Deutsch-chinesische Post Merger Integration

Fallstricke und Erfolgsfaktoren für chinesische Investoren und deutsche Zielunternehmen

Strukturelle Integration: Doppelspitze ja oder nein?

Die Eingliederung des übernommenen Unternehmens in die Struktur des Gesamtunternehmens ist die Aufgabe der strukturellen Integration. Hierzu soll eine Aufbauorganisation geschaffen werden, die Überschneidungen und Doppelfunktionen vermeidet. Dafür müssen klar getrennte Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse festgelegt werden. Bei deutsch-chinesischen Unternehmenstransaktionen wird gerne eine zusätzliche Abteilung bzw. ein sogenanntes „China Desk“ oder „China Office“ geschaffen. Als kommunikative und kulturelle Schnittstelle für die deutsch-chinesische Post Merger Integration soll es die Zusammenarbeit zwischen den beiden Unternehmen erleichtern.

Hinsichtlich der Führungsstruktur gilt es gut zu überlegen und zu entscheiden, wie das akquirierte beziehungsweise fusionierte Unternehmen in Zukunft geleitet werden soll. Liegt die Verantwortung bei einer Person oder einer Doppelspitze – bestehend aus Geschäftsführern sowohl des Verkäufer- als auch des Käuferunternehmens ? Doppelspitzen sind grundsätzlich eher problematisch, da viele Führungspersönlichkeiten ausgeprägte Einzelkämpfer sind. Sie lassen sich schwer von Dritten in ihren Entscheidungen beeinflussen und holen ungern die Zustimmung anderer ein. Nichtsdestotrotz kann eine Doppelspitze funktionieren und ein erfolgreiches Führungsmodell sein. Vorteile können z.B. entstehen, indem Aufgaben und Verantwortung geteilt und Entscheidungen von verschiedenen Seiten bedacht werden können. Dies gelingt jedoch nur, wenn die Beteiligten diese Führungsstruktur wirklich wollen und gut miteinander können. Meist sind sich in diesem Fall die Führungspersönlichkeiten sehr ähnlich und weisen in ihrer Vorgehensweise und Entscheidungsfindung viele Gemeinsamkeiten auf. Es kann aber auch sein, dass sie sehr unterschiedlich sind und sich mit ihren Fähigkeiten ergänzen.

Bei Übernahmen durch einen chinesischen Investor bleibt das deutsche Management in der Regel vollständig erhalten und ist weiterhin für das operative Tagesgeschäft zuständig. Die chinesische Seite besetzt meist Kontrollfunktionen im Aufsichtsrat oder wird als Assistenz eingesetzt, um sprachliche Hürden zu meistern. In einigen Fällen stellen die neuen Eigentümer dem deutschen CEO einen chinesischen CFO zur Seite. Dieser informiert die chinesische Muttergesellschaft über die Unternehmenskennzahlen und fungiert als kultureller und sprachlicher Vermittler. Dies kann eine sinnvolle Konstellation sein, wenn das dafür nötige gute Vertrauensverhältnis zwischen den beiden besteht.

Personelle Integration: Mitarbeiterbindung und Kommunikationsmanagement

Die Fülle an arbeitsrechtlichen Fragestellungen ist besonders groß. Häufig bestehen unterschiedliche Arten von betrieblichen Altersvorsorgen die angepasst werden sollten, um Einheitlichkeit zu erlangen. Doch nicht nur die Absicherung der Arbeitnehmer im Alter gilt es anzugleichen. Bereits vorher ist auf arbeitsrechtlicher Ebene viel zu beachten. Werden verschiedene Betriebe miteinander integriert, bestehen meistens unterschiedliche Regelungen zu Urlaub, Überstunden oder dem Umfang von Arbeitszeiten. Zuvor geltende Betriebsregelungen zur Erfassung von Arbeitszeiten, zur Möglichkeit flexibler Arbeitszeiten oder der Nutzung von Internet und E-Mail müssen überprüft und miteinander in Einklang gebracht werden. Die arbeitsrechtlichen Fragestellungen im Rahmen der Post Merger Integration sind also enorm vielfältig und müssen vor der Integrationsphase bereits in einer rechtlichen Due Diligence erfasst werden. Gleichzeitig führt die Ankündigung einer Übernahme bei der Belegschaft eines Unternehmens in der Regel zunächst zu emotionalen Reaktionen wie Schock, Unsicherheit und Stress; dies ist auch bekannt als „Merger Syndrom“. Die Mitarbeiter befürchten den Arbeitsplatz oder hart erarbeitete Privilegien zu verlieren und stehen einer Übernahme zunächst ablehnend gegenüber. Gerade bei einem chinesischen Investor denken viele Mitarbeiter zunächst an Stellenabbau, wie zum Beispiel bei der Übernahme der Osram-Tochter Ledvance.

Oftmals ist allerdings das Gegenteil der Fall: Viele chinesische Eigentümer investieren in den Ausbau der deutschen Standorte und schaffen dort neue Arbeitsplätze. Darüber hinaus können sich durch einen chinesischen Investor auch neue Möglichkeiten auf dem chinesischen Markt ergeben, wodurch sich die Auftragslage des deutschen Unternehmens enorm verbessern kann. Diese positiven Auswirkungen sollten klar mit den Mitarbeitern kommuniziert werden, um auch der Belegschaft deutlich zu machen, welche Chancen für sie entstehen. Die Kommunikation mit der deutschen Belegschaft sollte man allerdings besser den deutschen Fachkräften überlassen. Den chinesischen Investoren fehlt in der Regel die nötige Erfahrung mit Betriebsräten und Gewerkschaften.

Chinesische Unternehmen sind im Zuge einer Übernahme in der Regel nicht nur an Marke und Marktzugang interessiert. Sie möchten auch Management-Knowhow oder technologisches Knowhow erhalten. Daher sollten Schlüsselpersonen und Knowhow-Träger frühzeitig über ihre Chancen und Zukunftsperspektiven  informiert werden und durch entsprechende Halteprämien, frühzeitige Vertragsverlängerungen oder andere nicht-monetäre Anreize an das Unternehmen gebunden werden. Denn insbesondere hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte wollen und können die mit einer Übernahme einhergehenden Unsicherheiten vermeiden und suchen sich einen neuen Arbeitgeber.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch