, bisher gibt es vor Ort nur eine Handelsvertretung, die Prototypen präsentiert und Kundenkontakte herstellt. Die neue Mutter AVICEM soll nun die Eroberung des chinesischen Marktes beschleunigen. „Mit einem chinesischen Investor an Bord geht das leichter“, sagt Daniel Sonntag, kaufmännischer Geschäftsführer von KOKI. 50 Mio. EUR wollen die Chinesen nun für Investitionen bereitstellen. Ein Drittel davon ist für den Aufbau einer neuen KOKI-Fabrik in China eingeplant, der Rest für die Erweiterung der deutschen Standorte. „AVICEM will mit der angesehenen Marke KOKI auf den asiatischen Märkten punkten“, sagt Sonntag. Fast alle wichtigen westlichen Automarken haben in China große Fabriken und Produktionskapazitäten aufgebaut. Einem Zulieferer wie KOKI, den die großen Hersteller schon aus ihren Heimatmärkten kennen, bringen sie daher großes Vertrauen entgegen.

Der Erfolgsmaßstab ist falsch

Chinesische Unternehmensübernahmen werden häufig besonders kritisch betrachtet. Mit Blick auf die weltweite M&A (Miss-)Erfolgsbilanz relativiert sich diese Kritik jedoch. 

Längst ist es keine Ausnahme mehr, dass chinesische Firmen ausländische Unternehmen übernehmen oder mit ihnen fusionieren. Im vergangenen Jahr erreichte das weltweite Transaktionsvolumen 63,3 Mrd. USD. Auch Deutschland blieb mit 25 Übernahmen 2013 ein beliebtes Investitionsziel für chinesische Unternehmer.

Allerdings wird die Erfolgsquote der M&A-Aktivitäten chinesischer Firmen oft besonders kritisch betrachtet. Chinesische Käufer stehen quasi unter Generalverdacht, Übernahmen nicht erfolgreich bewerkstelligen zu können. Im besten Fall verweisen Beobachter auf die vermeintliche Unerfahrenheit der chinesischen Käufer und das damit verbundene Geschäftsrisiko für die übernommenen Unternehmen. Im schlimmsten Fall unterstellen sie chinesischen Käufern, lediglich „Asset Stripping“-Strategien zu verfolgen. Dabei führen sie gern Negativbeispiele gescheiterter Transaktionen an, wie das Joint Venture zwischen dem Elektronikhersteller Thomson und TCL oder die Übernahme des Flugzeugbauers Dornier durch D’Long.

„Ich könnte Ihnen eine sehr lange Wunschliste vorlegen“

Expertin auf dem Gebiet deutsch-chinesischer Transaktionen: Yi Sun, Partnerin bei EY.
Expertin auf dem Gebiet deutsch-chinesischer Transaktionen: Yi Sun, Partnerin bei EY. / 孙轶是德国安永企业交易咨询服务部的合伙人及德国、瑞士、奥地利大中华业务部负责人。十多年来,她为德国和中国企业提供在中国或欧洲的并购咨询服务。

Akquisitionen europäischer Unternehmen durch chinesische Käufer nehmen immer mehr zu. Yi Sun, Partnerin bei EY und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz, nennt Gründe und warum der Trend trotz mancher Hindernisse weiter anhält. 

Unternehmeredition: Frau Sun, woher rührt das Interesse chinesischer Investoren gerade an Deutschland und welche Branchen sind besonders begehrt?

Yi Sun: Die Investoren interessieren sich vorrangig für Industrieunternehmen und insbesondere für Automobilzulieferer. Das liegt daran, dass China ein riesiger Absatzmarkt für diesen Sektor ist und daher großes Interesse an Produkten und Technologie aus Deutschland besteht. Vor allem Anbieter von Fahrzeug-Kernkomponenten stehen im Fokus: von der Hydraulik bis zu den Getrieben und von den Motorteilen bis hin zur Elektronik. Chinesische Zulieferer finden zudem über Akquisitionen deutscher Firmen am schnellsten Zugang zu Premiumherstellern wie Daimler, BMW oder Porsche. Oft stehen aber auch strategische Ziele hinter den Akquisitionen. So sind Börsengänge in China seit der Finanzkrise schwieriger umzusetzen als vorher. Andererseits warten an den Börsenplätzen Hongkong und Shanghai viele Kandidaten auf ihre IPO-Chance. Ihre Aussichten steigen, wenn sie eine erfolgreiche M&A-Transaktion in Deutschland oder Europa als Equity-Story präsentieren können.

Und wie steht es mit den Chancen der Käufer aus China, am deutschen Automobilmarkt zum Zuge zu kommen?

Der chinesische Markt für OEMs und ihre Zulieferer befindet sich seit ein paar Jahren in einer Phase der Konsolidierung, die von der Regierung mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Europa und den USA gezielt gefördert wird. Mit der Größe der Unternehmen wächst nun auch deren Fähigkeit zu M&A-Transaktionen. Strategische Käufer stehen am Automobilmarkt zudem nicht im Wettbewerb mit den meisten Finanzinvestoren, die in diesen Sektor wegen seiner Schwankungen nicht so gerne investieren. Für sie ist er allenfalls mit Blick auf Add-on-Investitionen für bestehende Portfoliounternehmen interessant. Umgekehrt bekommen wir aber immer wieder Anfragen von Private-Equity-Gesellschaften, die sich im Zuge eines Exits nach potentiellen Käufern für eine ihrer Beteiligungen erkundigen. Dennoch gibt es gemessen am Kaufinteresse in China bei den Autozulieferern eher zu wenige Targets in Deutschland. Ich könnte Ihnen da eine sehr lange Wunschliste vorlegen.

2013 ist die Zahl der China-Investitionen in Deutschland nicht gestiegen. Ein Sonderfall oder Zeichen einer Trendwende?

Nachdem der im November 2012 als neuer Parteichef gewählte Xi Jinping im März 2013 das Präsidentenamt in China übernommen hat, wollten viele Unternehmen erst einmal abwarten, welchen wirtschaftspolitischen Kurs er einschlagen wird. Sie haben deshalb ihre M&A-Ambitionen zurückgestellt, obwohl es auf dem deutschen Markt einige sehr große Targets gab. Mittlerweile aber hat sich das wieder geändert. Die Zahl der chinesischen Transaktionen in Europa ist bereits im November und Dezember wieder gestiegen, wobei sich das erst in der Statistik für 2014 niederschlagen wird. Parallel dazu wird auch das Volumen der einzelnen Transaktionen größer. Lag der Schwerpunkt früher unter dem Niveau von 300 Mio. EUR, so befinden sich seit 2013 viele Transaktionen in der Größenordnung zwischen 300 und 500 Mio. EUR in der Pipeline.

Partners Group erwirbt Savera

Der Schweizer Investor Partners Group (www.partnersgroup.com) übernimmt die Mehrheit am chinesischen Aufzugskomponentenhersteller Savera (www.saveragroup.com) von der Gründerfamilie. Sowohl diese als auch einige Privatinvestoren bleiben weiterhin mit einem Minderheitsanteil beteiligt. Die Transaktion soll Ende 2014 abgeschlossen werden. Sie steht derzeit noch unter Vorbehalt der Behörden.

Die Savera Group ist ein Hersteller mechanischer Aufzugskomponenten mit Sitz in Shanghai. 1967 in Spanien gegründet verlegte das Unternehmen seine Tätigkeiten zunehmend nach China, seit 2012 ist auch der Firmensitz in Shanghai. Heute macht der chinesische Markt 85% der Umsätze aus. Das Unternehmen hat einen Gesamtwert von rund 450 Mio. USD. Mit der Beteiligung der Partners Group soll Savera seinen Marktanteil in China verstärken und in neue Gebiete expandieren. Dabei will das Unternehmen vom Trend zur Urbanisierung sowohl in China als auch in anderen Schwellenländern profitieren. Für das Wachstum sollen überdies neue Akquisitionen identifiziert und Partner gefunden werden. Bei der Transaktion wurde Savera von Business Development Asia BDA beraten.

Der globale Investor Partners Group verwaltet nach eigenen Angaben ein Vermögen von rund 34 Mrd. EUR in den Sektoren Private Equity, Private Real Estate, Private Infrastructure und Private Debt. Der Sitz der Gesellschaft liegt in Zug, in den insgesamt 18 Büros weltweit sind rund 700 Mitarbeiter beschäftigt.

Marktpotenziale mit „Made in Germany“

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 01/2014

Immer häufiger kaufen sich seit einigen Jahren chinesische Investoren bei europäischen und insbesondere bei deutschen Unternehmen ein. Sie errichten so wichtige Standorte für ihre internationale Expansion oder nutzen angesehene Marken und Know-how für eine bessere Positionierung im Heimatmarkt. 

Als Chinas Staatspräsident Xi Jinping im Frühjahr zu Besuch in Deutschland weilte, brachte er einige bemerkenswerte Fakten zur Sprache. So will sein Land bis zum Jahr 2020 das Bruttosozialprodukt gegenüber 2010 glatt verdoppeln. Die Weltwirtschaft soll diese Entwicklung forcieren und gleichermaßen davon profitieren. „In den nächsten fünf Jahren wird China Güter im Wert von ungefähr zehn Billionen US-Dollar importieren sowie 500 Mrd. Dollar im Ausland investieren“, sagte Xi Jinping. Dass damit auch deutsche Firmen gemeint sind, wurde anlässlich der Unterzeichnung diverser Abkommen rund um den Besuch Xi Jinpings deutlich. Dazu gehörte beispielsweise auch die Unterschrift unter den Verkauf des Geschäftsfelds Gummi & Kunststoff von ZF Friedrichshafen an den chinesischen Erwerber Times New Material Technology (s. Interview S. 26).

Deutschland gehört zu den beliebtesten Zielmärkten

Die Transaktion des drittgrößten deutschen Automobilzulieferers ZF ist eine von insgesamt 120 Unternehmenskäufen oder -beteiligungen, die laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY im vergangenen Jahr in Europa festgezurrt wurden. Die Zahl Tabelle Übernahmensolcher Deals hat sich damit gegenüber dem Vorkrisenjahr 2007 glatt verdoppelt und in Deutschland sogar verfünffacht. Kein Wunder ist es da, dass die Bundesrepublik zusammen mit Großbritannien bei jeweils 25 Transaktionen mittlerweile zu den beliebtesten Zielmärkten chinesischer Investoren gehört. Klare Schwerpunkte gibt es auch bei der Branchenausrichtung. „Chinas Autobranche drängt auf den Weltmarkt und braucht dafür Know-how, Mitarbeiter und Netzwerke insbesondere deutscher Unternehmen“, sagt Yi Sun, Partnerin bei EY Deutschland und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz.

Generell interessieren sich chinesische Käufer in Deutschland für Industrieunternehmen und insbesondere für den Maschinenbausektor. So hat in 2013 ZWZ, der größte chinesische Anbieter von Kugellagern, die Anteile der BWK Unternehmensbeteiligungsgesellschaft an der KRW Kugel und Rollenlagerwerk Leipzig übernommen. Die frühere Beteiligung des Finanzinvestors Perusa an Buderus Feinguss wiederum gehört jetzt der chinesischen Feingussgruppe Impro Precisions Industries. Die Fokussierung auf den Industriesektor spiegelt sich auch in regionalen Schwerpunkten wider. So entfällt nach Recherchen der Wirtschaftsförderungsgesellschaft NRW.INVEST von den insgesamt 78 in der Zeit von 2000 bis 2013 von chinesischen Investoren übernommenen deutschen Unternehmen ein gutes Viertel auf Nordrhein-Westfalen. Eines der jüngsten Beispiele ist der Erwerb des Werkzeugherstellers Gölz durch dessen langjährigen Geschäftspartner Eastern Sea.

Unternehmensverkauf nach China

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 01/2014

Immer mehr chinesische Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, deutsche Unternehmen oder deren Technologien zu kaufen. Die bisherigen Erfahrungen aus Unternehmenssicht sind überwiegend positiv.

Seit 2009 wachsen Löhne in China schneller als die Produktivität. Vor allem chinesische Unternehmen, die eine große Anzahl ungelernter Arbeiter beschäftigen, leiden unter dem hohen Lohnzuwachs zwischen 15% und 25% pro Jahr.

Als erste Reaktion versuchten die Chinesen anfangs, mehr Maschinen in der Produktion einzusetzen und die Automatisierung voranzutreiben, um teuer gewordene Arbeitskräfte zu ersetzen. Dadurch wuchs auch der deutsche Maschinenexport nach China von 2010 auf 2011 auf ein zweistelliges Niveau. Dieser Ansatz stieß aber bald an seine Grenzen, weil der Zukauf von Maschinen allein nicht alle Automatisierungsprozesse regeln und das notwendige Know-how sichern kann. Gleichzeitig suchen chinesische Unternehmen neue, hochwertigere Produkte, die sie auch unter höheren Arbeitskosten noch produzieren und mit Gewinn absetzen können, sowie die Möglichkeit, im Ausland selbst direkt an Kunden verkaufen zu können.

Woher rührt das Interesse der Chinesen?

Eine einfache und logische Lösung, alle drei Aspekte unter einen Hut zu bringen, ist der Kauf exportorientierter deutscher Unternehmen: So gelingt es in einem Schritt, fortgeschrittene Produkte und das dazugehörige Fertigungs-Know-how sowie den Zugang zum Weltmarkt zu erhalten. Vergleichbare Unternehmen aus Ländern wie den USA und Japan sind oft börsennotiert und zu groß. In Deutschland hingegen gibt es viele Mittelständler, die mit einem vergleichsweise geringen Budget gekauft werden können. So kam es im Jahr 2012 zu einem sprunghaften Anstieg der Akquisitionen von deutschen Unternehmen durch Chinesen, darunter z.B. Kiekert, Medion, Putzmeister, Rohde & Schwarz. Und das Interesse an deutschen Technologien und Unternehmen, vor allem Familienunternehmen, ist ungebrochen.

China IPOs – Risiken erkennen, Chancen nutzen

Negative Schlagzeilen, Kurse unter Erstnotiz, keine Vollplatzierung. Die im Prime Standard der Frankfurter Börse gelisteten chinesischen AGs stehen im Fokus der Berichterstattung. Über einige erfolgreiche IPOs mit überzeugenden Geschäftsmodellen wird jedoch kaum gesprochen. Das sollte sich bald ändern.

Transparenz und Corporate Governance

Experten begründen die aktuelle Lage mit mangelnder Transparenz für Anleger. Diese können wegen der geographischenDistanz nur schwer überprüfen, ob die Emissionserlöse auch tatsächlich in der angekündigten Weise eingesetzt werden oder wie sich die Lage des Unternehmens darstellt. Hinzukommt fehlende bzw. schlechte Investor Relations und nicht zuletzt nehmen die bekannten Betrugsfälle die übrigen China-Aktien in Sippenhaft und trüben den Blick.

Haftungsfrage schwierig

Um das Vertrauen bei den deutschen Aktionären zu stärken, werden Vorstand und Aufsichtsrat oft namhaft besetzt. Allerdings bleibt die Frage, wie weit sich die Sorgfaltspflicht dieser Manager erstreckt. Die Überwachung der Corporate Governance in China aus einer börsennotierten Holding heraus ist eine sehr schwierige Aufgabe.

Börsengänge dauern an

Dennoch drängen chinesische Unternehmen an ausländische Börsen, siehe JD.com und bald Alibaba in den USA. Dies ist auf die aktuelle IPO-Flut in China zurückzuführen: Erst Anfang des Jahres hat die chinesische Börsenaufsicht die im Oktober 2012 verhängte Sperre für Börsengänge aufgehoben. Seitdem befinden sich über 700 Unternehmen in der Warteschleife.

Interesse steigt wieder

Eine neue Studie von CM-Equity zeigt,  dass Anleger China-IPOs wieder positiver wahrnehmen. Die optimistische Stimmung hat unterschiedliche Gründe.

Wissen und Vertrauen

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 01/2014

Die Übernahme des Hausgerätezulieferers Aweco durch den Konkurrenten Sanhua zeigt: Deutsche Eigentümer und Manager brauchen viel Geduld, wenn sie ihr Unternehmen an einen Investor aus China verkaufen wollen.

Die Gemeinde Neukirch am Bodensee mit ihren rund 2.600 Einwohnern ist nicht nur Inbegriff von Idylle, sondern auch Schauplatz eines erfolgreichen deutsch-chinesischen M&A-Projekts. Der 1960 am Ort gegründete Hausgerätezulieferer Aweco gehört seit 2013 zum Konzern Sanhua. Die Übernahme durch die Chinesen war auch eine Rettung aus der Krise. Jetzt florieren die Geschäfte wieder, über 950 Mitarbeiter erwirtschaften 100 Mio. EUR Jahresumsatz. Die Produktion allerdings wurde komplett aus Deutschland wegverlagert, aber nicht nach China, sondern nach Polen.

Immer mehr Übernahmen

Die Chinesen gingen bei der Übernahme Schritt für Schritt vor, fast schon zögerlich, was für die deutsche Seite nicht immer einfach war. Der Fall zeigt daher beispielhaft, welche Hürden es bei deutsch-chinesischen Fusionen und Übernahmen zu nehmen gilt und worauf sich Unternehmer und Manager dabei einstellen müssen. Immer mehr deutsche Mittelständler stehen nämlich vor der Herausforderung eines M&A-Projekts mit Investoren aus China auf der Käuferseite. Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY haben chinesische Unternehmen 2013 in 25 Fällen deutsche Unternehmen übernommen, während es im Jahr 2008 nur acht Transaktionen dieser Art gab. Vor allem mittelständische Industrieunternehmen wie Aweco stehen im Fokus der Investoren aus Fernost.

Produktion bei Aweco: Sie passt zum Portfolio des Klimaanlagenspezialisten Sanhua.
Produktion bei Aweco: Sie passt zum Portfolio des Klimaanlagenspezialisten Sanhua.

Geschäftsführer der deutschen Sanhua-Tochter sind seit dem Besitzerwechsel Gerhard Teschl und Günter Kamissek. Beide kennen die lange Geschichte von den Anfängen der Zusammenarbeit bis zur kompletten Übernahme von Aweco. Kamissek hatte den Einblick auf deutscher Seite als Aweco-Geschäftsführer, während Teschl auf Seite der Chinesen das Projekt zum Kauf des süddeutschen Hausgerätezulieferers leitete. Der deutschsprachige Manager Teschl spielte eine wichtige Rolle als Transmitter zwischen beiden Seiten. Bei Sanhua gab es damals noch keine Erfahrungen mit internationalen M&A-Projekten, ein Team musste erst aufgebaut werden. Dem ursprünglich als Vertriebschef eingestellten Teschl wurde daher kurzerhand die organisatorische Verantwortung für die Übernahme übertragen.

Perfekte Symbiose

In das Beuteschema des Klimaanlagespezialisten Sanhua aus der Küstenprovinz Zhejiang passt Aweco mit seiner eng verwandten Produktion hervorragend. Das deutsche Unternehmen fertigt Komponenten für Spül-, Wasch- oder Kaffeemaschinen großer Markenhersteller, seine Bauteile pumpen, dosieren, reinigen und heizen das Wasser für die elektrischen Helferlein, die in privaten Haushalten und in der Profi-Gastronomie auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen. Das dabei in Jahrzehnten erworbene Know-how zog die Chinesen an. Aweco hingegen suchte einen finanzstarken Partner, um langfristig zu überleben.

Verbesserte M&A-Konzepte und Marktchancen in China und Deutschland

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Kulturelle Differenzen erschweren nach wie vor häufig deutsch-chinesische M&A. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, das gegenseitige Verständnis zu fördern.

Im Mai 2014 nahm ich an einer Europareise teil, die von der Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) und dem China Entrepreneurs Forum organisiert wurde. Während dieser Reise führte ich mit Führungskräften aus Politik und Wirtschaft aus vier Ländern viele Gespräche. Es war bereits meine vierte Reise nach Deutschland in den vergangenen zehn Jahren. Im Vergleich zu Frankreich und Italien sind sich Unternehmen aus Deutschland und China gegenseitig noch relativ fremd. In Diskussionen stellte ich fest, dass jeder seine eigenen Geschichten erzählt und wir recht eigenständige und festgelegte Meinungen haben. Dieses Gefühl von Distanz ist der Grund, weshalb Unternehmensfusionen und -übernahmen zwischen China und Deutschland bisher kaum in größerem Rahmen stattfinden. Das bedeutet aber auch viel Raum für künftige Entwicklungen.

Selbstgefälligkeit im Rahmen überkommener Konzepte

Das große Potenzial des chinesischen Marktes wird bereits seit langem von deutschen und europäischen Unternehmen hoch geschätzt. Insbesondere genießen deutsche Marken und Technologien ein hohes Ansehen in China. Diese scheinbar gute Konstellation hat jedoch noch keine intensivere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus Deutschland und China zur Folge. Im M&A-Sektor wurden bis heute keine kontinuierlichen Fortschritte erzielt. Neben allgemeinen Schwierigkeiten in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, so zum Beispiel im Finanz-, Rechts-, Arbeitnehmer- und Kulturbereich, stellt häufig das Gefühl der eigenen Überlegenheit ein unüberwindliches Hindernis für eine Zusammenarbeit dar. In der Industrie sind Märkte und Marken die Kerne der Wettbewerbsfähigkeit, gleichzeitig auch die Ausgangspunkte für die Entstehung von Kunden- und Industrie-Clustern. Nach Einführung der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik liegt hier die Basis für die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland. Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW und eine Reihe von Elektrohaushaltsgeräte-Herstellern aus Deutschland haben innerhalb kurzer Zeit eine führende Rolle auf dem chinesischen Markt übernommen. Technologie, Produktion und Handel waren die Treiber dieses Erfolgs. Im Bereich der Kapitalmärkte und bei M&A gibt es bis heute keine vergleichbare Entwicklung. Die Globalisierung von Aktien und Kapital ist der Haupttreiber des internationalen M&A-Geschehens. Die nationale Identität von Unternehmen wird immer unbedeutender. Kapital, Technologie, Kunden und industrielle Wertschöpfungsketten globaler Unternehmen haben sich grundsätzlich geändert. So sind Begriffe wie „chinesischer Markt“ und „deutsche Marken“ heute unwichtige Etiketten geworden. Hingegen bietet ein Konzept wie „Deutscher Markt“ und „chinesische Marken“ Start-up-Unternehmen große Chancen.

Der Mittelstand in Deutschland

Der deutsche Markt im Überblick: Mittelständler spielen eine wichtige Rolle.
Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind in ihrer wirtschaftlichen Aktivität in aller Regel eher regional orientiert. / 中小型企业的经济活动通常面向地区。Quelle: Thinkstock; © stevanovicigor

Aus E-Mag M&A China/Deutschland 2013

Die herausragende Bedeutung des Mittelstands für die deutsche Volkswirtschaft wird immer wieder betont. Gerade im Zeitalter einer globalisierten Wirtschaft und multinationaler Konzerne bildet der fest mit seinen Unternehmen verbundene mittelständische Unternehmer einerseits einen festen Anker und zeigt andererseits die notwendige Flexibilität, um auf die sich ständig verändernden Rahmenbedingungen adäquat reagieren zu können.

Die aktuell verfügbare Auswertung des Unternehmensregisters weist für das Jahr 2010 einen Unternehmensbestand von rund 3,67 Mio. Unternehmen in Deutschland aus (vgl. Abbildung 1). Unter Zugrundelegung der quantitativen Mittelstandsdefinition der EU-Kommission (Gemäß der EU-Kommissionsempfehlung wird seit dem 1. Januar 2005 ein Unternehmen als KMU betrachtet, wenn es a) nicht mehr als 250 Beschäftigte hat, b) entweder nicht mehr als 50 Mio. EUR Jahresumsatz oder eine Bilanzsumme von weniger als 43 Mio. EUR hat und c) (weitgehend) unabhängig ist) zeigt sich, dass über 3 Mio. Unternehmen im Jahr 2010 weniger als zehn Beschäftigte hatten. Nur rund 12.000 aller Unternehmen gehören nach dieser statistisch determinierten Betrachtung zum Kreis der Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten.

Abb1
Abb. 1: Unternehmen in Deutschland 2010 nach Beschäftigtengrößenklassen
Quelle: www.statistik-portal.de/Statistik-Portal/de_enterprise.asp?reg=00

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass im Jahre 2010 gemäß der KMU-Definition der EU-Kommission 99,5% der Unternehmen in Deutschland zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gehören. Auf diese entfielen 35,9% aller steuerbaren Umsätze aus Lieferungen und Leistungen und 54,7% aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Internationalisierung des deutschen (industriellen) Mittelstandes

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind in ihrer wirtschaftlichen Aktivität in aller Regel eher regional orientiert. Über die Exportaktivitäten deutscher Unternehmen kann die Umsatzsteuerstatistik mittels Sonderauswertungen detailliert Auskunft geben. Hiernach exportierten im Jahr 2010 rund 353.000 Unternehmen Waren ins Ausland. Knapp 98% der Exporteure (rund 345.000) sind KMU. Bemerkenswert ist, dass auch kleinere Mittelständler auf internationalen Märkten sehr aktiv sind. Bezogen auf den Gesamtbestand aller Unternehmen exportiert jedes neunte Unternehmen. Dieser Anteil mag auf den ersten Blick vielleicht gering erscheinen, jedoch sollte beachtet werden, dass in der Grundgesamtheit u.a. Gaststätten/Restaurants, Frisörgeschäfte, Kfz-Werkstätten, Einzelhandelsgeschäfte usw. enthalten sind, die i.d.R. nur auf lokalen oder regionalen Märkten aktiv sind.