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Investment Guide 2022

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Titelbild Investment Guide 2022

Bildnachweis: AdobeStock_Anton Balazh-209276205.

Der Investment Guide ist die jährliche Publikation der Investment Plattform China/Deutschland. Im Investment Guide werden Beiträge und Analysen von Experten zu den wichtigen Entwicklungen im deutsch-chinesischen Investmentgeschehen zusammengefasst. Damit sie Ihnen als Hintergründe und Orientierungshilfen für Ihre Entscheidungen im laufenden Jahr dienen.

Chinesische Investitonen

Moritz Freiherr Schenck und Fabian Walisch geben eine tiefgehende Bestandsaufnahme zur Situation chinesischer Finanzinvestoren (im E-Magazin auf S.8) und Dr. Michael Drill von Lincoln zeigt im Interview auf, in welchen Bereichen deutsche Unternehmen auch 2022 ff. für chinesische Investoren interessant sind (im E-Magazin auf S.30).

Rahmenbedingungen

Die übergeordneten Standortfaktoren Deutschlands für chinesische Investoren analysiert Cao Yi von der GTAI (im E-Magazin auf S. 14). Auf welche der Faktoren und Bereiche die Investoren 2022 fokussieren dürften, erläutert Baoshan Bao, Partner bei Livingstone (im E-Magazin auf S. 38). Gleichzeitig bemängelt er wie auch andere Marktteilnehmer die Bremswirkung der verschärften deutschen Investitionskontrolle (Artikel von Thomas Weidlich und Dr. Yuan Shen. (im E-Magazin auf S. 34).

Eine „Kraftwirkung“ hingegen sollte das lang verhandelte EU-China-Abkommen CAI erzeugen und die Öffnung Chinas für ausländische Investoren 2022 vorantreiben. Seine Unwägbarkeiten, vor allem aber auch seine Chancen gilt es zu kennen von Dr. Nils Krause und Dan Li (im E-Magazin auf S. 26).

Markteintritt

Wer also positiv gestimmt 2022 den Markteintritt in China plant, findet Hintergründe im Interview mit Benjamin Kille, Gründer der SGB Group (S. 40). Mit den Bedingungen des chinesischen Markts beschäftigen wir uns aber auch in der Frage des Zwangs zur Zweigstellengründung in China von Rainer Burkardt und Ondrej Zapletal (im E-Magazin auf S. 34), der Betrachtung des neuen chinesischen Exportkontrollgesetzes von Dr. Dominic Köstner (im E-Magazin auf S. 22), mit einem Überblick zu neuer Regulierung beim Datentransfer von China ins Ausland von Christoph Schmitt und Biying Dong (im E-Magazin auf S. 24) und in der Analyse des Corporate-Social-Credit-Systems von Axel Rose und Thomas Stewens (im E-Magazin auf S. 16).

Marktbedingungen in China

Zudem betrachten wir die Marktbedingungen mit Blick auf den Beteiligungssektor in China. Zu seinen Unterschieden und Besonderheiten gegenüber dem deutschen Beteiligungssektor liefert Dr. Ernst Ludes im Interview zu den Unterschieden zwischen dem deutschen und dem chinesischen Beteiligungssektor interessante Erkenntnisse (im E-Magazin auf S. 32).

Eine spannende und informative Lektüre wünscht Ihnen das Team der Investment Plattform China/Deutschland.

 

Über den Investment Guide:
Der Investment Guide ist eine jährliche Publikation der Investment Plattform China/Deutschland. Im Guide werden Beiträge und Analysen von Experten zu den wichtigen Entwicklungen im deutsch-chinesischen Investmentgeschehen zusammengefasst. Damit sie Ihnen als Hintergründe und Orientierungshilfen für Ihre Entscheidungen im laufenden Jahr dienen.

Lesen Sie hier die vollständige Ausgabe des Investment Guide 2022

Anleger sollten sich nicht vor dem Jahr des Tigers fürchten

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Bildnachweis: Alexander Limbach – Adobe Stock.

China bereitet sich auf den Jahreswechsel vor und startet am 1. Februar 2022 in das Jahr des Tigers. Vor diesem Hintergrund gibt Jimmy Chen, Portfoliomanager des Comgest Growth China Fonds, einen Ausblick auf den chinesischen Aktienmarkt. Trotz der strengen Regulierungsmaßnahmen, die ausländische Investoren 2021 verschreckt haben, sieht der Experte zahlreiche Chancen für Wachstumsinvestoren. 

Chen: „Das Jahr des Tigers wird unserer Einschätzung nach für Investoren besser laufen, als es der Name vermuten lässt. 2022 könnte die Inflation rund um den Globus nach oben schnellen. In diesem Fall könnte sich China als Zufluchtsort erweisen, da die Inflation dort niedrig bleibt und die Geldpolitik gelockert wird.“ Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass die behördlichen Maßnahmen nachlassen werden. China hätte nach wie vor einige höchst innovative Unternehmen zu bieten, beispielsweise in den Bereichen Videospiele bzw. Gaming, Elektromobilität und Biopharma. Comgest ist überzeugt, dass die chinesische Regierung ihre langfristigen Reform-Bemühungen zugunsten der Innovation im Lande fortsetzen wird. „Für internationale Investoren bietet China eine Diversifizierung gegenüber entwickelten Märkten. Da der KGV-Abschlag Chinas gegenüber den USA fast den Höchststand des letzten Jahrzehnts erreicht hat und das geschätzte Gewinnwachstum hoch ist, könnte sich die geringe Korrelation im Jahr des Tigers zugunsten chinesischer Aktien auswirken. China erfordert eine gewisse unkonventionelle Herangehensweise, da das Land schon oft mit starker Performance überrascht hat, obwohl es börsentechnisch am Boden zu sein schien“, so Chen weiter.

Was hinter „Gemeinsamen Wohlstand“ steckt

Es sei unwahrscheinlich, dass sich die Intensität der behördlichen Regulierungsmaßnahmen aus 2021 in diesem Jahr wiederhole. Das liege nicht daran, dass das Vorantreiben des „Gemeinsamen Wohlstandes“ vorbei sei, ganz im Gegenteil. Die chinesische Regierung verfolge vielmehr das langfristige Ziel, immer mehr Bürgern den Zugang zu einem Lebensstil in der Mittelschicht zu ermöglichen.

Tai Fook, Anta und Midea

Comgest sieht Chancen in Unternehmen, die sich mit ihren Produkten oder Dienstleistungen an Chinas Mittelschicht richten. Investiert wird deshalb beispielsweise in den Juwelier Chow Tai Fook, die chinesische Tiffany & Co, und in die Sportbekleidungsmarke Anta, ein sehr erfolgreicher Mitbewerber von Adidas und Nike. Beide sind generationsübergreifend, einschließlich der Generation Z, sehr beliebt. Da sie „Made in China“ sind, profitieren sie auch vom sogenannten „Guochao“ – einem Trend in der jüngeren chinesischen Bevölkerung, mehr Geld für regionale Marken auszugeben. Midea, einer der innovativsten Hersteller von Haushaltsgeräten, ist ein weiteres Beispiel. Das hochmoderne, direkt an die Konsumenten gerichtete Online-Vertriebsmodell hat es Midea ermöglicht, während der COVID-Krise sowohl in China als auch im Ausland sehr stark zu wachsen.

Chinas Pendant zum Hollywood-Blockbuster

China seit zudem Heimat einiger sehr dynamischer und innovativer Unternehmen. Als Beispiel nennt Chen den Bereich Video-Spiele und dabei vor allem die Sparte mobile Handy-Spiele. „Sie sind ein großer Teil des chinesischen Kulturexports und somit Chinas Äquivalent zum Hollywood-Film. Unternehmen wie Tencent und Netease haben einen riesigen Inlandsmarkt, um ihre Expertise in der Branche auszubauen und Skaleneffekte zu erreichen. Das Internet-Unternehmen Tencent lernt schnell, denn die regulatorischen Kontrollen reichen von Spielen über soziale Medien bis hin zu E-Commerce“ merkt Chen an. Deshalb hätten chinesische Behörden das Unternehmen im Visier. Ein internes Umdenken habe dazu geführt, dass Tencent im vergangenen Jahr bei Investitionen in China vorsichtiger geworden sei und sich nun stärker auf die Expansion im Ausland konzentriere. Aufgrund seiner allgegenwärtigen App WeChat, seiner Dominanz in der chinesischen Gaming-Szene und seiner Investitionen im Ausland solle das Unternehmen in der Lage sein, seinen Wachstumskurs der letzten zehn Jahre fortzusetzen.

Hightech und Healthcare

Mit starker staatlicher Unterstützung und dem Bestreben, China zu einem Hightech-Standort zu machen, haben sich chinesische Unternehmen technologisches Knowhow in aufstrebenden Wachstumsmärkten wie der Elektromobilität angeeignet. Dank Spitzentechnologie und hochmoderner Produktion können die dynamischsten Marktteilnehmer große Teile des Marktes abdecken.

Auch der chinesische Healthcare-Markt entwickele sich rasch weiter, nachdem China sich das Ziel gesetzt hat, das öffentliche Gesundheitssystem zu verbessern. „Das Reich der Mitte hat die Forschung und Entwicklung in diesem Bereich stark ausgebaut, um westliche Player einzuholen“, sagt Chen.

Genannt werden in diesem Zusammenhang zwei Unternehmen: WuXi Biologics, das sich laut Comgest bereits zum größten Outsourcing-Partner der globalen biopharmazeutischen Industrie entwickelt, wenn es um die Entdeckung und Entwicklung biologischer Arzneimittel geht. Es erziele bereits 70 Prozent seiner Einnahmen außerhalb Chinas. Weiter nennt Comgest das Unternehmen Bafang Electric. Einer der größten Hersteller von Elektromotoren für Elektrofahrräder. Obwohl das Unternehmen noch jung sei – es wurde 2003 gegründet – stehe es bereits im direkten Wettbewerb mit Shimano und Bosch.

Olympia im Ausnahmezustand

Deutschland China CAI

Man stelle sich vor, die Olympischen Winterspiele in Peking werden zu einem Corona-Hotspot. Große Fantasie braucht es nicht, um vorauszusagen, welche Schlagzeilen uns dann von früh bis spät bombardieren, welche Empörung sich rund um die Welt entlädt.

Schon bevor am 4. Februar in Peking die olympische Flamme entzündet wird, ist klar: Wie zuvor die Sommerspiele in Tokio werden auch die Winterspiele in Peking vorangegangen Olympischen Spielen nicht gleichen. Wie den Tokioter Organisatoren hat Corona auch den Pekinger Veranstaltern einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Ein Fest sollte es werden, in einer Stadt, die als erste im Abstand von nur wenigen Jahren sowohl für Sommer- als auch für Winterspiele Gastgeber ist. München hatte eigentlich darauf spekuliert, sich dessen rühmen zu können, dabei aber nicht den Unmut der Münchner gegen das Sportereignis einkalkuliert. Möglicherweise ist das auch ein Grund, warum die deutsche Vorab-Kritik an den Pekinger Spielen so kompromisslos hart ausfällt?

Im Vorfeld immer wieder Kritik

Kritik an Großveranstaltungen des Sports scheint ja inzwischen ein besonderer Sport geworden zu sein. Keine Olympischen Spiele sind in Erinnerung, egal wo sie veranstaltet wurden, an denen nicht vor Eröffnung gekrittelt wurde. Der Bau von Sportstätten verzögere sich und die Kosten uferten aus, die Logistik für Sportler, Trainer und Zuschauer funktioniere nicht reibungslos. Und so weiter, und so fort. Nachdem dann die Olympische Flamme erlosch, waren es immer „große Spiele“, die in Erinnerung bleiben werden. Fast entsteht der Eindruck, Sportlern, die sich vier Jahre mit viel Schweiß auf die Wettbewerbe der Wettbewerbe vorbereiten, solle die Teilnahme im Vorfeld „versauert“ und den Organisatoren eins ausgewischt werden.

Die Pekinger Sportstätten sind rechtzeitig fertig geworden, die Organisatoren haben ein modernes Highspeed-Schienensystem gebaut, das einen bequemen, schnellen und reibungslosen Verkehr zwischen den Olympiastätten in Peking, Zhangjiakou und Yanqing ermöglicht. Stadien der Sommerspiele des Jahres 2008 wurden umfunktioniert und können für Wintersportarten genutzt werden. Peking hat „grüne“ Spiele versprochen und dafür gesorgt, dass sie „grün“ werden.

Testen, testen, testen

Es wird aber auch dafür sorgen, dass mit den Spielen die Null-Covid-Strategie des Landes nicht über den Haufen geworfen wird. Testen, testen, testen heißt die Devise und Nachverfolgung möglicher Infektionen auf Basis moderner Technologien. Das ist sowohl im Interesse von Sportlern und Betreuern als auch der einheimischen Bevölkerung, auch wenn damit Einschränkungen verbunden sind und die Spiele nicht zu dem ausgelassenen Miteinander wie in Vor-Corona-Zeiten werden. Denn Peking hat auch sicherere Spiele versprochen. Und „sicher“ heißt in diesen Zeiten, das gesundheitliche Wohl aller Beteiligten nicht zu gefährden. Es dürfte doch wohl auf der Hand liegen: Keinem Sportler wäre damit gedient, müsste er, anstatt sich mit seinen Konkurrenten in der Arena zu messen, mit Corona kämpfen.

Konsequent gegen Infektionen

Was wird China aber vorgeworfen? Rigides Vorgehen bei jedem Infektionsfall, um die Verbreitungen des Virus im Keim zu ersticken. Massentests der Bevölkerung finden statt. Als unannehmbarer Zwang wird das dargestellt. Komischerweise empfinden es die Menschen, die es betrifft, anders. Ihnen macht es nicht Angst. Im Gegenteil. Die Strategie, konsequent gegen Infektionen vorzugehen, wird unterstützt, sicherlich auch in dem Wissen, bei einem ernsthaften massenhaften Ausbruch geriete das Gesundheitssystem in Schwierigkeiten. Vor allem haben die Menschen gesehen, dass es sich lohnt. Während in anderen Teilen der Welt von Welle zu Welle gestolpert wurde, haben die Chinesen spätesten seit dem Frühsommer 2020 wieder ein normales Leben geführt – mit den notwendigen Vorsichtsmaßnahmen. Das will keiner aufs Spiel setzen.

Wer zu Beginn des Jahres 2020 den chinesischen Umgang mit der Pandemie kritisiert hat, sollte heute anerkennen, dass es China anders als anderen Ländern gelungen ist, die Corona-Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Und: Dass die Olympischen Winterspiele des Jahres 2022 in gewisser Weise Spiele im Ausnahmezustand werden, ist nicht China vorzuwerfen, sondern der Weltgemeinschaft geschuldet, der es nicht gelungen ist, entschieden und geschlossen der Pandemie entgegenzutreten. Freiheit des Einzelnen steht eben nicht immer über dem Gemeinwohl der gesamten Gesellschaft.

Chinas Wirtschaft im Jahr des Tigers

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Bildnachweis: Adobe Stock – AB Photography.

Für China hat das kommende Jahr eine besondere politische und wirtschaftliche Bedeutung. Von den Olympischen Winterspielen im Februar bis zum 20. Nationalkongress der Kommunistischen Partei, der für das vierte Quartal geplant ist, „richtet die Welt“, wie Präsident Xi Jinping bemerkte, „ihre Augen auf China“. Das bedeutet, dass Chinas finanz-, umwelt- und wirtschaftspolitische Bestrebungen, die durch die Pandemie erschwert wurden, genau unter die Lupe genommen werden.

Zhennan Li, Senior Economist für Greater China beim Asset Manager AllianceBernstein (AB), liefert folgende Einschätzung im Blog von AllianceBernstein (AB).

Wachstumsstabilität nach wie vor entscheidend

Wir können das nicht genug betonen: Unserer Meinung nach ist es ein Fehler anzunehmen, dass Peking in seinem neuen politischen Paradigma das BIP-Wachstum nicht mehr in den Vordergrund stellt. Chinas politisches Paradigma hat sich zwar von Wachstum als einzigem Ziel auf mehrere Ziele – einschließlich Finanzstabilität und Umwelt – verlagert, aber die Wachstumsstabilität ist nach wie vor entscheidend.

Wachstum von 5,3 Prozent

Daher unterschätzen die Marktteilnehmer möglicherweise die Entschlossenheit Pekings, die chinesische Wirtschaft auf Kurs zu halten – was wiederum viele Beobachter zu der Prognose veranlasst hat, dass das BIP-Wachstum Chinas im Jahr 2022 deutlich unter Potenzial liegen wird. Wir sind anderer Meinung. Unsere eigene Prognose geht von einem Wachstum von 5,3 Prozent aus, bei einer leicht höheren, aber immer noch milden Gesamtinflation. Peking hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass es in der Lage ist, ein schnelleres oder langsameres Wachstum zu erzielen, je nachdem, was die politischen Entscheidungsträger wünschen. Und sie haben keinen Grund, das Wachstum heute über oder unter Potenzial zu halten.

Pro-Kopf-Einkommen verdoppeln

Auch wenn die Wachstumsziele in den kommenden Jahren flexibler werden könnten, bleibt ein gesundes Wachstum für Chinas Plan für allgemeinen Wohlstand entscheidend. Ein höheres Pro-Kopf-Einkommen ist eine von zwei Voraussetzungen dafür (die andere ist die Verringerung der Einkommensungleichheit). Dementsprechend hat sich Xi das Ziel gesetzt, das Einkommen bis 2035 zu verdoppeln. Und ein komfortables BIP-Wachstum – in der Größenordnung von durchschnittlich 5,0 bis 5,5 Prozent während der Laufzeit des 14. Fünfjahresplans. All das macht ein Wachstum unter 5,0 Prozent im Jahr 2022 sehr unwahrscheinlich.

Um die Wachstumsstabilität im Jahr 2022 zu fördern, erwartet der AB-Experte Zhennan Li, dass Peking eine breit angelegte fiskalpolitische Unterstützung anwenden wird, begleitet von einer unterstützenden Geld- und Wohnungspolitik, die auf Stabilität ausgerichtet ist.

Lesen Sie Näheres hierzu im Blog „Chinas Wirtschaft im Jahr des Tigers“ von Zhennan Li

KPMG China: 10 Makroökonomische Trends für 2022

KPMG China: Zehn makroökomische Trends für China 2022
Quelle: Adobe Stock © iamchamp

Die Weltwirtschaft erholt sich langsam vom Schock der COVID-19-Pandemie im Jahr 2021. Im Vergleich zu anderen Ländern konnte China seine Wirtschaft schneller wieder ankurbeln. Als einzige große Volkswirtschaft, die 2020 ein positives Wachstum erzielte, setzte China diesen Wachstumstrend 2021 fort.

Starkes Exportwachstum

Chinas wirtschaftliche Erholung im Jahr 2021 wurde größtenteils durch ein starkes Wachstum der Exporte angetrieben. Gründe dafür sind eine steigende Nachfrage aus Industrieländern und Produktionsunterbrechungen in einigen Schwellenländern aufgrund neuer Pandemiewellen. Im Vergleich dazu hinkte die Binnennachfrage hinterher.

Weitere Erholung in 2022

KPMG China erwartet für 2022, dass sich China Wirtschaft weiter erholt. Als Gründe dafür werden die Eindämmung der Pandemie und die Anpassung Chinas in der Fiskal- und Geldpolitik genannt. Im Gegensatz zur 2021 soll der Binnenmarkt wieder ein stärkerer Wachstumstreiber werden. Die Prognose ist, dass das BIP von Festlandchina im Jahr 2021 um 8,0 % und im Jahr 2022 um 5,2 % wachsen wird.

Zehn makroökonomische Trends für China 2022

  1. Die COVID-19-Pandemie und die Quarantänepolitik werden weiterhin Schlüsselfaktoren sein, die das Tempo der wirtschaftlichen Erholung Chinas bestimmen.
  2. Die Inflation sollte unter Kontrolle bleiben, wobei die Lücke zwischen CPI und PPI voraussichtlich kleiner werden wird.
  3. Der Konsum in China zieht weiter an und heimische Marken werden immer beliebter.
  4. Investitionen im verarbeitenden Gewerbe, insbesondere in innovativen und grünen Sektoren, werden schnell wachsen.
  5. Es wird erwartet, dass die Immobilienregulierung fortgesetzt wird, aber das wichtigste politische Ziel ist die Stabilisierung des Marktes und der Erwartungen.
  6. Das Exportwachstum wird sich wahrscheinlich abschwächen und der Handelsüberschuss wird sich verringern.
  7. Ausländische Direktinvestitionen bleiben stark und Outbound Investments werden voraussichtlich wieder anziehen.
  8. Environmental Social Governance (ESG) wird zu einem Kernthema für Unternehmen, und es wird erwartet, dass Vorschriften zur Reduzierung von CO2 systematischer umgesetzt werden.
  9. Lieferkettenstrategien konzentrieren sich mehr auf Widerstandsfähigkeit und die Fähigkeit, Risiken zu mindern.
  10. Die Erholung der Weltwirtschaft bleibt uneinheitlich, wobei die Divergenzen zwischen den Volkswirtschaften zunehmen.

Lesen Sie hier die vollständige Veröffentlichung von KPMG China – Ten macroeconomic trends in 2022.

Im Jahr des Tigers: Was Anleger im chinesischen Neujahr erwarten können

Anlageziel China: Privatinvestoren können über Fonds am chinesischen Aktienmarkt partizipieren. 在中国的投资目标:私人投资者可通过注资中国基金在中国股市分得一杯羹。Bildquelle: Adobe Stock; © xtock

Angesichts der über den Märkten schwebenden Unsicherheit müssen Anleger im Jahr des Tigers vorsichtig vorgehen. Aber wie die Anlageexperten von Ninety One erklären, gibt es auch reichlich Gelegenheiten. Sie teilen ihre Aussichten für das chinesische Neujahr.

 

Chinas prioritäre Themen

Für Philip Saunders, Co-Head of Multi-Asset Growth, Ninety One haben sich die Themen der chinesischen Entscheidungsträger grundlegend geändert. Seit 2020 sind wir Zeuge der Umsetzung der längerfristigen politischen Prioritäten von Präsident Xi Jinping, die vor dem 20. Parteitag im Herbst umgesetzt sein mussten. Die „Fünf Leitthemen“ sorgten für Unsicherheit und wirkten sich 2021 negativ auf chinesische Aktien aus. Im Gegensatz dazu blieb das Wachstum, angetrieben von einer lebhaften Exportnachfrage, stark. In der zweiten Jahreshälfte zeigte es jedoch Anzeichen einer wesentlichen Verlangsamung.

Die fünf Leitthemen:

  • Einkommens-/Vermögensverteilung: Dieser Vorstoß wird durch den Ausdruck „gemeinsamer Wohlstand für alle und gerechtere Vermögensverteilung“ erfasst.
  • Umwelt: China verfolgt eine grüne Agenda und hat sich verpflichtet, bis 2030 den maximalen CO2-Ausstoß und bis 2060 CO2-Neutralität zu erreichen.
  • Nationale Sicherheit und Selbstversorgung: Dieses Thema zielt darauf ab, die Abhängigkeit vom inländischen Produktions-, Vertriebs- und Konsumzyklus zu erhöhen. Damit soll Chinas Wirtschaft vorangetrieben werden anstatt der Märkte und Technologien im Ausland. Dies spiegelt sich auch im Streben nach technologischer Unabhängigkeit und Energieautarkie wider.
  • Eindämmung finanzieller Risiken: Hinter Pekings‘ hartem Vorgehen gegen Schattenbanken, Schulden der Kommunalverwaltungen, Peer-to-Peer-Kredite, Kryptowährungen und die Verschuldungsquoten von Bauträgern steht das Bestreben, ein größeres finanzielles Foul-up zu verhindern.
  • Antimonopol und Regulierung: Dieser Punkt hat zu Razzien in Bereichen wie Bildung und Internet geführt.

„Die Prioritäten sind gesetzt, das Tempo nicht. Ende 2021 hat sich die chinesische Regierung auf Wachstumsstabilisierung konzentriert, sodass drei der fünf Leitthemen – gemeinsamer Wohlstand, Eindämmung finanzieller Risiken und Antimonopolmaßnahmen – wahrscheinlich weniger verfolgt werden. Im Gegensatz dazu wird die Förderung des Binnenmarktes fortgesetzt. Umweltinvestitionen sollen offenbar vorangetrieben werden, um das Wachstum zu unterstützen“, so Saunders.

Unternehmen mit Fokus Binnenmarkt gut aufgestellt sein

Wenchang Ma, Co-Portfoliomanager, All China Equity, Ninety One: „Für Aktienanleger haben die Aktien ausgewählter chinesischer Unternehmen, die hauptsächlich den Binnenmarkt bedienen, das Potenzial, sich im nächsten Jahr gut zu entwickeln.“

Erstens sehe das makroökonomische Umfeld günstiger aus. Nachdem sich die chinesische Wirtschaft vom anfänglichen Covid-Ausbruch erholte, hat sie eine schwierigere Phase durchgemacht. Eine Politik des Schuldenabbaus führte zur Abwicklung einiger hoch verschuldeter Immobilienunternehmen. Ein langsames Investitionswachstum – kombiniert mit Stromknappheit und gelegentlichen lokalen Covid-Lockdowns – löste eine stärkere Verlangsamung der Konjunktur aus. „Jetzt sollte jedoch die Umstellung der chinesischen Politik hin zu einer stärkeren Unterstützung der Binnenwirtschaft Rückenwind für chinesische Aktien bieten“, so Ma.

Risiko politischer Spannungen

„Innerhalb der Anlageklasse könnte die Konzentration auf binnenwirtschaftlich orientierte chinesische Unternehmen ein kluger Weg sein, um einem der wahrscheinlich größten Risiken dieses Jahres zu begegnen – dem Risiko geopolitischer Spannungen, insbesondere mit den USA. Sollten Washington und Peking ihre Krallen wegen Uneinigkeiten im Handel und nationaler Sicherheit ausfahren, werden Unternehmen, die sich auf den Binnenmarkt konzentrieren, eher verschont bleiben“, ergänzt Ma.

Bei den Bewertungen sei jedoch Vorsicht geboten. Einige chinesische Unternehmen würden zu überhöhten Multiples gehandelt, die weit über ihrem Gewinnpotenzial lägen. Ma prognostiziert: „Angesichts der zunehmenden Gewinndynamik und der Ausweitung des Marktinteresses auf eine breitere Palette von Aktien sollten sich bei guter wirtschaftlicher Entwicklung auch gute Gelegenheiten bieten. Die Auswahl von Aktien nach einem Bottom-up-Ansatz kann dazu beitragen, Anlageideen in dem breiten Spektrum von Branchen aufzudecken, die Chinas dynamische Wirtschaft zu bieten hat.“

Tigerhaftes Selbstvertrauen sollte angebracht sein

Charlie Dutton, Portfoliomanager, Asia Pacific Franchise, Ninety One: „Selbstvertrauen ist eine der bemerkenswerten Eigenschaften von Menschen, die in den Tigerjahren geboren wurden. Investoren in Chinas Technologiesektoren und anderen Bereichen sollten dies im Jahr 2022 stärker spüren. Regulierungen gegen Technologie, Bildung und andere Branchen haben in den letzten 12 Monaten die Nerven der hartnäckigsten Investoren auf die Probe gestellt. Aber wenn sich der Staub gelegt hat, wird es möglich, die wirtschaftlichen Auswirkungen der neuen Regeln abzuschätzen.“

Insbesondere bei China-Tech herrsche nun Klarheit über die tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen neuer Verordnungen. Laut Dutton verunsicherte die Anleger die Geschwindigkeit der Umsetzung der Regulierung und die Ungewissheit darüber, wo sie enden. Betrachte man den Sektor jetzt, seien die Investoren in einer besseren Position als während des Durchgreifens, da sie mehr über das Umfeld wüssten, in dem diese Unternehmen tätig seien. Dies biete eine größere Gewissheit über die Stärken und Grenzen von Geschäftsmodellen.

Während der kurzfristige regulatorische Lärm nachlässt, rücken die langfristigen Treiber des strukturellen Wachstums wieder in den Fokus. Diese Trends – darunter steigender Wohlstand, das Wachstum der Mittelschicht, Digitalisierung und Chinas Streben nach Eigenständigkeit in bestimmten Technologiesektoren – bleiben intakt und bieten daher weiterhin Rückenwind für ausgewählte chinesische Unternehmen.

Es gibt weiterhin starke chinesische Titel

„Insbesondere in den Bereichen Gesundheitswesen, IT und Konsumgüter gibt es starke chinesische Titel. Die insgesamt schlechte Stimmung gegenüber chinesischen Aktien im Jahr 2021 löste bei globalen Anlegern größere Vorsicht gegenüber China aus. Dies hat bei einigen Aktien Möglichkeiten geschaffen, auf die sich selbstbewusste Tiger stürzen können“, so Dutton.

Von Deng zu Xi – anschaulich erklärt

The Great Hall of People, Beijing, China

Bildnachweis: Adobe Stock – nyiragongo.

Am 18. Oktober 2017 kündigte Präsident Xi Jinping auf dem 19. Nationalkongress der Kommunistischen Partei Chinas in einer 3,5-stündigen Marathonrede den Beginn einer „neuen Ära des Sozialismus chinesischer Prägung“ an. Die Kombination aus Anlass, Länge und Inhalt machten sofort klar, dass dies keine normale Rede war, sondern ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel.

Die „neue Ära“

Xi selbst grenzte sich mit dem Begriff „neue Ära“ von seinen Vorgängern ab. Mit einer an Chinas eigene Bedingungen angepassten Marktwirtschaft („Sozialismus chinesischer Prägung“) erzielte das Land in den vorherigen 40 Jahren einen beispiellosen wirtschaftlichen Erfolg. Xis „neue Ära“ bringt nun grundlegende Änderungen von der „Ära Deng“.

Ausgewogeneres Wirtschaftswachstum

Erstens strebt Xi ein ausgewogeneres Wirtschaftswachstum an. Deng folgte der Maxime„Wohlstand für einige [kurzfristig], um Wohlstand für alle [langfristig] zu erreichen“ und tolerierte die resultierende ungleichmäßige Entwicklung. Dengs Ansatz führte jedoch auch zu phänomenaler wirtschaftlicher Ungleichheit. Der Gini-Koeffizient betrug im Jahr 2018 satte 0,468 (Deutschland: 0,319). „Um das Ziel einer „Gesellschaft mit moderatem Wohlstand“ bis 2020 zu erreichen und die „große Revitalisierung der chinesischen Nation“ zu erreichen, wurde bereits seit Xis Amtsantritt im Jahr 2012 ein ausgewogeneres Wirtschaftswachstum mit besonderem Fokus auf lange marginalisierte Regionen gefördert. Ob dies allerdings ausreicht, oder ob auch massive Umverteilung des erreichten Wohlstands erforderlich wird, ist eine der großen Fragen des nächsten Jahrzehnts.

Industrielle Innovationen

Zweitens forciert Xis China industrielle Innovationen. China hat ein Niveau erreicht, bei dem die Produktion billiger Waren das erforderliche Wachstum nicht weiter stützen kann. Die Regierung stellt es so dar: China öffnet sich weiter, und Barrieren für ausländische Investoren werden abgebaut. Gleichzeitig wird die heimische Innovationsfähigkeit in den Bereichen Digital, Ingenieurwesen, Genetik, Luft- und Raumfahrt, Cyberspace und intelligente Technologien gestärkt. Wie genau dies ausgestaltet wird, welche Widersprüche sich damit auftun und inwiefern sich Chinas Wirtschaft insgesamt zu einer Innovationsgesellschaft wandeln kann, ist eine weitere große Frage des nächsten Jahrzehnts.

Rechtsstaatlichkeit

Drittens betont Xi die Rechtsstaatlichkeit. In der „Rechtsstaatlichkeit chinesischer Prägung“ dient die Kommunistische Partei als Hauptvollstrecker des Gesetzes, und eine Anfechtung der Parteiautorität wird niemals toleriert. Wir erwarten somit eine noch stärkere Durchsetzung der Gesetze und noch mehr Durchgriff des Staates auf Bürger und Unternehmen mittels Informations- und Kommunikationstechnologien.

Internationale Rolle Chinas

Viertens spielt China unter Xi eine zunehmend aktive internationale Rolle. Unter Deng hieß es: „China sollte auf keinen Fall die Führung übernehmen“ und „unauffällig bleiben und auf die richtige Zeit warten“. Xi verabschiedete in 2017 dieses Credo mit der Erläuterung, dass in den vorherigen fünf Jahren ein freundschaftliches äußeres Umfeld geschaffen wurde und dass China eine aktive Rolle als „Erbauer des Weltfriedens, als Beitragender zur Entwicklung der Weltordnung und als Beschützer der internationalen Ordnung“ übernehmen werde. Seitdem erleben wir ein aktiveres Teilnahme China mit einer lauteren Stimme auf dem internationalen Parkett. Das kommende Jahrzehnt wird zeigen, wie die globale Gemeinschaft und die anderen großen Akteure sich mit China arrangieren werden.

Das China der Zukunft

Xis „neue Ära“ hat für China und die Welt begonnen. Unternehmen, die mit China zu tun haben, sollten die Grundlagen der Ära Xi verstehen. Die Auswirkungen auf Konsumenten und Unternehmensaktivitäten wie Forschung und Entwicklung, Produktion und internationale Verflechtungen sind enorm. Das China des Jahres 2035 wird ganz anders aussehen als das China der 2000er und 2010er Jahre. Unternehmenslenker, die China während der Ära Deng kennengelernt haben, müssen eine gedankliche Transformation vollziehen, damit ihre Unternehmen auch in 2035 noch die gewünschte Rolle in China spielen können. Klare Vorstellungen über die eigenen Ziele und Rahmenbedingungen, Dialog zum gegenseitigen Verständnis und der Aufbau von persönlichem Vertrauen sind wichtiger denn je, um in dieser sich rapide verändernden Konstellation eine feste Basis beizubehalten.

Beiträge der Artikelserie von Lutz Berners, Berners Consulting:

  1. Einleitung: Ein wirtschaftliches Engagement in China ist immer auch politisch – egal in welcher Größenordnung

Lesen Sie im nächsten Teil: Schwerpunkt der chinesischen Wirtschaftsentwicklung: Vom „Reichtum zuerst für Einige“ zum „Ausgewogenen Wachstum“.

China strebt globale Führung in der Robotik an – neuer Fünfjahresplan veröffentlicht

Roboter-Greifarme_Bildquelle: Fotolia; © Patrick P. Palej

Frankfurt, 20. Januar 2022 – China hat einen neuen Fünfjahresplan für die Robotik-Industrie veröffentlicht: Das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) in Peking plant, Innovationen gezielt zu fördern und das Reich der Mitte zu einem weltweit führenden Standort für Roboter-Technologie und industriellen Fortschritt zu machen. Wie sich Unternehmen aus dem In- und Ausland auf dem weltweit größten Markt der Branche engagieren, berichtet die Statistikabteilung der International Federation of Robotics.

China ist der mit Abstand größte Robotermarkt weltweit

„China ist der mit Abstand größte Robotermarkt weltweit. Das zeigt sich am jährlichen Absatz ebenso wie am operativen Bestand“, sagt Milton Guerry, Präsident der International Federation of Robotics (IFR). „Einen nützlichen Indikator, die dynamische Entwicklung Chinas nachzuvollziehen, liefert zudem die IFR-Statistik zur Roboterdichte. Gemessen an der Anzahl von Industrie-Robotern pro 10.000 Beschäftigte liegt Chinas Roboterdichte in der verarbeitenden Industrie derzeit weltweit auf Platz 9 (246 Einheiten) – verglichen mit Platz 25 (49 Einheiten), den das Land noch vor fünf Jahren innehatte.“

Automationsrennen in China

Mit einem Marktanteil von zusammen 73 % basiert die rasante Automation der chinesischen Industrie heute hauptsächlich auf den Lieferungen ausländischer Roboterhersteller. Diese Quote ist in den vergangenen 8 Jahren mit leichter Volatilität konstant geblieben. Die Installationen von ausländischen Robotern – hauptsächlich aus Japan, Korea und Europa – stiegen 2020 um 24 % auf 123.030 Einheiten stark an. Diese Zahl umfasst auch Einheiten, die in China von nicht-chinesischen Anbietern produziert werden. Chinesische Roboterhersteller liefern hauptsächlich an den heimischen Markt, wo sie im Jahr 2020 mit 45.347 Einheiten einen Marktanteil von 27 % erzielten.

Zweiter Robotik-Entwicklungsplan

„China hat im Rahmen des 14. Fünfjahresplans seinen zweiten Entwicklungsplan für die Roboter-Industrie vorgelegt“, sagt Song Xiaogang, Executive Director und Generalsekretär der China Robot Industry Alliance (CRIA). „Der Plan hat als Leitlinie große Bedeutung für die Förderung und Entwicklung einer qualitativ hochwertigen chinesischen Robotik – die Schlüsseltechnologie der modernen Industrie. Der neue Fünfjahresplan ist für die digitale Entwicklung und intelligente Modernisierung in China wegweisend und trägt ebenfalls dazu bei, den weltweiten Fortschritt der Roboter-Technologie zu fördern.“

IFR China Daten 2020

Jährliche Neuinstallationen

  • 168.377 Industrieroboter installiert, 20 % mehr als in 2019 (davon 45.347 von chinesischen Herstellern)
  • durchschnittlich jährliche Wachstumsrate 2015 – 2020: + 20 %
  • Weltrangliste 2020: Nr.1
  • Anteil an Gesamtlieferung:
    Anwendung – Verarbeitung 42 %, Schweißen 21 %
    Branche – Elektro-/Elektronikindustrie 37 %, Automobilindustrie 16 %

Industrie-Roboterbestand

  • ca. 943.200 Stück, 21 % mehr als in 2019
  • durchschnittlich jährliche Wachstumsrate 2015 – 2020: + 30 %
  • Weltrangliste 2020: Nr. 1

 

Über die IFR
Die International Federation of Robotics ist das Sprachrohr der weltweiten Robotikindustrie. IFR vertritt nationale Roboterverbände, Forschungseinrichtungen sowie Roboterhersteller aus mehr als zwanzig Ländern. IFR wurde 1987 als nicht gewinnorientierte Organisation gegründet. Mehr auf: www.ifr.org

 

Blick aus Qingdao – Litauen geht eigenen Weg

Deutschland China CAI

War das nötig?

Vergangene Woche haben sich die Außenminister der Europäischen Union im französischen Brest getroffen. Einig waren sie sich, künftig zusammenzustehen, wenn einem einzelnen Land der Union wirtschaftliche Sanktionen drohen. Als nicht hinzunehmender „Angriff auf den Binnenmarkt“ werde das verstanden.

Litauen geht eigenen Weg

Die gute Nachricht ist, dass die EU-Länder in essenziellen Fragen künftig mit einer Stimme reden wollen. Oft genug war das in der Vergangenheit nicht der Fall. Wirtschaftliche Stärke setzt eben voraus, dass nicht jedes Mitgliedsland den eigenen Interessen folgend in die eigene Richtung zieht.

Genau das aber hat Litauen getan. Wie sich inzwischen zeigt, gab es handfeste finanzielle und wirtschaftliche Anreize, sich auf diesen Pfad zu begeben und die Regierenden in Taipei einzuladen, in der litauischen Hauptstadt eine Vertretung unter dem Namen Taiwan zu eröffnen.

Um es ins Tierreich zu übertragen: Eine Ameise versucht einen Löwen zu provozieren … und wundert sich, dass der Löwe nicht nur brüllt, sondern auch handelt.

Nun ist es in der EU durchaus üblich, Länder zu „maßregeln“, die sich nicht an den gemeinsamen demokratischen Grundwerten orientieren. Warum gilt dieses Prinzip eigentlich nicht, wenn ein Mitgliedsland bewusst gegen einen seit Jahrzehnten bestehenden außenpolitischen Konsens verstößt. Denn es ist ja bei Weitem nicht so, dass Ländern dieser Welt wirtschaftliche und kulturelle Kontakte zu Taiwan nicht möglich sind. Dasselbe gilt für gegenseitig einzurichtende Repräsentanzen.

Wer am Ein-China-Prinzip rüttelt, überschreitet rote Linien

Der Name macht‘s. Wäre Litauen der üblichen Praxis gefolgt und hätte Taiwan in Vilnius wie in vielen anderen europäischen Hauptstädten und Wirtschaftsmetropolen eine „Taipei-Vertretung“ eröffnet – nicht einmal eine Schlagzeile wäre das Wert, geschweige denn Reaktionen aus Peking, die inzwischen Lieferketten von Unternehmen der europäischen Partner gefährden. Deutscher Automobilzulieferer beispielsweise. Jedem verantwortungsvoll handelnden Akteur, auch denen in Litauen, dürfte mehr denn bewusst sein, wer am Ein-China-Prinzip rüttelt, überschreitet rote Linien. Akzeptiert wird das in China nicht.

Dass China aus europäischer Sicht „überreagiert“ – geschenkt. Europäer, die Strafen in Form von Sanktionen ebenso nicht mit Samtpfötchen austeilen, sollten sich nicht wundern, wenn andere Länder ebenso zu Maßnahmen greifen, die wehtun. Die Musik spielt längst nicht mehr nur in den großen europäischen Ländern.

Litauen hat entgegen dem europäischen Credo des Zusammenhalts den Europäern die Suppe eingebrockt. Die Europäer müssen sie nun auslöffeln. Eine zugegeben recht bittere Suppe. Notwendig war diese Provokation jedenfalls nicht.

Transaktionen dürften wieder zum normalen Niveau zurückkehren

Alexander Limbach - Adobe Stock

Bildnachweis: Alexander Limbach – Adobe Stock.

Der deutliche Rückgang der chinesischen Investitionen in Deutschland in den letzten beiden Jahren wirft die Frage auf: Stellt der Rückgang nur eine Corona bedingte Delle dar oder ist er Ausdruck eines längerfristigen Trends? Zumindest waren Deutschland, Frankreich und Großbritannien die wichtigsten Zielländer für chinesische Direktinvestitionen in Europa. Aber werden die chinesischen Beteiligungen bereits im kommendem Jahr wieder ansteigen? Einschätzungen und Einblicke aus der Geschäftspraxis mit den chinesischen Investoren gibt Boashan Bao, Partner in der M&A-Beratungsorganisation Livingstone.  INTERVIEW GEORG VON STEIN

Investment Plattform China/Deutschland: Wie sehen Sie die Situation für die nach Deutschland und Europa gerichteten chinesischen Investitionen und M&A für 2022 und darüber hinaus?

Bao: Nach der langen Boomphase chinesischer M&A in Europa bis zum Jahre 2017 und dem Sinken der Transaktionen danach – insbesondere 2020 – dürften die Transaktionen anno 2022 langsam wieder zum normalen Niveau zurückkehren, sofern sich die Corona-Lage im zweiten Halbjahr beruhigen sollte. Dafür gibt es drei wesentliche Gründe: Erstens wird Chinas Wirtschaft immer reifer. Je reifer eine Wirtschaft ist, desto mehr braucht sie M&A-Investoren, um Wachstumsschübe auszulösen. Zweitens: Viele international aufgestellte chinesische Unternehmen versuchen über die Transaktion in Europa schneller an die neuen Märkte und an die neuen Technologien zu kommen. Das befeuert chinesische Investoren, bei M&A in Richtung Europa und Deutschland zu denken. Drittens: Im Vergleich zu europäischen genießen gut aufgestellte chinesische Unternehmen höhere Bewertungen an den chinesischen Börsen, weshalb sie M&As vorantreiben, um Unternehmen mit einem für sie besseren Bewertungsverhältnis zu kaufen. Die neu gegründete Pekinger Börse erleichtert es dabei noch mehr Unternehmen, an mehr Kapital zu kommen, was später für Beteiligungen genutzt werden kann. Dafür stehen die guten Technologien deutscher Unternehmen natürlich im Fokus. In Zukunft werden vor allem die privaten chinesischen Unternehmen, bei denen die Entscheidungswege schneller und kürzer sind, noch mehr M&As initiieren.

In welchen Branchen und Bereichen wird es vermehrt chinesische M&A-Aktivitäten geben und in welchen weniger?

Dem Institut der deutschen Wirtschaft zufolge gab es zwischen 2010 und 2019 folgende Verteilung der chinesischen Investitionen in Deutschland: 69 in Maschinenbauunternehmen, 59 in Automobil und Zulieferer, 26 in Informations- und Elektrotechnik, 24 in Pharma & Chemie, 27 in Konsumgüter, 15 in erneuerbare Energien und sieben in Logistik sowie 45 in anderen Branchen. In diesen Branchen werden sich auch 2022 zahlreiche Targets finden. Früher kauften chinesische Investoren Unternehmen in Deutschland oder Europa dabei aufgrund von opportunistischen Aspekten, also z.B. eines günstigen Preises als Folge einer Insolvenz. Wenn sie dann damit auf dem chinesischen Heimatmarkt nicht erfolgreich agierten, bekamen sie Probleme. Seit 2010 haben die chinesischen Investoren besser gelernt, welche Beteiligungen funktionieren und welche nicht. Sie denken viel langfristiger. Insofern ist auch der Multiple heute weniger entscheidend.

Worauf fokussieren sich die Investoren also heute in den einzelnen Branchen?

Attraktiv sind nach wie vor Bereiche, in denen auch die deutschen KMU ihre Innovationsstärke zeigen, so z.B. die moderne Verfahrenstechnik bzw. neue Materialien und neue Technologien im Allgemeinen. Dann sind Bereiche interessant, in denen die chinesischen Unternehmen seit wenigen Jahren sehr aktiv sind, darunter vor allem die Automationstechnik. In diesem Sektor werden in den nächsten Jahren einige kleinere bis mittelgroße Transaktionen stattfinden, weil hier durch Digitalisierung, Internet of Things etc. viele Start-ups in den Markt kommen werden. Wichtig geworden sind auch noch die Bereiche, erneuerbare Energien, E-mobilität und auch die damit verbundenen Kernkomponenten wie z.B. Speichertechnik, Batterietechnik. Und auch Medizintechnik, Sensortechnik und neue Kommunikationstechnologien wie z.B. 5G zählen zu den sehr attraktiven Bereichen für die chinesischen Unternehmen. In all diesen Bereichen suchen chinesische Unternehmen auch weiterhin vermehrt Targets.

Wie finden chinesische Investoren ihre Targets in Deutschland und Europa in Zeiten von Corona und digitalisiertem Austausch? Werden neuen Wege und Plattformen genutzt?

Das Finden und Empfehlen von Zielunternehmen wird bisher auf mehreren Kanälen organisiert: Dazu zählen Delegationsreisen, organisierte Besuche und Austausche, Seminare sowie die Promotion und Empfehlung verschiedenster Investitionsaktivitäten mithilfe eines professionellen Teams. Mittlerweile werden M&A-Prozesse digitaler abgewickelt. So haben wir im letzten Jahr zum ersten Mal eine Transaktion vollzogen, ohne dass die chinesischen Investoren einen „site visit“ vor Ort genommen haben. Das Investment von TZTEK Machine Vision bei der MueTec Automatisierte Mikroskopie und Messtechnik GmbH konnten wir nur durchführen, weil wir das Vertrauen lange vorher aufgebaut hatten. Dadurch haben die Investoren von TZTEK Machine Vision uns die vor Ortprüfung des Unternehmens überlassen. Inzwischen versuchen auch digitale Plattformen, Transaktionen zwischen Käufer und Verkäufer im Internet anzubahnen oder gar zu organisieren, aber für seriöse M&A-Anbieter ist das keine Alternative. Gerade in China erreicht man die strategischen Investoren durch persönliche Arbeitsbeziehungen bzw. viele Kontakte kommen durch die gezielte Ansprache von Targets zustande. Plattformen sind höchstens für Gedankenaustausche geeignet. Für die Nach-Covid-Zeit glaube ich nun, dass das M&A-Geschäft von einer Mischung aus fachlichem Austausch der professionellen Berater vor Ort und digitalen Begegnungen geprägt sein wird.

Die Weichen werden gestellt

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In 2020 exportierte Deutschland einen Warenwert von etwa 97 Mrd. EUR nach China und China von etwa 116,5 Mrd. EUR nach Deutschland. Die Exporte laufen, bei den Direktinvestitionen zeigt sich die Situation weniger positiv. Auch wenn sich 2020 laut Institut der deutschen Wirtschaft Köln 23 chinesische Beteiligungen in Deutschland auf einen Wert um die 9 Mrd. EUR kumulierten, liegt der „offizielle“ Wert von sieben bekannten Transaktionen doch lediglich bei 707 Mio. EUR. Gleichzeitig finden deutsche Unternehmen in China ein von Optimismus für das kommende Jahr geprägtes Umfeld mit starkem Bekenntnis zum lokalen Markt vor, so das Ergebnis der Geschäftsklimaumfrage der AHK China in 2021. Dafür, welche Ausrichtung die deutsch-chinesischen Investitionsaktivitäten in 2022 einnehmen werden, sind einige weitere Einflussfaktoren zu beleuchten. VON GEORG VON STEIN

Was waren abgesehen von Corona die größten Veränderungen in den letzten beiden Jahren
mit Blick auf die Investments zwischen China und Deutschland?

Mathias H. Müller, Partner und Leiter der China Practice München, Rödl & Partner
Als Erstes zu nennen ist das viele Jahre verhandelte, kurz vor Weihnachten 2020  unterzeichnete Comprehensive Agreement on Investment mit China (CAI). Fragen des Marktzugangs, des Arbeitnehmerschutzes sowie des Technologietransfers- und -schutzes
waren plötzlich geklärt. Gleichzeitig schloss China das Freihandelsabkommen RCEP mit Australien, Japan, Südkorea und ASEAN-Staaten ab, aber ohne die USA und Indien. Mit der Wahl von Joe Biden kamen aber auch aus den USA positive Signale. Dennoch wurde 2021 nicht das erhoffte gute Investmentjahr. Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens erschweren die seit 2020 rigorosen Einreisebestimmungen der VR China noch immer die dortigen
Neuinvestitionen. Zweitens wurden Mahnungen an China lauter und traten auch durch das im Juni 2021 verabschiedete deutsche Lieferkettengesetz, das auch die Menschenrechtssituation im Blick hat, in den Vordergrund. VW musste sich gar wegen seiner Fabrik in Xinjiang verteidigen. Investitionen von Chinesen in die Bundesrepublik wurden zudem durch Devisenkontrollen aufseiten Chinas behindert und durch die EU-Screening-Verordnung bzw. die deutsche Investitionskontrolle nach dem Außenwirtschaftsgesetz erschwert. Unter all diesen Faktoren leiden Handelsbeziehungen
und Investitionsumfeld.

Dr. Dominic Köstner, LL.M. Rechtsanwalt und Partner, GvW Graf von Westphalen
Das Investitionsumfeld der letzten beiden Jahre war sehr ambivalent. Der Elefant im Raum ist hier natürlich die Corona-Pandemie. Die seither bestehenden äußerst strikten Einreisebeschränkungen in die Volksrepublik China machen Neuansiedlungen bzw. direkte Unternehmenszukäufe extrem schwierig. Gleichzeitig haben die Unterbrechungen internationaler Lieferketten sowie der Nachfrageboom im chinesischen Markt, der vonseiten der Produzenten aus dem Ausland nur teilweise befriedigt werden konnte, die Notwendigkeit eigener Produktionskapazitäten in China für den chinesischen Markt nochmals unterstrichen. Im Zuge des Erlasses überarbeiteter Negativlisten haben wir zugleich in dieser Zeit einen weiteren Abbau zentraler Investitionsbeschränkungen gesehen, etwa im Bereich der Automobilindustrie und (zumindest auf dem Papier) im Finanzsektor. Dem steht ein zunehmend komplexes regulatorisches Umfeld mit sich daraus ergebenden höheren Compliance- und Organisationskosten gegenüber. Hinzu kommen
eine sich auch unter der neuen USRegierung fortsetzende Systemrivalität sowie eine zunehmende Politisierung der Wirtschaft, die multinationale Unternehmen zusehends in einen Spagat zwischen den Ansprüchen und Befindlichkeiten der beiden größten Volkswirtschaften der Welt zwingt.

Dr. Christian Haug, Partner und Deutschlandgeschäftsführer, Startup Factory China
Die COVID-Situation hat zunächst einmal deutlich gemacht, wie wenig Resilienz deutsche Firmen besitzen, die den chinesischen Markt rein über Exporte aus Deutschland heraus bedienen. Die Schwäche zeigt sich derzeit, wenn Servicetechniker zu Reparaturen und
Inbetriebnahmen nicht mehr einreisen können, aber auch, wenn Vertrieb überwiegend aus den Mutterhäusern und ohne direkten Kontakt zum Kunden gemacht wurde. Der Aufbau von stärkeren Strukturen und lokaler Expertise in China wird Investments des deutschen Mittelstands treiben, wenn man erfolgreich bleiben will. Eine weitere, langfristigere Veränderung ist das nun in Kraft getretene Handelsabkommen RCEP im asiatisch-pazifischen Raum, durch das die größte Freihandelszone der Welt entsteht, mit 2,2 Mrd. Bewohnern und 30% des globalen BIP. Der aktuell noch etwas unter dem Radar laufende Zugang zu diesen Märkten wird eine zunehmend wichtige strategische Rolle für produzierende Unternehmen und für Investoren spielen. China bietet dafür mit seiner entwickelten Industriestruktur beste Startbedingungen. In einer Sinolytics-Umfrage gaben 40% der deutschen und Schweizer Maschinenbauer an, künftig vermehrt aus China heraus ausländische Märkte zu beliefern.

Welche Faktoren werden nächstes Jahr für die Investments zwischen China und Deutschland bestimmend sein?

Mathias H. Müller
Von Reisebeschränkungen abgesehen ist die Pandemie kein Hindernis mehr. Ich glaube, die bestimmenden Faktoren sind die politischen Spannungen zwischen den USA und der VR China, aber auch zwischen Russland und der Ukraine. Eine Zuspitzung des Ukraine-Konflikt und die damit einhergehenden Sanktionen könnten dazu führen, dass China für Russland der „Preferred Supplier“ für Technologien wird, oder auch dazu, dass China vermehrt Rohstoffe aus Russland ordert, insbesondere Gas und Öl, was Rohstoffpreise erheblich verteuern und deutsche Produzenten benachteiligen würde. Ein – nur diplomatischer – Boykott der Olympischen Spiele in Peking dürfte zur weiteren nicht wünschenswerten Polarisierung führen, mit ggf. negativen Auswirkungen auf Lieferketten und Handel. Gutes Supply Chain Management liefert deshalb über 2022 hinaus Schlüssel zum Erfolg.

Dr. Dominic Köstner, LL.M.
Wir werden in Bezug auf Investments in China wohl auch 2022 eine Fortsetzung der Trends der beiden vergangenen Jahre sehen. Einer Zunahme beim Ausbau vorhandener Produktions- und Vertriebskapazitäten vor allem größerer ausländischer Investoren wird ein
weiterer Rückgang von Greenfield-Investments (jedenfalls außerhalb einiger Hochtechnologiebereiche) gegenüberstehen. Ein attraktiver und sich während der Pandemie als äußerst robust erweisender Binnenmarkt sowie der Trend zu einer stärkeren Lokalisierung der Wertschöpfungsketten sind die Treiber für die Investitionsaktivitäten von bereits in China ansässigen, ausländisch investierten Unternehmen. Demgegenüber werden u.a. drei Themen die Hürden für ausländische Investoren, die bislang über keine (nennenswerte) Präsenz im chinesischen Markt verfügen, weiter hochhalten: die voraussichtlich im Jahr 2022 anhaltenden Einreisebeschränkungen nach China, ein immer komplexeres regulatorisches Umfeld sowie ein insgesamt schwieriges politisches und gesellschaftliches Klima. Diese Faktoren werden vor allem mittelständische Unternehmen von Markteintritt oder -expansion zunehmend abhalten.

Dr. Christian Haug
Wir befassen uns vor allem mit den Investments deutscher produzierender Mittelständler in China. Aufgrund der Covid-bedingten Reisebeschränkungen sind für sie persönliche Treffen und Besuche zwischen China und Deutschland nahezu unmöglich. Entsprechend wird die Entwicklung bei diesem Thema das Investitionstempo deutscher Firmen in China bestimmen. Abgesehen davon wird derzeit viel in die Erweiterung bestehender Organisationen und Fertigungen investiert, nachdem sich die Wirtschaft in China sehr schnell erholt hat und deutsche Niederlassungen oft gute Ergebnisse erzielt haben. So erwarten chinesische Niederlassungen deutscher Maschinen und Anlagenbauer gemäß einer VDMA Befragung nach einem schwierigen 2020 ein Umsatzwachstum von 17% für 2021, während Exporte aus Deutschland heraus rückläufig sind. Weitaus schwieriger ist die Lage für Firmen, die bisher nicht mit eigener Firma vor Ort sind. Hier sind die Investitionsentscheidungen stark verzögert. Gleiches gilt übrigens auch für chinesische Unternehmen, die in Deutschland starten und investieren wollen.

In welchen Branchen und Bereichen werden wir Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr die meiste Aktivität bei den Investments zwischen China und Deutschland sehen?

Mathias H. Müller
Mit etwas Geschick kann die neue Bundesregierung die erneuerbaren Energien wieder zum Exportschlager werden lassen – umso mehr, weil man auch in China ESG-Investitionen tätigen will. Die zweite Entwicklung ist Chinas Dual-Circulation-Doktrin und die damit verbundene lokal eigenständigere Produktion der VR China. Deutsche KMU sollten deshalb unter Umständen flexible Produktionslinien parallel in China/Europa und der nordamerikanischen Wirtschaftszone aufbauen bzw. bestehende Produktionen flexibler gestalten. Maschinenbauer und Fabrikausrüster sollten daher vor Ort in China sein, da sie aktuell nicht per Touristenvisum eingeflogen werden können. Zuletzt ein Trend, der sich mehr und mehr abzeichnet: Langjährige chinesische/Joint-Venture-Vertriebspartner versuchen, ihre Geschäftsverbindungen möglichst gewinnbringend zu realisieren, d.h., sie bieten ihre Kundenstämme zum Kauf an. Deshalb muss die zukünftige Präsenz in China strategisch betrachtet werden und frühzeitig begonnen werden, die eigene Organisation entsprechend zu gestalten.

Dr. Dominic Köstner, LL.M.
China wird den bereits eingeschlagenen Weg hin zu technologischer Selbstständigkeit und möglichst weitgehender Autarkie konsequent weitergehen. Der 14. Fünfjahresplan sieht in diesem Zusammenhang die Förderung ausländischer Investitionen in einer Reihe von Schlüsseltechnologien etwa beim Aufbau von F&E-Zentren und High-End-Produktionsstätten vor. Ausländische Investoren werden daher z.B. in den Bereichen Halbleiter und Chips, Robotik, KI und Umwelttechnologien in China gute Investitionsbedingungen vorfinden. Zudem dürften wir allgemein im Maschinenbau und in der Automobilindustrie eine weitere Zunahme der Lokalisierungsbemühungen durch Aufbau bzw. Erweiterung von Produktionskapazitäten sehen. Die Anzahl der Unternehmenskäufe chinesischer Unternehmen in Deutschland wird sich dagegen wohl bis auf Weiteres kaum erholen.

Dr. Christian Haug
China hat in seinem neuen 14. Fünfjahresplan einmal mehr klare strategische Ziele definiert, die die Investitionstätigkeit mitbestimmen werden. Denn in den zu bespielenden Feldern werden sich auch weiterhin große Geschäftschancen für deutsche Firmen in China auftun. Auch die M&A Tätigkeiten von chinesischen Firmen werden sich an den Fokusthemen orientieren. Da ist als erstes zu nennen die Transformation der Produktion hin zu mehr Digitalisierung, Automatisierung, auch unter dem demografischen Druck zurückgehender arbeitender Bevölkerung. Weitere Zielbranchen in denen auch deutsche Firmen eine starke Position haben sind Medizintechnik und Biotechnologie. Schließlich  entfalten auch die im Fünfjahresplan genannten neuen Fokusbranchen viel Potential zur Zusammenarbeit, darunter die Umwelttechnologie, erneuerbare Energien, Energiespeichertechnik und neue Materialien. Kurz gesagt: China und Deutschland stehen beide vor großen Transformationsschritten, die sie in Zusammenarbeit besser meistern werden.

Verdopplung des Welthandels bis 2030: So profitieren China und Deutschland

Verdopplung des Welthandels bis 2030: So profitieren China und Deutschland
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Trotz pandemiebedingter Unterbrechungen und Lieferengpässe werden sich die weltweiten Exporte bis 2030 voraussichtlich um 70 Prozent auf fast 30 Billionen US-Dollar wachsen und damit fast verdoppeln. Das ergibt die neue Standard Chartered-Studie The Future of Global Trade, die auf der Analyse von Handelsdaten und einer Umfrage unter mehr als 500 Führungskräften in globalen Unternehmen basiert.

Einen Großteil des Wachstums werden dreizehn Kernmärkte ausmachen – darunter jedoch kein Markt aus Europa, Nord- oder Südamerika. Wenig überraschen dürfte es deswegen, dass laut Studie mehr als 80 Prozent der CEOs erwägen, in den nächsten fünf bis zehn Jahren Produktionsstätten in den Wachstumsmärkten Asien, Afrika und dem Nahen Osten zu errichten. Interessant ist vor allem, dass von den Wachstumsmärkten nur China den deutschen Markt als einen der wichtigsten Handelskorridore identifiziert hat.

Deutschland bleibt unter Chinas Top-Handelspartnern

Die Studie zeigt, dass der Handelskorridor zwischen Deutschland und China im nächsten Jahrzehnt zu einer der weltweit wichtigsten Beziehungen werden wird. Ein Drittel der befragten Unternehmen planen sogar, zukünftig im Korridor China-Deutschland tätig zu werden, wenn sie es nicht bereits sind. Deutschland bleibt auch weiterhin ganz klar einer der wichtigsten Exportmärkte. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen erwarten in den nächsten zehn Jahren ein jährliches Umsatzwachstum der Exporte nach Deutschland zwischen 5-10 Prozent.

Dass Deutschland als Europas wirtschaftlicher Wachstumstreiber das größte europäische Exportziel von China ist, sollte bekannt sein. Deutschlands robuste Verbrauchernachfrage, vor allem nach Elektronik aus China, kurbelt die Handelsbeziehung weiter an. Auch die strategischen Verbindungen zwischen Ostasien und Europa nehmen mit der stärkeren Verbrauchernachfrage in Europa zu. Besonders Deutschland ist für China dabei unter anderem aufgrund des hohen durchschnittlichen Haushaltseinkommens ein attraktives Exportziel: die Gesamtausgaben der privaten Haushalte in Deutschland werden Prognosen zufolge jährlich um 4,9 Prozent steigen und bis 2025 knapp 2,5 Mrd. USD erreichen. Ein idealer Absatzmarkt für die chinesische Unterhaltungs- und Fitnesselektronik, aber auch für die Textilindustrie. Als einer der größten europäischen Bekleidungseinzelhandelsmärkte in Europa importiert Deutschland Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilien auf konstant hohem Nachfrageniveau aus China.

Deutschland profitiert von steigender Nachfrage

Da der Aufstieg Chinas weiterhin Exportchancen bietet, profitiert auch Deutschland. In den vergangenen 20 Jahren ist kein Land so gewachsen wie China. Mit einem durchschnittlichen Wachstum von fast 9 Prozent pro Jahr ist China die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt – und nach Kaufkraft des Volkseinkommens bereits die Weltgrößte. Mittlerweile ist China auch weltgrößter Exporteur – und eindeutig Deutschlands wichtigster Wachstumsmarkt. 2016 wurde China sogar zum größten Handelspartner Deutschlands, wovon auch der deutsche Handel stark profitiert.

Eine Studie der Unternehmensberatung Bain mit, dass der weltweite Luxusgütermarkt im laufenden Jahr auf 283 Milliarden Euro wachsen würde. Das ist ein Wachstum von fast 30 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr. Wichtiger Treiber der Erholung ist – wie könnte es anders sein – China. Im Reich der Mitte hat sich das Marktvolumen in den letzten zwei Jahren auf 60 Milliarden Euro verdoppelt. Die Erholung in Europa lässt hingegen noch auf sich warten.

Fazit

China hat gute Chancen, in rund 30 Jahren wirtschaftlich so stark zu sein wie die EU und die USA zusammen. Der Wettbewerbsdruck steigt dadurch für Europa und die USA in Zukunft natürlich weiter an. Das macht eine wirtschaftliche Abkopplung von China für Deutschland aktuell jedoch nur schwer vorstellbar. 36 Prozent der befragten Unternehmen sehen sogar die geopolitische Dynamik als einen wichtigen Wachstumsfaktor für Exporte nach Deutschland. China hat wiederum bereits mit der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens RCEP gezeigt, dass Investitionsverbote und Sanktionen die Wirtschaftsmacht nicht aufhalten können.

The Future of Global Trade macht deutlich, dass China ein wichtiger Wachstumstreiber für deutsche Unternehmen bleibt, sowohl beim Import wie bei Export. Handel bedeutet nach wie vor Wohlstand – das gilt auch für ein exportorientiertes Land wie Deutschland.