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Investitionsfokus Biotech Teil 2: Kooperationen und Joint Ventures

Die chinesische Regierung hatte mit der Made-in-China 2025-Strategie das Ziel ausgerufen, in zehn Schlüsselbranchen gegenüber den Industrienationen technologisch aufzuholen, vor allem auch im Biotech Sektor. Ein Weg dafür besteht noch immer im Technologietransfer durch Joint Ventures oder Unternehmensübernahmen. Auf der anderen Seite können einige der neuen Biotech-Unternehmen Chinas aber auch westlichen Partnern den Zugang zum zweitgrößten Biopharmamarkt der Welt bieten. VON GEORG VON STEIN

>> Hier gelangen Sie zum ersten Teil: Investitionsfokus Biotech Teil 1

Interessante Beispiele dafür aus Investorensicht finden Sie hier erläutert:

  • Amgen hält eine 20,5-prozentige Beteiligung an der chinesischen BeiGene.
  • JW Therapeutics aus Shanghai wurde von Juno Therapeutics (jetzt Teil von Bristol Myers Squibb) und der Auftragsforschungsorganisation WuXi AppTec mitgegründet, um Immuntherapien für chinesische Patienten zu entwickeln. Bei seinem Börsengang im November 2020 in Hongkong sammelte JW Therapeutics über 335 Mio. USD ein – und gelangte damit fast in die Top Ten der globalen Biotech-Notierungen.
  • Im Mai 2020 investierte Pfizer 200 Mio. USD in CStone Pharmaceuticals. Dadurch hat es den Zugang zu dessen Lungenkrebsmedikament Sugemalimab erhalten.
  • Im August 2020 zahlte der US Pharmariese Lilly 200 Mio. USD an Innovent Biologics aus Suzhou für die Entwicklung und Vermarktung des Krebsmedikaments Tyvyt (Sintilimab) außerhalb Chinas. Das Medikament haben die Unternehmen gemeinsam in China entwickelt.
  • Im September 2020 zahlte AbbVie an I-Mab Biopharma aus Shanghai 180 Mio. USD bereits in der Phase-1 für Lemzoparlimab für Entwicklungs- und Vermarktungsrechte außerhalb des Großraums China. Das Mittel dient dem Einsatz bei verschiedenen Krebserkrankungen.
  • Novartis hatte im Februar 2021 an BeiGene 650 Mio. USD im Voraus überwiesen für US-amerikanische, europäische und japanische Rechte an Tislelizumab, einem Medikament zur Therapie von soliden Tumoren.
  • Im selben Monat zahlte Coherus BioSciences 150 Mio. USD als Vorabzahlung für das bei Tumoren eingesetzte Toripalimab von Junshi Biosciences aus Shanghai.

Prinzipiell gestalten sich die Wachstumsbedingungen im chinesischen Biotech- und Pharmasektor sehr gut. Viele Biotech-Unternehmer wollen die Arzneimittelindustrie in einem Land umgestalten, das sich zu stark auf Generika von teils nicht optimaler Qualität ausgerichtet hatte. Gegenüber ausländischen Unternehmen besitzen einige Biotechs in China dabei den Vorteil „einer inländischen F&E-Basis, die wettbewerbsfähigere, erschwinglichere Medikamente anbietet“, fasst es Michael Xi zusammen, CFO von Akeso aus Zhongshan. Sein Unternehmen hatte zum IPO in Hongkong im April 2020 ein Kapital 330 Mio. USD beschafft.

Heute ist die Nachfrage nach innovativen Medikamenten groß, die Behandlungsergebnisse nachvollziehbar verbessern. So haben auch die von den chinesischen Behörden erteilten neuen Arzneimittelzulassungen stark zugenommen: Im Jahr 2017 erhielten 42 neue Moleküle die Zulassung auf dem chinesischen Markt, gegenüber sieben im Jahr 2016 -gemäß Daten von GBI Health. In den Jahren 2018 und 2019 waren es schon 60 bzw. 57. Von den sieben neuen Molekülen, die 2016 in China zu Zulassung kamen, wurden drei von einheimischen Firmen entwickelt. Bereits zu 14 bzw. 13 neuen Arzneimittelzulassungen trugen chinesische Biopharmaunternehmen laut GBI Health in 2018 und 2019 bei.

Mehr Erstanträge und Finanzierungen

In 2015 betrug die Gesamtzahl der Erstanträge für klinische Studien von inländischen Unternehmen in China für ein neues Medikament bei niedermolekulare Medikamenten 79 und bei therapeutischen Biologika 20. Am 1. November 2020 betrug die Zahl schon 139 bei chemischen Medikamenten und 77 bei Biologika, so die Daten von GBI Health.

Auch beim Thema Finanzierung schlägt sich die Entwicklung in den Zahlen nieder. Im Jahr 2019 haben chinesische Biopharmaunternehmen insgesamt 81 Finanzierungsrunden registriert. Gar 133 Fundraising-Runden (inkl. Zweitplatzierungen) mit einem angekündigten Wert von rund 12 Mrd. USD (80 Mrd. CNY) fanden laut GBI bis zum 1. November 2020 statt.

Das dominierende Thema unter den chinesischen Biotechs bleibt dabei die Onkologie, ganz im Gegensatz zur therapeutisch vielfältigeren Forschungslandschaft in den USA. Ende 2019 wurde dann das erste in China entwickelte Krebsmedikament, Brukinsa von BeiGene, auch in den Vereinigten Staaten zugelassen. Weitere dürften folgen.

Top 2021 Biotech und Pharma IPOs

From: China at the threshold

Company name Country Amount raised ($ millions) (exchange) Date completed (2021)
Sana Biotechnology United States 676 (Nasdaq) 3 February
Recursion Pharmaceuticals United States 502 (Nasdaq) 16 April
Prestige Biopharma Singapore 405 (Korea) 5 February
Instil Bio United States 368 (Nasdaq) 18 March
Shanghai ZJ Bio-Tech China 326 (Shanghai) 5 January
Immunocore United Kingdom 297 (Nasdaq) 4 February
Hangzhou AllTest Biotech China 277 (Shanghai) 12 March
Design Therapeutics United States 276 (Nasdaq) 25 March
Bolt Biotherapeutics United States 264 (Nasdaq) 4 February
Suzhou Basecare Medical China 259 (Hong Kong) 5 February
Talis Biomedical United States 254 (Nasdaq) 11 February
Cullinan Management United States 250 (Nasdaq) 7 January
Gracell Biotechnologies China 240 (Nasdaq) 8 January
Connect Biopharma China 220 (Nasdaq) 18 March

Source: BioCentury BCIQ

Internationale China Messe für Investment und Handel von 8-11. September

Aerial view of Xiamen city architecture in Fujian, China.

Vom 8. bis 11. September findet in der Küstenstadt Xiamen die 22. China International Messe für Investment und Handel auf einer Ausstellungsfläche von rund 120.000 qm statt. Die Messe steht unter dem Motto Zusammenarbeit durch „high-level opening-up“ und internationale Investitionskooperationen. Knapp 20 Städte, darunter Guangzhou, Chengdu und Guiyang, werden sich als Investitionsstandorte vorstellen. Die Teilnahme ist sowohl online als auch direkt vor Ort möglich. VON GEORG VON STEIN

Fokusthema ist die grüne, kohlenstoffarme und digitale Wirtschaft. Teilnehmer können sich durch mehr als 30 Foren, Branchenausstellungen, Projekt-Matchmaking-Programme, aber auch über Veröffentlichungen informieren und austauschen. Organisiert ist die Messe in drei große Ausstellungsbereiche: Ein Investitionsförderungszentrum, eine Halle für industrielle Innovation und Entwicklung sowie ein Projekt- und Kapitalvermittlungsbereich.

Wichtiges Ziel der Messe ist, die neue Seidenstraßeninitiative voranzutreiben, die -Zusammenarbeit unter den BRICS Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) zu fördern und die multilaterale Wirtschafts- und Handelskooperationen zwischen den RCEP-Mitgliedsländern (RECEP: Freihandelsabkommen zwischen den zehn ASEAN-Mitgliedsstaaten) zu verbessern.

Investitionsfokus Biotech Teil 1

Nachdem China sich in der Vergangenheit zum einem der großen Lieferanten von Generika entwickelt hatte, treibt es seit vielen Jahren die Entwicklung zu einer führenden Nation im Biotech-Sektor voran. Auf dem Weg dahin sind in China viele Pharma- und Biotech-Unternehmer an den Start gegangen (bzw. gehen aktuell), die eine Top Ausbildung im Ausland genossen und wertvolle Erfahrungen bei großen multinationalen Biotech- und Pharmaunternehmen gesammelt haben. Für Investoren ergeben sich dabei auch Chancen. VON GEORG VON STEIN

Ein Drittel der weltweiten Biotech-IPOs wurde bereits 2020 von chinesischen Unternehmen initiiert. Dass es im Vorjahr noch ein Viertel war, zeigt, wie rasant die Entwicklung läuft. An den chinesischen Börsen fanden 2020 sechs der zehn größten Börsengänge weltweit statt. Unter den Top Ten der Biopharma-IPOs an der Nasdaq finden sich z.B. das auf chronische Entzündungskrankheiten spezialisierte Connect BioPharma aus Taicang und das auf Krebserkrankungen ausgerichtete Gracell Biotechnologies aus Suzhou. Bereits länger an der Nasdaq findet man andere chinesische Biotech-Unternehmen wie I-Mab, Zai Lab, BeiGene oder Hutchmed. Andere wichtige Spieler sind Chi-Med, C Stone Pharmaceuticals, Harbour Biomed, Hua Medicine, Top Alliance, Legend Biotech und Innovent. Viele der chinesischen Biotechs und ihre Investoren streben also auch nach den Märkten außerhalb Chinas. Schließlich sind die für Medikamente in China erzielbaren Preise oft deutlich geringer. Sog. Programmierte PD-1-Hemmer (Death-1) gegen Krebs kosten teilweise gar bis zu 80 % weniger als in den Vereinigten Staaten.

Finanzierung in China

Bei ihren Finanzierungen allerdings richten sich viele chinesische Biotechs auf die chinesischen Börsen. Hilfreich mag eine Regeländerung von 2018 an der Hongkonger Börse gewesen sein, der zufolge auch Unternehmen an die Börse gehen können, wenn sie noch in der Verlustzone sind.
So haben im Jahr 2020 Biotech-IPOs dort 6,4 Mrd. USD generiert. Der Hongkonger Biotech-Index, zu dessen Top-Ten-Unternehmen die Biotech Unternehmen Innovent, Akeso und WuXi AppTec gehören, stieg 2020 um 50 % und damit fast doppelt so stark wie der Nasdaq Biotech-Index. 2021 kam es auch zu Folgefinanzierungen, beispielsweise konnte Innovent 610 Mio. USD einsammeln.

Biotech 2020 IPOs nach Region

Biotech-IPO-by-region
Quelle. BioCentury BCIQ – China at the threshold

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine McKinsey-Studie. Zwischen Anfang 2020 und 2021 stiegen die durchschnittlichen Aktienkurse von in China notierten Biotechs um 106 %, bei in Europa notierten Biotechs waren es 39 %, bei denen in den Vereinigten Staaten 37 %. Interessant sei, dass man hinter kurzfristigen Pipelines von Biosimilars oder Me-toos immer mehr „echte schnelle Nachfolger zu sehen beginne, die innerhalb von ein–zwei Jahren nach dem First-in-Class auf den Markt kommen“, kommentiert Jay Lee, Analyst bei Morningstar in Hongkong, die Entwicklung. Das Defizit, dass China sich immer noch stark auf Originalentdeckungen aus westlichen Märkten verlässt und zu wenig in die Grundlagenforschung investiert, könnte sich also immer mehr verringern.

Optimierung der Rahmenbedingungen

Auch die Regierung unterstützt die Entwicklungen im Biotech Sektor massiv. So investiert sie in Biotech als Kommanditistin in Beteiligungsgesellschaften aber auch durch die Vergabe von günstigem Land oder zinslosen Darlehen. Und eine Reihe weiterer Maßnahmen sollen die Entwicklung im Biotech- und Health-Sektor vorantreiben:

  • Innovative Unternehmen erhalten eine niedrigere Steuerlast als andere Unternehmen.
  • Die Zulassung von Arzneimitteln und klinischen Studien soll in China jetzt viel schneller erfolgen. Beschleunigt und vorrangig werden dabei Produkte geprüft, wenn sie einen unerfüllten Bedarf decken.
  • Bereits erfolgte ausländische Studiendaten werden zur Unterstützung von Anträgen vermehrt akzeptiert. So will Chinas FDA innovative Medikamente schneller auf den Markt bringen.
  • Innovatoren von Arzneimitteln können anstatt einer kostspieligen Eigenproduktion leichter Vertragshersteller beauftragen. So müssen sie geistiges Eigentum nicht an große Unternehmen verkaufen.
  • Andererseits müssen Generikahersteller nun die Bioäquivalenz zu ihren Referenzmarkenprodukten nachweisen, was originäre Biotech-Unternehmen besser stellt.

Und ein weiterer Faktor dürfte die chinesische Biotech-Industrie ebenfalls stärken: Viele der im Ausland lebenden chinesischen Wissenschaftler sind in den letzten zehn Jahren nach China zurückgekehrt, um die heimische Forschung voranzutreiben.

Im Teil 2 zum Investmentfokus Biotech gehen wir auf Kooperationen und Joint Ventures im chinesischen Biotech-Sektor ein.

 

Quellen:
https://www.nature.com/articles/s41587-021-00973-w
https://www.nature.com/articles/s41587-021-00973-w/figures/1

HELLA und BAIC bauen neues Lichtwerk in China

HELLA und BAIC bauen neues Lichtwerk in China
HELLA Fahnen (Foto: HELLA)

Beijing Hella BHAP Automotive Lighting, ein Joint Venture von HELLA und dem BAIC-Tochterunternehmen BHAP, hat ein neues Lichtproduktionswerk in Changzhou in der chinesischen Provinz Jiangsu eröffnet. „Mit dem Standort befinden wir uns strategisch gut inmitten eines neuen, wichtigen Clusters der chinesischen Automobilindustrie gelegen“, kommentiert Chen Geng, Vice President von BHAP. Es ist das dritte Werk des 2014 gegründeten Gemeinschaftsunternehmens, das Investitionsvolumen dafür liegt im niedrigen zweistelligen Mio. EUR-Bereich. VON GEORG VON STEIN

Fokus des Werks sind neueste Technologien für die Fahrzeugfront. Auf einer Produktionsfläche von rund 12.000 qm fertigen Monteure über zwei Meter lange, durchgängige Lichtbänder, die sich über die gesamte Fahrzeugfront erstrecken. Rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der neuen Produktionsstätte derzeit beschäftigt. In weiteren Ausbaustufen soll die Zahl mittelfristig auf rund 300 Beschäftigte erhöht werden. Das jährliche Produktionsvolumen soll zunächst bei rund 600.000 Teilen liegen.

Da das Lichtband aus einem einzigen Modul besteht, soll es das größte und komplexeste seiner Art im chinesischen Automobilmarkt sein. Die Nachfrage nach innovativer Karosseriebeleuchtung sei in China besonders groß, wie Didier Keskas, verantwortlich bei HELLA für das Lichtgeschäft im asiatischen Raum, anmerkt, denn „emotionale Karosseriebeleuchtung ist längst zu einem stilgebenden Element geworden.“ Sie trage auch zur Alleinstellung und Wiedererkennung von Automobilherstellern bei.

Fahrerlose Fahrzeuge in China im kommerziellen Einsatz

Futuristic Concept: Businessman in Glasses Reading Notebook and Watching News on Augmented Reality Screen while Sitting in a Autonomous Self-Driving Zero-Emissions Car.

Ein vollautomatisierter Busdienst kam in China im November letzten Jahres zum ersten Mal zum Einsatz. Jetzt geht man in Yongchuan in Chongqing einen weiteren Schritt. Dort fahren nun 14 selbstgesteuerte Taxis im kommerziellen Betrieb. Der Markt für autonomes Fahren bekommt Konturen. VON GEORG VON STEIN

Die 14 weißen Robotaxis von Baidu Apollo können auf der Western China Autonomous Driving Open Test Base genutzt werden – einer Fläche von 85 Quadratkilometern mit 220 km Straßen. Sie beherrschen das autonome Fahren der Stufe 4 und können somit unter den meisten Bedingungen ohne menschliche Einwirkung selbständig fahren. Aus Sicherheitsgründen gibt es im ersten Schritt zwar noch einen menschlichen Begleiter auf dem Fahrersitz, der vollständig fahrerlose Robotaxi-Service soll in Yongchuan, einem Stadteil von Chongqing, aber noch in diesem Jahr realisiert werden.

Als wichtiger Verbindungspunkt in der Wirtschaftszone Chengdu-Chongqing strebt man bis zum Ende des 14. Fünfjahresplans 2025 zusätzlich auch den Bau einer Test- und Demonstrationsbasis für autonomes Fahren auf nationaler Ebene an. Gerade die komplexen Landschaftsformen von Chongqing sollen autonomen Fahrzeugen gute Bedingungen bieten, um autonomes Fahren besser und schneller verbessern können.

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https://schen583.medium.com/china-autonomous-driving-companies-evolving-approaches-d8d62959d3e0

Wer die weißen Robotaxis buchen will, kann dies an mehr als 70 Abhol- und Abgabestellen tun (in Wohngebieten, Einkaufszentren über Industrieparks bis hin zu malerischen Orten) und nutzt dafür Handy-Apps wie Apollo Go, Baidu Maps und Yongchuan Public Service. Mit ihnen kann man die Robotaxis täglich von 7 bis 23 Uhr anhalten und bezahlen. Der Grundpreis für die Buchung beträgt 2,32 EUR (16 Yuan), der Fahrpreis wird mit 041, EUR (2,8 Yuan) pro km berechnet. Die zulässige Geschwindigkeit der Fahrzeuge beträgt nicht mehr als 60 km/h.

Erste Zulassungen bereits vorher erfolgt

Für Peking hatte man schon am 28. April den zwei Robotaxi-Betreibern, Baidu Inc. und Pony.ai, die ersten autonomen Fahrgenehmigungen Chinas für bestimmte öffentlichen Straßen in der Hauptstadt erteilt. Zwischenzeitlich hat Baidu Apollo am 30. Juni nach Beijing, Chongqing und Shanxis Yangquan auch kommerzielle Robotaxi-Ride-Hailing-Dienste in Wuhan in der Provinz Hubei eingeführt. Der gesamte autonome Fahrdienst habe im ersten Quartal bereits laut einer Sprecherin 196.000 Fahrten vermittelt. Von der technischen Verifizierung und Produktentwicklung ist China also in eine Phase der Kommerzialisierung übergegangen.

Laut der Marktberatung IHS Markit dürfte der Markt für autonome Autodienste in China sogar ein Volumen von 189 Mrd. EUR (1,3 Bio.) Yuan überschreiten, wobei man schätzt, dass der führende Dienstleister Baidu 40 Prozent des Marktanteils auf sich vereinigen wird. Neben chinesischen Unternehmen wie Baidu, Pony.ai und Huawei haben auch Technologiegiganten wie Google, Microsoft ihre Investitionen in den aufstrebenden Markt verstärkt. Das Rennen um Marktanteile hat also längst begonnen.

>> Weitere Grafiken zum Thema autonome Autodienste im Beitrag von McKinsey&Company

China auf dem Weg zum weltweit größten Luxusmarkt

Blonde woman and asian woman go shopping.

Rund 21 Prozent der weltweiten Konsumausgaben für Luxusgüter wurden 2021 auf dem chinesischen Festland getätigt. Bei der Unternehmensberatung Bain and Company schätzt man, dass China bis 2025 zum weltgrößten Luxusmarkt aufsteigen wird. In ihrem China Luxury Report 2021 beziffern die Unternehmensberater den Inlandsumsatz mit persönlichen Luxusgütern auf dem chinesischen Festland auf fast 471 Mrd. Yuan (etwa 74 Mrd. USD) im Jahr 2021 – ein Anstieg zum Vorjahr um 36 Prozent und im Vergleich zu 2019 nahezu eine Verdoppelung. VON GEORG VON STEIN

Unterschiedlich fiel das Wachstum für die einzelnen Luxusgütersegmente aus. Am stärksten wuchsen Verkäufe bei Lederwaren mit rund 60 Prozent, danach folgen Mode und Schmuck. Einen besonderen Schub gab den Luxusumsätzen das Offshore-Duty-Free-Shopping in der südchinesischen Inselprovinz Hainan. Dort entfielen etwa 95 Prozent des zollfreien Verkaufsvolumens 2021 auf persönliche Luxusgüter. Kosmetika aus dem Luxussegment machten mehr als die Hälfte der verkauften Luxusgüter aus. Auch der Online-Verkauf von Luxusgütern stieg 2021 in China um etwa 56 Prozent und damit schneller als der stationäre Verkauf, der für die Luxusindustrie immer noch der traditionelle und wichtigste Vertriebskanal ist.

Dass dabei mehr als 90 Prozent der Verbraucher in China Käufer für Luxusgüter auf dem chinesischen Festland tätigten, ist der COVID-19-Pandemie und den damit verbundenen Reisebeschränkungen geschuldet.

Luxusartikel als Feld für Investoren

Laut der von Consultancy Agility veröffentlichten Luxury Brand Affinity Rankings 2021 rangierten Chanel, Dior und Hermès als die drei beliebtesten Marken für die kaufkräftigen chinesischen Kunden. Ebenfalls unter den Top 10 rangierten Louis Vuitton, Rolex und Cartier. Luxuskäufer sehen insbesondere nach den Pandemie-Lockdowns die Luxusartikel als Investition, um sie mit erhöhtem Wert wieder verkaufen zu können. Beim Kauf achten sie verstärkt auf den langfristigen Investitionswert der Luxusgüter.

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Quelle: https://www.bain.com/insights/from-surging-recovery-to-elegant-advance-the-evolving-future-of-luxury/

Laut dem China Secondhand Luxury Industry Overview 2021, der vom chinesischen Forschungsinstitut und der Datenbank LeadLeo veröffentlicht wird, geben dabei 73 Prozent der Secondhand-Luxuskonsumenten dem Kauf prestigeträchtiger Luxusmarken den Vorzug, 62 Prozent entscheiden sich bei diesen Luxusmarken für die klassischen Artikel.

Laut der Secondhand Plattform Hongbulin sind denn auch die fünf rentabelsten Investitionen in Luxusartikel die goldene Doppel-C-Vintage-Halskette von Chanel, die orangene Hermès-Birkin-Tasche, die Hermès-Kelly-Tasche mit grauem Litschi-Elefantenmuster, die goldene Vintage-Uhr von Vacheron Constantin und die schwarze Hermès Kelly Handtasche. Jeder dieser Artikel erziele beim Wiederverkauf einen Gewinn von mindestens 10.000 RMB (ca. 1.500 USD), wobei einige Verkäufer mit dem Chanel-Doppel-C gar bis zu 37.000 RMB (ca. 5.500 USD) verdienen würden. Dass insbesondere junge Menschen zunehmend Luxusgüter aus zweiter Hand bewusst als „neue Finanzprodukte“ kaufen und verkaufen würden, ist ein weiteres Ergebnis der Analysen von Hongbulin. In Zukunft dürften nun immer mehr Artikel in höhere Wertsteigerungsregionen vorstoßen.

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Quelle: https://www.bain.com/insights/from-surging-recovery-to-elegant-advance-the-evolving-future-of-luxury/

„Insgesamt erwarten wir, dass sich die Käufe persönlicher Luxusgüter von chinesischen Konsumenten zwischen Ende 2022 und der ersten Hälfte des Jahres 2023 wieder auf das Niveau vor der COVID-19-Pandemie erholen werden“, so Xing Weiwei, Partner bei Bain and Company und Mitautor des Berichts.

(gemäß der Nachrichtenagentur Xinhua)

BASF bringt China Investment in nächste Phase

巴斯夫(BASF)加强在中国的研发进程
BASF

Am Dienstag hat BASF die endgültige Genehmigung für den Bau des Verbundstandortprojekts in der Stadt Zhanjiang in Guangdong gegeben. Nach Ludwigshafen in Deutschland und Antwerpen in Belgien erstellt BASF dort weltweit seinen drittgrößten Verbundstandort. VON GEORG VON STEIN

Wie BASF in einer Pressemitteilung schreibt, laufe das Projekt stetig und planmäßig voran. Der Schwerpunkt richte sich jetzt auf den Aufbau des Kerns des Verbunds. Dabei gehe es unter anderem um den Bau eines sogenannten Steamcrackers und mehrerer nachgelagerter Anlagen zur Herstellung von Petrochemikalien und Zwischenprodukten. Beim Steamcracken handelt es sich um ein Verfahren, bei dem längerkettige Kohlenwasserstoffe in Gegenwart von Wasserdampf durch thermisches Cracken in kurzkettige Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden.

Mit dem Bau der ersten Anlage für den Verbundstandort hatte BASF 2020 auf der Leizhou-Halbinsel am Südchinesischen Meer nahe bei Zhanjiang begonnen. Die erste Anlage zur Herstellung von technischen Kunststoffen mit einer Kapazität von 60.000 Tonnen pro Jahr (jato) geht derzeit in Betrieb, eine weitere Anlage zur Herstellung von thermoplastischen Polyurethanen soll 2023 in Betrieb gehen. Bis 2030 soll der gesamte Verbundstandort vollends fertiggestellt sein. Dafür will BASF bis zu 10 Mrd. Euro investieren.

Immobiliensektor im Fokus Pekings

China reguliert Immobilienmarkt
Quelle: Adobe Stock; © yashabaker

2020 hatte die Regierung in Peking begonnen, den Immobiliensektor schärfer zu regulieren und Spekulanten das Handwerk zu legen – auch aus Sorge vor einer Immobilienblase. Schließlich steht der chinesische Immobiliensektor schon seit einiger Zeit unter Druck. VON GEORG VON STEIN

Diverse Immobilienentwickler wie etwa Evergrande haben mittlerweile Schwierigkeiten, ihre Kredite zu bedienen. Drei der fünf größten Emittenten – neben Evergrande auch die Kaisa Group und Sunac China – sind mit ihren Dollar-Anleihen in Verzug geraten.

Quelle: National Bureau of Statistics

Auch Shimao, einer der größten chinesischen Immobilienentwickler, kann nach eigenen Angaben Zinsen und Tilgung eines Milliardenkredits nicht bedienen. In einer Pflichtmitteilung an die Börse in Hongkong wies Shimao daraufhin, dass die Immobilienverkäufe deutlich zurückgegangen seien. Als Grund dafür sieht man deutliche Veränderungen im Immobiliensektor in China seit der zweiten Hälfte 2021, aber auch die Folgen von Covid-19.

Sinkende Neubaupreise und eingestellte Raten

Gleichzeitig sanken die Preise für Neubauwohnungen im Juni laut offizieller Statistik den zweiten Monat in Folge. Gemäß einer Analyse der Citigroup lagen die durchschnittlichen Verkaufspreise von Wohnimmobilien 2022 im Durchschnitt 15 Prozent unter den Anschaffungskosten der letzten drei Jahre.

Quelle: https://geopoliticalfutures.com/real-estate-is-chinas-biggest-economic-vulnerability/

Erschwerend kommt nun hinzu, dass mehr WohnungskäuferInnen ihre Raten nicht zahlen – unter anderem wegen Verzögerungen bei der Fertigstellung. So haben einer Analyse der Citigroup zufolge die Käufer von 35 Projekten in 22 Städten beschlossen, die Bedienung ihrer Hypotheken einzustellen. Grund seien Projektverzögerungen und rückläufige Immobilienpreise. Gegebenenfalls müssen Banken sich auf verstärkte Zahlungsausfälle bei Hauskäufern einstellen.

Manche sorgen sich bei den Entwicklungen nun schon, dass diese vielleicht direkt auf das Finanzsystem durchschlagen könnten.

Quelle: Refinitiv Eikon/Patturaja Murugaboopathy, Asia Financial

 

 

Einbruch auf 0,4 Prozent im zweiten Quartal

Chinas Wirtschaft im August, © lily
Im August ist Chinas Wirtschaft dank des erstarkenden Exports wieder deutlich gewachsen. Quelle: Adobe Stock; © lily

Bildnachweis: Quelle: Adobe Stock; © lily.

Das Minimalwachstum des Bruttoinlandsprodukts in China von April bis Juni von nur etwa 0,4 Prozent ist der geringste Anstieg der Wirtschaftsleistung seit dem Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020. Gegenüber dem ersten Quartal 2022, in dem Chinas Wirtschaft um 4,8 Prozent gewachsen war, ist es ein klarer Abschwung. Als Grund dafür wird neben der „extrem ungewöhnlichen“ Corona-Lage auch die Gefahr der Stagflation der Weltwirtschaft angeführt. VON GEORG VON STEIN

Dass sich das Wachstum derart stark verlangsamt hat, überrascht selbst Analysten. Rajiv Biswas, Analyst bei S&P Global Market Intelligence nannte es gar einen „Schock“. Besonders stark waren die Effekte in Shanghai, wo das BIP gar um 13,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr schrumpfte. Der dortige größte Container Hafen der Welt – und damit wichtigster Umschlagplatz im Welthandel mit China – funktionierte wegen Lockdown Maßnahmen beispielsweise nur eingeschränkt.

Quelle: https://www.spglobal.com/commodityinsights/ko/market-insights/latest-news/oil/071522-china-data-h1-crude-throughput-falls-6-on-year-to-1345-mil-bd-amid-lockdowns

Aber es gibt auch Lichtblicke. Im Juni haben laut der offiziellen Statistik Konsum und Produktion wieder zugelegt. Und auch die Führung in Peking hat für das Wachstum in 2022 die Zielmarke von „rund 5,5 Prozent“ ausgegeben. Gegenüber den 8,1 Prozent im Vorjahr und insbesondere im Vergleich mit vielen anderen Nationen wäre das ein respektabler Wert. Die ersten Maßnahmen dafür werden schon in die Tat umgesetzt: So gaben chinesische Lokalregierungen im Juni Anleihen in Rekordumfang aus. Das Geld soll für den Bau von Infrastruktur genutzt werden.

Quelle: https://www.barrons.com/news/china-gdp-01657853108?tesla=y

NIO greift den deutschen Markt für Elektrofahrzeuge an

NIO_Starts-Delivery
Source: https://www.nio.com/de_DE/news/nio-starts-delivery-et7

Den Verkaufsstart des ersten NIO Elektrofahrzeugs in Deutschland, der Limousine ET7, kündigte NIO Group Vice President Hui Zhang für das vierte Quartal an. Im Anschluss sollen die Niederlande, Schweden und Dänemark beliefert werden. Gestartet war der Gang nach Europa bereits September 2021 mit dem Verkauf des ES8 in Norwegen. VON GEORG VON STEIN

Gerade beim kritischen Thema Ladezeit soll der ET7 anderen Elektroautos einiges voraushaben. Für die E-Autos will Nio nämlich den Service automatischer Akku-Wechsel anbieten. Damit entfällt das lästige Aufladen an der Ladestation. Der automatisierte Batterietausch soll nur wenige Minuten dauern. Mit dem Deutschland-Start will das Unternehmen ein Netz solcher Wechselstationen errichten. Zu möglichen Preisen für die Akkumiete gibt es für Deutschland allerdings noch keine Zahlen.

Wegen der guten Finanzsituation -NIO stehen laut eigenen Aussagen etwa acht Mrd. USD an Barmitteln zur Verfügung- könne man auch für Deutschland mit einem Netz an Batteriewechselstationen planen. In China wurde kürzlich der 1000. Standort eröffnet. Derzeit ist dort die dritte Generation automatisierter Wechselstationen in Entwicklung, gleichzeitig treibt NIO den Ausbau und die Technik eigener Ladestationen sowie weiterer Services voran.

Auch beim Thema Reichweite sieht sich NIO gut gerüstet. So soll sie beim ET7 in der ersten Version für 500 -700 Km reichen, für die die für 2024 geplante Top-Version sollen es gar 1.000 km sein. NIO könnte also längerfristig zum ernstzunehmenden Konkurrenten auch für die deutschen Autobauer im deutschen Markt werden.

Eine eigene Produktion in Europa aufzubauen, sei aber aktuell nicht geplant. Schließlich habe NIO in seinen zwei chinesischen Werken bereits Kapazitäten, um 600.000 Fahrzeuge herzustellen. Bisher soll das Start-up knapp 13.000 Elektroautos ausgeliefert haben. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspreche das einem Plus von 60 Prozent. Mit 25.000 produzierten Fahrzeugen im zweiten Quartal insgesamt liege die Ausbringung um 14,4 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Seit der Gründung im Jahr 2014 gibt NIO an, mehr als 200.000 Autos ausgeliefert zu haben.

Botschaft der Botschafterin

Deutschland China CAI

Sie ist da. Endlich. Nach Monaten hat Deutschland wieder einen Botschafter in China. Eine Botschafterin, um es genau zu sagen.

Mit einer Video-Botschaft hat sich Patricia Flor am vergangenen Wochenende den Chinesen vorgestellt und dabei nicht nur die Ziele für ihre Arbeit abgesteckt. Dass sie gleichzeitig China als Land mit einer Jahrtausende alten Kultur gewürdigt und angekündigt hat, so bald wie möglich die archäologische Entdeckung des Jahres 2021, Sanxingdui in Sichuan, besuchen zu wollen, hat ihr die Herzen vieler Chinesen entgegenfliegen lassen. Das Video wurde in den ersten Tagen zehntausende Male geklickt. Und in den sozialen Netzwerken zigmal geteilt.

Eine interessante Herausforderung sei es für sie, erklärte die Botschafterin, die künftigen Beziehungen Deutschlands zu China, das „eine wachsende weltpolitische Rolle im 21. Jahrhundert spielt“, mitzugestalten. Dabei könne auf dem in den vergangenen Jahrzehnten Erreichten aufgebaut werden. Intensive Beziehungen haben sich in allen Bereichen – von der Wirtschaft bis zum gesellschaftlichen Dialog – entwickelt. Das mache das Potenzial deutlich, sagt sie, um mit einem „Aber“ anzuschließen: Die Veränderungen in der globalen Welt hätten Unterschiede in den Bewertungen bestimmter Entwicklungen in der jüngsten Vergangenheit deutlich gemacht. Gleichzeitig gebe es Herausforderungen, die nicht im Alleingang bewältigt werden können. Die Klimakatastrophe zum Beispiel, oder die Friedenssicherung. Das seien alles Bereiche, in denen Chinas Einfluss zunimmt, stellt Patricia Flor fest.

Sie wolle dazu beitragen, eine neue Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China zu finden, und erwähnt die „China-Strategie“ Deutschlands, die sie allerdings nicht weiter ausführt.

Findet Deutschland einen eigenen Weg?

Spannend dürfte allerdings werden, in welche Richtung der Zug fährt. Und wer der Zugfahrer ist. Folgt Deutschland dem Willen des amerikanischen Präsidenten, der China gleich hinter Russland als größte strategische Bedrohung (und selbstverständlichem wirtschaftlichen Konkurrenten) sieht? Oder findet Deutschland – in Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern – eine eigene Strategie, die europäischen, nicht amerikanischen Interessen entspricht? Aus wirtschaftlicher Sicht bedeutet dies eben nicht, sich zu entkoppeln, sondern zu kooperieren und zu ergänzen.

Worauf es hinausläuft, macht eine Einschätzung der MERICS-Expertin Helena Legarda nach dem jüngsten G20-Gipfel im indonesischen Bali deutlich. China wolle mit westlichen Ländern zusammenarbeiten, sagt sie, aber „nur solange sich diese an Pekings rote Linien und Forderungen halten“. In ihrer Video-Botschaft formuliert die deutsche Botschafterin etwas ähnliches. Spiegelverkehrt allerdings. Sie verweist auf europäische Werte und nachvollziehbare Regeln, die Voraussetzung und Basis für künftig fruchtvolle Kooperationen zum beiderseitigen Nutzen sein müssten.

Nun mag es in Europa zwar Commonsense sein, dass nur die europäischen Werte die einzigen universellen sind. Außerhalb Europas ist es nicht überall so. Europäer wollen nicht, dass andere diktieren, gleichzeitig diktieren sie aber gern. Wenn wir nicht bereit sind, zu akzeptieren, dass andere Länder aufgrund unterschiedlichster historischer Erfahrungen andere Werte haben, wird ein Zusammenleben im Interesse aller künftig nicht einfacher, sondern komplizierter. Auf der Strecke bleibt dann die Lösung von Problemen, die tatsächlich eine universelle Notwendigkeit ist. Die Rettung des Klimas oder die Bekämpfung von Armut und Hunger, um nur diese beiden zu nennen.

Kann sich China in der zweiten Jahreshälfte 2022 erholen?

Upward arrow on the background of the flag of China. Paper plane. Economic recovery. Copy space. Business. Background.

In der Vergangenheit ist man immer davon ausgegangen, dass ein schwieriges weltwirtschaftliches Umfeld auch ein schwieriges Umfeld für die Schwellenländer bedeuten würde. Zu verschiedenen Zeitpunkten in der Vergangenheit wäre dies eine zutreffende Einschätzung gewesen. Heutzutage wäre eine solche Annahme unseres Erachtens ziemlich veraltet, denn die Schwellenländer sind als Anlageklasse gereift. Insbesondere China könnte in der zweiten Jahreshälfte eine Trendwende erleben. Ein Marktkommentar von SALMAN SIDDIQUI

In den letzten zehn Jahren hat sich in den Schwellenländern viel verändert. Denkt man beispielsweise an die Zeit des „Taper Tantrum“ im Jahr 2013 zurück, hatten die Schwellenländer in der Tat zu kämpfen. Insbesondere an den Devisenmärkten, da Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten unter Druck gerieten. In dieser Zeit wurden Indien, Indonesien, Brasilien, Südafrika und die Türkei als die „Fragilen 5“ bekannt. Wenn wir uns diese Volkswirtschaften heute ansehen, können wir jedoch feststellen, dass die ersten vier von ihnen ihre Leistungsbilanzdefizite deutlich gesenkt oder sogar Überschüsse erzielt haben.

Schwellenländer schlagen sich trotz Inflation gut

Diese grundlegende Verbesserung spiegelt die Schwellenländer als Ganzes wider, da die Länder Strukturreformen durchgeführt haben und im Allgemeinen eine verantwortungsvollere Geldpolitik betreiben – ironischerweise mehr als einige Industrieländer. Das Ergebnis ist: Viele Schwellenländerwährungen haben sich in diesem Jahr auf den Devisenmärkten gegenüber dem Dollar recht gut gehalten. Besser als der Euro oder sogar das Pfund. In vielen Fällen waren sie auch der Inflation voraus, da sie im vergangenen Jahr eine straffere Geldpolitik betrieben haben, während die meisten Zentralbanken der Industrieländer ihre Geldpolitik weiter gelockert haben. Bemerkenswerterweise gibt es zum ersten Mal seit 20 Jahren weniger Schwellenländer mit einer Inflation von über 5 Prozent als Industrieländer. Vielleicht ist es also an der Zeit, dass sich die altmodische Sichtweise auf die Schwellenländer ändert.

Trendwende in China in Sicht?

Das soll natürlich nicht heißen, dass in den Schwellenländern derzeit alles in Butter ist. Insbesondere Chinas Wirtschaftswachstum hat drei problematische Wendungen genommen: eine stärkere Regulierung des Privatsektors (insbesondere der Internetunternehmen), ein Abschwung auf dem Immobilienmarkt und die „Null-Covid“-Strategie. Wir sind der Ansicht, dass sich die Verschärfung der Vorschriften dem Ende zuneigt und China in vielen Fällen ohnehin näher an internationale Standards heranführt. Der Immobilienmarkt bleibt ein grundlegendes Problem. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die Regierung ihre Kontrollen lockert und die Hypothekenzinsen sinken. Dies stimmt uns zuversichtlich, dass China das Schlimmste hinter sich haben könnte. Was Chinas Null-Covid-Politik betrifft, so gibt es viele Spekulationen darüber, ob und wann diese aufgeben wird. Aber auch hier gibt es ermutigende Entwicklungen: Reisende, die in China ankommen, müssen jetzt zehn statt 21 Tage in Quarantäne.

Bemerkenswert ist auch, dass die Regierung an ihrem Ziel von 5,5 Prozent Wirtschaftswachstum für dieses Jahr festhält. Zum Vergleich: Im ersten Quartal dieses Jahres wuchs die chinesische Wirtschaft um weniger als 5 Prozent, während das Wachstum im zweiten Quartal, in dem es viele Schließungen gab, eher bei 1 Prozent lag. Um 5,5 Prozent für das gesamte Jahr zu erreichen, muss das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte also eher bei 7-8 Prozent liegen, was auf die Wahrscheinlichkeit fiskalischer oder monetärer Anreize hindeutet. Dies könnte zu einer interessanten Dynamik führen, da China möglicherweise genau zu dem Zeitpunkt aus seiner wirtschaftlichen Talsohle herauskommt, zu dem die großen Industrieländer in eine Rezession geraten könnten und die Inflation noch immer hoch ist. In diesem Umfeld sollten sich chinesische Aktien unserer Meinung nach gut entwickeln.

Bei Anlagen in Schwellen- und Entwicklungsländern ist aber auch zu bedenken, dass die Marktliquidität abnehmen kann. Das kann bedeuten, dass es nicht einfach ist, Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Es kann auch zu Schwierigkeiten bei Handel und Abwicklung sowie bei der Verwahrung kommen. Weniger entwickelte Länder stehen möglicherweise vor größeren politischen, wirtschaftlichen oder strukturellen Herausforderungen als entwickelte Länder.