Deutsch-chinesische Post Merger Integration

Fallstricke und Erfolgsfaktoren für chinesische Investoren und deutsche Zielunternehmen

Unterschätzte Schwierigkeiten: kulturelle Unterschiede als „hard factor“

In der PwC-Studie „Erfahrungen deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren“ werden von deutscher Seite vor allem der unterschiedliche Management- und Kommunikationsstil, mangelndes Wissen über lokale Gepflogenheiten und gesetzliche Anforderungen sowie mangelnde Transparenz hinsichtlich der Ziele und der Entscheidungsstrukturen als Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit benannt. Das China-Portal für Wirtschaft & Kultur hebt neben der unterschiedlichen Kommunikationsweise von Deutschen (direkte Kommunikation/low-level-culture) und Chinesen (indirekte Kommunikation/high-level-culture) das unterschiedliche Verhalten im Konfliktfall sowie den Umgang mit Kritik hervor.

Eine Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern scheint daher grundsätzlich vor großen kulturellen Herausforderungen zu stehen. Diese sollte man tunlichst nicht unterschätzen. Kulturelle Unterschiede müssen aber nicht per se ein Hindernis darstellen, denn schließlich können Kulturunterschiede auch eine Chance für Verbesserungen bieten. Idealerweise wird die neue Unternehmenskultur an den jeweiligen Stärken der Transaktionspartner ausgerichtet und beide lernen voneinander. Ein Ansatz, der auch als „best-of-both“ bezeichnet wird.

Dazu werden Verfahren und Arbeitsweisen beider Parteien auf ihre Vorteilhaftigkeit hin geprüft und im Falle der Überlegenheit eingeführt beziehungsweise beibehalten. Zur Vermeidung von Konflikten sollten sachliche Argumente im Vordergrund stehen und offen kommuniziert werden. Gerade eine Phase des Umbruchs bietet auch die Chance, alte Strukturen aufzubrechen und unliebsame Gewohnheiten abzulegen. Dafür ist es zunächst wichtig, eine Bestandsaufnahme des kulturellen Ist-Zustandes durchzuführen, um sich vorab den Chancen und Risiken bewusst zu werden. Zu den Faktoren, die das Gelingen der kulturellen Integration grundsätzlich beeinflussen, zählen:

  • die Veränderungsbereitschaft der Unternehmen,
  • die Offenheit gegenüber anderen Kulturen,
  • das Dominanzverhalten des Akquisiteurs,
  • die Einstellung der Belegschaft gegenüber der Transaktion,
  • die Sorgfalt bei der Planung der entsprechenden Maßnahmen.

Unternehmenskulturprofil

Festlegung einer neuen Zielkultur

Die Neuausrichtung der Kultur sollte sich dabei an den Erfordernissen der Geschäftsstrategie ausrichten – gemäß dem Grundsatz „culture follows strategy“. Anhand der Strategiepapiere gilt es zu analysieren, welche Einstellungen, Arbeitsweisen und Fähigkeiten für den Geschäftserfolg des neuen Unternehmens erforderlich sind. Daraus werden dann gemeinsam Leitsätze für eine entsprechende Zielkultur abgeleitet. Die Erarbeitung der Soll-Kultur sollte dabei nicht an ein Projektteam delegiert werden. Besser ist es, wenn das Top-Management diese wichtige Aufgabe selbst übernimmt. Die gemeinsame Festlegung einer neuen Zielkultur dient dabei nicht nur als Teambuilding-Maßnahme für das neue Managementteam. Vielmehr wird es diese neue Unternehmenskultur selbst verinnerlichen und sein Handeln danach ausrichten. Damit ist es befähigt, diese vorzuleben und gegenüber der Belegschaft konsequent einzufordern. Denn das Verhalten von direkten Vorgesetzten beeinflusst Mitarbeiter sehr stark.

Deutsch-chinesische Post Merger Integration – Kulturelle Due DiligenceFrühzeitige Auseinandersetzung mit der jeweiligen Landeskultur und stufenweiser Ausbau der Zusammenarbeit

Bei grenzüberschreitenden Transaktionen sollte man sich rechtzeitig mit den wirtschaftlichen, rechtlichen und kulturellen Hintergründen des jeweiligen Landes vertraut machen. Denn Wissen schafft Verständnis. Außerdem ist es ratsam die Kompatibilität mit dem ausländischen Zielunternehmen stufenweise zu testen. Das kann beispielsweise dergestalt erfolgen, dass zunächst Subunternehmerverträge, lose Kooperationen, Joint-Venture-Gründungen oder Minderheitsbeteiligungen eingegangen werden. Grundsätzlich kann auch eine vorausschauende Personalentwicklung mit Fokus auf Gewinnung beziehungsweise Ausbildung von geeigneten Mitarbeitern und Führungskräften hilfreich sein. Damit bauen die Unternehmen schon im Vorfeld ein Team von Mitarbeitern auf, die mit beiden Landeskulturen vertraut sind und beide Sprachen beherrschen, und können somit Kulturdifferenzen minimieren.

Eine weitere Möglichkeit ist auch die Einführung von Englisch als Firmensprache. Diese „lingua franca“ sollte dann aber konsequent bei internationalen Meetings und im Schriftverkehr eingefordert werden, um Ausgrenzungen einzelner zu verhindern und gleiche Bedingungen für alle zu schaffen.

Führungsstrategien im fremdkulturellen Umfeld

Als Führungsstrategien im fremdkulturellen Umfeld gibt es grundsätzlich vier Möglichkeiten:

  1. Dominanzstrategie,
  2. Integrationsstrategie,
  3. Anpassungsstrategie und
  4. Kompromissstrategie.

Die Dominanzstrategie beruht auf einem kulturzentrischen Weltbild mit der Überzeugung, dass die eigenen Einstellungen und Herangehensweisen auch auf das fremdkulturelle Umfeld übertragbar sind. Diese Art der Führung führt gerade in Gesellschaften mit einem ausgeprägten Verständnis von Gleichheit zu erheblichen Konflikten. Bei der Integrationsstrategie (auch „best-of-both“-Ansatz genannt) betrachten die Partner die Führungskonzepte des jeweils anderen als gleichwertig. Die Unternehmen übernehmen folgerichtig wechselseitig Elemente beider Kulturen voneinander. Die Anpassungsstrategie geht davon aus, dass in jeder Kultur anwendbare Führungsstrategien vorliegen und genutzt werden können. Die Führungsweise richtet sich daher nach den Vorstellungen der Geführten. Bei der Kompromissstrategie kommen sich Führende und Geführte entgegen, indem sie nur Führungskonzepte und -Instrumente nutzen, die beide Seiten (aner-)kennen.

Eine Dominanzstrategie für die Übernahme eines deutschen Unternehmens durch einen chinesischen Investor erscheint nicht empfehlenswert. Das zeigt sich schon vor dem Hintergrund des deutlichen Unterschieds zwischen China und Deutschland hinsichtlich der Machtdistanz im Modell von Hofstede.

Dieser Post ist auch verfügbar auf: Vereinfachtes Chinesisch