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Xuduan kauft ebu

Xuzhou Metalforming Machine Group Co. Ltd (Xuduan) erwirbt den Anlagenbauer ebu Umformtechnik GmbH aus Bayreuth. Verkäufer sind die niederländisch-deutsche Industrieholding Nimbus als Mehrheitsgesellschafter sowie Jörg Berger, der ebu als Geschäftsführer erhalten bleiben wird. Berger hatte ebu seit 2012 gemeinsam mit Nimbus als Nachfolger der insolventen Burkhardt GmbH am Standort Bayreuth aufgebaut. Zum Kaufpreis äußerten sich die beteiligten Parteien nicht.

Der Deal ging rasch über die Bühne: Am 20. Oktober unterschrieben Xuduan und ebu das Share Purchase Agreement (SPA) und bereits zum Ende des Monats erfolgte das Closing. Die schnelle Übereinkunft kommt nicht von ungefähr. Beide Seiten stehen bereits seit September vergangenen Jahres in Kontakt und sind auch in der gleichen Nische aktiv. Sowohl das deutsche als auch das chinesische Unternehmen sind auf den Bau von Großpressen und Stanzautomaten spezialisiert.

Mit der Akquisition von ebu plant Xuduan, sein Produktportfolio zu erweitern und Marktzugang in Mittel- und Osteuropa zu erhalten. Das in Xuzhou in der Provinz Jiangsu ansässige Unternehmen wurde 1951 gegründet und beschäftigt rund 600 Mitarbeiter. Xuduan ist Teil der Jiangsu Furen Group, deren 17 Gesellschaften neben Anlagen- und Maschinenbau auch in Haushaltselektronik, Automobil- und Luftfahrtindustrietechnik aktiv sind sowie Stromnetze ausrüsten.

Die Bayreuther ebu Umformtechnik ging vor vier Jahren aus der 1861 gegründeten Burkhardt GmbH hervor. Die Oberfranken beschäftigen rund 120 Mitarbeiter und rechnen für 2016 mit einem Umsatz von 25 Mio. EUR. Hauptkunden des Unternehmens sind Automobilzulieferer. In diesem Bereich generiert ebu rund 60% seiner Einnahmen.

Neue Runde des Going Out

上海联合产权交易所副总裁李杰现场介绍该交易所面向中国国企的服务与功能

Chinas zentralstaatlich geführte Unternehmen bekunden ihr Interesse an einer Ausweitung der Zusammenarbeit mit Deutschland. Am 7. November präsentierten sich ausgewählte Vertreter von Chinas größten Staatskonzernen vor rund 50 M&A-Experten in Frankfurt. Ziel war es, die Chancen für Investments auszuloten und ein besseres Verständnis für den deutschen Markt zu gewinnen. Zum Auftakt aber ging es um die jüngsten Spannungen in den Wirtschaftsbeziehungen beider Länder.

Die Veranstaltung fand unter dem Motto „Chinesische zentralstaatliche Unternehmen in Deutschland 2016“ in den Frankfurter Räumen der China International Investment Promotion Agency (Germany). Die offizielle Investmentagentur des chinesischen Handelsministeriums organisierte zusammen mit der Shanghai United Assets and Equity Exchange (SUAEE) den Event.

Börse für Staatsunternehmen

Die SUAEE, die mit dem Zusammenschluss zweier lokaler Börsen in Shanghai im Jahr 2003 ins Leben gerufen wurde, ist der zentrale Handelsplatz für Staatsunternehmen und untersteht der Kommission zur Kontrolle von Staatsvermögen, SASAC. Wie LI Jie, Vizepräsident der SUAEE, und Ren Lizhong, General Manager der internationalen M&A-Abteilung der Börse, in ihren Vorträgen darlegten, müssen alle nicht-börsennotierten Staatsunternehmen Beteiligungen, Akquisitionen und Fusionen über die SUAEE abwickeln. Neben Anteilen können dort sämtliche Staatsunternehmen auch Assets, Schuldtitel und IP-Rechte handeln. Unabdingbar ist die Börse ebenfalls bei Cross-border- M&A-Transaktionen. Ren Lizhong hatte hierzu auch konkrete Outbound-Projekte in den Bereichen Halbleiter, IT-Sicherheit und Verkehrssignalanlagen im Gepäck, die er den deutschen Teilnehmern vorstellte. Neben der SUAEE präsentierten sich auch einige Staatsunternehmen. Chinas Staatskonzerne sind in jüngster Zeit verstärkt auf der Suche nach neuen Kooperationspartnern in Deutschland und Europa.

Deutsche Kritik zurückgewiesen

Die Rücknahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung des deutschen Wirtschaftsministeriums für die Übernahme von Aixtron durch Fujian Grand Chip Investment sowie die Kritik von Vizekanzler Sigmar Gabriel an vermeintlich mangelnder Gleichbehandlung deutscher Investoren durch die chinesischen Behörden hat in jüngster Zeit zu erheblichen Verstimmungen im Verhältnis der beiden Wirtschaftsmächte geführt. Zhu Weige, Konsul und Leiter der Wirtschafts- und Handelsabteilung in der Frankfurter Vertretung der Volksrepublik verwahrte sich deutlich gegen die Kritik aus Deutschland. Er verwies zum einen darauf, dass angesichts des Engagements von 8.000 deutschen Unternehmen in China und weiterhin wachsender Investitionen wohl kaum von einer Behinderung der Aktivitäten deutscher Gesellschaften die Rede sein könne. Hingegen haben sich erst 2.000 Gesellschaften aus der Volksrepublik in Deutschland niedergelassen. Überdies sind im Bereich M&A die chinesischen Beteiligungen im Vergleich zu den Investitionen aus den USA und anderen europäischen Ländern immer noch gering. Zudem hob Konsul Zhu hervor, dass China beständig das regulatorische Umfeld für ausländische Unternehmen verbessert. Ein wesentlicher Schritt dabei war im vergangenen Jahr die Umstellung von einem Genehmigungsprozess auf ein einfacheres Registrierungsverfahren für die meisten Branchen. Zudem wurde die Anzahl der Branchen mit Investitionsbeschränkungen zwischenzeitlich von über 70 auf 38 halbiert.

Vereinbarung unterzeichnet

In den anschließenden Präsentationen berichteten hochrangige Experten der Bank of China sowie von Eurasian Consulting, PwC, Lincoln International und der Staufen AG über Marktbedingungen und Erfolgsfaktoren für chinesische Investitionen und Beteiligungen in Deutschland. Zum Abschluss der Veranstaltung setzten Vertreter der Niederlassung der Bank of China in Frankfurt und die SUAEE feierlich ihre Unterschrift unter eine Kooperationsvereinbarung.

Deutsche Bank schließt Hua Xia-Verkauf ab

Aufatmen in Frankfurt: Die Deutsche Bank darf endlich ihren Anteil an Hua Xia verkaufen. Bildquelle: Fotolia; © davis

Fast ein Jahr hat es gedauert: Die Deutsche Bank hat endlich von der chinesischen Bankenaufsicht die Genehmigung zum milliardenschweren Verkauf Ihres Anteils in Höhe von 19,99% an der Hua Xia Bank erhalten. Käufer ist das Versicherungsunternehmen PICC Property and  Casualty Company. Trotzdem dürfte man in Frankfurt keine Sektkorken knallen hören. Die Bewertung des chinesischen Finanzinstituts ist zwischenzeitlich erheblich gesunken.

Bereits am 28. Dezember des vergangenen Jahres hatte die Deutsche Bank die Einigung mit PICC über den Verkauf des Minderheitsanteils verkündet. Damals war man noch von einem Erlös zwischen 23,0 und 25,7 Mrd. RMB (zwischen circa 3,2 und 3,7 Mrd EUR) ausgegangen. Der Wert von Hua Xia ist seither jedoch deutlich geschrumpft. Zum Ende des dritten Quartals stand die Beteiligung nur noch mit 2,8 Mrd. EUR in den Büchern. Anfang 2015 war der Minderheitsanteil noch über 4 Mrd. EUR wert gewesen. Doch dann folgte im Sommer desselben Jahres der große Einbruch an den chinesischen Börsen. Zudem gab der Kurs des Renminbi in jüngster Zeit deutlich nach. Auch deswegen musste die Deutsche Bank seit der Ankündigung des Deals den Wert ihres Anteils mehrmals berichtigen.

Allerdings stand für die Deutsche Bank sowieso ein anderes Ziel im Vordergrund: Mit dem Verkauf der Hua Xia-Beteiligung steigt die harte Kernkapitalquote, die jüngst noch bei 11,1% lag, um 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte. Laut dem neuen Eigenkapital-Regelwerk Basel III wirken sich nämlich Beteiligungen von Finanzinstituten an anderen Banken belastend auf die eigene Kapitalstärke aus. Bereits beim jüngsten Stresstest der EZB hatte sich die Deutsche Bank den positiven Effekt aus dem damals noch nicht abgeschlossenen Verkauf  anrechnen dürfen.

Die Deutsche Bank war 2006 bei Hua Xia eingestiegen. 2008 und 2011 erhöhte das Frankfurter Institut seinen Anteil weiter bis auf insgesamt 19,99%.

Chinesische Investitionen – eine Kontroverse

Im Blick Pekings: Deutschland ist als Investitionsziel für China besonders spannend. Bildquelle: Fotolia; © beugdesign

Deutschland ist ein attraktives Ziel für Direktinvestitionen aus China. Marktzugang, qualifizierte Arbeitskräfte, hochspezialisierte Technologien und das Qualitätsversprechen „Made in Germany“ locken die Unternehmen aus der Volksrepublik. Als hochentwickeltes Land, das über zukunftsträchtige Schlüsseltechnologien verfügt, steht Deutschland besonders im Fokus der Planer und Entscheider in Peking. Nach Übernahmen berichten viele deutsche Unternehmen durchaus positiv über die Investoren aus China. Doch wie sehen die Konsequenzen für die gesamte Wirtschaft des Landes aus? Eine neue Studie der Bertelsmann-Stiftung zieht eine Zwischenbilanz.

Chinesische Direktinvestitionen sorgen dafür, dass sich Deutschland und China weiter wirtschaftlich verflechten, bringen frisches Kapital ins Land, schaffen und erhalten Arbeitsplätze. Zudem kann ein chinesischer Investor aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll sein. „Viele deutsche Unternehmen, die in den letzten Jahren in chinesischen Besitz gewechselt sind, haben gute Erfahrungen mit ihren neuen Eigentümern gemacht. Dazu zählen ein langfristiges Bekenntnis zum Standort, Beschäftigungsgarantien und ein verbesserter Zugang zum chinesischen Markt“, erläutert Cora Jungbluth, Wirtschaftsexpertin der Bertelsmann Stiftung und Studienautorin.

Doch es gibt auch Kritikpunkte: Da ist zunächst die Unsicherheit über den staatlichen Einfluss. Die Eigentumsstrukturen chinesischer Unternehmen sind häufig intransparent. Hinzu kommt in China eine Vielzahl informeller Verflechtungen zwischen Staat und Wirtschaft. Auch chinesische Privatunternehmen können daher nicht vorbehaltlos als Wirtschaftsakteure gelten, die ausschließlich ökonomische Motive verfolgen. Die gilt erst recht für Staatsunternehmen, die direkt der Kontrolle der Zentralregierung unterliegen.

Nach Ansicht der Studienautorin begegnen sich Deutschland und China auch nicht auf Augenhöhe: Die Bundesrepublik bietet chinesischen Investoren freien Marktzugang und hat keinen generellen Schutzmechanismus für deutsche Schlüsseltechnologien. Peking hingegen schützt strategische Industrien bewusst vor ausländischem Zugriff. „Chinesische Unternehmen genießen hierzulande weitgehende Bewegungsfreiheit. Bei deutschen Unternehmen in China ist das nicht der Fall“, so Cora Jungbluth. Den Schlüssel zur Lösung dieses Dilemmas sieht Jungbluth darin, einen Weg zwischen bedenkenlosem Ausverkauf deutscher beziehungsweise europäischer Interessen und protektionistischem Aktionismus zu finden. Hier haben die Deutschland die EU noch einen langen Weg vor sich.

Die komplette Studie (Deutsch) kann hier heruntergeladen werden.

Automatisierungsspezialist aus Kanada wird chinesisch

Industrie 4.0 aus Kanada: Auch im Land der Grizzly-Bären sind chinesische Käufer auf der Suche nach Automatisierungsspezialisten. 来自加拿大的工业4.0:中国买家对自动化领域标的公司的搜寻已经延伸到了北美大陆。Bildquelle: Fotolia; © luzitanija

Ein chinesisches Konsortium erwirbt den kanadischen Maschinenbauer und Automatisierungsspezialisten Valiant TMS. Verkäufer ist die Inhaberfamilie Solcz. Beraten wurde die Käufer von MBL China Consulting aus Augsburg. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt behördlicher Genehmigungen. Die Identität des Käufers soll erst beim Closing bis zum Ende des Jahres veröffentlicht werden. Auch zum Kaufpreis wurden bisher keine Angaben gemacht.

Valiant TMS ist ein global tätiger Anbieter von automatisierten Produktionssystemen für die Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie den Schwermaschinenbau. Die Gruppe liefert Produktionsanlagen für den Karosseriebau, Systeme für die Getriebe- und Motorenmontage, Lecktest- Anlagen, industrielle Waschsysteme, Lösungen für Endmontage von Fahrzeugen, sowie Transport- und Handling-Systeme. Die 1959 gegründete Firma hat ihren Hauptsitz in Windsor, Ontario/Canada und unterhält 27 Standorte in weiteren 13 Ländern. Laut Angaben der Geschäftsführung soll das Unternehmen auch unter  dem neuen  Eigentümer wie bisher operativ weitergeführt werden. Durch die Zusammenarbeit mit dem Konsortium erhofft man sich neue Marktchancen.

Das in Shanghai ansässige chinesische Konsortium besteht aus Unternehmen und Finanzpartnern. Nach eigenen Angaben planen die Investoren, einen globalen Lieferanten für intelligente und automatisierte Produktionsausrüstung im Themenumfeld der Industrie 4.0 aufzubauen. Das Konsortium will sich dabei auf die Kernkompetenzen der Valiant TMS Gruppe stützen. Der neue Anbieter soll künftig nicht nur organisch wachsen sondern durch weitere Zukäufe möglichst schnell an die Weltspitze vorstoßen.

Neue Chancen in China

Neue Investitionschancen: Der 13. Fünfjahresplan rückt zukunfstweisende Branchen in den Mittelpunkt. Bildquelle: Fotolia; © xtock

Chinas 13. Fünfjahresplan (2016-2020) zielt auf eine strukturelle Modernisierung der Wirtschaft ab und bietet neues Potential für Inbound- und Outbound-Investments. Insbesondere in aufstrebenden Branchen  wie Biopharmazie, neuen Materialien, High-end-Komponenten und -Ausrüstung, Internet sowie Technologiedienstleistungen zeigen sich Chancen für grenzüberschreitende Kooperationen, Beteiligungen und Übernahmen. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG.

Unter dem Titel „The 13th Five-Year Plan – China’s transformation and integration with the world economy” untersuchen die KPMG-Experten die neuen Möglichkeiten und zukünftigen Potenziale, die sich aus dem aktuellen Fünfjahresplan für chinesische und ausländische Investoren ergeben. So hat die Zentralregierung in Peking die Biopharmazie als einen Schwerpunktsektor identifiziert. Die Umsätze der chinesischen Biopharmazieunternehmen wuchsen im Zeitraum vom 2010 bis 2014 jährlich durchschnittlich um 23%. In diesem Bereich gibt es mehr als 170 börsennotierte Gesellschaften. Bis zum Ende des Fünfjahresplans soll die Branche um das Doppelte wachsen. Hierzu sollen u.a. neue Technologien aus der Genomforschung zum Einsatz kommen und weiter entwickelt werden. Die Autoren der Studie sehen hierin einen Treiber Cross-border-M&A und eine vertiefte internationale Zusammenarbeit.

Ein weiterer Bereich, in denen chinesische Unternehmen bereits seit einigen Jahren im Ausland auf Einkaufstour sind, sind High-end-Komponenten und -Ausrüstung in verschiedenen Sektoren. Dies umfasst so unterschiedliche Bereiche wie Luft- und Raumfahrt, Schiffbau, den Schienenverkehr, Automation und Robotik, Landwirtschaftliche Maschinen und Management, Medizintechnik oder auch Anlagen für die petrochemische Industrie. In all diesen Branchen sollen zukunftsweisende Technologien eingeführt und weiter entwickelt werden.

Die KPMG-Studie (Englisch) kann hier heruntergeladen werden.

Überraschende Wende bei Aixtron-Übernahme

Neue Runde im Prüfverfahren: Das BMWi will sich die Übernahme von Aixtron durch GCI nochmals näher anschauen. 再次提上审核:德国联邦经济部需进一步审查福建投资基金对爱思强的收购案. Bild: Aixtron SE

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) stellt die Übernahme des deutschen Spezialmaschinenbauers Aixtron durch einen chinesischen Bieter erneut auf den Prüfstand. Das Ministerium hat seine Anfang September an das Unternehmen Fujian Grand Chip Investment (FGC) erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung widerrufen. Dies erfuhr Aixtron noch Freitagabend vom Ministerium. Die entsprechende Adhoc-Meldung erfolgte allerdings Montagmorgen um halb sieben zum Wochenauftakt. Offenbar wurden alle Beteiligten auf dem falschen Fuß erwischt.

FGC hatte Ende Juli ein 680 Mio. EUR umfassendes Kaufangebot für Aixtron abgegeben. Angeblich hatte die chinesische Beteiligungsgesellschaft schon rund zwei Drittel der Aixtron-Aktien angedient bekommen. Am 21. Oktober lief die Annahmefrist ab.

Aixtron produziert Chipanlagen zur Herstellung von Leuchtdioden, die in der Unterhaltungselektronik, Autoindustrie und bei industrieller Beleuchtung zum Einsatz kommen – zugleich ist die aus der RWTH abgespaltene Hightech-Schmiede ein Kind des ehemaligen Neuen Marktes, notiert als eines der ersten Unternehmen 1997.

Aktionäre liefen Sturm auf der Aixtron-HV im Frühjahr: Der Übernahmepreis sei zu niedrig, Knowhow solle nach China abgezweigt werden. FGC versprach im Vorfeld, weiterhin auf das Management-Knowhow aus Deutschland zu setzen: Übernahme ja, reinlabern nein. Ein übliches Vorgehen bei Transaktionen aus dem Ausland.

Auch Wirtschaftsminister Gabriel schaltete sich ein: Man müsse mehr Handhabe gewinnen bei ausländischen M&A-Vorhaben, sprich: man wolle mehr Mitsprache, mehr Regulierung. Das widerspricht natürlich einem freien Markt. Ob die Chinesen – oder sonst wer – ein faires Angebot unterbreiten, darüber entscheiden ja wohl die Aktionäre. Notfalls mit den Füßen.

Ähnliche Diskussionen gab es bei der kürzlichen Übernahme von Kuka durch Midea. Weder sind die Debatten neu, noch dürften sie abebben. Über patriotischen Einsprüche der Regierung wie in den USA hat man sich hierzulande öfters lustig gemacht – inzwischen sitzen alle im selben Boot: China investiert, und zwar überall auf der Welt.

Die Gabriel-Pläne gelten daher als was sie sind: heiße Luft, Wahlkampfpopulismus.

Interessant ist hingegen, dass die Chinesen mit ihrer hauseigenen Inbound-M&A-Politik ihrerseits durchkommen. Natürlich kann in China nicht jeder investieren, und wer es kann, unterliegt strenger Aufsicht und Auflagen. Meistens müssen sich Ausländer mit Knowhow-Abfluss anfreunden – oder draußen vor bleiben.

Offiziell ist es so: Zur Vermeidung von Sicherheitsgefahren kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den Erwerb inländischer Unternehmen durch ausländische Käufer im Einzelfall überprüfen. Grundlage dafür sind das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und die Außenwirtschaftsverordnung (AWV). Geprüft werden kann jeder Unternehmenskauf, durch den ausländische Investoren mindestens 25% der Stimmrechte an einem in Deutschland ansässigen Unternehmen erlangen.

Was das BMWi aktuell beanstandet, wird Aixtron sicherlich noch kommentieren. Denn eigentlich war die Offerte für den oftmals kriselnden LED-Spezialisten halbwegs fürstlich: Die Beteiligten bekunden, dass Kosten zu senken oder Stellen abzubauen kein Thema der Fusion sei: FCG unterstütze Aixtrons bisherige Strategie, Martin Goetzeler bleibe CEO und Dr. Bernd Schulte COO. Rund 1,7 Mrd. RMB (etwa 231 Mio. EUR)  werden als Eigenkapitalfinanzierung durch FGC bereitgestellt.

Hangzhou und Wuzhen – Hubs für E-Commerce und Internet

Feierliche Unterschrift: Matthias Thoben (am Tisch, mitte), Geschäftsführer von Engelmann Messe & Design, unterzeichnet eine Rahmenvereinbarung. 合约签署仪式:恩格尔曼展会及设计有限公司总经理Matthias Thoben先生(图中)现场签署框架协议

Hangzhou – die Heimat der chinesischen Internetgiganten Alibaba und Netease. Die alte Kaiserstadt am Westsee hat sich vielleicht so schnell wie keine andere Metropole in China gewandelt. Inzwischen ist Hangzhou zum Hub für E-Commerce und Portalbetreiber geworden. Auf der letzten offiziellen Station ihrer Delegationsreise nahmen die rund 30 deutschen Unternehmer, Investoren und Berater an einer zweitägigen Investitionskonferenz mit den Schwerpunkten Maschinenbau und Biomedizin teil. Einige der Delegationsmitglieder krönten Ihren Chinabesuch mit der feierlichen Unterzeichnung einer Vereinbarung.

SHI Dongli, die Direktorin für internationale und nationale Beziehung bei der China Investment Promotion Agency (CIPA), umriss auf der Konferenz kurz die Entwicklung von Hangzhou. Mit seinen mehr als 9 Mio. Einwohner erwirtschaftete die Hauptstadt der Provinz Zhejiang im Jahr 2015 erstmals ein Bruttoinlandsprodukt von mehr als 1 Bio. RMB (136 Mrd. EUR). Neben Internet, Telekommunikation und IT sind dort zahlreiche einheimische und internationale Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit, Automotive, Maschinenbau, Elektronik und Chemie zuhause. Globale Konzerne wie Motorola, Nokia oder Siemens betreiben dort Forschungs- und Entwicklungszentren.

Beim feierlichen Empfang für die deutsche Delegation am Abend des 22. Oktober kam es zu einer Überraschung. Mehrere Delegationsmitglieder besiegelten ihre Kooperationsabsichten mit einer Unterschrift. Matthias Thoben, Geschäftsführer der Engelmann Messe & Design GmbH unterzeichnete eine Rahmenvereinbarung mit einem lokalen chinesischen Partner. Und auch innerhalb der Delegation fanden sich zwei neue Partner: Alex Holtermann, CEO der Fintech-Neugründung iCrowdU, und der Investor Timothy Ding, gleichzeitig Asien-Geschäftsführer des Startups Unified Inbox, bekundeten mit ihrer Unterschrift ihre Kooperationsabsicht.

Während die Delegationsreise mit dem Besuch von  Hangzhou offiziell endete, reiste ein kleiner Teil der Delegation noch nach Wuzhen im Kreis Tongxiang – verkehrsgünstig in der Mitte zwischen Shanghai und Hangzhou gelegen – weiter. Mit der von Kanälen durchzogenen, liebevoll restaurierten Altstadt von Wuzhen gab es dort nicht nur ein absolutes touristisches Highlight zu besichtigen, die Region ist vor allem auch für Unternehmen aus dem Internet-Umfeld spannend. So findet in Wuzhen  zwischen den 16. und 18. November die World Internet Conference statt. Noch wichtiger aber: In Wuzhen wird aller Voraussicht nach eine Internet-Versuchszone errichtet, in der regulatorische Erleichterungen gelten sollen. Das dürfte auch für viele ausländische Unternehmen von Interesse sein, die an dem chinesischen Online-Markt mit seinen über 700 Mio. Usern  teilhaben möchten.

Foshan – Vorreiter des Going Out

Präsentation in Foshan: Markus Rieger von der GoingPublic Media AG zeigt die Trends am deutsch-chinesischen M&A--Markt auf.(GoingPublic Media AG董事会主席Markus Rieger先生现场展示中德并购投资市场新趋势)

Chinas Outbound-Investitionen werden dieses Jahr abermals einen neuen Rekord aufstellen. . Das wurde auf dem deutsch-chinesischen Forum von Investment und M&A im südchinesischen Foshan deutlich. Auf der zweiten Station der Delegationsreise für deutsche Unternehmer und Berater der China Investment Promotion Agency (CIPA) erfuhren die Teilnehmer direkt von dem stellvertretenden Direktor der Agentur LI Yong die neusten Zahlen. Demnach haben die chinesischen Direktinvestitionen ins Ausland (Overseas Direct Investments, ODI) in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres den Gesamtwert von 2016 bereits überschritten.

Wie das Mitglied der CIPA-Leitung verkündete, erreichte das ODI-Volumen vom Januar bis Ende September 2016 bereits 134 Mrd. USD. Im vergangenen Jahr, als die Auslandsinvestitionen erstmals die ins Land fließenden Direktinvestments überholten, lag die Zahl hingegen bei 118 Mrd. USD. Für die kommenden Jahre sieht Li den Wachstumstrend bei den ODI ungebrochen. Die südchinesischen Unternehmen stehen dabei an vorderster Front. HU Zhiyong, Nachrichtenleiter der Southern Daily, berichtete, dass laut einer Studie seiner Zeitung zwischen 2011 und 2015 insgesamt 320 Outbound-M&A-Deals von Unternehmen aus der Provinz Guangdong, der wirtschaftsstärksten Region Chinas gezählt wurden. Foshan zählt mit seinen über 7 Mio. Einwohnern zu den größten Städten der Provinz.

Markus Rieger, Vorstandsvorsitzender der GoingPublic Media AG, stellte in einer Präsentation die neuesten Trends des deutsch-chinesischen M&A-Markts dar. Auch in Deutschland werden die chinesischen Übernahmen und Beteiligungen ein neues Rekordniveau erreichen. Bis Ende September wurden bereits 45 M&A-Transaktionen mit chinesischer Beteiligung gezählt. Mit mehr als 10 Mrd. EUR wird das Marktvolumen sich im Vergleich zum Durchschnittsniveau der vergangenen Jahre mehr als versechsfachen.

An der Veranstaltung am 19. Oktober, die im dem gewaltigen Komplex des Sino-European Service Center stattfand, nahmen rund 500 Vertreter von Banken, Unternehmen und Regierungsorganen teil.

Kölns große Mehrzweckhalle geht nach Asien

Eine der bekanntesten deutschen Sport- und Konzerthallen hat den Besitzer gewechselt: Die Kölner Lanxess Arena gehört seit einigen Monaten zwei Investoren aus Korea und Hongkong. Verkäufer war ein geschlossener Immobilienfonds des Bauunternehmers Josef Esch. Das Kaufpaket umfasst nicht nur die Mehrzweckhalle allein – auch von der Stadt Köln genutzte Gebäude gehören dazu.

Die Gesellschafterversammlung musste entscheiden: Im Dezember 2015 stimmte sie dem Immobilien-Deal zu. Der Kaufpreis der Lanxess Arena lag laut Medienberichten bei stolzen 440 Mio. EUR. Ursprünglich hatten die Gesellschafter sogar auf Erlöse in Höhe von 500 Mio. EUR gehofft. Zum Arena-Komplex gehören neben der Veranstaltungshalle mehrere Nebengebäude wie ein Parkhaus (zur Hälfte im Besitz der Stadt Köln), die Trainingshalle des Eishockeyclubs Kölner Haie und das Technische Rathaus der Stadt Köln.

Riesiger Entertainment-Komplex

Deutschlands größte Sport- und Veranstaltungshalle hatte nach der Fertigstellung im September 1998 gleich neue Maßstäbe gesetzt: 72.500 Quadratmeter Nutzfläche, 17.500 Sitzplätze, Großleinwände für direkte Videoübertragungen, Restaurant, Bistro, Bars und Shops – ausgestattet mit modernster Bühnen-, Ton- und Lichttechnik. Etwa 900 Mio. DM hatte der Bau damals gekostet. Die Stadt Köln ist Mieter des Technischen Rathauses und kann dieses auch laut Vertrag im Jahr 2029 für rund 200 Mio. EUR kaufen. 2012 übernahm der Ticketvertreiber CTS Eventim Arena Management GmbH die Anlage und betreibt sie seitdem. Im Jahr 2014 kamen zu Sportveranstaltungen, Konzerten und Comedy-Abenden 1,5 Mio. Besucher. Im ersten Halbjahr 2015 waren es 714.000.

Namhafte Gesellschafter

Besitzer der KölnArena, deren Namensrechte seit 2008 beim Spezialchemiekonzern Lanxess liegen, war ein geschlossener Immobilienfonds. Aufgelegt wurde er von dem Immobilienunternehmer Josef Esch und der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim. Unter den mehr als 75 Fondszeichnern finden sich auch prominente Namen wie der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont, Ex-Boxer Henry Maske sowie die Neusser Werhahn-Dynastie. Zu den größten Anteilseignern zählten mehrere Mitglieder der Familien von Oppenheim und von Ullmann. Ihnen gehörte Sal. Oppenheim, bevor das Finanzinstitut 2009 von der Deutschen Bank übernommen wurde. Die Immobilie soll bisher eine jährliche Rendite von 3% eingebracht haben. Wie bei solchen Fonds üblich, werden die Objekte nach einiger Zeit veräußert. Bereits vor über drei Jahren hatte die Eigentümergemeinschaft deshalb dem Immobilienunternehmer Josef Esch eine Generalvollmacht für die Verkaufsverhandlungen ausgestellt. Diese gestalteten sich jedoch schwierig, noch bis Ende 2014 war ein Verkauf von drei Immobilien-Paketen vorbereitet worden. Vom Verkaufspreis der Lanxess Arena erhält jeder Zeichner denjenigen Anteil, der seinem Fondsanteil entspricht.

Käufer aus Korea und Hongkong

Für die Käufer Mirae Asset Global Investments aus Korea und die Hongkonger Junson Capital stellt die Transaktion den Eintritt in den deutschen Immobilienmarkt dar. Die 1997 gegründete Mirae Asset ist mit 93 Mrd. USD Assets under Management die größte südkoreanische Vermögensverwaltungsgesellschaft. Bisher war das Unternehmen in erster Linie als Emerging-Markets-Spezialist bekannt. Dort hat es fast 80% seiner Gelder investiert. In Europa war Mirae Asset zuvor nur im Vereinigten Königreich aktiv. Junson Capital wurde erst 2013 ins Hongkonger Handelsregister eingetragen. Es handelt sich um das Family Office des chinesischen Unternehmers CAI Kui, dem Mitbegründer des in Hongkong börsennotierten Immobilienunternehmens Longfor Properties. Den Kontakt zu Esch vermittelte die Immobilienberatungsgesellschaft Arminius Kapital, die als Berater für Junson tätig ist. „Wir haben Junson auf die Arena in Köln aufmerksam gemacht”, erläutert Peter Jun, Managing Partner bei Arminius Funds Management. Die Verbindung zu Mirae organisierte Brookfield Financial. „Die Investmentbank war von uns beauftragt worden, einen passenden Co-Investor aus Korea zu finden“, erläutert Jun. Die Komplexität und Größe der Transaktion war für beide Seiten eine große Herausforderung. „Weitere Hürden kamen hinzu, wie unterschiedliche Marktgesetze, Erwartungen und Verhandlungstaktiken sowie die bekannten kulturellen und sprachlichen Verschiedenheiten“, beschreibt Jun die Schwierigkeiten bei dem Deal.

Unterstützung durch virtuellen Datenraum

Damit ein Zugriff auf alle wichtigen Daten der Immobilie möglich war, wurde Drooms beauftragt, für diesen Deal einen Online-Datenraum einzurichten. „Arminius ist ein langjähriger Kunde von uns“, sagt Drooms-Geschäftsführer Jan Hoffmeister. Aber auch die anderen Parteien kannten die virtuellen Datenräume von Drooms. „Unsere Aufgabe war, alle Beteiligten auf einer externen Plattform zu einer effizienten Zusammenarbeit zusammenzuführen“, erläutert Hoffmeister. Dadurch konnten zum Beispiel wichtige Wirtschaftsdaten, Baupläne oder die Grundbuchauszüge streng vertraulich eingesehen werden. „Bei diesem komplexen Deal wurden die Parteien über Drooms in die verschiedenen Gruppen eingeladen“, weiß Hoffmeister. „Dank eines umfassenden Rechtemanagements hatten alle Gruppen individuelle Berechtigungen, mit denen sie nur Zugriff auf Dokumente hatten, die für sie relevant waren.“ Drooms gehört zu den Top-3-Anbietern auf dem europäischen Markt für virtuelle Datenräume. Die beiden anderen großen Player sind die US-Firmen Merrill und Intralinks. Seit 2001 im Markt tätig, hat Drooms bereits Transaktionen von über 300 Mrd. EUR begleitet. Zum Kundenstamm gehören neben Immobilien- und Beratungsunternehmen sowie Wirtschaftskanzleien auch große Konzerne wie UBS, Metro, Evonik und Rewe.

Mieter bleiben entspannt

Auf die Nachricht vom Verkauf reagierten die betroffenen Mieter mit Gelassenheit. Für den Betreiber der Lanxess Arena wird sich vorerst nichts ändern. „Unser Pachtvertrag gilt bis 2032″, sagt Stefan Löcher, Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Arena Management GmbH. Als Mieter des Technischen Rathauses ist auch die Stadt Köln vom Verkauf betroffen. Das Wirtschaftsdezernat hat sich  mit einem Brief an die neuen Eigentümer gewandt und Gespräche angeboten.

Ausblick

Chinesische Unternehmen und andere asiatische Investoren entdecken den deutschen Immobilienmarkt. Neben der soliden Bauweise spielen auch die hohen Immobilienpreise für das steigende Interesse eine wichtige Rolle. Im Fall der Lanxess Arena kommt hinzu, dass sich die Halle sehr gut vermarkten lässt. Bei qualitativ hochwertigen Objekten haben finanzstarke Investoren aus China und anderen Staaten Asiens auch keine Probleme damit, hohe Summen auf den Tisch zu legen. Für die Mieter bleibt nach dem Eigentümerwechsel alles beim Alten. Sie können wie die Betreibergesellschaft auch ihren Geschäften unverändert nachgehen.

 

Kurzprofil:Lanxess Arena

Gesamtfläche 72.500 Quadratmeter
Baubeginn 31.07.1996
Fertigstellung 30.09.1998
Investitionssumme 900 Mio. DM
Bauherr Immobilienfonds Köln-Deutz Arena und Mantelbebauung GbR, vertreten durch: J. Esch Fonds-Projekt GmbH
Halle / Zuschauerzahl kleine Version: 7.500
große Version: 20.000
Halle / Logen

60 Club-Logen mit acht, zehn oder zwölf Sitplätzen

100 Club-Boxen mit vier oder sechs Sitzplätzen

Zusatzgebäude Rathaus Deutz, 100.000 Quadratmeter Büro- und Ladenfläche, Hauptmieter Stadt Köln (mit 3.000 Mitarbeitern verschiedener Ämter)
Internet www.lanxess-Arena.de

Kunshan – Biomedizin und Umwelttechnik im Fokus

Stolz auf die Erweiterung des German Industrial Parks: Bernd Reitmeier, Geschäftsführer der Start-up Factory in Kunshan. (对园区扩建充满骄傲:昆山新建工厂总经理Bernd Reitmeier先生讲话)

Kunshan ist ein Investorenmagnet für deutsche Unternehmen. Auf der ersten Station einer von der China Investment Promotion Agency (CIPA) organisierten Delegationsreise lernten rund 30 deutsche Unternehmer und Berater die Vorzüge des Standorts nahe Shanghai kennen: eine Stadt, die Ökologie und Industrie in Einklang bringt. Kunshan gilt hier als Vorreiter in China. In dem German Industrial Park haben sich bereits 138 Unternehmen aus Deutschland niedergelassen. Der Industriepark wird jetzt nochmals erweitert. Die Delegation war bei der feierlichen Eröffnung dabei – ebenso bei einem deutsch-chinesischen M&A-Forum.

Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 30.000 USD pro Kopf gehört Kunshan zu den produktivsten Städten Chinas. Rund 2,5 Mio. Einwohner leben in der Metropole rund 50 km entfernt von Shanghai. Ganz bewusst setzt die Stadtregierung Schwerpunkte auf zukunftsträchtige Branchen wie Automation, Medizintechnik oder Biotechnologie. Im Industriepark für Biomedizin wird auf höchstem Niveau an genwirksamen Krebsmedikamenten geforscht. Die deutschen Unternehmer und Berater nutzten die Gelegenheit, sich vor Ort über die Aktivitäten in dem Cluster zu informieren.

Grüne Technik im deutschen Industriepark

Im Zentrum der Erweiterung des German Industrial Park stehen grüne Technologien und Umwelttechnologie. China hat riesigen Bedarf gerade im Bereich Müllverwertung und Entsorgung. Nicht zuletzt die Akquisition des deutschen Abfallverwertungsspezialisten EEW durch Beijing Enterprises Holding Anfang dieses Jahres – mit 1,4 Mrd. EUR der erste Mega-Deal eines chinesischen Investors in Deutschland – zeigt, wie hoch das Interesse aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt an deutscher Umwelttechnologie und grünem Know-how ist. Der Ort für die feierliche Eröffnung des  neuen Bereichs des Industrieparks war ein großes Bierzelt. Nach dem offiziellen Teil sorgten Darbietungen für Abwechslung, die vom Dirndl-Tanz über Pop bis hin zu Kunqu, der traditionellen chinesischen Oper Kunshans, reichten. Für das leibliche Wohl war mit Bier und deftiger Küche aus Bayern gesorgt. Schließlich fand die Veranstaltung auf dem Gelände der Start-up Factory statt. Deren Gründer und Leiter Bernd Reitmeier lebt zwar seit rund 20 Jahren im Großraum Shanghai, ist aber nach wie vor seiner bayerischen Heimat eng verbunden.

Fallbeispiel auf dem M&A-Forum

Tags zuvor nahm die Delegation am Forum zu Investition und M&A in Kunshan teil. Dort präsentierte u.a. LIU Tongyou, der CFO des Kinderartikelherstellers Goodbaby die Erfahrungen seines Unternehmens bei grenzüberschreitenden Übernahmen. Die privat geführte Gesellschaft legte bisher eine steile Entwicklung hin: 1989 gegründet, war man bereits 1994 Marktführer in China, 2006 in Europa und 2009 schließlich weltweit. Doch bis dahin war Goodbaby hauptsächlich als Lieferant für bekannte Markenhersteller unterwegs. 2014 beschloss die Geschäftsführung eigene Marken aufzubauen. Im gleichen Jahr übernahm Goodbaby auch den deutschen Wettbewerber Cybex. Aktuell plant das Unternehmen seine Produkte im Bereich Kindersicherheit verstärkt mit vernetzten Funktionen auszustatten. Eltern sollen so über ihr Smartphone in der Lage sein, das Wohlergehen ihres Nachwuchses zu überwachen.

Weitere Stationen der Delegationsreise waren Foshan und Hangzhou.

„Es gibt viel zu lernen von den Deutschen“

Im Blick des Investors: die Zentrale von Scholz in Essingen. (在投资者的眼中:Scholz位于Essingen的集团总部). Bild: Scholz

Ein veritabler Wirtschaftskrimi ist die Übernahme des Recycling-Spezialisten Scholz durch Chiho-Tiande über einen Debt-Equity-Swap. Die Ingredienzien: hohe Schuldenlast, eine nicht bediente Anleihe, juristische Winkelzüge – und am Ende ein Investor aus China, der den Befreiungsschlag führt. In der Ausgabe 4-2016 analysieren wir die Transaktion detailliert in einer Fallstudie. Lesen Sie hier das ausführliche Interview dazu mit Kian Guan GOH, CIO der Chiho-Tiande Group. Interview: Falko Bozicevic

Unternehmeredition: Herr Goh, könnten Sie den Deal mit der Scholz Holding kurz in eigenen Worten erläutern?

Kian Guan GOH: Die Chiho-Tiande Group (CTG), Chinas größter Metallrecycler, hat es sich zum Ziel gesetzt, das künftig weltweit führende Metall-Recycling-Unternehmen zu schaffen. Die Scholz Gruppe ist für CTG ein wichtiger Baustein, um dieses Ziel zu erreichen. Derzeit gibt es weltweit kein Metallrecycling-Unternehmen, das im gleichen Maße integriert ist, wie es CTG in Kombination mit Scholz sein wird. Hintergrund ist, dass der chinesische Recyclingmarkt gerade erst am Anfang steht. Der Markt entwickelt sich über die Zeit hinweg und wird reift. Dabei durchläuft er denselben Entwicklungszyklus, den auch die Industrieländer durchlaufen haben. Durch die Integration der beiden Teams kann viel gelernt werden. Aufgrund der Industrialisierung in China über die vergangenen Jahrzehnte werden viele langlebige Produkte in den nächsten Jahren das Ende ihrer Lebensdauer (end of life) erreichen. Der künftige Bedarf im Milliardenland China ist riesig.Die Transaktion selbst ist vergleichsweise aufwendig und anspruchsvoll, da es sich nicht um eine einfache Eigenkapital-Akquisition handelt. Aufgrund der hohen Verschuldung von Scholz mussten wir als erstes eine finanzielle Restrukturierung durch eine sogenannte „debt-to-control-Akquisition“ durchführen, welche mehrere Tranchen und Kreditgeber miteinschloss. Erst danach konnte eine Eigenkapital-Transaktion angegangen werden. Zahlreiche zusätzliche Meilensteine mussten daher bewältigt werden.

Welchen Wert sehen Sie in Ihrer neuen deutschen Beteiligung, wie lautet die Idee dahinter?

Die Geschäfte der Scholz Gruppe und von CTG sind in hohem Maße komplementär und eine Kombination ist strategisch ideal. Darüber können beträchtliche profitable Wachstumsmöglichkeiten für beide Unternehmen erschlossen werden. Der kurzfristige Vorteil ist das vorgelagerte Sourcing von Materialien. Der Zusammenschluss eröffnet für die vergrößerte Gruppe die Möglichkeit, verschiedene Quellen weltweit für die Beschaffung anzuzapfen sowie die Abhängigkeit von Zwischenhändlern zu verringern. Auf diesem Weg kann das Metall-Recycling-Geschäft auch in einem angespannten Marktumfeld profitabel betrieben werden. Der langfristige Vorteil ist eher strategischer Natur. Denn China verstärkt seinen Fokus auf nachhaltige Entwicklung und reduziert den Einfluss seines wirtschaftlichen Wachstums auf die Umwelt. Umwelt-Regulierungen und -Standards für unsere Branche werden zunehmen. Es gibt viel zu lernen von den Deutschen, die eine ähnliche Transformation durchgemacht haben, sowohl aus einer Technologie- als auch aus einer Management-Perspektive.

Scholz hatte das eigene auskömmliche Überleben die letzten Jahre nicht geschafft – weshalb meinen Sie, dass dies mit ausländischer Hilfe in Zukunft möglich sein wird?

Erstens war die finanzielle Last, die sich Scholz in den vergangenen zehn Jahren aufgeladen hat, nicht nachhaltig. Die vorangegangenen Restrukturierungen konnten die Schuldenproblematik nicht aus dem Weg räumen. Unsere finanzielle Restrukturierung zielt auf die Lösung genau dieses Problems ab. Das könnte auch ohne ausländische Hilfe erreicht werden, denn jedes Private-Equity-Unternehmen oder jeder europäische Investor mit einem Interesse an der Recycling-Industrie kann Geld auf den Tisch legen.

Und was bringt Chiho-Tiande zusätzlich ein?

Die zweite Hürde ist schwieriger zu nehmen ohne Hilfe von außen – der globale Preis für Schrott und Stahl befindet sich derzeit in einem dauerhaften Tief. Der internationale Markt für diese Ressourcen befindet sich seit Jahren in einer angespannten Verfassung und eine kurzfristige Besserung ist nicht in Sicht: 2015 sind die Weltmarktpreise noch einmal gefallen. Dem gegenüber stehen große Überkapazitäten in der weltweiten Stahlproduktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere im Stahlsegment und ferner bei Nichteisenmetallen. In diesem Umfeld ist eine Konsolidierung nötigt, um relevant und wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Bereich Metallrecycling ist CTG angetreten, um vor diesem Hintergrund selbst eine Plattform zur Konsolidierung zu schaffen.

Wie geht das?

Hierfür sind exzellente Technologie, operative Expertise und ein dichtes Beschaffungs- und Vertriebsnetz nötig. CTG ist bereits gut aufgestellt für das kommende Wachstum in China, aber es fehlen die genannten Merkmale, die Scholz mit seinem Netzwerk in Europa und den USA beiträgt. CTG eröffnet Scholz einen erweiterten Zugriff auf einen größeren und wachsenden Markt, den weder europäische Investoren noch Wettbewerber von Scholz anbieten können. Weiterhin ist CTG als gelistetes Unternehmen in der Lage, den Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten ermöglichen. Gemeinsam wollen Scholz und CTG einer der führenden Marktteilnehmer in der Recycling-Industrie weltweit sein.

Was muss man bei einem solchen Cross Border Deal wissen über das Übernahme-Target, den hiesigen Markt, den Kontinent?

Scholz hat Geschäftstätigkeiten in verschiedenen europäischen Ländern. Wir müssen die unterschiedlichen Assets verstehen, deren Performance, das Management, Betrieb und Controlling, Marktdynamiken, Produkte, Kunden und die Versorgung mit Material. Darüber hinaus müssen wir einen guten Überblick über die Probleme erhalten, vor denen das Unternehmen steht – intern wie extern – und wie diese gelöst werden können.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Kultur. Europa ist nicht ein einziges Land, sondern besteht vielmehr aus verschiedenen Kulturen und Ansätzen. Der Großteil der Mitarbeiter von Scholz wird China noch nicht bereist und kein tiefes Verständnis der chinesischen Kultur haben. Man muss in der Lage sein, sich in die Menschen vor Ort versetzen zu können. Das Team muss die Sprache der Angestellten sprechen – im wörtlichen, wie im übertragenen Sinne. In diesem Zusammenhang ist Transparenz für alle Beteiligten wichtig. Man muss auf allen Ebenen offen und adäquat kommunizieren, um die Leute abzuholen und sie für das gemeinsame Ziel – in unserem Fall die gemeinsame Zukunft von Scholz und CTG – zu begeistern.

Aus einer Deal-Perspektive war es entscheidend die Dynamik der Transaktion zu verstehen, da es eine „distressed“ Situation war und sich das Unternehmen in einer doppelseitigen Treuhänderschaft befand. Gerade hier war es sehr wichtig die Bedürfnisse beider Seiten zu verstehen, denn diese unterschieden sich sehr und benötigten eine überlegte Herangehensweise. Zusätzlich war es wichtig, Entschlossenheit und Schnelligkeit zu demonstrieren. Basierend auf vereinzelten schlechten Erfahrungen haben europäische Marktteilnehmer teilweise noch immer Vorbehalte gegenüber chinesischen Investoren, besonders wenn es um die Themen Kapitaltransfer und Transaktionssicherheit geht. CTG hingegen konnte während der Verhandlungen jeden Meilenstein rechtzeitig oder sogar früher als geplant erreichen und dadurch allen Stakeholdern das nötige Vertrauen bieten.

Inwieweit wird sich CTG als neuer Gesellschafter in das hiesige Management vor Ort involvieren?

CTG ist ein strategischer Investor, der selbst eine Branchenexpertise mitbringt. Wir schauen daher nicht nur wie Finanzinvestoren auf die Bilanz und beraten bei Finanzierungs- und Investitionsfragen. Wir engagieren uns in einem gewissen Umfang auch operativ. Hier ist beispielsweise ein Austausch von Ingenieuren und Experten zwischen CTG und Scholz sowie vice versa geplant. Aber auch in der Geschäftsführung der Scholz Recycling GmbH arbeitet mit Henry Qin künftig ein Repräsentant der CTG mit an der Neuaufstellung der Scholz Gruppe. Der Anteilseigner hat eine klare Strategie und wird sich auf ein überwiegend deutsches Management-Team verlassen, um die Strategie zu erfüllen und Scholz in die Zukunft zu führen.

Die vergangenen Jahre der Restrukturierung haben viel Zeit und Energie des Managements von Scholz verbraucht. Mit dem Abschluss dieses Kapitels, dem neuen Management-Team, bestehend aus alten und neuen Köpfen, liegt der Fokus nun auf dem Geschäft, den Kunden und den Mitarbeitern, um aus dem derzeitigen Unternehmen die „neue“ Scholz Gruppe zu formen. Nur dann wird Scholz seine Relevanz in diesem umkämpften Markt behaupten können.

 

20161019_Chiho Tiande_Scholzz Interview Goh Kian GuanZur Person

Kian Guan GOH ist Chief Investment Officer und General Manager des Investment & Development-Bereichs der chinesischen Chiho-Tiande Group. Zuvor war Goh u.a. bei der USUM Group, BNP Paribas und Singapore Telecom.